Protocol of the Session on July 10, 2008

Ja, es war auch die SPD, Herr Dr. Lindner, aber man kann auch feststellen, dass bestimmte Entscheidungen in der Vergangenheit falsch waren.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Dr. Martin Lindner (FDP): Welche Schlüsse ziehen Sie daraus?]

Welche Schlüsse man daraus zieht, Herr Dr. Lindner, kann ich Ihnen sagen. Es ist jedenfalls nicht der, den Sie daraus ziehen, nach dem Motto: Dann soll doch das Land Berlin auf seinen Gewinnanteil verzichten, und die privaten Anteilseigner bleiben ungeschoren und können weiterhin ihren vollständigen Gewinnanteil vereinnahmen. – Es kann nicht sein, dass das Land Berlin verzichten soll und die privaten Gewinnanteile unantastbar sind. Diese Denkweise tragen wir nicht mit.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Schmidt?

Herr Kollege Thärichen! Ist Ihnen klar, dass die Ausschüttung auch durch den Senat festgesetzt wird, indem er die Zinsrate festlegt? Damit lässt er sowohl für die Privaten als auch für sich selbst einen überhöhten Zins in die Wasserpreise einfließen.

[Daniel Buchholz (SPD): Kennen Sie die Berechnungsformel nicht?]

Ob der Zins überhöht ist oder nicht, Herr Schmidt, ist eine Frage, die man fachlich beurteilen kann. Hierzu gibt es rechtliche Vorgaben, die wir gerade präzisiert haben, eine Verordnung und klare rechtliche Regelungen, woran der Zins zu bemessen ist. Danach richtet sich die Gewinnausschüttung. Aber das ist keine einseitige Sache des Senats, sondern es gibt klare rechtliche Vorgaben. Das, was Sie wollen, nämlich dass das Land auf seinen Gewinnanteil verzichtet und die Privaten nicht, kann nicht die Lösung des Problems sein.

[Beifall bei der SPD – Beifall von Stefan Liebich (Linksfraktion) – Dr. Martin Lindner (FDP): Sie sind Abzocker!]

Ich komme zum Grundwasserentnahmeentgelt und der Konzessionsabgabe: Sie verfahren hierbei nach dem Prinzip „linke Tasche, rechte Tasche“, denn die Kosten, die die Berlinerinnen und Berliner bei einer Gebührensenkung einsparen würden, müssten sie an anderer Stelle wieder aufbringen. Das Geld ginge dem Landeshaushalt verloren und damit der Bildung, der Kultur, der Staatsoper und anderen Projekten. Hier zu glauben, man könne in der Summe etwas für die Bürgerinnen und Bürger erreichen, führt in die Irre. Das Grundwasserentnahmeentgelt zu streichen, ist aus meiner Sicht ein falsches Signal und wird dem Wert der Ressource Wasser in keiner Weise gerecht.

Herr Schmidt! Sie sprachen von einer unabhängigen Kommission zur Tarifgenehmigung, die Sie schaffen wollten. Das ist nichts anderes als zusätzliche Bürokratie, eine zusätzliche Behörde. Wir haben mit der Neufassung des Berliner Betriebe-Gesetzes im Jahr 2006 ganz klare Anforderungen sowohl an die Tarifkalkulation als auch an das Tarifgenehmigungsverfahren geschaffen. Diese Vorgaben gelten. Übrigens – das ist Ihnen vielleicht entgangen – hat die Zuständigkeit für die Tarifgenehmigung gewechselt. Sie liegt nicht mehr bei der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Frauen, sondern bei der Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz, um die Unanhängigkeit zu sichern. Wenn Sie behaupten, es werde zu lasch geprüft, müssen Sie das konkret belegen.

Noch rätselhafter ist der Antrag zur Flexibilisierung des Wassertarifsystems. Hierzu ist zu bemerken, dass Rot-Rot die Einführung eines Grund- und Arbeitspreises und damit eines gesplitteten Tarifsystems ermöglicht hat. Sie sagen, Sie möchten einen Grundpreisanteil von 20 bis 30 Prozent. Dann müssen Sie aber auch sagen, wer das bezahlen soll. Dieser Schritt hätte konkret erhebliche Tarifsteigerungen gerade für die Eigentümer von Einfamilienhäusern zur Folge. Das wäre die Konsequenz.

