Ich bitte Sie, Ihre Haltung zu diesem Konzept noch einmal zu überdenken und mit inhaltlichen Positionen in die Diskussion einzugreifen, damit wir gemeinsam in der parlamentarischen Beratung – in der Phase befinden wir uns jetzt – zu Ergebnissen kommen. Ich freue mich auf einen Streit und eine engagierte Diskussion, aber Voraussetzung dafür ist, dass Positionen vorgetragen werden.
dieses Hauses erkannt, dass die Integration der hier lebenden Einwanderer und Einwanderinnen eine der wichtigsten Aufgaben unserer Stadt ist. Auch die CDU hat das erkannt. Gut so!
Das vom Berliner Senat im August beschlossene Integrationskonzept enthält neben bekannten Analysen der Berliner Integrationslage eine Zusammenfassung bereits vorhandener integrationspolitischer Förderprogramme und Maßnahmen sowie einige sinnvolle Ziele, aber wenig Konkretes zur Umsetzung. Es ist sicherlich anerkennenswert, dass überhaupt mit der Arbeit an einem Integrationskonzept begonnen worden ist. Dass das vom Senat vorgelegte Papier noch nicht alles sein kann, ist die einhellige Meinung der Sachverständigen, der Migrantenorganisationen, der Integrationsbeauftragten aus den Bezirken und aller Oppositionsfraktionen. Dem Senatspapier fehlt eine Vision, wie das Zusammenleben in ethnischer Vielfalt gestaltet werden kann. Dabei ist ein positives Bild wichtig, damit die Berlinerinnen und Berliner sich mit diesem Prozess identifizieren und darin Chancen entdecken können, statt nur Probleme wahrzunehmen.
Dass sich die Verwaltung erstmalig über die Ressortgrenzen hinweg über Integration verständigt hat, ist ein erster Schritt. Es ist aber noch ein weiter Weg bis zu einem wirksamen Integrationskonzept.
Dafür müssen Prioritäten festgelegt und klare Ziele definiert und auf einander abgestimmt werden. Vor allem brauchen wir eine Möglichkeit, um zu messen, inwieweit unsere Maßnahmen erfolgreich waren oder sind. Ein Qualitätsmanagement zur wirksamen Steuerung erfordert klare Zuständigkeiten, Kontrollverfahren, Zeitvorgaben und Indikatoren für das Erreichen von Zielen.
Aus diesem Grund ist es wichtig und richtig, wenn der Senat aufgefordert wird, das Konzept weiterzuentwickeln – selbstverständlich in Abstimmung mit der Landesarbeitsgemeinschaft der bezirklichen Integrationsbeauftragten und dem Landesbeirat für Integrations- und Migrationsfragen.
Schon bei der vorletzten Plenarsitzung hat die FDPFraktion einen Antrag zu diesem Thema eingebracht. Dieser wurde ohne Aussprache zur Beratung in den Ausschuss überwiesen. Auch aus unserer Sicht ist der FDPAntrag konkretisierungsbedürftig, aber, meine Damen und Herren von der CDU: War es wirklich notwendig, zum gleichen Inhalt einen weiteren Antrag einzubringen? – Einen eigenständigen Beitrag zur Integrationspolitik bekommen Sie dabei offenbar nicht hin. Sie erweitern einfach den FDP-Antrag um einige Punkte, die von den Sachverständigen bei der Anhörung viel präziser vorgetragen worden sind. Dieses Plagiat nehmen Sie sogar in den Prioritätenblock. Ein Änderungsantrag im Ausschuss hätte vollkommen ausgereicht. Dort wird sich die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen konstruktiv an den notwendigen Nachbesserungen beteiligen. Ich hoffe, auch Sie.
Wir werden im Ausschuss darauf hinwirken, dass die integrationspolitischen Ziele und die Indikatoren für ihr Erreichen präzisiert werden, dass der Senat klar benennt, was sein Integrationskonzept kostet, und dass konkrete Maßnahmen festgelegt werden. Zu diesen Maßnahmen zählen z. B. die interkulturelle Öffnung der Verwaltung, effektivere Bildungsangebote für Migranten und Migrantinnen oder die Vereinfachung der Anerkennungsverfahren für Schul- und Ausbildungsabschlüsse, um eine bessere Integration in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Gerade die Weigerung des Senats, die Kosten für das Integrationskonzept zu benennen, lässt vermuten, dass es hierbei ohnehin mehr um eine schöne Textsammlung als um erfolgreiche Integration geht.
Selbstverständlich sollten wir uns auch anschauen, wie andere Großstädte ihre Integrationspolitik gestalten. In Stuttgart z. B. ist Integration Chefsache. Auch die Ansiedlung der neuen Staatsministerin für Integration im Kanzleramt resultiert offenbar aus der Einsicht, dass Maßnahmen weit oben in der Verwaltung gebündelt werden müssen.
Fazit: Der CDU-Antrag ist überflüssig. Damit die Integration nicht folgenlos zur Querschnittsaufgabe deklariert, sondern aktiv gestaltet wird, darf es der Senat nicht bei Absichtserklärungen belassen. – Danke schön!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU! Ihr Antrag in allen Ehren, aber er kommt zu früh und ist irgendwie überflüssig. Aber Sie zeigen mit dem Antrag, dass Sie unser Integrationskonzept unterstützen. Sie zeigen dabei aber auch, dass Sie es nicht genau gelesen oder möglicherweise nicht voll verstanden haben. Wir haben bereits die Expertinnen und Experten – ganz so, wie Sie es vorschlagen – ernst genommen. Ihre Vorschläge wurden bereits bei der Erstellung des Konzepts aufgenommen. Sie haben auch im Ausschuss gehört, wie die Expertinnen und Experten ihre Ansichten vorgetragen und konstruktiv mitgearbeitet haben.
