Protocol of the Session on July 10, 2008

Einen Punkt möchte ich noch deutlich machen. Frau Ströver hat darauf hingewiesen: Die gesamte Entscheidung bewegt sich nicht in einem freien Raum, sondern wir haben ein Vergabeverfahren. Dieses Vergabeverfahren ist für die Gesamtplanungsleistung mit der Frage, wie der Innenraum aussehen soll, kombiniert worden. Dies ist nach der Vergabeverordnung für freiberufliche Leistungen erfolgt. Deshalb bitte ich ein wenig um Verständnis, dass ich mich bislang in der öffentlichen Darstellung zurückgehalten habe. Tatsächlich ist alles justiziabel. Selbstverständlich muss man dann in diesem Vergabeverfahren Entscheidungen treffen. Dafür ist die Vergabestelle zuständig, dafür ist die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung zuständig. Aber auch bei allen Risiken, die ein Eingriff in das Vergabeverfahren darstellt: Die Gesamtverantwortung kann nicht allein die Vergabestelle tragen, sondern die muss bei so einem Investitionsvolumen auch eine politische sein.

Ebenso kann es nicht sein, dass ein Generalmusikdirektor erklärt, dass der Umbau nur nach seinen Vorstellungen realisierbar ist, oder ein Förderverein einfach sagen kann, dass er entscheidet, was passiert. Letzten Endes muss es eine Entscheidung sein, die auch im politischen Raum eine Basis hat. Diese Entscheidung werden wir treffen, wir werden sie zügig treffen, damit wir das schnell umsetzen können, wofür wir uns alle eingesetzt haben, und zwar gemeinsam eingesetzt haben, mit Verve und erfolgreich. Mit diesem Einsatz waren wir ja auch letztlich erfolgreich, denn wir können heute sagen: Wir haben mit Unterstützung des Bundes und der Privaten die 260 Millionen € zur Verfügung, sodass wir endlich die dringende Sanierung der Staatsoper in Angriff nehmen können, damit die Bedingungen dort verbessert werden. Das ist das Ziel, das werden wir im Interesse der Oper in Berlin umsetzen! – Vielen Dank, meine Damen und Herren! [Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Vielen Dank! – Damit kommen wir zur zweiten Runde. Für die Fraktion der SPD hat Frau Fugmann-Heesing das Wort.

[Zuruf von Christian Gaebler (SPD)]

Nein? Das war also eine Fehlinformation. – Die Sozialdemokraten hätten noch eine knappe Minute zur Verfügung. Wird die wahrgenommen?

[Zuruf von Christian Gaebler (SPD)]

Nein? Das ist nicht der Fall. – Dann komme ich zur Fraktion der CDU. Dort hat der Kollege Braun noch eine Redezeit von vier Minuten. – Bitte, Herr Braun!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage mich, warum Rot-Rot heute diese Aktuelle Stunde beantragt hat.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Eine Antwort, wo Sie stehen, welche Maßstäbe Sie haben, haben wir heute nicht bekommen. Gleiches gilt für den Regierenden Bürgermeister, doch dazu komme ich später.

Zunächst einmal war die Debatte wenigstens lustig. So etwas wie das, was wir heute von Herrn Brauer gehört haben, haben wir selten gehört. – Herr Brauer, vielen Dank! Sie haben wenigstens dazu beigetragen, dass wir eine humorvolle Aktuelle Stunde hatten! Inhaltlich haben wir leider nichts erfahren.

[Wolfgang Brauer (Linksfraktion): Zuhören!]

Doch nun zum Regierenden Bürgermeister. – Herr Wowereit! Die Diskussion geht nun seit mehr als einem halben Jahr, seitdem wir wissen, dass der Bund bereit ist, die Sanierung der Oper zu übernehmen. Wir hören von Ihnen nichts. Wir hören Abwägungsvorgänge, wie sie jeder drittklassige Verwaltungsbeamte vornehmen kann. Sie erzählen, dieses und jenes müsse gegeneinander abgewogen werden, aber welches Ihre Maßstäbe sind, wie Sie die Oper haben wollen, eines der wichtigsten Bauwerke der Stadt, dazu sagen Sie keinen einzigen Satz. Das, Herr Wowereit, kritisieren wir!

