Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der FDP, Drucksache 16/1461-1, sowie ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU, Drucksache 16/1461-2, vor.
Für die Beratung stehen den Fraktionen auch hier jeweils fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die antragstellende Fraktion der Grünen. – Herr Kollege Ziller, Sie haben das Wort!
Vielen Dank! – Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Biologische Vielfalt und Klimaschutz sind die größten aktuellen umweltpolitischen Herausforderungen. Jeden Tag sterben 150 Arten aus. Die EU hat schon über die Hälfte der Feuchtgebiete verloren, und noch immer ist vielen nicht klar, was uns allen unwiederbringlich verloren geht. Arten gehen schleichend und unbemerkt verloren. Wenn wir die Auswirkungen spüren, ist es oft zu spät, denn einmal ausgestorbene Arten können nicht zurückgeholt werden. Aber wir brauchen die biologische Vielfalt, denn sie versorgt uns mit lebensnotwendigen Rohstoffen.
Die Bewahrung der Artenvielfalt ist ein gemeinsames Interesse der gesamten Menschheit, doch tragen wir in der westlichen Welt eine besondere Verantwortung. Deutschland hat eine Vorreiterrolle zu übernehmen und muss dafür Sorge tragen, dass das europäische Naturschutzrecht nicht aufgeweicht wird.
Mit dem europäischen „Natura 2000“ haben wir ein bedeutsames Instrument für alle Mitgliedsstaaten der EU in der Hand. Das Land Berlin arbeitet schon länger daran, doch dass durch die Unterschutzstellung und die Ausweisung der Natura-2000-Gebiete andere Unterschutzstellungen praktisch gar nicht mehr stattfinden, war eigentlich nicht das Ziel. Dabei bekommen Länder und Kommunen durch die nationale Biodiversitätsstrategie eine wichtige Rolle. Berlin braucht ein umfassendes Biodiversitätskonzept mit konkreten Maßnahmen für Natur- und Artenschutz, insbesondere in der Verkehrs-, Energie- und Klimapolitik.
Jedoch braucht die Erhaltung der biologischen Vielfalt mehr als eine Beschränkung auf diese Handlungsfelder, sie ist eine Querschnittsaufgabe, die in alle Politikbereiche integriert werden muss. Besonders die Wirtschafts- und Finanzpolitik muss sich dazu bekennen. Es muss sich endlich die Erkenntnis durchsetzen, dass der nachhaltige Umgang mit biologischer Vielfalt kein rein umweltpolitisches Thema ist. Wir müssen Vorreiter werden, denn be
In Berlin ist davon aber nichts zu spüren. Naturschutzregelungen und -maßnahmen werden nicht eingehalten. Der rot-rote Senat spart die Bezirke kaputt, sodass diese Kontrollen nicht mehr wirksam durchführen können. So findet bei der Einhaltung des Naturschutzrechts auf das Baumstellen oder auch bei der Nachpflanzung privater Bäume kaum noch eine Kontrolle statt. Eine fachgerechte Pflege von Grünanlagen oder Biotopen ist den Bezirken kaum noch möglich. Immer häufiger wird aus den Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen reguläre Instandhaltung von Grünflächen finanziert. Doch wenn Natur vernichtet wird, darf sie gerade in einer Großstadt wie Berlin nicht durch Beton ersetzt werden, sondern muss ausgeglichen werden.
Den Baumschutz haben Sie innerhalb Kurzem so aufgeweicht, dass gefällte Bäume nicht oder nur völlig unzureichend ersetzt werden.
Auch hinsichtlich des Flächenverbrauches kann Berlin seinen Beitrag leisten. Dieser muss gesenkt werden. Schon in der Agenda 21 hat sich Berlin zum Ziel gesetzt, sich am Ziel der Bundesregierung zu orientieren und den Flächenverbrauch auf ein Viertel des bisherigen Umfangs zu senken. Eine geringe Flächenversiegelung ist dafür notwendig, und ein vernünftiges Flächenmanagement ist dafür die Voraussetzung. Dazu gehört zum Beispiel, dass Mittel für den Straßenbau in den Straßenerhalt und nicht in den Straßenneubau gesteckt werden.
Alle Straßenbauprojekte müssen hierzu auf den Prüfstand, allen voran der Bau der A 100. Lassen Sie uns gemeinsam eine Alternative zu diesem ökologischen Wahnsinn finden! Statt die teuerste Autobahn der Welt zu bauen, sollten wir einen nachhaltigen Beitrag für den Klima- und Artenschutz in Berlin leisten.
