Schönen Dank, Herr Präsident! – Herr Senator! Sie haben das neue Schichtmodell gelobt. Finden Sie es denn sehr familienfreundlich, wenn junge Familien nur alle acht Wochen ein langes Wochenende von Freitag bis Sonntag haben?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Trapp! Natürlich kann ich Einzelheiten des Schichtmodells hier nicht darstellen. Man muss für den Einzelfall prüfen, wie es sich auswirkt. Mir ist völlig klar, dass jemand, der bisher dreimal die Woche seinen Dienst angetreten hat und jetzt fünfmal die Woche seinen Dienst antritt, subjektiv damit nicht einverstanden ist. Dafür habe ich volles Verständnis.
Aber ich glaube auch, dass wir allen Kolleginnen und Kollegen deutlich machen müssen, dass sie auch Verständnis dafür haben müssen, dass wir einen möglichst effektiven Einsatz unserer Mitarbeiter ermöglichen müssen. Das soll das neue Schichtmodell garantieren. Ich schließe nicht aus, dass es verbesserungsfähig ist. Was ist nicht verbesserungsfähig, Herr Trapp?
Jetzt geht es weiter mit der Frage Nr. 3. Sie kommt vom Kollegen Joachim Esser von Bündnis 90/Die Grünen zu dem Thema
1. Hat der Senat den BIH-Verkauf gestoppt, weil er deren Wohnungsbestände nicht mitverkaufen wollte, oder waren dafür Mängel im Vertragsentwurf des Finanzsenators maßgeblich?
2. Welches alternative Konzept hat der Senat für den zukünftigen Umgang mit den Immobilienfonds der BIH und den Kosten der Risikoabschirmung entwickelt?
Sehr geehrter Herr Präsident! Lieber Herr Esser! Mit dem Bieter war ein sehr guter Kaufvertrag ausgehandelt worden, der zu einer Befreiung des Landes von der Risikoabschirmung geführt hätte. Für den Wohnungsbestand, speziell hier in Berlin, hatte der Bieter weitreichende Zugeständnisse bis hin zu einem künftigen Rückerwerb durch das Land gemacht.
Für die Verhandlungen, die ich im Auftrag des Senats übernommen habe, galten klare Kriterien, nämlich dass der Käufer die Risiken vollständig übernimmt, die Risikoabschirmung also überzeugend gelöst ist. Zusätzlich war eine Bedingung, dass der Käufer Eigenkapital in Höhe von einer halben Milliarde Euro mitbringt, in die BIH und ihre Fonds investiert und sichergestellt ist, dass es vertraglich nicht entnommen werden kann. Dieser Nachweis war bei der Unterschrift unter den Vertrag beizubringen, um eben das Delta zwischen Kreditverbindlichkeit und Wert der Fonds respektive der BIH zu schließen.
Der Käufer musste sich auch zu einer Sozialcharta verpflichten, und es gab ein Andienungsrecht des Landes für die Berliner Immobilien. Diese Kriterien waren in dem Entwurf des Kaufvertrags vom 14. Dezember 2010 erfüllt, was ein sehr gutes Ergebnis war.
Der Senat hat dem Kaufvertrag nicht zugestimmt, da der Bieter auch nach Nachverhandlungen nicht bereit war, alle Vertragsbestandteile für die Öffentlichkeit freizugeben, insbesondere was das Thema „last lender“ und Investor und den letzten Haftenden angeht. Der Senat hat deshalb auf meine Empfehlung hin entschieden, den Verkaufsprozess nicht weiterzuführen, solange nicht gewähr
leistet ist, dass wir das allen Berlinern und Berlinerinnen zeigen und damit auch offensiv erklären können, was wir unterschreiben.
Zur Frage 2: Die BIH wird zunächst als Landesbeteiligung weitergeführt. Die BIH muss die Objekte in den Fonds in Zukunft wie ein wohnungswirtschaftliches Unternehmen führen können, damit die Objekte nicht weiter an Wert verlieren und vor allen Dingen die Inanspruchnahme des Landes aus der Risikoabschirmung reduziert wird resp. sich nicht erhöht. Das heißt, die BIH wird Objekte verkaufen müssen, sie wird zuinvestieren müssen, sie wird in Zukunft vermietungs- und wertsteigernde Investitionen vornehmen müssen. Inwieweit diese Aufwendungen aus der BIH bzw. den Fonds oder aus dem Haushalt aufgebracht werden müssen, haben wir nach sorgfältiger Prüfung zu entscheiden. Für die weiterhin geltenden Garantien in Höhe von ca. 150 Millionen Euro per anno wird zunächst wie in der Vergangenheit die Sonderücklage verwendet. Voraussichtlich ab 2012 werden wir dann auf den Haushalt zugreifen müssen, wenn wir nicht auf die Liquidität der BIH zurückgreifen. – Vielen Dank!
Nachdem der Finanzsenator jetzt gesagt hat, es sei ein sehr guter Kaufvertrag gewesen, mit dem wir das Problem der Risikoabschirmung überzeugend hätten lösen können, möchte ich von Ihnen gern wissen, wie Sie dann den Widerstand in Ihrer Partei beurteilen, der diesen Vertrag offenkundig zu Fall gebracht hat,
angesichts der Tatsache, dass wir in den nächsten 15 Jahren rund 150 Millionen Euro pro Jahr aus dem Haushalt werden zuschießen müssen, –
Herr Esser! Nach der Geschäftsordnung sind Sie gebeten, kurze, klare Fragen zu stellen und nicht lange Statements da reinzupacken. Bitte, fangen Sie noch mal an!
