Es gäbe also genug Anlass, über die Rolle der Stasi in der Berliner Verwaltung zu sprechen und sich darüber ein Bild zu machen, denn das ist weiterhin ein weißer Fleck auf der Landkarte. Deshalb ist der Antrag der FDP begrüßenswert. Ich finde es sehr schade, dass es zu keiner gemeinsamen Abstimmung kommt, zumal die Signale eindeutig waren. Herr Hilse hat sich dankenswerterweise bei der Einbringung des Antrags dafür ausgesprochen, und auch bei Frau Seelig habe ich keinen großen Dissens festgestellt. Ich bin deshalb jetzt umso trauriger. Wir haben hier eine Chance vertan, Licht in ein bisher dunkles Kapitel der deutschen Geschichte zu bringen. Das ist meiner Ansicht nach ein Rückschlag für die Demokratie. Wenn wir heute sehen, wie die Hilfsvereine der sogenannten Tschekisten und Kundschafter des Friedens, wie sie sich gerne nennen, unverschämt und unverhohlen die DDR glorifizieren und ihre eigene Rolle im Nachhinein verherrlichen, dann ist das beklemmende Fazit aus der Tatsache, dass sich hier keine zustimmende Mehrheit findet: Die Täter sind weiterhin unter uns. – Vielen Dank!
Danke schön, Herr Kollege! – Mir wurde gesagt, dass Frau Seelig auf einen Redebeitrag verzichtet. Damit ist jetzt Herr Ratzmann für die Grünen an der Reihe. – Bitte, Sie haben das Wort!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Martin! Du wärst nicht Martin Lindner, wenn du es nicht verstehen würdest, dir auch noch an deinem letzten Tag eine Abschiedsvorstellung zu organisieren. Ich finde, die Vizepräsidentin hat eben sehr zutreffend gesagt, du seiest auch an diesem letzten Abend den Erwartungen gerecht geworden, die alle an dich hatten, wenn du in die Bütt steigt, um etwas zur Stasi zu sagen. Du hast es immer vermocht, gerade die Stasi-Debatte zu deiner Bühne zu machen, auf der du die Kunst der bewussten Grenzverletzung, die du meisterhaft beherrschst, praktiziert hast. Wir haben nur manchmal bedauert, dass du diese Kunst nicht unbedingt immer mit dem Florett, sondern oftmals mit der Streitaxt ausgeübt hast. Trotzdem hast du das Parlament als das betrachtet, was es sein soll, nämlich als Ort, an dem verschiedene Ideen, Konzepte und Argumente einander gegenübergestellt werden. Ob die political
correctness immer so außen vor bleiben muss, wie du denkst, wage ich zu bezweifeln, aber die lebendige Debatte hast du ins Parlament hineingetragen. Das hat das Parlament belebt, und wir müssen uns ganz schön anstrengen, um diese Lebendigkeit ohne dich beizubehalten. Wir werden uns alle anstrengen, damit da keine Lücke entsteht.
Es gibt ein altes chinesisches Sprichwort, das sagt, einen würdigen Feind zu verlieren, sei fast so schlimm, wie einen Freund zu verlieren. Dass du dir hier im Parlament viele Feinde gemacht hast, weiß wohl jeder. Ich glaube, es gibt keinen, der so oft eine Sondersitzung des Ältestenrates provoziert hat wie du. Ich erinnere mich an einige Debatten, die haarscharf am guten Geschmack vorbeigegangen sind. Der Ältestenrat musste sich mehr als einmal mit deinen Äußerungen beschäftigen. Deswegen ist das mit dem Würdevollen so eine Sache. Das würden bestimmt nicht alle hier im Parlament unterschreiben. Trotzdem sage ich an dieser Stelle: Ich glaube, es ist richtig, sich in diesem Parlament zu streiten – wenn auch nicht immer in dieser Form – und dem Parlamentarismus Lebendigkeit zu verleihen. – Herzlichen Dank für deinen Beitrag, für das, was du hier geleistet hast! Du hast dazu beigetragen, das Parlament zu einem Ort der lebendigen Debatten zu machen.