Weil Sie diese Konsequenz selbstverständlich auch scheuen, kommen Sie auf eine ganz tolle Idee: Sie sagen, man könne es so machen, dass Geringverbraucher weiterhin einen Mischtarif wählen könnten. – Das ist jetzt die eierlegende Wollmilchsau der Tarifkalkulation. Sie sagen, dass wir die Großverbraucher durch einen hohen Grundpreisanteil und die Kleinverbraucher durch einen Mischtarif entlasten. Mit anderen Worten: Wir bringen Kosten der Wasserversorgung allein dadurch zum Verschwinden, dass wir die Tarife anders gestalten. – Für diesen Vorschlag sollte die FDP den Nobelpreis beantragen. Das ist bisher noch niemandem gelungen, nämlich allein durch eine andere Tarifgestaltung die Kosten zu vermindern. Das wird aber auch in Ihrem Modell nicht funktionieren.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Im Ernst: Wer Tarife neu gestalten will und Gebührenzahler entlastet, der führt damit auch immer Belastungen anderer Gruppen von Gebührenzahlern herbei. Über die Frage, ob das sinnvoll ist, kann man im Einzelfall streiten. Das muss man abwägen. Ich bezweifle allerdings, ob es eine Aufgabe dieses Hauses sein kann, hier die einzelfallorientierte Tarifpolitik zu machen. Wir haben Anstalten, die eine rechtliche Selbstständigkeit und auch die Aufgabe haben, in Eigenverantwortung diese Tarife festzulegen.

Würden Sie bitte zum Schluss kommen, Herr Dr. Thärichen!

Das heißt: Unsere Aufgabe ist es, den rechtlichen Rahmen festzulegen, aber nicht im Detail die Tarifgestaltung der Anstalten zu übernehmen. Die Anstalten haben hochbezahltes Personal, um das selbst zu erledigen, und es ist keine Aufgabe, die wir in diesem Haus diskutieren können.

Ich komme zum Schluss: Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass die FDP populistisch gegen die Wassertarife schießt, aber damit kein einziges Problem löst. Sie wollen eine politische Tariffestsetzung und damit diese Aufgabe aus der unternehmerischen Verantwortung herauslösen. Sie wollen den Verzicht auf Einnahmen des Landes Berlin bei ungeschmälerten Profiten der Privaten.

Herr Kollege, Sie müssen jetzt zum Schluss kommen!

Das ist kein Weg, den wir mitgehen können. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Bevor ich dem Kollegen Schmidt von der FDP-Fraktion das Wort zu einer Kurzintervention erteile, möchte ich einer angenehmen Pflicht nachkommen. Ich begrüße sehr herzlich den jüngsten Ehrenbürger Berlins, Wolf Biermann, der dieses Parlament besucht.

[Allgemeiner Beifall]

An dieser Stelle möchte ich nur so viel sagen: Wolf Biermann! Wir in Berlin wissen, was Sie für die Freiheit und die Einheit der Stadt getan haben. Sie sind uns hochwillkommen in Berlin! Willkommen auch zu Hause!

[Allgemeiner Beifall]

Nun hat Herr Kollege Schmidt das Wort. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Dr. Thärichen! Den zweiten Antrag erkläre ich Ihnen noch einmal. Unser erster Antrag zielte darauf, insgesamt die Wasserkosten zu senken. Der zweite Antrag beschäftigt sich mit dem Tarif. Selbstverständlich wird dadurch erst einmal keine zusätzliche Entlastung stattfinden. Aber den Mechanismus, dass die Leute Wasser sparen und dass zusätzliches Wasser in die Kanäle gepumpt wird, was dann Mehrkosten verursacht, müssen wir durchbrechen, und den durchbrechen wir nur, wenn auf die Leute auch die Kosten übergewälzt werden, die sie tatsächlich verursachen.

[Beifall bei der FDP]

Zu Ihrer Berufung auf das Betriebe-Gesetz: Dass Sie auch bei der BSR und den anderen Betrieben denselben Mechanismus betreiben – nämlich mit überhöhten Verzinsungen den Bürgern das Geld über die Gebühren aus der Tasche zu ziehen und in den Landeshaushalt zu leiten –, ist doch keine Entschuldigung dafür, es beim Wasser ebenfalls zu machen. Das ist noch eins oben drauf. Wir können gern demnächst auch noch über die BSR und die anderen Betriebe reden. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP – Dr. Martin Lindner (FDP): Richtig!]

Nun hat Kollege Melzer das Wort für die CDU-Fraktion. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor wenigen Tagen hat der Senat ein Wasserversorgungskonzept für Berlin bis zum Jahr 2040 vorgelegt. Immerhin eine 50 Seiten starke Vorlage, in der sich aber kein Wort zur Tarifentwicklung und zur Kostenbelastung der Verbraucher und der Berliner Wirtschaft findet! Die rot-rote Koalition macht damit deutlich, dass sie sich einer Diskussion über die Kostenspirale beim Wasserpreis verweigert, und das werden wir ihr hier im Parlament nicht durchgehen lassen.

