Protocol of the Session on January 26, 2006

Und nun? – Da staunen Sie!

Wenn wir kritisch auf die bisherigen Ergebnisse des Exzellenzwettbewerbs blicken wollen, müssen wir es in diese Richtung tun. So froh ich über das Berliner Ergebnis bin, so bedenklich finde ich das bundesrepublikanische Gesamtbild bei den drei Förderlinien, in dem die Natur- und Technikwissenschaften sowohl bei den Graduiertenschulen als auch bei den Exzellenzclustern deutlich vorn liegen. Geistes- oder sozialwissenschaftlich orientierte Anträge fallen dem gegenüber in der Zahl der vorausgewählten Anträge deutlich ab. Dies ist in Berlin nicht ganz so stark der Fall, ist aber der Durchschnitt.

Hier hätte ich natürlich vor allem auch den Berliner Anträgen des Projekts kreative Zerstörung der HumboldtUniversität und dem Dahlem Humanities Center mehr Erfolg gewünscht. Bedenklich wäre es, wenn sich Exzellenz auf das Kriterium wirtschaftlicher Verwertbarkeit allein reduziert. Hier wird es zwischen Wissenschaftsrat, Kultusministerkonferenz und Deutscher Forschungsgemeinschaft noch eine gründliche Auswertung geben müssen. Ich setze aber darauf, dass der Exzellenzwettbewerb als mehrstufiges Verfahren ein lernfähiges System sein wird, sich doch noch Verschiebungen in der zweiten Antragsrunde ergeben können und dass auch die Universitäten in

den neuen Bundesländern ihre Exzellenz noch besser unter Beweis stellen mögen.

Ich sage auch hier sehr deutlich und klar, dass Berlin mittelfristig wieder steigende Studienplatzzahlen und eine Verbesserung der Studienbedingungen braucht. Deswegen hat Berlin ein elementares Interesse, dass wir mit dem Bund auch einen solchen Hochschulpakt ausgestalten können, nicht, weil wir den Hochschulhaushalt erst zurückgefahren haben, sondern weil wir damit notwendigerweise den Haushalt konsolidieren mussten, um ihn dann mit Bundesmitteln einer gerechteren Verteilung der Lasten neu aufbauen zu können.

Wir müssen sehen, dass die Differenz zwischen der qualitativen Ausstattung der Forschungsinstitutionen und der Hochschulen nicht weiter eine Kluft öffnet. Das ist kein Berliner Phänomen, sondern bundesweit zu beobachten. Diese Kluft muss geschlossen werden. Deswegen brauchen wir neben dem Exzellenz-Wettbewerb auch diese bundesweite Initiative für die Verbesserung der Lehre.

Als Wissenschaftssenator geht es mir zurzeit vor allem darum, alles zu tun, damit unsere Anträge in der eigentlichen Bewilligungsrunde im Oktober dieses Jahres erfolgreich sind. Ich möchte deshalb noch einmal daran erinnern, dass jetzt Antragsskizzen eingereicht worden, die Antragschancen eröffnen. Wir müssen damit rechnen, dass bei den Graduiertenschulen vermutlich nur jeder zweite Antrag, bei den Exzellenzclustern nur jede dritte und in der dritten Förderlinie nur jeder zweite Antrag am

Wir sprechen heute über das spannende und allseits interessierende Thema der Profilierung und Stärkung der Berliner Geschäftsstraßen. Im Zusammenhang mit einer aus dem angelsächsischen Raum zu uns herüber geschwappten Debatte über Business-ImprovementDistricts, die in ihrer Substanz ein Regelwerk vorsehen, das nach unserer Einschätzung sehr restriktiv gehandhabt werden kann und das ein hohes Maß an Bürokratie zum Inhalt hat, haben sich die Fraktionen der Koalition in großer Übereinstimmung für einen Weg der Freiwilligkeit entschieden, der diesem Antrag als Grundlage dient. Vielleicht kann auch ein wenig als nicht mitgeschriebene Überschrift das Goethe-Motto gelten: „Wer immer strebend sich bemüht, den können wir erlösen.“

Dass es aber einen Handlungsbedarf in den Berliner Geschäftsstraßen gibt, ist unstrittig. Dass die Ursachen vielfältig sind, kann man sich auch vergegenwärtigen, wenn wir wissen, dass die Kaufkraft in dieser Stadt eine andere ist als in anderen wichtigen Städten der Bundesrepublik Deutschland. Dass es auch im Handel ständige Veränderungen gibt, müssen wir uns nicht immer vor Augen führen, aber zumindest doch bei jeder Betrachtung berücksichtigen. Die Entwicklung von großflächigem Einzelhandel sowohl in innerstädtischen Lagen als natürlich auch in Lagen, die nicht integriert sind, hat Wirkungen und Auswirkungen. Die Akzeptanz bei der letztlich entscheidenden Instanz, ob Handelsstandorte angenommen werden, obliegt dem Kunden.