Ich habe gehört, dass du in den Wirtschaftsausschuss des Bundestags gehst. Dort soll auch Sahra Wagenknecht sitzen. Das ist ein wenig die Rückkehr der Blockkonfrontation im Deutschen Bundestag. Insofern wirst du dort nichts vermissen. Ich wünsche dir weiterhin viel Erfolg, insbesondere dabei, die Interessen Berlins nicht nur wirkungsvoll, sondern vielleicht auch würdevoll zu vertreten. Wir vertrauen dabei auf dich. Wir bleiben weiter in Kontakt. Herzlichen Dank! Viel Erfolg und alles Gute bei deiner weiteren Arbeit!
Die Ausschüsse empfehlen mehrheitlich – gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen – die Ablehnung des Antrags Drucksache 16/2494 mit Änderungen. Wer dem Antrag dennoch zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die FDP, die CDU und die Grünen. Die Gegenprobe! – Das sind die Regierungsfraktionen. Damit ist der Antrag abgelehnt.
Schwarzarbeit ist eine Geißel der Berliner Wirtschaft. In Berlin haben Schattenwirtschaft und Schwarzarbeit einen Anteil von 20 Prozent am Bruttoinlandsprodukt. Auch hier liegt Berlin mal wieder über dem Bundesdurchschnitt – wie so oft, wenn es um negative Kennziffern geht. Besonders betroffen ist davon das Baugewerbe. Fast 40 Prozent der Schwarzarbeit findet hier statt. Der Schaden ist immens, und unser Arbeitsmarkt wäre entspannter, wenn wir Schwarzarbeit endlich effektiver bekämpfen würden. Reguläre Beschäftigung und legale Unternehmen werden durch Schwarzarbeit verdrängt. Die Steuereinnahmen, die durch Schwarzarbeit wegfallen, fehlen uns auch im Berliner Haushalt. Aber auch die Schwarzarbeitnehmer sind letztlich betroffen. Dadurch, dass sie nicht dem Arbeitsrecht und Arbeitsschutz unterliegen, sind sie ihren Auftraggebern rechtlos ausgeliefert und zur Ausbeutung freigegeben.
Sicher gibt es Ursachen, die wir einer Landesregierung nicht oder nur bedingt anlasten können. Fakt ist, dass reguläre Arbeit durch hohe Steuern und Abgaben zu teuer ist. Schwarzarbeit ist hingegen billig und insbesondere bei gleichzeitigem Bezug von staatlichen Transferleistungen, wie z. B. Arbeitslosengeld, attraktiv. Daneben haben wir einen überregulierten Arbeitsmarkt, der Einstellungen verhindert, da Unternehmer nur bedingt auf Auftragsspitzen durch Neueinstellungen reagieren können. Auch Mindestlohnregelungen in bestimmten Branchen führen zu Schwarzarbeit, da sie die Lohnfindung von der Produktivität entkoppeln. Auch darum freue ich mich, dass die neue Bundesregierung endlich Arbeitgeber und Arbeitnehmer finanziell entlasten wird und somit einen Anreiz für Schwarzarbeit mindern wird.
Neben Maßnahmen wie Steuerentlastung, Deregulierung des Arbeitsmarktes muss es aber viele flankierende Maßnahmen geben. Eine davon findet sich in unserem vorliegenden Antrag zur Bekämpfung der Schwarzarbeit. Die Regionaldirektion Sachsen-Anhalt/Thüringen der Bundesagentur für Arbeit hatte für bestimmte Berufsgruppen
obligatorische Schulungs- und Informationsveranstaltungen angeboten. 47 Prozent der Angeschriebenen haben sich daraufhin aus der Arbeitslosigkeit abgemeldet. Anscheinend waren sie auf das Arbeitslosengeld nicht angewiesen. Vermutlich haben sie andere Einkünfte. Das Ergebnis dieser Maßnahme zeigt uns, dass man Schwarzarbeit bekämpfen muss, indem man den potentiellen Schwarzarbeitern die Ressource Zeit nimmt. Darum fordern wir, dass sich der Senat bei der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg auch für solche Maßnahmen einsetzt.