[Beifall bei der CDU]

Sie verstecken sich jetzt dahinter, dass Sie sagen, es war eine Gesamtausschreibung sowohl für die gesamte Baumaßnahme als auch für den Innenausbau. Herr Wowereit! Dann war das ein Fehler! Dann war das sogar ein großer Fehler! Sie hätten das voneinander trennen müssen, weil die Frage, wie der Zuschauerraum aussehen soll, anders zu bewerten ist als zum Beispiel die Frage, wie das Intendantenhaus oder das Magazin aussieht. Denn beide sind nicht öffentlich zugänglich. Wir wollen wissen, wie es dort aussehen soll, wo der Zuschauer, der Nutzer der Staatsoper, sie auch wahrnimmt. Da will die Stadt mitreden, da will sie auch mitgestalten. Das wäre die Aufgabe gewesen, das deutlich zu machen und in die Ausschreibung mit hineinzuschreiben. Wenn ich heute sehe, dass in der Ausschreibung so unterschiedliche Ergebnisse herauskommen, muss ich unterstellen, dass entweder die Architekten ihren Aufgaben nicht nachgekommen sind oder dass die von Ihnen gemachte Ausschreibung unklar war. Das machen wir Ihnen ebenfalls zum Vorwurf!

Nun ist es relativ einfach zu sagen, da hat eine Jury entschieden, da wird noch externer Sachverstand herangeholt. Herr Wowereit! Das ist zu einfach! Wir gestalten, wir haben die vom Volk legitimierte und gegebene Aufgabe, die Stadt zu formen. Da können wir uns nicht immer hinter Jurys verstecken. Sie machen es gern: Ob die Tribüne abgewickelt wird oder sonst etwas, Sie verstecken sich gern hinter Jurys. Aber ich finde, es gibt hier eine Verantwortung des Parlaments, für derartige politische Entscheidungen auch einzustehen. Diese Verantwortung mahnen wir an!

[Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Mit dieser Äquidistanz, mit der Sie an das Thema herangehen, sind in Berlin in der Vergangenheit eine Vielzahl von Schäden angerichtet worden. Dass die Bundesallee, früher eine der schönsten Straßen der Stadt, heute grauenhaft aussieht, hat auch etwas mit Vorgängern Ihrer Partei zu tun, die mit gleicher Äquidistanz herangegangen sind. Dass das Stadtschloss abgerissen wurde oder der Sportpalast – das waren eben auch Leute, die ebenso funktional wie Verwaltungsbeamte, die keine Maßstäbe haben, gehandelt haben. Wir befürchten, wenn die Politik, wenn wir keine Maßstäbe vorgeben, dass die letzten Teile, die letzten schönen Häuser, die es in der Stadt gibt, in gleichem Umfang ausradiert werden, wie es anderswo bereits passiert ist. Deswegen hätten wir heute von Ihnen ein klares Bekenntnis zu der historisierenden Fassung des Zuschauerraums im Knobelsdorff-Bau erwartet. Das ist leider ausgeblieben. Schade, Herr Wowereit! Sie haben eine Chance nicht genutzt.

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank! – Ich komme jetzt zum Entschließungsantrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/1649, der Ihnen vorliegt. Nach Beratung sind wir im Präsidium der Auffassung, dass dieser Antrag zwar wahrscheinlich zulässig ist, über ihn jedoch erst am Ende der Sitzung abgestimmt werden kann.

Wir kommen zum nächsten Tagesordnungspunkt, der Priorität der FDP, nämlich zur

lfd. Nr. 4 a:

a) Antrag

Wassertarifsystem flexibilisieren: Wahlfreiheit für Bürger und Unternehmen

Antrag der FDP Drs 16/1597

b) Antrag

Wasser muss bezahlbar bleiben

Antrag der FDP Drs 16/1598

Für die gemeinsame Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die antragstellende Fraktion der FDP. Das Wort hat der Kollege Schmidt. – Bitte!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wasser ist in Berlin schlicht zu teuer. Berliner Haushalte werden übermäßig belastet. Der Kubikmeter Trinkwasser kostet in München 1,42 € und in Berlin 2,14 €. Das sind 50 Prozent mehr – auch im Vergleich zum Jahr 2000. Wir können und dürfen unseren Bürgerinnen und Bürgern nicht stetig steigende Wasserpreise dieser Art zumuten.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Warum sind die Preise so hoch? – Ganz einfach: Jedes Jahr zieht der Senat 200 Millionen € aus den Wasserrechnungen der Bürger in seinen eigenen Haushalt. 60 € zahlt jeder Einwohner – vom Baby bis zum Greis – über seine Wasserrechnung in die Kasse von Herrn Sarrazin. Eine Familie mit zwei Kindern ist mit 240 € im Jahr dabei. Deshalb ist klar: Der eigentliche Preistreiber ist der Senat.

[Beifall bei der FDP und der CDU]

Linkspartei und SPD lenken den Zorn gerne auf die privaten Betreiber, aber für jeden Euro, den Veolia bei den Ausschüttungen bekommt, bekommt Herr Sarrazin zwei. Wenn der Senat die Bürger tatsächlich von hohen Wasserpreisen entlasten will, dann muss er zuerst auf seine eigene hohe Ausschüttung, seine Sondersteuern auf das Wasser, sein Grundwasserentnahmeentgelt und seine Konzessionsabgabe verzichten. Das würde die Bürgerinnen und Bürger entlasten.

