Der Einzelplan 12 garantiert die auskömmliche Finanzierung einer sozial und ökologisch ausgewogenen, nachhaltigen Stadtentwicklung. Wir werden dennoch in den nächsten anderthalb Jahren viele Gelegenheiten haben, projektbezogen miteinander in der Koalition und im Parlament zu streiten. Ich bin aber überzeugt, dass wir in dieser Legislaturperiode zum Wohle Berlins eine erfolgreiche Stadtentwicklungspolitik verwirklichen können. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Vielen Dank auch an Sie, Frau Kollegin! – Frau Kollegin Kapek erhält nun für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort. – Bitte schön!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Senat! Der Haushalt ist bekanntlich die Königsdisziplin. Dass aber bei Ihnen vor allem König Klaus „Wünsch dir was!“ im vorliegenden Doppelhaushalt spielt, war sicher nicht Vater des Gedankens.
Lieber Herr Nußbaum! – Sie sind leider nicht da. – Sie halten uns hier regelmäßig, wenn es um die Neuausrichtung der Berliner Liegenschaftspolitik geht, vor, alles sei nicht bezahlbar, wir hätten eine fiskalische Verantwortung, und Berlin befände sich in einer Haushaltsnotlage. Damit haben Sie recht. Erklären Sie mir aber, wie Sie bei kleineren Grundstücken, wie den Prinzessinnengärten oder der Holzmarktstraße, voll auf Gewinnmaximierung setzen können, wenn Sie gleichzeitig die Größenwahnprojekte unseres Regierenden, wie die überdimensionierte Staatsoper oder den Neubau einer Zentral- und Landesbibliothek, scheinbar fiskalisch verantworten.
Senator Müller! Zu Beginn der Legislaturperiode haben Sie eine Denkpause in der Stadtentwicklungspolitik angekündigt. Das finde ich gut. Nun wird es aber langsam Zeit, endlich auch einmal den Rotstift an die Wunschliste des Kollegen Wowereit zu setzen. Der jetzige Haushaltsentwurf lässt Ihr Umdenken bisher nicht erkennen. Nach dem Flughafendebakel, der Kostenexplosion bei der Staatsoper und dem Dauerbrenner ICC sagt einem doch der gesunde Menschenverstand, dass man das, was man angefangen hat, erst einmal abschließen sollte, bevor man die nächste Baustelle aufmacht.
Auf Ihrem Hausaufgabenzettel steht eine ganze Latte von Bauprojekten, die bereits jetzt wackeln. Herr Müller und Herr Nußbaum! Werden Sie Ihrer fiskalischen Verantwortung doch bitte gerecht, und schieben Sie all die Projekte, die bis jetzt vertraglich noch nicht festgezurrt sind, zurück in die Schublade, bis Sie all das Begonnene abgeschlossen haben! Das heißt konkret: ein Planungsmoratorium für den Neubau einer ZLB. Berlin hat genug Gebäude, in denen eine ZLB sowohl kostengünstig als auch bedarfsgerecht untergebracht werden kann.
Herr Wowereit! Sie haben vorhin so schön verkündet, dass alles schon untersucht wäre. Herr Müller hat bereits vor zwei Monaten im Ausschuss zugegeben, dass eine baufachliche Kostenuntersuchung bisher nicht stattgefunden hat.
Zweitens: Für uns ist klar, dass weder in Tempelhof noch in Tegel Freiflächen verscherbelt werden dürfen, solange Sie kein mittel- und langfristiges Nutzungskonzept für die Flughafengebäude vorgelegt haben.
Drittens: keine IBA, solange nicht klar ist, was Sie damit lösen wollen, geschweige denn, an welchen Orten in Berlin. Viel zu viel Geld für null Konzept! Profitieren wird am Ende nicht Berlin, sondern nur die Geschäftsbesorger, denen Sie Hunderte von Millionen Euro in den Rachen werfen.
Zu mehr Geld für eine moderne Infrastruktur sagen wir Grüne: Ja, unbedingt! Allerdings muss das Geld in die bereits existierenden Strukturen fließen und nicht in den Bau von Pyramiden.