Ende ausgewählt werden kann. Bis dahin haben die Berliner Universitäten und ihre Partner noch viel Arbeit vor sich. Berlin hat alle Chancen, mehr als nur eine Universität in der dritten Förderlinie abschließend zu platzieren.

Bei aller Exzellenzeuphorie darf nicht aus dem Blick verloren werden, dass es nicht allein um die Einwerbung von Drittmitteln als solchen geht, sondern die Resultate der wissenschaftlichen Arbeit, die Ziel und Maß sein müssen. Bei der Fortschreibung des Hochschulvertragssystems – hier greife ich durchaus den Gedanken auf – müssen wir uns auch über die Kriterien des internen Leistungsmittelumverteilungsmechanismus in Berlin noch genauer unterhalten, ob es dort Nachbesserungen geben kann.

Dennoch haben wir heute ein gutes Ergebnis zu kommentieren. Wir freuen uns über die ersten Erfolge und unterstützen die Wissenschaftler bei der vor ihnen liegenden Arbeit. Wir wünschen den beteiligten Hochschulen viel Erfolg. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der Linkspartei.PDS und der SPD]

Danke sehr, Herr Senator! – Die Redezeiten der Fraktionen sind ausgeschöpft. Damit hat die Aktuelle Stunde ihre Erledigung gefunden.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 4:

Prioritäten gem. § 59 der Geschäftsordnung

und die lfd. Nr. 15, die Priorität der Fraktion der Linkspartei.PDS, als

lfd. Nr. 4 a:

Beschlussempfehlung

Profilierung und Stärkung der Berliner Geschäftsstraßen

Beschlussempfehlung WiBetrTech Drs 15/4621 Antrag der SPD und der Linkspartei.PDS Drs 15/4117

Für die Besprechung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Ich rufe auf die Fraktion Linkspartei.PDS. Der Abgeordnete Herr Pewestorff hat das Wort. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Wirtschaftspolitik kann ganz einfach sein. Die „Berliner Zeitung“ von gestern zitiert Hubertus Pellengahr vom Hauptverband des deutschen Einzelhandels, HDE, mit den Worten: „Der Kälteeinbruch und der Winterschlussverkauf fallen optimal zusammen.“ Wenn ich jetzt von den Grünen wäre, würde ich sagen, dass wir daran schuld sind.

[Gram (CDU): Das können wir ja einmal näher untersuchen!]

Das ist dann aber ein anderes Thema.

Wenn ich mich an die Eröffnung des „Eastgate“ in Marzahn erinnere, stürmt der Kunde solche Tempel regelmäßig und stimmt mit den Füßen ab. Man kann das richtig oder falsch finden, man muss es aber zur Kenntnis nehmen. Mit diesem Antrag wollen wir Hilfe zur Selbsthilfe leisten, indem die vorhandenen Interessen- und Arbeitsgemeinschaften der Händler in ihren eigenen Bemühungen unterstützt werden, aber die Basis auch um beispielsweise die Grundstückseigentümer erweitert wird. Jeder von uns weiß, dass die Situation in den verschiedenen Geschäftsstraßen unserer Stadt – die Organisation der Handelstreibenden betreffend – sehr unterschiedlich ist. Was wir mit diesem Antrag, der im Gegensatz zu anderen Vorstellungen auf Freiwilligkeit beruht und sich an dieser orientiert, wollen, ist die Prüfung, inwieweit öffentliche Fördermittel zur Finanzierung eines professionellen Geschäftsstraßenmanagements eingesetzt werden können. Dass ein solches professionelles Geschäftsstraßenmanagement sinnvoll ist und helfen kann, wird wohl niemand ernsthaft bestreiten. Wir halten auch das zum Teil schon vorhandene und vorgelegte Standardvertragswerk für solche Vereinigungen von kooperationswilligen Geschäftstreibenden für sinnvoll, um es möglichst reibungslos funktionieren zu lassen.

