Zu Ihrer zweiten Frage, Herr Steuer: Das flexible Verweilen ist also integraler Bestandteil der Schulanfangsphase, und in diesem Zusammenhang sind drei Punkte zu sehen. Es werden alle Kinder und jüngerer Kinder aufgenommen, auf Zurückstellungen vor Schulbeginn und im Laufe der ersten Schulmonate wird verzichtet. Schließlich
Denn gerade zu Beginn soll kein Zurückstellen wegen sonderpädagogischer Förderschwerpunkte etwa im Förderschwerpunkt Lernen, emotionale und soziale Entwicklung stattfinden. Darüber sind sich Bildungsexperten im Übrigen sehr einig, dass dies gerade in den ersten zwei Schuljahren etwas sehr Wichtiges ist.
Jedes Kind geht beim Lernen seinen eigenen Weg und braucht seine eigene Zeit, und dafür benötigt es passende Angebote. Das Ziel der Schulanfangsphase besteht in einer konsequenten Individualisierung der schulischen Lernangebote, um auf die unterschiedlichen Lernvoraussetzungen und Lernbedürfnisse der Kinder mit einer passfähigen Förderung zu reagieren. Die von mir genannten zentralen Elemente der Schulanfangsphase sind allerdings erst in diesem jahrgangsgemischten Lernen produktiv zu entfalten.
Betrachten wir die Entwicklung der letzten beiden Schuljahre, dann können wir feststellen, dass es hier auch Entwicklungsfortschritte gegeben hat, die von Schule zu Schule ganz unterschiedlich verlaufen. Aber wir müssen feststellen, im Schuljahr 2009/2010 werden 314 Grundschulen jahrgangsgemischte Klassen in der Schulanfangsphase führen. Nur 53 Schulen werden weiterhin jahrgangsbezogen organisieren. Von diesen 53 Schulen haben 28 Projekte zum jahrgangsübergreifenden Lernen vorgesehen, die dann darauf hinführen, auch dort das jahrgangsübergreifende Lernen mit Beginn des nächsten Schuljahres einzuführen.
Das zeigt also, die überwiegende Anzahl der Schulen, der Lehrkräfte und der Eltern sind unterwegs, haben das jahrgangsübergreifende Lernen positiv bewertet, und an der Weiterentwicklung des Unterrichts und der Verbesserung der Förderqualität werden und müssen wir zweifelsfrei arbeiten.
Vielen Dank, Frau Staatssekretärin! Irgendwie erinnert mich das „flexible Verweilen“ als Verbrämung an das „schuldistanzierte Verhalten“, das früher Schwänzen hieß
aber bitte: Meinetwegen ist es flexibles Verweilen statt Wiederholen und Sitzenbleiben. Aber spricht nicht die Tatsache von 16 Prozent Verweilern in einem Jahrgang
dafür, dass es offensichtlich doch keine individuelle Förderung in der flexiblen Schulanfangsphase gibt, wie Sie das ursprünglich vorgehabt haben? Spricht es nicht dafür, dass Schulanfangsphase und das jahrgangsübergreifende Lernen tatsächlich freiwillig gemacht werden sollten? Berlin ist das einzige Bundesland, in dem es eine Pflicht gibt, das einzuführen, anders als alle anderen Bundesländer. Wenn es doch keine Effekte hat, – –
Sehr geehrter Herr Steuer! Ich weiß überhaupt nicht, woher Sie die Zahl 16 Prozent, die Sie eben nannten, nehmen.
Nach der Antwort auf Ihre Kleine Anfrage sollten Sie es besser wissen. Da haben wir geantwortet, dass es im Schuljahr 2006 und 2007 6,3 Prozent waren, am Ende des Schuljahres 2007/2008 waren es 8,24 Prozent. Ich weiß also nicht, woher Sie die 16 Prozent nehmen.
Zu Ihrer Frage, ob der Senat das tatsächlich weiter einführen muss: Ich habe zitiert, dass das Abgeordnetenhaus das Ganze im Schulgesetz beschlossen hat. Wir wären eine sehr merkwürdige Schulverwaltung, würden wir nicht dem Willen dieses Hauses folgen und diese flexible Schulanfangsphase nicht umsetzen.
Dass wir das Ganze aber mit Augenmaß tun, das beweist die Einführung, die wir über mehrere Jahre mit den Schulen gemeinsam praktizieren. Zunächst werden die Lehrerinnen und Lehrer fortgebildet, dann gibt es die entsprechende Ausstattung an den Schulen,
es gibt auch entsprechende räumliche Kapazitäten, die dafür auch erst hergerichtet werden mussten, und dann gibt es ein immer weiteres Beginnen verschiedener Schulen, bis hin zu diesen 314 Schulen, die sich dem jahrgangsübergreifenden Lernen stellen.
Danke schön! – Jetzt gibt es eine Nachfrage des Kollegen Mutlu von der Fraktion der Grünen. – Bitte, Herr Mutlu!
Frau Staatssekretärin! In der Tat kann man nicht von Sitzenbleiben reden. Es ist ein längeres Verbleiben in der Schulanfangsphase.