Selbst dem Bau des archäologischen Besucherzentrums am Petriplatz haben Sie, obwohl vor der Wahl versprochen, nur zugestimmt, weil wir als Grüne Druck gemacht haben. Bei allem Respekt, Frau Haußdörfer, Sie hatten das zunächst nicht in den Haushalt eingestellt. Erst auf Nachfrage und nach entsprechenden Medienberichterstattungen haben Sie diesen Fehler korrigiert. Schön, dass es uns gemeinsam gelungen ist. Darüber freuen wir uns – ähnlich wie über die Städtebauförderungsmittel.
Liebe Koalition! Denken Sie an Ihre fiskalische Verantwortung! Sie dürfen das Geld nicht nur zur Befriedigung des eigenen Egos ausgeben. Dieses Geld gehört den Berlinerinnen und Berlinern. Nutzen Sie es bitte für eine nachhaltige Stadtentwicklungspolitik. – Vielen Dank!
Danke, Frau Kollegin Kapek! – Der Kollege Evers hat für die Fraktion der CDU das Wort. – Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Koalition von CDU und SPD stellt mit diesem Doppelhaushalt auch im Bereich Stadtentwicklungspolitik wichtige Weichen für Berlin. Wir begnügen uns dabei nicht mit den schönen Überschriften, die wir im Koalitionsvertrag gefunden haben, sondern beweisen auch Handlungsfähigkeit und setzen wichtige Impulse für eine moderne und nachhaltige Stadtentwicklung, für starke Infrastruktur, für eine soziale Stadt, für ein gesundes, lebenswertes und ökologisches Berlin.
Wir kümmern uns um die Zukunft unserer Stadt, und zwar gerade in Anbetracht der sehr engen Spielräume, die wir haben. Das wurde heute schon oft beschrieben. Während Sie vor diesen Herausforderungen offensichtlich fantasielos kapitulieren wollen, setzen wir politische Schwerpunkte. Wir wissen, dass uns – Berlin und uns als Haushaltsgesetzgeber – nur eine starke Wirtschaft mit industriellem Rückgrat künftig in den Stand versetzen kann, wo wir uns noch etwas leisten können. Während Sie den Niedergang unserer Stadt herbeireden, konzentrieren wir uns in unserer Stadtentwicklungspolitik darauf, die Stärken Berlins zu betonen.
Deswegen hat unter den vielen Herausforderungen und Entwicklungsräumen, mit denen wir uns beschäftigen, die Nachnutzung von Tegel einen so hohen Stellenwert. Auch, weil der zugegebenermaßen etwas längere Abschied von Tegel vielen Menschen schwerfällt, setzen wir diese positive Entwicklungsperspektive dagegen.
Durch die Ansiedlung eines Forschungs- und Industrieparks für Zukunftstechnologien wird neues Wachstum für ganz Berlin generiert, und das Miteinander von Wirtschaft und Wissenschaft wird hier ganz ausgezeichnete Rahmenbedingungen erhalten. Deswegen die zusätzlichen Millionen für erste bauliche Maßnahmen! Wir setzen damit ein wichtiges Signal. Die Zukunft von Tegel beginnt nämlich heute.
Mit dem ehemaligen Flughafen Tempelhof verfügen wir über ein weiteres Areal, dessen Entwicklung sehr große Herausforderungen, aber auch enorme Chancen birgt, wenn wir uns die Zeit nehmen, sie zu entwickeln. Wir wissen, dass viele Berlinerinnen und Berliner das Gelände am liebsten unverändert lassen würden. Wir sagen aber auch, wir müssen uns genau überlegen, welchen Beitrag diese gewaltige Fläche dazu leisten kann, unsere gemeinsam für wichtig befundenen stadtentwicklungspolitischen Ziele zu verwirklichen. Dazu gehört natürlich die europaweit einmalige Chance, einen urbanen Park dieser Größenordnung innerstädtisch zu entwickeln. Das ist selbstverständlich. Das wird von uns auch nicht infrage gestellt. Aber ich kann nicht gleichzeitig vom Senat erwarten, die Voraussetzungen für einen umfassenden Wohnungsbau zu schaffen, ohne Flächenreserven anzugreifen. Ich kann nicht gleichzeitig verlangen, Berlin als weltweit ausstrahlende Kreativmetropole zu entwickeln, ohne Überlegungen für die Entwicklung eines Kreativquartiers auf dem Tempelhofer Feld zuzulassen. Deswegen werden wir uns auch weiterhin mit den planerischen Überlegungen, aber auch mit der zukünftigen Nutzung des denkmalgeschützten Flughafengebäudes beschäftigen. Mit dem Umzug des Alliierten-Museums verbinden wir dabei die große Chance, einen ersten kulturellen Anziehungspunkt in Tempelhof zu verankern, der der Entwicklung des Areals einen zusätzlichen Schub
geben kann. Insofern freue ich mich über die Zusage der Bundesregierung, die notwendigen Mittel bereitzustellen.