Um das hier ganz deutlich zu machen: Uns geht es nicht um die Stigmatisierung bestimmter Berufsgruppen oder Arbeitsloser, aber das Ergebnis dieser Maßnahme und auch andere Indikatoren zeigen uns, wie weit verbreitet Schwarzarbeit ist. Die Maßnahmen sollen auch keine Beschäftigungstherapie sein, sondern es sollen sinnvolle Inhalte angeboten werden, die den schnellstmöglichen Wiedereintritt in den Arbeitsmarkt ermöglichen. Diejenigen, die diesen Antrag ablehnen, verschließen aus falsch verstandener Rücksichtnahme die Augen vor dem drängenden Problem der Schwarzarbeit.
Meine Damen und Herren von der Koalition, Sie tun immer so fürsorglich. Sie stellen Mindestlöhne und hohe staatliche Transferleistungen in Aussicht. Arbeitslose dürften nicht stigmatisiert werden. Ihre vermeintliche Fürsorge führt aber genau zum Gegenteil. Arbeitsplätze verschwinden, Schwarzarbeit nimmt zu. Diejenigen, die diesen Antrag ablehnen, lassen zu, dass die Berliner Wirtschaft weiter gegeißelt wird. Sie lassen es aber auch zu, dass Menschen aus dem Arbeitsmarkt verdrängt werden oder auf dem regulären Arbeitsmarkt nicht Fuß fassen können. Sie versuchen, das zu kompensieren, indem Sie einen öffentlichen Beschäftigungssektor schaffen, der aber auch die Berliner Wirtschaft geißelt, da hier Stellen gefördert werden, die reguläre Beschäftigung verdrängen.
Das Geißeln der Berliner Wirtschaft ist ja Programm dieses Senats. Er verhindert offene Geschäfte und zusätzlichen Umsatz für den Berliner Handel. Das Handwerk und das Gewerbe in dieser Stadt werden durch die Umweltzone unnötig belastet. Den Umgang mit potentiellen Investoren erwähne ich nur am Rande. Darum wundert es nicht, wenn Sie auch diesen guten Antrag ablehnen. Damit handeln Sie aber weder im Sinne der Arbeitslosen noch der Arbeitnehmer und auch nicht im Sinne der ehrlichen Arbeitgeber und der Berliner Wirtschaft.
Es besteht Konsens zwischen allen Parteien hier im Abgeordnetenhaus von Berlin, dass Schwarzarbeit bekämpft werden muss und kein Kavaliersdelikt ist. Wir müssen aber zwischen krimineller Schwarzarbeit, illegaler Beschäftigung und Dienstleistungen im privaten Bereich unterscheiden. Allerdings, das sage ich von dieser Stelle auch ganz deutlich, nicht mit den von Ihnen vorgeschlagenen Maßnahmen, meine Damen und Herren der FDP und der CDU. Auf Bundesebene haben Sie ja nun die Gelegenheit, die Schwarzarbeit auf Null zu setzen. Viel
Erfolg! In einem Jahr sprechen wir uns wieder. Ich hoffe, den Vertretern auf Bundesebene fällt etwas Besseres ein als das, was Sie uns hier im Parlament vorlegen. Ich bin gespannt.