Daher meine Frage – die Zahlen sprechen schon eine deutliche Sprache, weil es sehr viel Verbleiber gibt: Welche Konsequenzen ziehen Sie daraus für die Klassenfrequenzen? Welche Konsequenzen ziehen Sie daraus für die Organisation des kommenden Schuljahres insbesondere für die personelle Ausstattung der Schulanfangsphase?
Sehr geehrter Herr Mutlu! Wir werden das bei der Ausstattung der Schulen berücksichtigen. Es wird meines Erachtens kein Problem geben, die Schulen entsprechend mit Lehrpersonal und Erzieherpersonal auszustatten, damit sie dieses jahrsgangsübergreifende Lernen so praktizieren können, wie es angelegt ist.
Ich bin mir sicher, dass sich die Ergebnisse auch verbessern werden. Ich habe bereits gesagt: Reformprozesse brauchen Zeit, gerade im Bereich der Pädagogik. Das weiß auch jeder, der sich mit Bildung beschäftigt. Insofern wird sich auch die Zahl der Verweiler mit Sicherheit verändern.
1. Was kann der Senat angesichts der Arcandor-Krise für den Erhalt von betroffenen Karstadt-Arbeitsplätzen in Berlin tun?
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Liebich! Gegenwärtig tagt gerade der interministerielle Bürgschaftsausschuss im Bundesministerium. Das Land Berlin ist dort auch vertreten. Dort werden der Bürgschaftsantrag, den Arcandor gestellt hat – etwas über 600 Millionen Euro –, und der Kreditantrag bei der KfW über 200 Millionen Euro beraten.
Dabei muss geklärt werden, ob Arcandor unter die Kriterien dieses Rettungspaktes der Bundesregierung fällt. Eines der Kriterien ist, dass das Unternehmen nicht bereits vor dem 1. Juli 2008 in Schwierigkeiten gewesen sein darf – sprich, dass die Schwierigkeiten, in denen sich das Unternehmen befindet, erst nach dem Zusammenbruch von Lehman Brothers, d. h. mit Beginn der Finanz- und Wirtschaftskrise begonnen haben. Das wird genauer zu untersuchen sein, da man weiß, dass Arcandor bzw. Karstadt schon seit Jahren mit Problemen zu kämpfen hat.
Das Zweite, das ich an dieser Stelle anmerken möchte: Man muss auch diskutieren, was die Gesellschafter des Unternehmens an Beitrag leisten können, bevor man sich mit dreistelligen Millionenforderungen an den Staat wendet, die ins Risiko gestellt werden sollen. Nach meiner Kenntnis ist der Hauptgesellschafter die Bank Sal. Oppenheim, ansässig in Luxemburg. Sie hat jetzt zwar auch rote Zahlen geschrieben, aber gilt nicht als notleidend, konnte 2008 noch einmal eine Kapitalerhöhung bei Arcandor vornehmen und hat damit das Vertrauen in die Zukunft des Unternehmens dokumentiert. Insofern muss man politisch die Frage stellen, weshalb ein Gesellschafter, der 30 Prozent der Anteile hält, keine Verantwortung für das Unternehmen übernimmt.
Die Familie Schickedanz, mit 26,4 Prozent der Anteile der zweite Hauptgesellschafter, gehört nach meiner Kenntnis auch nicht zu den ärmsten Familien in der Bundesrepublik Deutschland. Auch bei dieser Familie stellt sich die Frage, welchen Anteil sie übernimmt.
Mir stellt sich eine zweite Frage, und zwar vor dem Hintergrund, dass die finanzierenden Banken schon in erheblichem Umfang staatliche Rettungsbeihilfen bekommen haben, u. a. die Commerzbank 18 Milliarden Euro aus Steuermitteln. Warum sieht sie sich dennoch nicht in der Lage, den Kredit in Höhe von 600 Millionen Euro zu verlängern? Nach meiner Kenntnis betrifft das auch die Bayerische Landesbank. Auch diese Bank ist bekanntlich nicht in Privatbesitz und hat öffentliche Hilfen in erheblichem Umfang vom Freistaat Bayern erhalten. Warum können diese Banken keine Verantwortung übernehmen?
Warum soll ihr Kundengeschäft über staatliche Mittel abgesichert werden, nachdem sie selbst staatliche Hilfen erhalten haben?
Arcandor hat vor geraumer Zeit alle Immobilien an Fondsgesellschaften veräußert, in denen sich die Kaufhäuser befinden. Diese nehmen nach meiner Kenntnis exorbitante Mieten. Ich habe deshalb eine dritte Frage: Welchen Beitrag leisten die Vermieter und Fonds – es würde sich lohnen, deren Konstruktion im Detail anzusehen – zur Sanierung und zum wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens?
Wenn diese drei Fragen geklärt sind, bin ich gerne bereit, über den Beitrag des Staats zur Sicherung von Arbeitsplätzen zu diskutieren. Aber es kann nicht sein, dass sich alle aus der Verantwortung stehlen und verlangen, dass der Staat und damit letztlich der Steuerzahler für Managementfehler der Vergangenheit einsteht. Im Rahmen des Bürgschaftsverfahrens muss intensiv darüber diskutiert werden, dass diejenigen, die bislang Verantwortung für das Unternehmen und den unternehmerischen Misserfolg getragen haben, ihren Beitrag leisten müssen, bevor der Steuerzahler zur Verantwortung gezogen wird.