Protocol of the Session on June 17, 2010

Ja, sie haben noch Zeit, Herr Gaebler, sonst würden wir das nicht abfragen!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte die Debatte aus unserer Sicht noch einmal kurz auf den Punkt bringen. – Herr Senator! Die Charité ist nicht allein durch ihre Größe wichtig. Ein bekanntes Krankenhaus wie Johns Hopkins hat knapp 1 000 Betten. Die Charité hat knapp dreieinhalb mal so viel – Größe ist also nicht das Entscheidende.

[Beifall bei der FDP]

Der Senat will in eine Struktur, die viel zu teuer ist und die so nicht funktionieren kann, zusätzlich Geld stecken, was nicht reichen wird. Deshalb sagt die CDU, sie will die Struktur erhalten und noch viel mehr Geld hineinstecken. Wir sagen: Wir müssen die Struktur signifikant ändern, damit das Geld reicht. Denn sonst wird Geld verschwendet, und deshalb muss man es grundsätzlich anders machen. Das haben wir vorgeschlagen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP – Lars Oberg (SPD): Anders ist aber nicht grundsätzlich besser]

Vielen Dank! Ich sehe keinen weiteren Redebedarf. Damit hat die Aktuelle Stunde ihr Ende gefunden.

Zum Antrag der Koalitionsfraktionen Drucksache 16/3276 wird die Überweisung federführend an den Ausschuss für Wissenschaft und Forschung sowie mitberatend an den Ausschuss für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz und an den Hauptausschuss, mit der Bitte um Beratung um Unterausschuss Beteiligungsmanagement und -controlling, empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht, dann verfahren wir so.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 4:

Prioritäten gem. § 59 der Geschäftsordnung

Ich rufe auf als Priorität der CDU, das ist der Tagesordnungspunkt 24:

lfd. Nr. 4.1:

Antrag

Solide Lehrerpersonalplanung aufstellen – Personalchaos an den Schulen endlich beenden!

Antrag der CDU Drs 16/3271

Für die Beratung stehen jeweils fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die antragstellende Fraktion der CDU mit dem Kollegen Steuer. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit zweieinhalb Tagen demonstriert ein Berliner Lehrer vor dem Roten Rathaus gegen seinen Rauswurf aus der Berliner Schule. Er hat zum äußersten Mittel gegriffen, einem Hungerstreik. Zuvor hatte er zweieinhalb Jahre mit Fristverträgen gearbeitet, nicht etwa als kurzfristige Stundenvertretung, sondern in Vollzeit. Nun hat die Senatsverwaltung seinen Vertrag nicht verlängert. Während dieser Lehrer, Steffen Werner, vor dem Roten Rathaus hungert, sitzt die zuständige Staatssekretärin Zinke gestern hier im Hauptausschuss und erklärt mir auf Nachfrage, dass die Senatsverwaltung gerade wieder 300 volle Lehrerstellen zum Abschluss von Fristverträgen eingerichtet hat.

Personalvertreter schätzen, dass mit diesen 300 Stellen insgesamt über 1 500 Lehrkräfte beschäftigt werden können, viele von ihnen allerdings nur stundenweise, an der untersten finanziellen Grenze. Herr Werner bekam aus der Bildungsverwaltung zu hören, er habe keinen Anspruch auf Weiterbeschäftigung. In der Wirtschaft nennen die Linken das gern: Ausbeutung. In der Berliner Schule hat es leider System. Löcher stopfen, Fristverträge statt Festeinstellungen und Unterrichtsausfall – das ist die unerträgliche Personalpolitik dieses Senats!

[Beifall bei der CDU]

Fast täglich klagen Berliner Schulen über Lücken in der Berliner Lehrerausstattung. Bildungssenator Zöllner verkündet zwar vollmundig, 1 067 Lehrer einstellen zu wollen, doch was auf den ersten Blick gut aussieht, ist eine Mogelpackung. Denn Senator Zöllner rechnet viele Lehrer dazu, die längst an der Schule sind oder für andere Aufgaben benötigt werden, zum Beispiel für den Ganztagsausbau, das Duale Lernen oder die Deputatsabsenkung. Übrig bleiben ganze 440 Lehrer – zu wenig, um die 778 ausscheidenden Lehrer zu ersetzen und den Berliner Schulen eine Ausstattung von 100 Prozent zu garantieren.