Herr Präsident! Das ist eine kurze und klare Frage. – Ich möchte von Herrn Nußbaum wissen: Wie bewerten Sie den Widerstand in Ihrer Fraktion – –
angesichts der Tatsache, dass uns die Fortsetzung der Risikoabschirmung in den nächsten 15 Jahren rund 150 Millionen Euro jährlich, mithin gut 2 Milliarden Euro Steuergelder kosten wird?
Aber ich kann auf einen akademischen Grad gern verzichten. – Herr Präsident! Herr Esser! Sie sprechen es an, dass Sie wie auch alle Abgeordneten vierteljährlich jederzeit aus dem Risikoabschirmungsbericht, den die Abgeordneten von unserem Haus bekommen, einfach und deutlich ablesen können, dass BIH und vor allen Dingen die Fonds – das muss man trennen, die BIH ist eine Verwaltungsgesellschaft, das Desaster liegt in den Fonds und in den Immobilien, die in diesen 29 Fonds zusammengeschlossen sind – weiterhin Geld kosten werden. Das Land hat, wie Sie aus den Risikoabschirmungsberichten wissen,
jetzt 4,1 Milliarden Euro da hineingesteckt, ohne dass das Ende zurzeit erkennbar ist. Deswegen ist es sinnvoll, über Folgemodelle und auch weiterhin über den Verkauf nachzudenken.
Ich bewerte nicht – das steht mir gar nicht an – Diskussionen, politische Auffassung und notwendige Abstimmungen innerhalb einer Partei, nach der Sie zuerst gefragt haben, oder einer Fraktion, wie Sie im zweiten Teil gefragt haben. Das steht mir gar nicht an zu bewerten. Aber ich bewerte schon, was ich in meiner Rolle als Finanzsenator dem Senat vorgeschlagen habe und was das Gremium Senat entschieden hat. Da gilt es einfach, eine Abwägung zu machen zwischen einem wirtschaftlich – ich sage es mal hanseatisch bescheiden – respektablen Ergebnis, das die Abschirmungskette bis zum Ende durchdekliniert, und bestimmten Vertraulichkeitsanforderungen vonseiten eines Käufers, der nicht willens und in der Lage ist, sich auf diese Anforderungen – wie wir sie auch gerade am Sonntag noch mal bestätigt bekommen haben – einzulassen, nämlich den „last lender“, den letzten Garanten, der noch über den Banken sozusagen das Bankrisiko übernimmt, offenzulegen. Das muss ich respektieren. Ich kann Ihnen sagen – wir haben ja nachher noch die Anfrage –: Es war es wert, es bis dahin auszureizen und zu probieren, aber wenn man letztlich in Verhandlungen feststellen muss, dass ein Investor aus einem anderen, auch kulturell anderen Hintergrund nicht bereit und willens ist, diese Transparenz herzustellen, die wir hier in Berlin – auch zu Recht – verlangen und fordern – auch in der Öffentlichkeit offenzulegen und das nicht etwa nur mit Fraktionsvorsitzenden auszumachen –, dann muss man eben an der Stelle sagen: Ja, es wäre gut gewesen, auch wirtschaftlich gut gewesen. Aber es sind eben auch öffentliche Verträge, die nicht mit dem Kauf von Brandschutzsystemen in BVG-Bussen vergleichbar sind, sondern das ist eine große Immobilientransaktion. Das ist ein großes Thema, das Berlin auch in seinen Grundfesten erschüttert hat. Da muss man auch in der Lage sein, öffentlich und transparent und bis zum letzten Detail zu kommunizieren. Das ist nicht möglich gemacht worden, ich habe das zu respektieren. Zu Verträgen gehören immer zwei. Wenn das der Vorwurf an mich ist, nehme ich ihn an. Das kann ich nicht ändern. Diese letzte Transparenz war nicht herzustellen. Deswegen war auch klar, dass wir an dieser Stelle gesagt haben: So kann der Vertrag nicht abgeschlossen werden. – Das war eine Entscheidung des Senats auf meinen Vorschlag hin.
Danke schön, Herr Senator! – Jetzt geht es weiter mit einer Nachfrage des Kollegen Braun von der CDUFraktion. – Bitte schön, Herr Braun!
Herr Senator Nußbaum! Wenn ich Sie richtig verstanden habe, finden Sie den Vertrag prima, es fehlte nur die Transparenz. Woher wissen Sie, dass der Vertrag prima ist, wenn Sie gar nicht bis zum Schluss durchprüfen konnten, ob die Risikoabschirmung tatsächlich auch Bestand hatte und werthaltig gewesen ist, wie Sie uns hier eben berichtet haben?
Deswegen ist es gut, dass die Finanzbehörde und ich die Verhandlungen geführt haben, weil wir uns, bevor wir in solche Verträge hineingehen, über die Vertreter auch die entsprechenden Vollmachen und Urkunden für bestimmte Investoren, Garanten etc. zeigen resp. bei den Anwälten hinterlegen lassen, damit wir wissen, dass wir an dieser Stelle mit seriösen Leuten verhandeln. Deswegen können Sie davon ausgehen, dass, wenn der Vertrag beurkundet worden wäre – auch in diesem Fall vor einem Berliner Notar –, alle schon bei den Anwälten hinterlegten Vollmachten, Urkunden, Vorstandsbeschlüsse, Hauptversammlungsbeschlüsse etc. dann auch in der Beurkundung hätten vorliegen müssen. Ansonsten wäre es nicht zur Beurkundung gekommen.
Jetzt geht es weiter mit einer neuen Frage, und zwar der des Kollegen Gersch von der FDP-Fraktion zu dem Thema:
1. Wie beurteilt der Senat die Schließung der Küche des Versorgungszentrums am Campus Mitte der Charité durch das Gesundheitsamt sowie den baulichen und hygienischen Zustand aller Standorte der Charité?