Auch bei der Bewirtschaftung öffentlicher Gebäude besteht Handlungsbedarf. Legen Sie mit uns ein Ökoinvestprogramm zur energetischen Sanierung des Berliner Gebäudebestandes auf! Die HoWoGe hat es Ihnen vorgemacht. Das Wohnungsbauunternehmen ist dem „Countdown 2010“ beigetreten und hat mit der Niedrigenergieplatte in Lichtenberg gezeigt, was möglich ist. Was haben Sie getan? – Der rot-rote Senat hat schon im letzten Jahr angekündigt, dem „Countdown 2010“ beizutreten und sich dem Ziel, das Artensterben bis 2010 zu stoppen, anzuschließen. Doch was ist bis heute passiert? – Es gab ein Aktionstag für Kinder. Super! Immerhin: Wir freuen uns über jede Initiative, es könnte die letzte sein.
Die Berlinerinnen und Berliner, meine Fraktion und ich erwarten mehr von Ihnen. Wachen Sie endlich aus Ihrem Dauerschlaf auf, bevor Sie mit Ihrer Politik auch Ihre Lebensgrundlage weiter gefährden! Kämpfen Sie mit uns
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir begrüßen es ausdrücklich, aus Anlass der 9. Vertragsstaatenkonferenz des Übereinkommens über biologische Vielfalt in Bonn heute auch in diesem Haus über das Thema Artenvielfalt reden zu können. Die Erhaltung der biologischen Vielfalt, das heißt der Ökosysteme, der Arten, aber auch der genetischen Vielfalt, ist in der Tat neben dem Klimaschutz die zentrale umweltpolitische Herausforderung unserer Zeit.
Klima- und Artenschutz gehören auch zusammen, denn der Klimawandel ist die größte Bedrohung für die Artenvielfalt auf unserer Erde.
Es geht in der Tat nicht allein um Umweltpolitik oder um ein Umweltthema, sondern es geht auch um globale Gerechtigkeit. Das Ziel der Konvention über biologische Vielfalt ist auch die gerechte Aufteilung der aus der Nutzung der genetischen Ressourcen resultierenden Gewinne. Hier geht es ganz konkret darum, Prozesse der wirtschaftlichen Globalisierung konkret politisch zu gestalten. Wir müssen verhindern, dass beispielsweise transnationale Konzerne über das Instrument der Genpatentierung die Artenvielfalt dieses Planeten zu einem privaten Gut machen.
Aber der Schutz der biologischen Vielfalt ist nicht nur ein globales, ein nationales, sondern ein ganz konkretes lokales Thema. Hier hat Berlin jedoch Einiges vorzuweisen. Berlin ist die Stadt mit der größten Artenvielfalt in Deutschland. Darauf kann man stolz sei, aber man kann und darf sich auf dem Erreichten nicht ausruhen. Wir begrüßen deshalb ausdrücklich, dass Berlin in der letzten Woche der Kampagne „Countdown 2010“ beigetreten ist. Diese Kampagne verfolgt das Ziel, bis zum Jahr 2010 das Aussterben von Tier- und Pflanzenarten zu stoppen und die Lebensräume zu erhalten. Es hatte hier eine erfolgreiche Veranstaltung stattgefunden, wobei es insbesondere gelungen ist, Kinder an dieses doch recht komplexe Thema heranzuführen und konkret erfahrbar zu machen, was Artenschutz eigentlich bedeutet.
Natürlich muss das weiter durch konkrete Maßnahmen untersetzt werden. Bereits jetzt genießen 8,4 Prozent der Fläche des Landes Berlin den Schutzstandard des Programms Natura 2000. Es gibt auch andere konkrete Maßnahmen, erinnert sei hier an das Gebäudebrüterprogramm,
das Schutzprogramm für Hornissen und andere gefährdete Arten. Bei diesen Programmen wollen wir ansetzen und diese weiterführen.
Nach der nationalen Biodiversitätsstrategie, die seit November 2007 vorliegt, ist bis zum Jahr 2020 die Durchgrünung der Siedlungen einschließlich wohnumfeldnahen Grüns deutlich zu erhöhen – zum Beispiel auch durch Hof-, Dach- und Fassadengrün. Das sind konkrete einzelne Maßnahmen, die der Artenvielfalt Rechnung tragen und diese fördern. Diese Themen muss die Verwaltung mit bearbeiten, um den Lebensraum für gefährdete Arten zu erhalten beziehungsweise zu schaffen.