Die Staatssekretärin Zinke erklärt dazu, man würde neben den 440 Neueinstellungen noch die 300 Stellen für Fristverträge zur Verfügung stellen. Also noch einmal gerechnet: 778 Beamte scheiden aus, 440 werden durch feste Verträge ersetzt und 300 von ihnen durch Fristverträge – Fristverträge, wie Herr Werner einen hatte, also auch ohne Lehramtsbefähigung, ohne Abgeltung der Ferienzeiten, ohne Ansprüche. Das heißt nichts anderes als eine dramatische Einsparung. Das ist die schreckliche Priorität Bildung, die uns SPD und Linkspartei versprochen haben.

[Beifall bei der CDU]

Das Personalchaos verunsichert und verärgert Lehrer, Schüler und Eltern gleichermaßen. Damit muss endlich Schluss sein.

Wir fordern den Senat deshalb auf, endlich eine solide Personalplanung aufzustellen, damit jede Schule mit einer Absicherung ihres Personalbedarfs den Unterricht rechtzeitig planen kann. Hierzu haben wir einen gemeinsam mit Experten erarbeiteten, umfassenden Antrag vorgelegt. Unser Antrag sieht vor, die Personalplanung künftig in dem ersten Quartal eines Jahres abzuschließen und die Lehrereinstellungen bis zum Ende des Schuljahres vorzunehmen. Mit einer rechtzeitigen Einstellung der neuen Lehrkräfte könnte Berlin aus einem größeren Bewerberkreis die geeigneten Fachkräfte für den festgestellten fachspezifischen Bedarf gewinnen und die Planungssicherheit der Schulen für einen ordnungsgemäßen Unterrichtsbeginn verbessern. Wir wollen außerdem künftig vermeiden, dass ein erheblicher Teil des Regelunterrichts durch befristet beschäftigte Lehrkräfte erteilt wird. Sowohl Schulen als auch Pädagogen müssen endlich Sicherheit bekommen. Schüler brauchen Betreuungskontinuität, Schulen brauchen Verlässlichkeit.

Um Referendare vor Ort sachgerecht ausbilden zu können, fordern wir ferner, dass die derzeit hohe Anrechnung der Unterrichtsverpflichtung auf den Unterrichtsbedarf der Schule verringert wird. Auch müssen Mechanismen entwickelt werden, um die an der Schule gut ausgebildeten und eingearbeiteten Referendare zu halten, vor allem dann, wenn ein fachspezifischer Bedarf in absehbarer Zeit erkennbar ist. Wir wollen Lehramtsstudenten mit Bestnoten eine Garantie geben, in den Berliner Schuldienst übernommen zu werden.

[Beifall bei der CDU]

Die Berliner Schulen brauchen endlich eine professionelle Personalpolitik anstelle des Herumdokterns und Schönrechnens dieses Senats. Eines ist klar: Wenn Senator Zöllner diese Forderung nicht umsetzt und bei seiner chaotischen und unzuverlässigen Einstellungspraxis bleibt, werden immer mehr Lehrerinnen und Lehrer abwandern. Am Ende werden wir eine Debatte bekommen, die eigentlich keiner wollte – auch nicht die Koalition –, nämlich die Wiedereinführung der Verbeamtung als einziges, letztes Mittel, um den massiven Weggang der Lehrer zu verhindern. Wer das nicht will, der muss mit dem Schönrechnen aufhören und endlich eine solide Personalplanung für Berlin aufstellen.

[Beifall bei der CDU]

Zum Schluss: In der vergangenen Woche rühmte sich der Bildungssenator damit, –

Herr Kollege Steuer! Bitte einen letzten Schlusssatz!

Ja! – dass der Fachkräftebedarf gedeckt werden könne: Es gebe mehr Bewerber als Stellen. – Ja! Wer bei 778 ausscheidenden Lehrern nur 440 einstellt, der hat eben mehr Stellen als Bewerber, aber das ist Zynismus, den wir uns in der Berliner Schule nicht mehr leisten können.

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank! – Das Wort für die SPD hat die Kollegin Harant!

Herr Präsident! Sehr verehrten Damen und Herren! Herr Steuer! Beschwören Sie doch nicht immer gleich den Weltuntergang! Es geht vielleicht auch ein bisschen sachlicher. Ich gebe Ihnen recht: Das Thema ist wichtig. Wir wissen, welch große Bedeutung die Lehrerinnen und Lehrer im Unterricht haben. Sie sind letztlich für die Unterrichtsqualität verantwortlich. Daher brauchen wir gut ausgebildete, engagierte Lehrkräfte in ausreichender Anzahl an allen Schulen, und zwar vom ersten bis zum letzten Tag des Schuljahres. Da sind wir völlig einer Meinung. Eine solide, vorausschauende Planung ist die Grundlage dafür.

