Protocol of the Session on June 25, 2009

[Beifall bei der Linksfraktion]

Danke schön, Herr Senator!

Jetzt ist die Kollegin Paus von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit einer Frage an der Reihe, und zwar zum Thema

Wie hält es der Senat mit sozialdemokratischer Programmatik?

Bitte schön, Frau Paus!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:

1. Beabsichtigt der Senat, die Wirtschaft in Berlin durch einen Green New Deal, wie er seit langem von den Grünen und seit neuestem von SPD-Kanzlerkandidat

Senator Dr. Ehrhart Körting

Steinmeier gefordert wird, aktiv zu fördern, dies gegebenenfalls im Bundesrat zu unterstützen und so analog zur Schulreform des Senators Zöllner originär grüne Politik umzusetzen?

2. Oder plant der Senat, zukunftsweisende, Beschäftigung schaffende politische Konzepte weiterhin zu ignorieren oder auszusitzen?

[Christian Gaebler (SPD): Habt ihr kein eigenes Programm mehr?]

Dazu spricht vermutlich der Wirtschaftssenator. – Bitte schön, Herr Wolf!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Paus! Ich nehme mit Interesse zur Kenntnis, dass die Grünen mittlerweile zu der Auffassung kommen, dass mein sozialdemokratischer Kollege Zöllner originär grüne Politik umsetzt.

[Vereinzelter Beifall bei der Linksfraktion und der SPD – Zurufe von den Grünen]

Ich nehme zweitens zur Kenntnis, dass die grüne Fraktion zur Auffassung gekommen ist, dass der sozialdemokratische Kanzlerkandidat Steinmeier in Sachen Ökologie und Wirtschaft originär Positionen der Grünen umsetzt.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Ich finde das einen originellen Auftakt des Bundeswahlkampfs der Grünen. Herzlichen Glückwunsch!

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD – Özcan Mutlu (Grüne): Antworten Sie auf die Frage! – Zurufe von den Grünen]

Ich schlussfolgere daraus: Die Grünen werden mehr und mehr überflüssig, weil sie ihre originären grünen Aufgaben an die Sozialdemokratie abgegeben habe.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD – Zurufe von den Grünen]

Zur Frage, ob der Senat bereit ist, Vorschläge des sozialdemokratischen Kanzlerkandidaten im Bundesrat zu unterstützen, antworte ich: Der sozialdemokratische Kanzlerkandidat hat keine Möglichkeit, im Bundesrat Vorschläge zu machen, vielmehr hätte die Bundesregierung die Möglichkeiten dazu. Wenn die Bundesregierung gute Vorschläge macht, hat sie der Senat von Berlin immer unterstützt.

[Gelächter von Sebastian Czaja (FDP) und Kai Gersch (FDP)]

Wenn die Bundesregierung schlechte Vorschläge gemacht hat, hat der Senat von Berlin sie in der Regel nicht unterstützt.

[Stefan Liebich (Linksfraktion): Weiter so!]

Jetzt zur Frage, was der Senat zu tun gedenkt. Frau Paus! Sie wissen, dass dem Senat nicht erst seit Obama und nicht erst seit Steinmeier bekannt ist, dass der ökologische Umbau ein zentrales Thema für Wachstum und Beschäftigung ist.

[Ramona Pop (Grüne): Sie haben schon früher von uns abgeschrieben!]

Deshalb hat der Berliner Senat unter anderem im Bereich der Energiepolitik seit geraumer Zeit einen wichtigen Schwerpunkt auf erneuerbare Energien und Energieeffizienz gesetzt. Das zeigt sich unter anderem in den Ansiedelungserfolgen, die wir in den letzten Jahren im Bereich der Solarindustrie gehabt haben. Wir haben die Initiative für ein Kompetenzzentrum Photovoltaik in der Kooperation zwischen Unternehmen, der Technischen Universität und dem Helmholtz Institut in Adlershof ergriffen, die gegenwärtig umgesetzt wird,. Das ist ein wichtiges und zukunftsweisendes Projekt.

Weiterhin haben wir eine Analyse über die industriellen Kompetenzen im Bereich der nachhaltigen Energiewirtschaft erstellt. Auf dieser Grundlage haben wir gemeinsam mit dem Land Brandenburg beschlossen, das Feld Energie, Energiewirtschaft zu einem Kompetenzfeld zu erheben.

[Beifall von Daniel Buchholz (SPD)]

Das heißt, es gehört jetzt gleichrangig mit Biotechnologie, Medizintechnik, Verkehrssystemtechnik, optische Technologien zu den Kompetenzfeldern, die prioritär vonseiten des Landes Berlin gefördert werden. Das Ganze ist mit Netzwerkaktivitäten verbunden, die vonseiten der Technologiestiftung geführt werden. Ebenso finanzieren wir ein GA-Netzwerk, das von der Energieagentur geführt wird. Es konzentriert sich schwerpunktmäßig auf die Frage, wie wirtschaftliche Effekte durch Energieeinsparung und Energieeffizienz sowohl in der Wohnungswirtschaft als auch in der Industrie erzielt werden können.

Last but not least werden wir im November des Jahres die diesjährige Wirtschaftskonferenz durchführen. Sie erinnern sich, wir haben in den beiden letzten Jahren große Wirtschaftskonferenzen zum Thema Industrie und Innovation gehabt. Die dritte Wirtschaftskonferenz im November wird zum Thema Green Economy stattfinden. Wir werden dort noch einmal die in Berlin im Bereich einer nachhaltigen Wirtschaft, im Bereich einer Industrie, die sich auf grüne und saubere Technologien ausrichtet, vorhandenen Kompetenzen darstellen. Wir werden so weithin sichtbar machen, wie viele Kompetenzen hier existieren, und vor allem auch, mit welchen Strategien und Kooperationen wir diesen Industriezweig weiterentwickeln wollen.