Nun aber zu den Anträgen bzw. Beschlussempfehlungen, die Sie uns präsentiert haben. Fangen wir mit dem der FDP an. Er trägt die Überschrift „Schwarzarbeit aufdecken – Leistungserschleichung beenden!“ Sie stellen mit diesem Antrag alle Arbeitslosen im Baugewerbe unter Generalverdacht, schwarz zu arbeiten. Sie wollen alle arbeitslosen Bauarbeiter zu einem 14-tägigen Kurs einladen und hoffen, dass sich anschließend 50 Prozent aus dem Jobcenter abmelden. So stellt sich die FPD die Verhinderung von Schwarzarbeit vor.
Gerade bei diesem Thema muss man differenziert schauen, wer eigentlich von Schwarzarbeit profitiert. Jedem Arbeitnehmer und jeder Arbeitnehmerin ist eine gut bezahlte Arbeit lieber als Schwarzarbeit, die befristet und schlecht bezahlt ist und in die Altersarmut führt. Was ist denn mit den Arbeitgebern, die diese Menschen beschäftigen? Welchen Wettbewerbsvorteil haben gerade diese Arbeitgeber gegenüber denen, die ihre Arbeitnehmer nach Tarif bezahlen und anmelden? – Für die haben Sie keine Sanktionen vorgesehen. Das ist wieder einmal die typische Klientelpolitik der FDP. Das werden die Menschen noch zu spüren bekommen. Auch dieser Beschlussempfehlung wird die SPD-Fraktion nicht zustimmen. Der Gesetzgeber hat die Regelung getroffen, dass der Personalausweis und die Sozialversicherungskarte mitzuführen sind und dass die Anmeldung des Arbeitnehmers vom ersten Tag an geschehen muss. Die Einführung eines Modellprojektes einer Chipkarte in Berlin-Brandenburg wurde nach einer genauen Prüfung und einer Berechnung der Kosten auf Bundesebene verworfen.
Beide Anträge richten sich an die Bauwirtschaft. Schwarzarbeit gibt es aber in vielen anderen Branchen, u. a. im Gastgewerbe und im Einzelhandel. Schwarzarbeit findet in Deutschland zu 38 Prozent auf dem Bau, zu jeweils 17 Prozent in Hotels und Gaststätten, zu 14 Prozent in der Vergnügungsbranche und zu 15 Prozent in privaten Haushalten statt.
Schwarzarbeit wird niemals ganz verschwinden. Denn wo der Anreiz da ist, am Fiskus vorbei arbeiten zu lassen, wird es auch immer schwarze Schafe geben. Mit verstärkten Kontrollen und klaren Regelungen können wir aber zur Eindämmung der Schwarzarbeit beitragen und somit reguläre sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen schaffen. Schwarzarbeit ist ein Problem, das erkannt ist und im Land Berlin auf allen Ebenen ernst genommen wird. Kontrollen werden von den Zollbehörden durchgeführt, die in enger Kooperation mit der Berliner Steuerfahndung, der Staatsanwaltschaft, der Polizei und den Betriebsprüfdiensten der Deutschen Rentenversicherung arbeiten. Aus der Bilanz der Zollverwaltung für Berlin können wir ganz deutlich erkennen, dass die festgesetzten Bußgelder im Jahr 2008 deutlich angestiegen sind. Das ist
Seit vielen Jahren ist die Schwarzarbeit eine boomende Branche, und nach Expertenschätzungen werden in der Bundesrepublik Deutschland ca. 16 Prozent des Bruttoinlandprodukts in der Schattenwirtschaft erwirtschaftet. Für Berlin liegen die Schätzungen mit einem Schwarzarbeitsanteil von 22 Prozent des BIP deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Bund und Ländern gehen nach Angaben der Deutschen Steuergewerkschaft jedes Jahr etwa 30 Milliarden Euro Steuereinnahmen verloren. Durch die Umwandlung von Schwarzarbeit in legale Arbeit könnten nach Ansicht des DGB in Deutschland 1,5 Millionen versicherungspflichtige Arbeitsplätze entstehen. Alle, die das wollen, wissen das, und trotzdem bleibt Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung ein Massenphänomen, das zunehmend moralisch akzeptiert wird. Das zeigen Umfragen, in denen jeder dritte Deutsche zugegeben hat, schon Schwarzarbeiter beschäftigt zu haben. Dabei hatten die wenigsten ein schlechtes Gewissen. Der dadurch entstehende volkwirtschaftliche Schaden in Berlin beträgt aktuell allein in der Baubranche 8,8 Millionen Euro. Davon entfallen 7,8 Millionen Euro auf nicht gezahlte Abgaben an die Sozialversicherung.
