Dabei vernachlässigen Sie in Ihrem Antrag leider komplett Umwelt und Natur. Es ist ein reiner Verkehrsantrag, den Sie uns vorlegen, und ich finde es ziemlich bitter, dass die Flüsse und Seen ausschließlich zu Wasserstraßen degradiert werden. Wir haben in Sachen Umwelt- und Naturschutz ein anderes Verständnis. In dem Antrag fehlt jeder Hinweis auf die Wasserrahmenrichtlinie und das Verschlechterungsverbot. Es fehlt der Hinweis auf die
verheerenden Auswirkungen, die dieses Projekt auf Tiefwerder, auf Spree und Havel, und zwar nicht nur in Berlin, sondern auch in Brandenburg hat.
Sie brauchen sich gar nicht so aufzuregen, der Hinweis auf Ihren Wahlbezirk ist durchaus darin enthalten, aber die Spree und die Havel enden nicht an Ihrem Wahlbezirk, die fließen auch durch Brandenburg. Wir erwarten, dass die Koalition auch mit Brandenburg verhandelt und dieses Projekt auch dort von der Tagesordnung nimmt.
Sie wissen so gut wie ich – wir haben es im Umweltausschuss sehr intensiv besprochen –, die Spree ist auf Wasser angewiesen. Die Ausbaumaßnahmen werden Auswirkungen auf die Wasserqualität der Spree und auf die Trinkwasserqualität haben. Einen solchen Hinweis auf diese verheerenden Auswirkungen hätte ich in einem Antrag der Koalition durchaus erwartet.
Sie haben auf unseren Antrag aus Oktober 2007 hingewiesen, und ich lade Sie ein, die einzige klare Aussage, die Sie in Ihrem Antrag treffen – den Hinweis auf die Wasserstraßenklasse Va – als Spiegelstrich in unseren grünen Antrag aufzunehmen, und dann stimmen wir gemeinsam gegen den Ausbau von Havel und Spree.
Vielen Dank, Frau Kubala! – Das Wort zu einer Kurzintervention hat Frau Matuschek von der Linksfraktion.
Vielen Dank, Herr Präsident! – Frau Kubala! Ich bedauere es persönlich zutiefst, dass Sie Opfer Ihres eigenen Eifers werden,
und ich befürchte, dass genau das eintritt. Ich erinnere Sie daran, dass dieses Projekt im Bundesverkehrswegeplan von 2003 auftaucht. Das ist mit Beteiligung der Grünen passiert, die damals in der Bundesregierung waren.
Mit Ihrer Position „alles oder nichts“ kriegen Sie nicht einmal nichts, da kriegen Sie weniger als nichts, denn der ökologische Zustand der Wasserstraßen, Wasserwege oder See und Flüsse – egal, wie Sie es nennen –,
der ökologische Zustand dieser Gewässer ist in vielen Bereichen nicht sehr gut. Sie interpretieren die Wasserrahmenrichtlinie als Verschlechterungsverbot – das ist richtig –, Sie grenzen damit aber auch ein Verbesserungsgebot aus, und das kann doch nicht sein. Der ökologische Zustand muss verbessert werden; wenn man alles so lässt, wie es ist, dann verschlechtert sich der Zustand, und das
kann man nicht zulassen. Die Spree und viele Teile anderer Gewässer sind staureguliert, und Sie wissen genau, dass die Stauregulierung aufrechterhalten werden muss, um den Wasserstand zu halten, um Laichplätze zu sichern, um die entsprechende Wasserhöhen für Flora und Fauna zu haben – das gehört mit dazu! Die Naturschutzverbände sind in vielen Bereichen unserer Position viel näher als Ihrer, und das sollte zu denken geben. Besserwisserei und Sturheit helfen nicht immer – in diesem Fall gar nicht.
Frau Matuschek! Ich empfehle Ihnen, Ihren eigenen Antrag noch einmal zu lesen. Sie erzählen immer sehr rührend von Lurchen, Fischen und Tieren, die nicht an Land kommen – das haben Sie gerade beim RBB auch wieder getan. Ich stimme Ihnen zu: Wenn man den Ausbau des Westhafenkanals sieht, sieht man nur Öde, Öde, Öde. Da kommt kein Tier mehr an Land, da wächst kein grünes Hälmchen mehr an der Seite. Ihr Antrag – lesen Sie ihn doch bitte sorgfältig, ich habe es auch tun müssen – enthält keinen Hinweis auf die Wasserrahmenrichtlinie, das Wort kommt bei Ihnen überhaupt nicht vor. Flüchten Sie sich bitte nicht in die ökologische Sache, wenn Ihnen das überhaupt kein Anliegen ist! Sie haben einen reinen Verkehrsantrag vorgelegt, da müssen Sie sich die Kritik daran schon anhören.
Wir sind in der Diskussion mittlerweile ein bisschen weiter, wir haben die Wasserrahmenrichtlinie, wir haben Sie zum Glück, denn sie war es, die den Bundesverkehrsminister Tiefensee gezwungen hat, in der Frage Ausbau einzulenken. Das Verschlechterungsverbot hat den Wasserstraßenneubauämtern und Wasserbauern endlich mal die – leider nur – gelbe Karte gezeigt und den Verkehrsminister zum Einlenken gezwungen.
