Herr Senator! Jenseits des Einzelfalls: Wenn Sie die türkische Demonstration zum ArmenienGenozid für einen Missbrauch unserer Versammlungsfreiheit halten, dann frage ich: Was tun Sie, um diesen Missbrauch zu stoppen? Ist zum Beispiel daran gedacht, Kontakt zum Außenminister Steinmeier aufzunehmen und zu überlegen, wie man im Vorfeld einer solchen Demonstration zu einer Visaverweigerung kommen kann?
Zur Klarstellung: Die Demonstration als solche ist von unserer Rechtsprechung zugelassen worden. Das ist für mich bindend. Das Gericht hat die Entscheidung getroffen, dass dies noch unter die Versammlungsfreiheit fällt.
Die Versammlungsfreiheit ist auch vom Bundesverfassungsgericht immer als ein Rechtsgut angesehen worden, um Meinungen auch gegenüber herrschenden Meinungen zum Ausdruck zu bringen und die Freiheit zu haben, diese zu sagen. Das bedeutet im Umkehrschluss, es ist ein Grundrecht, das für die hier lebenden Leute gilt. Genauso wie das Sozialstaatsgrundrecht und die Versorgung mit einem menschenwürdigen Minimum an Lebensunterhalt und Ähnlichem natürlich auch nur für die Menschen innerhalb des Geltungsbereichs der Bundesrepublik Deutschland gilt und nicht für andere.
Jetzt ist die Kollegin Schultze-Berndt von der Fraktion der CDU an der Reihe mit einer Frage zu dem Thema
1. Was sind die Gründe für den massiven Anfall von Vertretungsunterricht in diesem Schuljahr, und welche Maßnahmen hat der Senat ergriffen, um den ausgefallenen Unterricht fachgerecht auszugleichen?
2. An wie vielen Schulen musste in diesem Schuljahr für die Kinder der Unterricht ganz ausfallen, weil an der Schule nicht genügend Lehrkräfte für den Unterricht nach Stundentafel zur Verfügung standen?
Vielen Dank, Herr Präsident! – Frau Abgeordnete SchultzeBerndt! Meine Damen und Herren! Ich beantworte die Fragen wie folgt: Ein – wie Sie in der Frage unterstellen – massiver Anfall von Vertretungsunterricht für das laufende Schuljahr ist dem Senat, der alle Berliner Schulen im Blick hat, nicht bekannt.
Bezieht man diese 2,7 % auf das, was zum Unterricht zur Verfügung steht, das heißt, nimmt man die Entlastungs- und Ermäßigungsstunden weg, erhöht sich dies auf 3,4 %. Dabei können Sie erkennen, dass selbst bei einer Ausstattung von 106 % über alle Schulen in Berlin, die jetzt neu berechnet wurde und dem Finanzsenator vorliegt, in manchen Bereichen Schwierigkeiten auftreten können. Dauerkranke verteilen sich nicht proportional. Ich will hier nichts schönreden, aber es existieren Steue
rungsprobleme, und die Regionen sind aufgefordert, das zu regeln. Hier gibt es auch noch Potential, wo man durch Versetzungen Ersatz schaffen kann. Aber jeder weiß, dass eine Versetzung mitten im laufenden Schuljahr Konflikte mit sich bringt, wenn ein beliebter Fachlehrer oder Klassenlehrer versetzt werden muss. Auf der anderen Seite muss man die Lehrkräfte dort einsetzen, wo sie am dringendsten benötigt werden. Anderes kann man dem Steuerzahler gegenüber nicht verantworten.
Ich habe mich bemüht, Ihnen die Situation zu schildern. Zusammengefasst: Einen massiven Ausfall kann ich nicht erkennen. Wir dokumentieren exakt. Es gibt übrigens auch Schulen, die mit diesem Problem bei gleicher Ausstattung besser fertig werden als andere Schulen. Ich mache mir zunehmend über die steigende Zahl von Dauererkrankungen Sorgen, die dazu führt, dass wir doch recht knapp an die Abdeckung des Unterrichtssolls kommen.
Zu Ihrer Frage 2: Das kann ich zurückweisen. Mir ist keine Schule bekannt, in der Unterricht ganz ausfällt. Mir ist eine Schule bekannt, die einmal sehr öffentlichkeitswirksam ihren Unterricht in einem Lokal abgehalten hat. Sie erinnern sich. Das hat mich auf der einen Seite beeindruckt, auf der anderen Seite sehr geärgert, weil hierbei eindeutig ein Versäumnis der regionalen Schulaufsicht festzustellen ist. Hier hätte man rechtzeitiger reagieren können und müssen.