Natürlich ist auch das Thema Nachnutzung der innerstädtischen Flughäfen ein Thema, wo Naturschutz und Artenvielfalt ganz konkret zu berücksichtigen sind, zum Beispiel durch Freiflächen, die wir dort haben werden.
Wir werden die vorgelegten Anträge im zuständigen Fachausschuss ernsthaft und gründlich diskutieren. Ich möchte aber an dieser Stelle schon darauf hinweisen, dass es ganz konkrete Projekte gibt, wo sich jeder einzelne von Ihnen einbringen kann. Am 5. und 6. Juli diesen Jahres findet zum zweiten Mal der lange Tag der Stadtnatur der Stiftung Naturschutz statt. In über 400 Veranstaltungen wird die Natur, die Stadtnatur sichtbar und erlebbar gemacht. Dort kann gezeigt werden, dass Berlin eine der grünsten Metropolen Europas ist, und dass man nicht unbedingt nach Brandenburg fahren muss, um Natur konkret zu erleben. Ich lade Sie heute herzlich ein, diese Veranstaltungen zu besuchen und unter fachkundiger Führung einen Teil der Berliner Natur und der Artenvielfalt kennenzulernen. Das ist praktizierte Umweltbildung. Umweltbildung ist etwas, was durch die Biodiversitätskonvention konkret angemahnt wird.
Mein letzter Satz: Schauen wir uns gemeinsam Anfang Juli beim Tag der Stadtnatur ein Stück der Stadtnatur konkret an, damit wir wissen, was künftig zu schützen und zu bewahren ist! – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Artenschutz ist nicht nur ein Anliegen, um Gutes zu tun, er ist vor allem ein Anliegen im ureigenen Interesse der Menschen. Denn je schmaler die Artenvielfalt ist, desto anfälliger wird auch der Mensch, je breiter hingegen die Artenvielfalt ist, je größer ist der Nutzen für den Menschen. Ein Nutzen als strategisches Gut, denn Artenvielfalt ermöglicht uns eine uns allen zugute kommende Entwicklung. Pazifische Algen können für die Herstellung von Medikamenten gegen Krebs genutzt werden, das Enzym einer Fledermausart erlaubt es, Schlaganfallpatienten zu helfen. Nicht zuletzt geht es darum, die Schönheit unserer Erde auch künftigen Generationen zu übergeben und zu hinterlassen.
Die Biodiversitätsbrennpunkte mit rund 80 Prozent aller Tier- und Pflanzenarten der Erde liegen in den Schwellen- und Entwicklungsländern Afrikas, Lateinamerikas und Asiens. Deshalb müssen wir diese Länder beim nachhaltigen und verantwortungsvollen Umgang mit der Natur unterstützen. Andernfalls werden die eigentlichen Zentren der biologischen Vielfalt unwiederbringlich verschwinden und Millionen von Menschen ihre Lebensgrundlage verlieren. Entschlossenes gemeinsames Handeln ist deshalb gefragt. Deutschland hat mit seiner Umwelt- und Klimaschutzpolitik mit Angela Merkel an der Spitze weltweit großes Vertrauen aufgebaut.
Dieses Vertrauenskapital kann und konnte eingebracht werden, um auf der Bonner Konferenz deutlich mehr zu erreichen als in den vergangenen 16 Jahren, dem Gipfel in Rio im Jahr 1992.
Hören Sie zu! Die Konferenz ist die letzte Gelegenheit, Herr Kollege, um den Beschluss des Weltgipfels von Johannesburg aus dem Jahr 2002 umzusetzen, nämlich den Verlust der biologischen Vielfalt entscheidend bis zum Jahr 2010 zu begrenzen.
Nun zu den drei Anträgen: Zum Antrag der Grünen lässt sich kritisch anmerken, dass das Thema überfrachtet wird. Natürlich sind Armutsbekämpfung, Wirtschafts-, Handels- und Finanzpolitik auch dem Erhalt der biologischen Vielfalt verpflichtet. Natürlich sind alle globalen Themen immer irgendwie miteinander gekoppelt und irgendwie geartete Querschnittsaufgaben. Aber dies alles mit abbilden zu wollen, verwässert den klaren Blick auf das eigentliche Thema. Das eigentliche Anliegen geht verloren. Wir haben deshalb einen Änderungsantrag vorgelegt, der frei ist von Querverweisen auf andere globale Probleme, um dem eigentlichen Anliegen gerecht zu werden, zumal der