Noch ein Hinweis auf die Umwelt- und Naturschutzverbände, zum BUND. Ich zeige hier eine Karte zur Initiative des BUND, die lässt an Klarheit nichts zu wünschen übrig. Da steht: Stopp Havelausbau, und genau das fordern wir auch, Frau Matuschek! Wir fordern Sie auf, dies ebenso klar zu fordern.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Dieser Antrag der Sozialdemokraten erscheint uns wie ein Zwitterantrag, er ist beliebig, sowohl als auch. Den Ausbau will man nicht verhindern, andererseits lehnt man viele Maßnahmen dazu ab. Herr Buchholz, das macht doch alles keinen Sinn – so viel zur Klarheit, die dieser Antrag, wie Sie vorhin vortrugen, bewirken würde.
Sie sind in der Bundesregierung vertreten. Wenn Sie das, was Sie hier vermeintlich beantragen, durchsetzen wollten, könnten Sie sich an Ihre Kollegen im Bund wenden, wenn die denn Ihrer Meinung wären.
Möglicherweise haben Sie sich auch hier vom Bund wieder etwas entfernt, wer weiß es. Vielleicht spielen hier auch nur Wahlkampfinteressen mit, die zu einem solchen Konglomerat von Wünschen geführt haben. Die anderen haben ihre wirtschaftliche Kompetenz ja früher bereits unter Beweis gestellt und ein Land kaputtgewirtschaftet.
Es geht um Wassertransportwege versus Straßenverkehr. Es geht um bereits getätigte Millioneninvestitionen und um das Verständnis der Notwendigkeiten für Schifffahrt, für deren Zukunftsfähigkeit, aber auch für das Land Berlin. Es geht um die Nutzung unserer Gewässer in Berlin, es geht um Wirtschaftsnutzung einerseits, Freizeitnutzung und ökologische Gesichtspunkte andererseits. Unbestritten ist doch offensichtlich, dass die Containerschifffahrt allgemein im Aufwind ist, lediglich nach Berlin gibt es Schwierigkeiten aufgrund der Gegebenheiten, die mit dem Projekt 17 verbessert werden sollen, so dass ökonomischer nach Berlin transportiert werden kann und damit der Verkehr gesteigert werden würde. Dieser eingeschränkte Wassergütertransport soll mit dem Projekt 17 ein Ende finden. Hier sind intelligente Lösungen gefragt, die Berlin nicht noch weiter wirtschaftlich abkoppeln werden.
Die Argumentation, mit der Sie aufwarten, ähnelt der zu den Berliner Straßen, die an allen Ecken und Enden auf Tempo 30 reduziert werden. Dann wird auf die Staulandschaft verwiesen und dann davon abgeleitet, dass man keine leistungsfähigen Verkehrswege brauchte, weil das Durchschnittstempo in Berlin bei 29 Stundenkilometer liege. Das ist eine sozialistische Logik, der sich nicht jeder anschließen, die nicht jeder verstehen kann.
Sie übersehen offensichtlich auch, dass einige Unternehmen auf leistungsfähige Wasserwege angewiesen sind. So wird in dem Antrag mit den Argumenten gearbeitet, generell keine Verbreiterungen, generell keine Vertiefungen zuzulassen, ohne Rücksicht auf die individuellen Situationen, generelle Zugriffsmöglichkeiten auf Ufergrundstücke für die Öffentlichkeit zu schaffen, ohne Rücksicht auf
die Eigentumsverhältnisse vor Ort. Man könnte glauben, es sollen wieder VEB geschaffen werden – volkseigene Uferbereiche. Sie fordern die Schifffahrt auf, Mindestanforderungen und -ausstattungen zurückzuschrauben. Was auch immer Sie damit meinen könnten, aber wenn Sie im selben Antrag eine zusätzliche Verlagerung von Güterverkehren auf Wasserwege fordern, kann dies nur als Heuchelei verstanden werden, Herr Buchholz.
Was in dem Antrag nicht fehlen darf – das versteht sich von selbst –: gleich wieder Forderungen nach Fördermitteln als Instrument der Einflussnahme Ihrer öffentlichen, zugegebenermaßen sehr ruhigen Hand. Das können die Kollegen aus der Regierungskoalition immer sehr gut!
Andererseits sind auch aus unserer Sicht durchaus sinnvolle Ansätze in dem Antrag zu finden, die man nicht ablehnen kann: Ausgleichsmaßnahmen zur Erhöhung der Wertigkeit der Gewässer und der Uferlandschaften, Uferbewüchse, Bäume, Lebensräume so weit wie möglich zu erhalten und zu sichern – alles sehr ehrenwerte und begründete Forderungen, denen auch wir uns nicht verschließen können. Wie man allerdings mit den Bäumen umgehen muss, die den an der Uferstraße geforderten Fahrradwegen im Wege stehen, darüber muss man sprechen. Ganz ohne Baumverlust wird auch das nicht vonstatten gehen.
Alles in allem glauben wir, dass dieser Antrag ziemlich in sich zerrissen ist, wenn man Ihnen nicht Augenwischerei unterstellen wollte. Wir können ihn so nicht mittragen, jedoch auch nicht alles als neben der Zielführung bewerten.
Ich komme zum letzten Satz. – Ob aus diesem Antrag im Ausschuss am Ende noch etwas werden kann, mit dem man etwas anfangen kann, müssen wir abwarten. Allerdings haben wir nicht sehr große Hoffnungen. – Schönen Dank!
Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung federführend an den Ausschuss für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz sowie mitberatend an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Verkehr, wozu ich keinen Widerspruch höre.
Ich rufe nunmehr als Priorität der Fraktion der Grünen unter dem laufenden Tagesordnungspunkt 36 auf