Der Senat von Berlin untersucht – dabei ist Berlin eines von wenigen Bundesländern – systematisch den Unterrichtsausfall und den Vertretungsunterricht. Nach meiner Erinnerung wird dies seit 1999/2000 von jeder Schule gemeldet. Es wird im Übrigen auch – was zuweilen kritisiert wird – in dem Schulportrait gemeldet, so dass jeder Interessierte sehen kann, welchen Umfang der Unterrichtsausfall einer bestimmten Schule hat und wie sich das im Vergleich zu anderen Schulen in der Region und zu der Schulart insgesamt darstellt. Das wird über das ganze Jahr gemacht. Andere Bundesländer erfassen den Unterrichtsausfall durch eine einmalige punktuelle Aufnahme an einem vom Ministerium bestimmten Tag.
Ich finde die in Berlin betriebene Systematik vernünftig und richtig. Sie ist auch beeindruckend. Man sieht zum Beispiel, dass im Jahr 1999/2000 4,8 % des Unterrichts ausgefallen sind. Im Jahr 2004/2005 waren es nur 2,6 %. Die Zahl bewegt sich zwischen diesen beiden Prozentzahlen. Die 2,6 % sind nach meiner Überzeugung immer noch zu viel. In Stunden umgerechnet heißt dies, dass von den 600 000 Unterrichtsstunden in der Woche circa 15 000 ausfallen. Massiv ist dies nicht, aber es ist eben zu viel Ausfall.
Woran liegt das? – Frau Kollegin, da Sie auch aus dieser Branche kommen, werden Sie mir zustimmen, dass es, selbst wenn ich absolut frei in meinen Mitteln wäre, in der Schulpraxis nicht zu vermeiden ist, dass der Unterricht an dem einen oder anderen Tag nicht gemäß Stundenplan stattfinden kann. Dies liegt daran, dass man nicht vorher weiß, wer sich krankmeldet. An diesem Tag muss dann unter Umständen der Unterricht ausfallen. Wer anderes behauptet, täuscht sich und verkennt die Realität.
Das zweite Bedenkens- und Beachtenswerte ist, dass wir – das ist Ihnen auch bekannt – bei den Lehrern ein Durchschnittsalter von etwa 49 Jahren haben. Die neueste Zahl vom März 2006 an dauerhaft Erkrankten – Lehrer, die länger als 2 Monate nicht zum Unterrichten zur Verfügung stehen – liegt bei 818. Davon sind 723 Langzeiterkrankte, und 95 Frauen befinden sich im Mutterschutz. Bezieht man dies auf die gesamte Lehrerschaft, bedeutet dies, dass 2,7 % der beschäftigten Lehrerinnen und Lehrer den Schulen nicht zur Verfügung stehen. Die Zunahme dieser Zahl ist meines Erachtens auch dadurch begründet – das ergibt sich aus Plausibilitätsüberlegungen, und für diese Überlegungen muss man kein Arzt sein –, dass die Zahl der dauerhaft Erkrankten mit dem Altersdurchschnitt steigt.
Herr Senator Böger! Sie haben sich jetzt ganz auf den Unterrichtsausfall konzentriert. Mein Frage zielte aber auf den Vertretungsunterricht. Wenn 12 % des Unterrichts eine Vertretung erfordern oder ganz ausfallen, heißt das, dass ein Achtel des normalen Unterrichts nicht stattfindet. Deshalb meine Frage: Werden Sie noch in diesem Schuljahr Einstellungen vornehmen, oder wie wollen Sie dem begegnen?
Herr Präsident! Frau Abgeordnete Schultze-Berndt! Auch hierzu gibt es eine Veröffentlichung. Wir wollen Transparenz und Kontrolle. Nach den dort angegebenen Zahlen können Sie erkennen – Sie haben nach Anfall von Vertretungsunterricht gefragt –, dass der Anfall bei 10,1 % liegt. Das ist eine Menge. Vertreten werden 7,5 % des Unterrichts.