Deshalb ist die CDU der Auffassung, dass die für die gesamte Gesellschaft schädlichen Auswirkungen deutlich beim Namen genannt werden müssen: Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung vernichten reguläre Jobs und plündern öffentliche Kassen. Sie gehen zulasten aller ehrlichen Arbeitnehmer und Unternehmer, denn sie verhindern sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze und gefährden die Existenz kleiner und mittlerer Betriebe. Besonders in für Schwarzarbeit anfälligen Branchen müssen elektronisch lesbare und fälschungssichere Chipkarten – nicht nur die Pflicht zum Mitführen von Ausweisen – eingeführt werden. Hier hat der Senat die Möglichkeit eines Pilotprojekts nicht ergriffen, was auch von den Wirtschaftsverbänden und Kammern ausdrücklich gerügt wird. Deshalb werden wir immer wieder darauf drängen, dass in diesem Bereich endlich etwas Konkretes durch den Senat getan und nicht nur geredet wird.
Für mich ist aber immer wieder erstaunlich, wie Wort und Tat bei der rot-roten Koalition auseinanderklaffen. Wollte man beispielsweise Herrn Müller Glauben schenken, dann müsste das Pilotprojekt schon lange durchgeführt und ausgewertet sein, so wichtig war ihm das. Doch weit gefehlt: Man hatte beim Abstimmungsverhalten der Koalition den Eindruck, dass je nach Befindlichkeit, Lust und Laune zugestimmt oder abgelehnt wurde. Das Kurioseste war für mich ein Vertreter der SPD, der im Wirtschaftsausschuss dafür stimmte und im Sozialausschuss dagegen. Auf Nachfrage antwortete er, dass er das jetzt erst als richtig erkannt habe. Na ja, es kann einen Tag nach der verlorenen Bundestagswahl schon vorkommen, dass man so aus dem Konzept gerät. Doch überhaupt kein Verständnis habe ich dafür, wenn man in der Ausschuss
debatte immer die gleichen abgedroschenen Argumente aufgetischt bekommt. Das hilft nicht weiter und ändert trotz Beteuerungen, dass man eigentlich auch gegen die Schwarzarbeit wäre, gar nichts.
Eines zeigt dieser mehr als zwei Jahre lange Vorgang sehr deutlich: Der rot-rote Senat will sich nicht bewegen, denn es ist ja viel einfacher, die Verantwortung in dieser Frage auf andere abzuschieben. – Dem FDP-Antrag werden wir zustimmen.