[Beifall bei der CDU – Daniel Buchholz (SPD): Da geht es um etwas anderes!]

Wir müssen auch gar nicht bis in das Jahr 2040 gehen. Es reicht ein Blick in die Gegenwart. Der Preis pro Kubikmeter Wasser steigt genauso kontinuierlich an wie der Grundwasserspiegel in vielen Siedlungsgebieten. Jeder wird aus seinem Bezirk genügend Beispiele parat haben. 30 Prozent betrug die Preissteigerung beim Wasser seit 2003. Sowohl Versorger- als auch Entsorgerpreise sind in Berlin am höchsten unter den großen deutschen Städten. Der Hamburger Tarif ist z. B. um 20 Prozent günstiger. In München werden sogar 2 € weniger pro Kubikmeter Wasser verlangt. Obwohl Berlin also über ausreichend Grundwasser verfügt, müssen die Verbraucher bundesweit den

höchsten Preis für Trink- und Abwasser zahlen. Wir sagen: Was in Hamburg und München, was in Essen, Bremen, Stuttgart, Frankfurt, Dortmund, Düsseldorf oder Köln möglich ist, das muss auch in Berlin möglich sein.

[Beifall bei der CDU – Beifall von Dr. Martin Lindner (FDP)]

Die Konsequenz aus den steigenden Wasserpreisen hier in Berlin ist aber folgende: Der Wasserverbrauch geht immer stärker zurück, obwohl wir eigentlich einen höheren Verbrauch brauchten. Wasser wird in Berlin immer mehr zum Luxusgut und bleibt hier in Berlin am teuersten bundesweit. – Berlin darf aber nicht der teuerste Wasserstandort der Republik bleiben.

[Beifall bei der CDU – Daniel Buchholz (SPD): Brandenburg!]

Für Sie ist immer schnell geklärt, wer schuldig ist. Herr Buchholz ruft es schon wieder hinein. Sie zeigen auf die privaten Investoren und verweisen auf die Teilprivatisierung der Wasserbetriebe –

[Stefan Liebich (Linksfraktion): Nein! Er hat Ihnen zugerufen, dass Ihre Aussage falsch ist! Berlin ist nicht am teuersten!]

frei nach dem Motto: Die Privatunternehmer sind schuld, der Staat hätte schon alles allein gerichtet.

[Stefan Liebich (Linksfraktion): Die Privatisierung war falsch!]

Meine Damen und Herren! Herr Liebich! Diese Annahme ist in Ihrer Absolutheit falsch, und sie bleibt auch falsch. Sehen Sie das ein! Sie unterschlagen, dass das Land 1,7 Milliarden € durch die Teilprivatisierung eingenommen hat und dass der Haushalt dadurch jährlich um 60 bis 80 Millionen € an Zinsen entlastet worden ist. Seit dem Jahr 2000 haben die Wasserbetriebe 2,4 Milliarden € in die Infrastruktur investiert. Ohne private Beteiligung wäre das so in Berlin nicht möglich gewesen.

[Bürgermeister Harald Wolf: Natürlich!]

Aber viel mehr, meine Damen und Herren von SPD und Linkspartei, sollten Sie sich an die eigene Nase fassen! Früher betrug die Ausschüttung an das Land Berlin durchschnittlich 70 Millionen € im Jahr. Im Jahr 2007 erhöhte sich die Ausschüttung für die Hälfte der Anteile um das Doppelte. Was bedeutet das?

[Uwe Doering (Linksfraktion): Mehr Geld!]

Es bedeutet nichts anderes, als dass die Hauptprofiteure der Kostenspirale nicht etwa bei Veolia oder RWE sitzen, sondern hier auf der Senatsbank bei SPD und Linkspartei.

[Beifall bei der CDU und der FDP – Daniel Buchholz (SPD): Die Bürgerinnen und Bürger!]

Sie haben bei den Wassertarifen gar nicht ein solch enges Korsett, wie Sie immer behaupten. Sie könnten etwas am Verordnungszinssatz machen, Sie könnten die Abschreibungsmethode verändern. Ihre Einflussfaktoren machen 44 Prozent des Wasserpreises aus. Das sind die Kosten

von SPD und Linkspartei. Aber diese Stellschrauben, an denen Sie drehen könnten, nutzen Sie genauso wenig, wie Sie Ihrer Verantwortung als Hauptgesellschafter der Berliner Wasserbetriebe nachkommen.