[Beifall bei der FDP]

Das Beste kommt noch: Der Senat genehmigt selbst, wie hoch die Gewinnspanne ist, die die Berliner Wasserbetriebe draufschlagen dürfen. Dabei gilt: Je höher der Gewinn der Wasserbetriebe, desto höher ist die Ausschüttung an den Landeshaushalt. Wer glaubt denn wirklich, dass der Senat ganz penibel als Hauptprofiteur der hohen Preise prüft, wie er die Gewinnspannen senken kann? – Nein, der Senat genehmigt sich selbst Ausschüttungen auf Kosten der Berliner Bürgerinnen und Bürger. – Das kann so nicht bleiben. Wir fordern deshalb eine unabhängige Kommission für die Wasserpreise. Der Senat kann sich nicht selbst die Gewinne genehmigen, die er gerne ausschütten möchte.

[Beifall bei der FDP]

Richtig ist auch: Die vermurkste Privatisierung der Wasserbetriebe treibt die Kosten in die Höhe. Der damalige Senat aus CDU und SPD wollte möglichst viel Geld aus den Wasserbetrieben ziehen und gleichzeitig einen Überbestand an Personal erhalten und hat deshalb Ineffizienz auf Dauer festgeschrieben. Die Wasserbetriebe durften ihre Effizienz nicht so steigern, wie es möglich gewesen wäre, und die Bürger zahlen bis heute dafür die Rechnung. Der Senat muss deshalb endlich den Wasserbetrieben erlauben, effizienter zu arbeiten und das, was sie wollen, umzusetzen.

Allein durch die aufgezählten Ansätze könnte der Trinkwasserpreis um ein Viertel gesenkt werden. Kommt unser Antrag durch, zahlen die Bürger ein Viertel weniger fürs Wasser. Das ist eine ganz erhebliche Entlastung.

[Beifall bei der FDP]

Es gibt noch etwas, das keiner versteht: Ständig steigt der Wasserpreis, obwohl die Menschen immer weniger verbrauchen. Woran liegt das? – Der größte Teil der Kosten ist fix. Kanäle und Rohre müsse bezahlt werden. Das Personal ist vorhanden. Die Kosten werden einfach auf die Kubikmeter umgelegt. Das bewirkt, dass die Bürger immer mehr Wasser einsparen, aber dennoch nicht weniger zahlen. Das Wassersparen hat aber in dieser Stadt teilweise die Grenzen des Vernünftigen überschritten. Wenn Grundwasser abgepumpt wird, damit Siedlungen nicht absaufen, und in Abwasserkanäle frisches Wasser gespült werden muss, damit sie noch durchgängig sind, dann ist das wirtschaftlich unsinnig und bringt der Umwelt nichts.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

In beiden Fällen wird Grundwasser entnommen, und die Bürger zahlen das über die Wasserrechnung. Das ist Unfug. Wenn übertriebenes Wassersparen nicht mehr belohnt wird, sparen alle Geld.

Wir brauchen deshalb ein zukunftsfähiges und faires Wassertarifsystem, das insbesondere verursachungsgerecht sein muss. Wer Kosten verursacht, soll die entsprechenden Kosten tragen. Deshalb brauchen wir einen höheren Grundpreisanteil. Das entlastet insbesondere die Bewohner großer Mietshäuser gerade in den Ostbezirken. Geringverbraucher sollen nach dem Vorschlag der FDP die Wahl haben, ob sie ihren jetzigen Tarif beibehalten wollen. Das sichert die Sozialverträglichkeit.

Wasser brauchen wir alle. Wir als FDP wollen aber auch dafür sorgen, dass wir uns das Wasser noch leisten können. Deshalb wollen wir den Griff des Senats in die Taschen der Bürger über die Wasserrechnung stoppen. Sorgen sie mit uns dafür, dass das Wasser bezahlbar bleibt! – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP]

Vielen Dank! – Das Wort für die SPD-Fraktion hat der Kollege Dr. Thärichen. – Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Anträgen versucht die FDP erneut, die Höhe der Wasserpreise im Land Berlin zu skandalisieren. Sicher, die Wasserpreise in Berlin sind im bundesweiten Vergleich relativ hoch. Das kann niemand bestreiten. Eine wesentliche Ursache hierfür sind aber die Gewinngarantien für die privaten Anteilseigner. Davon ist in den An

trägen keine Rede. Herr Schmidt hat das in seiner Rede nur beiläufig erwähnt. Eine zentrale Ursache dieser Struktur wurde somit gar nicht thematisiert. Es passt wahrscheinlich auch nicht in das neoliberale Weltbild, dass die Privatisierung von Leistungen der Daseinsvorsorge nicht unbedingt zu geringeren Preisen für die Bürgerinnen und Bürger führen muss, sondern auch zu höheren führen kann.

[Dr. Martin Lindner (FDP): Das hat doch auch die SPD gemacht!]