Nun zu Ihrer Frage, mit der Sie uns unterstellt haben, dass wir beschäftigungsschaffende politische Konzepte weiterhin ignorieren oder aussetzen wollen. Frau Paus! Wenn wir das jemals getan hätten, hätten wir in den letzten zwei Jahren nicht solche Beschäftigungszuwachszahlen geschrieben, dass wir zusammen mit Hamburg das Bun

Elisabeth Paus

desland mit dem höchsten Zuwachs an sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung und Erwerbstätigen waren.

[Beifall bei der Linksfraktion]

Danke schön, Herr Senator! – Eine Nachfrage der Kollegin Frau Paus. – Bitte sehr!

Herr Senator! Dass die Grünen nicht überflüssig sind, macht ja gerade das Beispiel deutlich, denn sonst hätten die Sozialdemokraten nichts, wovon sie in ihrer Programmatik abschreiben könnten! Der grüne New Deal, die eine Million Arbeitsplätze, die damit geschaffen werden können, das ist nun eindeutig etwas, was zur Marke von Bündnis 90/Die Grünen gehört.

Sie haben jetzt einige Dinge genannt. Welche konkreten Maßnahmen planen Sie von der Wirtschaftsverwaltung zurzeit in Zusammenhang mit der Umorientierung der Wirtschaftsförderung, in Zusammenhang mit der Finanz- und Wirtschaftskrise, in Bezug auf die Wirtschaftsförderung, welche die Investitionsbank tätigt, und in Bezug auf die EU-Fördermittel, die von der Wirtschaftsverwaltung verwaltet werden? Inwieweit verfolgen Sie in diesen Maßnahmen einen klaren Kurs in Richtung grüne Technologien, in Richtung eines Greening der Berliner Industrie?

Herr Senator Wolf – bitte!

Frau Paus! Ich habe es Ihnen eben schon beantwortet. Die Tatsache, dass wir mit GA-Mitteln und EFRE-Mitteln das Kompetenzzentrum Photovoltaik unterstützen, ist ein Beispiel. Dass wir mit GA-Mitteln das Netzwerk Energieeinsparung, geführt von der Energieagentur, unterstützen, ist ein weiteres Beispiel, ebenso wie die Tatsache, dass wir Investitionen im Bereich Energieeffizienz unterstützen. Auch die Tatsache, dass wir die Energiewirtschaft in den Rang eines Kompetenzfelds erhoben haben und damit zum prioritären Sektor bei der Bedienung durch Fördermittel durch die Investitionsbank als auch bei der Ausreichung von Fördermitteln durch das Land Berlin im Rahmen der GA-Förderung gemacht haben, macht hinreichend deutlich, dass wir, schon bevor das Thema von Obama, von Herrn Steinmeier aufgegriffen wurde, eine entsprechende Orientierung vonseiten des Senats in der Wirtschaftsförderpolitik – im Übrigen auch in der Wissenschaftspolitik – vorgenommen haben.

[Dr. Martin Lindner (FDP): Erst der Senat, dann Obama, dann Steinmeier?]

Danke schön, Herr Senator Wolf! – Jetzt hat Frau Pop von Bündnis 90/Die Grünen das Wort zu einer Frage. – Bitte sehr!

Herr Senator Wolf! Sie sprachen gerade über den Beschäftigungszuwachs in Berlin. Wollen Sie Ihre Strategie beibehalten, wie in den letzten Jahren einen Beschäftigungszuwachs hauptsächlich über prekäre Beschäftigung wie Teilzeitbeschäftigung und Leiharbeit herbeizuführen, und damit explizit mit eigener Ansiedlungshilfe – wie letztens geschehen – zur Ausweitung des Niedriglohnsektors beitragen? Oder wollen Sie noch eine Strategie entwickeln, die auf hochwertigere und gut bezahlte Beschäftigung setzt, wie die Kollegin Paus es gerade formuliert hat?

Herr Senator Wolf – bitte!

Frau Pop! Wir setzen in unserer Wirtschaftsförderpolitik nicht auf die Ausweitung prekärer Beschäftigungen und von Niedriglohnsektoren.

[Ramona Pop (Grüne): Aber doch!]

Sie beziehen sich wahrscheinlich auf die Berichterstattung in der „taz“.

[Ramona Pop (Grüne): Dienstleistungssektor!]

Förderung im Dienstleistungssektor und in Callcentern bezieht sich im Wesentlichen auf die lohnkostenbezogene GA. Die lohnkostenbezogene GA ist gebunden an eine Mindestlohnsumme pro Jahr pro Beschäftigten von 25 000 Euro. Wenn diese Bedingung nicht erfüllt wird, wird nicht gefördert. Es ist richtig, dass die flankierende Förderung, die wir in diesen sogenannten BusinessRecruting-Packages haben – das ist die Unterstützung von Unternehmen bei der Anwerbung und Auswahl von Arbeitskräften –, bisher nicht an Mindeststandards gebunden war, aber die Hauptförderung ist es. Angesichts der Tatsache, dass es hier die Möglichkeit für Schlupflöcher gibt, habe ich schon vor einiger Zeit entschieden, dass auch diese Förderung an Mindeststandards gebunden wird. Das heißt, dass auch hier nur Beschäftigung gefördert werden kann, die an ein Mindestlohnniveau,

[Ramona Pop (Grüne): 10 Euro!]