Das Anliegen der beiden Anträge ist die Eindämmung der sogenannten Schwarzarbeit. Die CDU – oder besser die Berliner CDU – möchte dafür eine Chipkarte einführen. Die Forderung wurde vor zehn Jahren von der Fachgemeinschaft Bau aufgestellt. In den letzten Jahren wurde dieses Ansinnen breit diskutiert, geprüft, modifiziert, wieder geprüft und letztlich verworfen. Diese Entscheidung beruhte auf den Ergebnissen einer Arbeitsgruppe des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales und des Bundesfinanzministeriums. Zusammengefasst heißt es: zu wenig Datenschutz, europarechtlich nicht möglich und zu teuer. Die detaillierten Ergebnisse der Arbeitsgruppe lassen sich in der Bundestagsdrucksache 16/13768 vom Februar 2009 nachlesen. Dabei handelt es sich um eine Unterrichtung durch die Bundesregierung – in dem Fall der schwarz-roten –, aus der ich kurz zitieren möchte:
Diese Position vertrat Rot-Rot in Berlin schon im Jahr 2006 – nachzulesen im Koalitionsvertrag. Der Senat hat sich für die Mitführungspflicht der Personaldokumente eingesetzt. Mit Erfolg: Dies wurde in das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz aufgenommen und gilt sei diesem Jahr – leider nur für bestimmte Branchen, wir hätten es uns für alle gewünscht, aber ein Anfang ist gemacht. Ich betone noch einmal: Die Mitführungs- und Vorlagepflicht der Ausweispapiere hat gegenüber der Chipkarte einen Riesenvorteil: Jeder hat einen Ausweis. Er ist ein vorhandenes, kostengünstiges Instrument, durch das sich unproblematisch die Identität feststellen lässt. Insofern, meine Damen und Herren der CDU, teilen wir Ihren Antrag inhaltlich nicht. Er ist wirklich Schnee von gestern, und deshalb sollten Sie ihn zurückziehen.
Nun zum Antrag der FDP: Wer Anträge aus den vergangenen Jahren leicht modifiziert vorlegt, muss damit leben, dass er leicht modifizierte Reden aus den vergangenen Jahren zu hören bekommt. Die Regionaldirektion Sachsen-Anhalt/Thüringen hatte Arbeitslose zu einer Pflichtveranstaltung eingeladen, und als sich 47 Prozent nicht an der Maßnahme beteiligten, zog der Geschäftsführer der Regionaldirektion daraus den Schluss, dass die Erwerbslosen „wohl die Zeit für die Schwarzarbeit brauchen“. Das stellt Langzeitarbeitslose unter einen Generalverdacht. Ihr Antrag orientiert sich nun erneut an dieser Maßnahme, und wir halten von diesem Anliegen nimmer
noch nichts. Wir befürworten alle Maßnahmen, die Erwerbslose bei der Integration in den ersten Arbeitsmarkt unterstützen oder sinnvolle, öffentlich geförderte Beschäftigung organisieren. Dafür werden wir uns auch weiterhin einsetzen, aber wir unterstützen keine sinnlosen und unspezifischen Maßnahmen für Arbeitslose. Da Ihr Antrag genau das fordert, lehnen wir ihn ab.
Schwarzarbeit ist ein gravierendes Problem und keineswegs ein Kavalierdelikt. Schwarzarbeit bedeutet Steuerhinterziehung, Sozialversicherungsbetrug und Arbeitsplatzklau. Schwarzarbeit verdrängt reguläre Beschäftigung. IHK und HWK gehen so weit, dass sie Berlin als „Hauptstadt der Schwarzarbeit“ bezeichnen. Nach ihrer Schätzung werden allein in Berlin knapp 20 Milliarden Euro jährlich schwarz erwirtschaftet. Die Ausfälle für die Sozialversicherung und Steuern bundesweit werden auf dreistellige Milliardenbeträge geschätzt. Deshalb muss Schwarzarbeit bekämpft werden. Es muss vorbeugende Maßnahmen, effektive Kontrollen und wirksame Strafen geben – darin sind wir uns wohl alle einig.
Was CDU und FDP bezüglich der Bekämpfung von Schwarzarbeit heute mit den Anträgen zu bieten haben, ist peinlich: Der CDU-Antrag ist mit der pauschalen Aufforderung, die Voraussetzungen für die Einführung der Chipkarte zu prüfen, von gestern. Das Projekt der Einführung einer Chipkarte wurde von der großen Koalition im Bund – an der ja auch die CDU beteiligt war – zugunsten der Ausweislösung gekippt. Es gibt schlichtweg kein Chipkartensystem, das funktioniert. Von der Datenschutzproblematik will ich gar nicht sprechen.