In der Stadtentwicklung gilt für uns auch: keine Zukunft ohne Vergangenheit. Gerade im Jahr des 775. Stadtjubiläums ist es deswegen sehr wichtig für uns, dass wir noch im Juni gemeinsam mit unserem Bundesbauminister den Spatenstich für die ersten Maßnahmen zum Bau des Humboldt-Forums setzen werden. In der Gestalt der Architektur von Franco Stella wird hier ein Ort der Kulturen der Welt entstehen, der sehr weit über Berlin hinausstrahlen wird. Gemeinsam mit dem Bund und getragen von einem beeindruckenden bürgerschaftlichen Engagement setzen wir damit städtebaulich und ideell gewissermaßen den Schlussstein der Museumsinsel ein. Es ist ein Glück, dass die Grünen in Berlin nicht mitregieren, denn sie – das haben sie im Ausschuss mehrfach deutlich gemacht – hätten dieses Projekt am liebsten wieder auf null zurückgesetzt.
Ich bin auch sehr froh, dass wir in einem ähnlichen Zusammenhang die Weichen für den Bau des archäologischen Zentrums stellen konnten. Wir rücken die mittelalterlichen Wurzeln unserer Stadt neu ins öffentliche Bewusstsein. Wir schaffen den Ausgangspunkt für einen archäologischen Pfad durch Mitte, dem Hunderttausende Menschen folgen werden.
Auch die Planungen für ein Bet- und Lehrhaus an diesem Standort haben unsere volle Sympathie, denn sie fügen sich auf wunderbare Weise in diesen geistigen Zusammenhang der historischen Mitte ein.
Wir haben – und dafür braucht man nicht erst den „Tagesspiegel“ – beispielsweise auch in kleineren Zusammenhängen das Thema Stadtplätze in diesem Haushalt gewürdigt. Wir haben in erheblichem Umfang zusätzliche Mittel hierfür bereitgestellt. Das haben wir nicht nur getan, um Infrastruktur zu entwickeln, sondern wir haben es auch und vor allem deshalb getan, weil wir gerade in dem Bereich öffentlicher Plätze bürgerschaftliches Engagement aktivieren können.
Damit weise ich auf einen weiteren ganz wichtigen Aspekt unserer Stadtentwicklungspolitik hin: Das Klima des Miteinanders, das Klima der Partizipation ist etwas, was uns im Sinne von Zusammenarbeit statt Konfrontation auch in der Stadtentwicklungspolitik vereinen sollte. Wir folgen hier neuen Ansätzen. Das haben wir auch mit unserer Koalitionsinitiative für „Berlin zum Mitmachen“ im Sinne der internetgestützten Beteiligungsplattform getan. Unterstützen Sie uns dabei, unterstützen auch Sie den Ansatz „Partizipation statt Konfrontation“ – davon können Sie nämlich noch was lernen! – Vielen Dank!
[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Wolfgang Brauer (LINKE): Ein bisschen mehr christliche Demut käme Ihnen auch gut zu stehen! – Lachen und Beifall bei den PIRATEN]
Vielen Dank, Herr Kollege Evers! – Für die Fraktion Die Linke hat Frau Kollegin Lompscher das Wort. – Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei der Stadtentwicklung soll nicht alles so weitergehen wie bisher – im Gegenteil. Senator Müller gibt sich große Mühe, Abstand zwischen seine Vorgängerin und sich zu bringen, sei es bei Tempelhof, sei es bei der IBA oder sei es – das ist für uns das Wichtigste – bei der Wohnungspolitik. Aber es läuft nicht alles so wie angekündigt und geplant.