Vielleicht können Sie mir aber auch bei der Feststellung folgen, dass eine perfekte Personalplanung, die bereits im März abgeschlossen ist, zwar erstrebenswert, aber nicht realistisch ist. Es ist einfach zu kompliziert. Die Unwägbarkeiten bestehen vom ersten Schultag an: Lehrkräfte fallen überraschend aus. Die Schülerzahlen verändern sich. Ich erinnere an die Schülerdatei, die wir gerne hätten, die aber noch nicht arbeitet, sodass wir auch dieses Jahr wieder nicht genau wissen, wie viele Schüler wir letztlich zu betreuen haben. Es kann eben nicht alles vorgeplant werden. Die Berechungen des Senats, die Sie kennen und die vorliegen, zielen auf eine Grundlage ab, auf der man aufbauen kann. Das fängt bei der einzelnen Schule an, die erst einmal wissen muss, wie viele Schüler sie zu betreuen hat, welche Wahlfächer gewählt werden, welche Sprachenfolgen usw. Das ist alles nicht so einfach, wie Sie es darstellen. Ich gebe Ihnen aber recht: Je früher die Schulen Bescheid wissen, desto besser. Daran muss gearbeitet werden.

Sie fordern, einige spezielle Punkte zu berücksichtigen. Zum Beispiel soll für jeden ausscheidenden Lehrer ein neuer unbefristet eingestellt werden. Das klingt eigentlich gut und irgendwie auch plausibel.

[Mieke Senftleben (FDP): Wo bleibt das Aber?]

Es berücksichtigt aber die sinkenden Schülerzahlen nicht. Allein vom Jahr 2009 auf das Jahr 2010 – zum nächsten Schuljahr – verringert sich die Schülerzahl um 4 482 Kinder. Das entspricht fast 180 Klassen bzw.

254 Lehrkräften, die wir eigentlich nicht mehr brauchen. Aber wir machen es anders – passen Sie auf! –: Im nächsten Schuljahr werden wesentliche pädagogische Verbesserungen umgesetzt. Stichworte sind Schulreform und integrierte Sekundarschule, die als Ganztagsschule arbeitet, kleinere Klassen und zusätzliche Förderung hat. So werden keine 254 Lehrkräfte eingespart, sondern nur 37,5. Das ist eine Kraftanstrengung und eine großartige Leistung für die Zukunft unserer Kinder. Sie sehen daran, dass die Bildung wirklich ein Schwerpunkt unserer politischen Arbeit ist.

Sie haben auch die Referendare erwähnt, Herr Steuer, und gesagt, deren Situation sei schlecht. Mit sieben Wochenstunden Unterrichtsverpflichtung? Das ist eine Stunde täglich. Vielleicht sind es auch einmal zwei an einem Tag. Ich denke, das ist eine moderate Anforderung – im Vergleich zu anderen Bundesländern auf jeden Fall. Ich finde, die müssen ran, die müssen selbständig arbeiten. Ich kann gar nicht verstehen, warum Sie eine Absenkung fordern.

Natürlich wollen wir die jungen Lehrerinnen und Lehrer übernehmen, am liebsten die allerbesten. Aber meinen Sie wirklich, mit einer Übernahmegarantie kämen wir weiter? Letztlich entscheiden die Referendare selbst, ob sie in Berlin zu den hiesigen Bedingungen arbeiten wollen.

[Mieke Senftleben (FDP): Sie müssen die Bedingungen attraktiver machen!]

Das Entscheidende ist, dass wir konkurrenzfähig bleiben, aber das ist nicht so einfach und hängt immer irgendwie mit Geld zusammen.

[Mieke Senftleben (FDP): Nicht immer!]

Bei den Fristverträgen gab es im letzten Jahr – vom 2008/2009 auf 2009/2010 – in der Tat eine bedauerliche Zunahme. Das ist für die Beteiligten schwierig. Das muss auf das unbedingt notwendige Maß beschränkt werden.

Frau Kollegin! Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Gerade bei Vertretungen ist eine Befristung vertretbar. Das haben Sie bereits erwähnt. Es geht dabei um Stunden und kurze Zeiten. Aber bei Vollzeitstellen ist es nicht vertretbar.

Ihr Vorwurf, es gäbe ein Personalchaos, ist nicht nur übertrieben, sondern einfach falsch. Es gibt eine Personalplanung. Die Umsetzung wird gerade vollzogen. Wir gehen davon aus, dass wir im nächsten Schuljahr vom ersten Schultag an eine hundertprozentige Ausstattung haben.

[Beifall bei der SPD – Mieke Senftleben (FDP): Schauen wir mal!]

Vielen Dank! – Der Kollege Mutlu hat nun für die Fraktion der Grünen das Wort. – Bitte!