Nun kann man fragen, wie dieser Vertretungsunterricht stattfindet und ob eine fachgerechte Vertretung stattfindet. Das ist ein spezielles Problem. Eine Schule kann beispielsweise für eine fachgerechte Vertretung durch zeitweilige Mehrarbeit sorgen. Eine andere Möglichkeit besteht in Folgendem – das habe ich neulich als Vorwurf in der Zeitung gelesen, aber jeder weiß, dass Sie das auch nicht verhindern können –: Wenn Ihnen in einer vier-
Ich gehe also davon aus, dass nach dem Zeitplan, der uns vorgelegt worden ist, bis zur Fußballweltmeisterschaft die Sperrung des Gehweges wieder aufgehoben werden kann. Und ich gehe davon aus, dass dann auch der Wasserweg für die Vergnügungsschiffe in Berlin in voller Breite zur Verfügung steht. Die geringe Einschränkung an dieser Stelle durch das Vorsetzen der Spundwand ist zu ertragen und zu dulden. Insofern hat diese Abstimmung ein gutes Ergebnis gebracht.
Herr Senator Wolf! Ist Ihnen bekannt, dass die Schwarzarbeit in Berlin Existenzen zerstört? – Die Fachgemeinschaft Bau veröffentlichte während ihrer Jahrespressekonferenz am Dienstag die Arbeitslosenquote im Berliner Bauhauptgewerbe. Sie liegt bei fast 60 %. Hauptursache für dieses Problem ist die Schwarzarbeit.
oder fünfzügigen Schule überproportional häufig die erste Fremdsprache – Englisch – ausfällt, dann kann es dazu kommen, dass Sie Klassen eine Woche oder zwei Wochen zusammenlegen. Das ist nicht anders zu machen. Ich habe z. B. auch gelesen, dass in einer Schule viele Sportlehrer auf einmal krank geworden sind. Da hat man zeitweilig den Sportunterricht von 3 Wochenstunden auf 2 Wochenstunden reduziert. Damit hat man der Berliner Schule die Stundenzahl gebracht, die in der Bundesrepublik der Regelfall ist.
Das ist nicht schön, aber es ist nicht abzuändern. Ich kann nicht im laufenden Schuljahr einfach Einstellungen vornehmen. Das geht nicht. Es gibt einen Stellenplan, den dieses Parlament genehmigt. Es besteht eine Pflicht für uns, an die ich mich auch gebunden fühle – und ich hoffe, Sie mit mir –, dass wir den Etat einhalten. Es gibt nur eine einzige Möglichkeit: Wenn in einem konkreten Fall festgestellt wird, dass für ein bestimmtes Unterrichtsfach trotz aller Versetzungsbemühungen und Nachfragen in der Region und darüber hinaus keine Vertretung gefunden werden kann, dann – und nur dann – stellen wir auch temporär – zeitlich befristet – im laufenden Schuljahr ein.
Wegen Zeitablauf hat die Fragestunde ihr Ende gefunden. Die heute nicht beantworteten Anfragen werden gemäß § 51 Absatz 5 mit der bekannten Beantwortungsfrist vom Senat schriftlich beantwortet.
Zuerst erfolgen die Wortmeldungen nach der Stärke der Fraktionen mit je einem Mitglied. Es beginnt Herr Kollege Pape von der Fraktion der SPD. – Sie haben das Wort.
Herzlichen Dank! – Meine Frage geht an die Stadtentwicklungssenatorin: Frau Junge-Reyer! Nachdem wir in dieser Woche feststellen konnten, dass der Winter in Berlin doch irgendwann einmal zu Ende geht, und weil bekanntlich die Berliner in der wärmeren Jahreszeit gern draußen sitzen, frage ich Sie, ob es hinsichtlich der Uferbefestigung am Schiffbauerdamm einen neuen Sachstand gibt. Wird es dort bald eine Lösung des Problems geben?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter! Wir haben uns mit der Wasser- und Schifffahrtsdirektion noch einmal auf – ich nenne es einmal so – technische Fragen und technische Lösungen verständigt. Ich hatte bereits einmal Gelegenheit, darzustellen, dass die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung schon im letzten Jahr vorgeschlagen hatte, eine Spundwand zu errichten, sie zu verfüllen und eine Sicherung der Uferwand vorzunehmen. Die Wasser- und Schifffahrtsdirektion hat
Warum blockieren Sie gegen den ausdrücklichen Willen der Berliner Fraktionen von CDU, SPD und FDP immer noch die Einführung dieser Karte? Warum wollen Sie uns die Mitführung des Personalausweises als bloße Hilfskrücke verkaufen, die nichts taugt?
Es gibt berechtigte Zweifel an der Spontaneität. Ich muss noch einmal auf Folgendes aufmerksam machen: Nach der Geschäftsordnung sollen gerade auch die spontanen Fragen kurz und entsprechend kurz zu beantworten sein.