Nicht nur die Verzögerungen und Kostensteigerungen beim Flughafen und bei der Staatsoper schmälern Gestaltungsspielräume, schaffen Unwägbarkeiten, für das ICC darf man Wetten abgeben zwischen 180 Millionen Euro und 370 Millionen Euro neuerdings, für die ZLB soll eine belastbare Kostenschätzung frühestens im nächsten Frühjahr vorliegen. Experten haben den Status des 279- bis 300-Millionen-Projekts jüngst salopp so zusammengefasst: Kostenrahmen verdoppeln oder Raumprogramm halbieren. – Herr Müller! Sie haben, wie es scheint, viele Unbekannte und viele ungedeckte Schecks in Ihren Haushaltsbüchern.
Aber besonders ist zu kritisieren, dass sich die angekündigte Wohnungspolitik im Haushalt überhaupt nicht wiederfindet. Es fehlen ebenso Aussagen zur Liegenschaftspolitik. Es bleibt unklar, wer welche Kosten einer wohnungspolitischen Offensive trägt. Zur Finanzierung der im Koalitionsvertrag versprochenen 30 000 Wohnungen abseits marktüblicher Mieten ist weder etwas veranschlagt noch inhaltlich erläutert. Das Gleiche gilt für den Zukauf von 30 000 Wohnungen durch städtische Unternehmen und die Zukunft der 21 000 BIH-Wohnungen in Berlin. Einen unserer vielen konkreten Vorschläge, dass die städtischen Wohnungsbaugesellschaften dauerhaft keine Erträge mehr an den Landeshaushalt abführen sollen, um dadurch ihre Eigenkapitaldecke zu stärken, hat die Koalition abgelehnt.
Die Linksfraktion liefert mit ihrem heute erneut eingebrachten Vorschlag für einen Sondervermögen „Soziale Wohnraumförderung“ ein fachlich, haushaltspolitisch und haushaltstechnisch begründetes Konzept. Damit sollen vor allem die städtischen Wohnungsunternehmen in die Lage versetzt werden, durch Modernisierung, Neubau und Zukauf geeigneter Bestände eine größere Anzahl von Mietwohnungen bereitzustellen, die für Menschen mit geringen und mittleren Einkommen bezahlbar sind.
Ein solches Modell hat auch den Vorteil, dass es die Orientierung an einer Aufwandsmiete anstelle einer Marktmiete ermöglicht und damit auch einen Verzicht auf unbegründete Mietsprünge bei Neuvermietungen. Dadurch kann die Mietentwicklung tatsächlich vom Markt entkoppelt werden, und die landeseigenen Gesellschaften könnten auf diese Weise nachhaltig preisdämpfend wirken, und zwar in deutlich größerem Umfang als bisher.
Das von uns vorgeschlagene Sondervermögen ist so konzipiert, dass es über die Eigenkapitalstärkung städtischer Wohnungsunternehmen weit hinausgehen kann. Auch Genossenschaften und andere gemeinwohlorientierte Träger könnten daraus Finanzmittel erhalten. Es kann sich aus Zuschüssen von Land und Bund sowie aus Rückflüssen aus alten Förderprogrammen speisen. Auch künftige Rückzahlung und damit der Aufbau eines revolvierenden Fonds sind möglich. Die Koalition – das hat uns nicht wirklich überrascht – hat den Antrag der Linken brüsk abgelehnt, allerdings ohne Alternativen für die Finanzierung einer neuen sozialen Wohnungspolitik vorzuschlagen, die sie ja immer im Munde führt. Auch wenn unser Vorschlag erst ein Einstieg in die Debatte und noch nicht so ausgereift ist wie ein Konzept, das wir uns aus dem Hause Müller wünschen würden, ist es bei Weitem mehr und besser als das beredte Schweigen der Koalition zu ihrem lediglich behaupteten Plan, eine neue soziale Wohnungspolitik in die Tat umsetzen zu wollen.