Dass auch andere Entwicklungen in dieser Stadt den Handel berühren, nicht nur das Wetter, ist verständlich. Die Kolleginnen und Kollegen, die schon bei schlechtem Wetter in der Weihnachtszeit vor Samsung gestanden haben, und auch die Kolleginnen und Kollegen von Case

Mit Ihrem Antrag und Ihrem heute zu erwartenden Papierberg wird keine einzige Einkaufsstraße in Berlin gefördert. Für teures Geld wird wahrscheinlich wieder

kurz vor den Wahlen eine neue DIN-A-4-Hochglanzbroschüre erstellt und das Nichtstun kaschiert werden. Den Geschäftsleuten und auch den Geschäftsstraßen wird damit in keiner Weise geholfen. Keine wirklichen Hilfen für unsere Not leidenden Einkaufsstraßen! So wie bei den Massenentlassungen von JVC, CNH, Reemtsma usw. verschläft der Senat wieder aufkommende Entwicklungen und verwaltet nur das Problem. Die Leistungsbilanz, die hohe Arbeitslosigkeit von 18 %, fast null Wirtschaftswachstum und die geringsten Wirtschaftskennzahlen bundesweit – ebenso wie im rot-roten Mecklenburg-Vorpommern – zeigen, dass der Senat nur moderieren will, aber ansonsten zu keinen greifbaren Ergebnissen kommen wird.

Die CDU macht da nicht mit. Wir werden Sie nicht dabei unterstützen, noch ein Konzept und noch ein staatliches Konzept zu entwickeln. Sie müssen endlich handeln. Hierzu haben wir Ihnen einen guten Vorschlag gemacht. Ich rufe in Erinnerung, dass wir in angelsächsischen Ländern schon sehen konnten, wie dort Schwerpunkte und Geschäftsstraßen erfolgreich aufgewertet worden sind. Hier hätten Sie die Chance gehabt. Diese Chance haben Sie vertan. Ich prophezeie Ihnen: Wenn im Mai, Juni, Juli oder wann auch immer, rechtzeitig vor den Wahlen, dieses Alibikonzept vorliegen soll – es wird keinem nutzen, den Geschäftsstraßen nicht, den Geschäftsleuten erst recht nicht und auch den Bürgern und Bürgerinnen unserer Stadt nicht.

New-Holland oder JVC, die in der Weihnachtszeit auf eindrucksvollen Demonstrationen für ihre Interessen gekämpft haben, haben etwas anderes als extensives Shopping im Sinn gehabt. Die soziale Lage ist nicht abgekoppelt von der Entwicklung des Einzelhandels zu sehen. Wir sollten also das Mögliche und Nötige tun, auch wenn es heißt: „Es irrt der Mensch, solang’ er strebt.“

[Beifall bei der Linkspartei.PDS und der SPD]

Danke schön! – Für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Friederici das Wort. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Endlich ist es auch SPD und PDS aufgefallen, dass unsere Berliner Einkaufsstraßen weiter an Attraktivität verlieren. Ein Geschäft nach dem anderen schließt. Wer dort einzieht, sind in der Regel Filialisten. Jetzt soll ein nebulöses öffentlich bezahltes und wahrscheinlich wieder aufgeblasenes Konzept her, um dem Verfall endlich entgegenzusteuern.

Wie ist der Zustand heute? – Der Tauentzien, der Kurfürstendamm, der Alexanderplatz, die Friedrichstraße werden in der Regel von Filialisten bestimmt. Kinos und Restaurants schließen oder haben überhaupt nicht vor, sich dort anzusiedeln. Gleiches gilt für die Zentren in Stadtrandlage. Die CDU hat Ihnen schon vor einigen Jahren vorgeschlagen, so genannte Business-ImprovementDistricts – BIDs – einzuführen. Bei uns wären Gewerbetreibende, Geschäftsinhaber und vor allen Dingen auch die Hausbesitzer durch eine persönliche Einlage verpflichtet, zum Wohle ihrer speziellen Einkaufsstraße an einem Tisch zusammengekommen und sich unter anderem um bessere verkehrliche Anbindungen, um Verkehrslenkung, eine Spezialisierung der jeweiligen Einkaufsstraße, durch Bewusstseinsbildung vor allen Dingen auch der Hauseigentümer um die gemeinsame Straße zu kümmern.

Herr Abgeordneter! Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Pewestorff?

Nein! – Damit sollten vor Ort und nicht unter Ihrer staatlichen Lenkung wirkungsvolle Konzepte erarbeitet werden.

SPD und PDS haben diesen CDU-Vorschlag abgelehnt, obwohl die Kammern, Einzelhandelsverbände, aber auch Erfahrungen aus den USA und Großbritannien gezeigt haben, wie man aktiv zu einer Attraktivitätssteigerung für diese Straßen kommen kann. Bei Ihnen sollen Grundstückseigentümer zwar motiviert werden, aber wie Erfolgsmotivation und die Leistungsbilanz dieses Senats aussehen, das erkennen wir an der hohen Arbeitslosigkeit und an vielen anderen Faktoren, die in dieser Stadt leider traurige Wahrheit sind.

[Beifall bei der CDU]

Danke schön! – Das Wort für eine „kurze Kurzintervention“ – so wurde mir gesagt – hat der Abgeordnete Pewestorff.

Haben Sie zur Kenntnis genommen, dass in Berlin die Kammern und die Verbände gegen solche bürokratischen Konstrukte gesprochen haben? Und haben Sie auch zur Kenntnis genommen, dass die Situation im deutschen und im Berliner Einzelhandel durch einen Verdrängungswettbewerb, durch eine Kannibalisierung, zum Beispiel im Lebensmitteleinzelhandel, geprägt ist, dass wir auf dem Drogeriemarkt eine weitere Konzentration im Handel haben? Solche Entwicklungen, die man gut heißen kann oder nicht, werden Sie – das ist unstrittig – mit Ihrem bürokratischen Monstrum niemals ernsthaft bekämpfen können. Sie machen den Leuten etwas vor. Sie können das, was Sie wollen, mit dem, was Sie vorgeben, machen zu wollen, nicht leisten. Da wiederspreche ich Ihnen ganz entschieden!

[Beifall bei der Linkspartei.PDS und der SPD]

Herr Friederici – zur Erwiderung – bitte!

Herr Pewestorff! Das kommt davon, wenn man immer nur das „Neue Deutschland“ liest.

[Pewestorff (Linkspartei.PDS): Nein, die „Frankfurter Allgemeine“]

Wir setzen daher – der Kollege Pewestorff sagte es schon – auf Freiwilligkeit, auf Eigeninitiative, aber auch auf Förderung. Wir wollen die vorhandenen Standort- und Interessensgemeinschaften einbeziehen, weitere zur Ko

operation anreizen, hierbei auch durchaus erwägen, ein professionelles Geschäftsstraßenmanagement einzuführen. Denn das ist für die kleinen Händler ein Haupthindernis. Wer soll in einem inhabergeführten Geschäft neben seiner Tätigkeit als Händler noch viel Zeit aufwenden, um die Geschäftsstraße zu managen? Es wird schon schwer genug, einmal im Monat abends einen Versammlungstermin zu finden. Und es gibt – dankenswerterweise – genügend solche Geschäftsleute. Sie verdienen unsere Unterstützung, damit sie sich besser und professioneller organisieren können.

Der Landesverband des Einzelhandelsverbandes hat sich ganz klar für unsere Business-Improvement-Districts ausgesprochen. Sie sagen, es kommen immer mehr Filialisten. Das ist genau der Aspekt, den wir aufrufen. Bei uns wären Grundstücks- und Hauseigentümer verpflichtend dazu aufgerufen – und nicht nur wie bei Ihnen in einer Kann-Bestimmung –, daran mit persönlicher finanzieller Einlage teilzunehmen. Das ist der ganz entscheidende Unterschied zwischen uns beiden. Bei Ihnen ist Freiwilligkeit. Wir fordern, dass alle Hauseigentümer, alle Geschäftsinhaber dorthin kommen, zum Wohle einer Stadt, und dass diese Stadt und jede Einkaufsstraße aufgewertet werden.

[Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Pewestorff (Linkspartei.PDS)]

Danke schön! – Für die SPD-Fraktion hat jetzt der Abgeordnete Jahnke das Wort. – Bitte sehr!