Gerade in der jetzigen Phase der Weiterentwicklung durch öffentliche Anhörungen haben wir die Expertinnen und Experten zu Wort kommen lassen. Migranten- und Migrantinnenverbände, Fachorganisationen, Wohlfahrtsverbände und die Bürgerinnen und Bürger aus den Bezirken sind eingeladen, das Konzept zu diskutieren und zu konkretisieren. Gerade indem wir Zeit für diese Phase vorgesehen haben, nehmen wir die Bürgerinnen und Bürger, die Expertinnen und Experten mehr als ernst. Wir ermöglichen ihre Beteiligung.
Die kurz- und langfristigen Maßnahmen – wie in Ihrem Antrag angeführt –, Termine und Finanzplanungen werden im Laufe der Diskussion in der Öffentlichkeit
klarer. Finanzielle Erfordernisse liegen auf der Hand. Das ist richtig. Wie Ihnen aber nicht entgangen sein dürfte, hat der Senat jüngst weitere 500 000 € als Sofortmaßnahme zur Verfügung gestellt.
Konzepte müsse ständig überprüft und bei Bedarf korrigiert werden. Das ist unsere Politik. Deshalb ist eine jährliche Berichterstattung gegenüber dem Parlament festgelegt, und das ist auch notwendig. Selbstverständlich wird es dem Senat als Instanz für die künftigen Berichte obliegen, Indikatoren für die erfolgreiche oder nicht erfolgreiche Wirkung der Integrationsmaßnahmen vorzulegen und anzuwenden. Zu dieser Konzeption gehört es auch, die Erfahrungen anderer Bundesländer und anderer Staaten zu beobachten und auszuwerten.
Die Gestaltung des Konzepts braucht eine gesamtgesellschaftliche Unterstützung, und zwar aus allen Parteien.
Herr Kollege Sayan, Sie haben von den anderen Bundesländern gesprochen und auch meiner Kollegin zugehört. Meine Frage: Ist Ihnen bekannt, dass es in Nordrhein-Westfalen, einem CDU-regierten Land, inzwischen einen Integrationsminister gibt? Was gedenken Sie als rot-rote Koalition daraus an Schlussfolgerungen für Berlin zu ziehen – in Bezug auf diese Aufgabe?
Herr Mutlu! Wir haben gerade vor kurzem einen Integrationsbeauftragten bekommen, der sehr gut arbeitet, sofort ein Integrationskonzept vorgelegt hat, in der Stadt konzeptionell alle Probleme aufnimmt und auch mit uns im Parlament konstruktiv zusammenarbeitet. Warum sollten wir uns jetzt weitere Gedanken machen?
Sie haben in Ihrem Antrag nach unseren kurz- und langfristigen Integrationszielen gefragt. Es liegt auf der Hand, dass wir auch vor dem Hintergrund der aktuellen französischen Probleme vor allem so kurzfristig wie möglich die Bildung, Ausbildung und die Arbeitsplatzchancen der Jugendlichen in den Griff bekommen müssen. Wir sind ihnen gegenüber in der demokratischen Pflicht. Andernfalls kommen wir mit leeren Händen und sind unglaubwürdig. Die Arbeitslosigkeit der Jugendlichen ist in Berlin mit 25 % bereits hoch. Jugendliche mit Migrationshintergrund trifft sie mit 40 % überproportional. Das ist sehr hoch. Trotzdem ist Berlin aus meiner Sicht weiter als Paris. Die jungen Migrantinnen und Migranten in Berlin sind stark in ihren Familien verankert. Nur ein kleiner Teil wird von heimatorientierten, politischen oder religiö
sen Organisationen kontrolliert. Die meisten dieser Jugendlichen werden in Berlin vom Quartiersmanagement, von Sozialarbeit, von Angeboten selbstorganisierter Einrichtungen der verschiedenen Gemeinschaften von Migrantinnen und Migranten beraten und aufgefangen. Ihnen steht der Zugang zu kulturellen Aktivitäten offen. Neben Sprachförderung bedarf es der Erziehung zur Demokratie und zur Einhaltung der Menschenrechte. Die Botschaft an die Jugendlichen soll lauten: Wir wollen euch, wir fördern euch und zählen auf euch! – Danke schön!
Vielen Dank, Herr Kollege Sayan! – Es folgt die Fraktion der FDP. Das Wort hat der Kollege Lehmann. – Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie sieht die Integrationspolitik des rot-roten Senats aus? Welche strategischen und operativen Ziele verfolgt der Senat diesbezüglich? Was muss in Berlin verbessert werden, damit Migrantinnen und Migranten besser in unserer Gesellschaft Fuß fassen? All das versucht die Senatsverwaltung für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz im Zusammenhang mit dem Beauftragten für Integration und Migration in ihrem Integrationskonzept darzulegen. Zunächst einmal ist es lobenswert, dass ein Senat sich die Mühe macht, so ein Konzept zu entwickeln.
Es ist auch richtig, das Integrationskonzept fortschreiben zu wollen. Wenn ich allerdings an den Obdachlosenrahmenplan denke, kommen wir Zweifel, ob das gelingt.
Wer einen Blick in das Konzept wirft, muss enttäuscht sein. Das Integrationskonzept des rot-roten Senats ist ein phantasieloses Stück Papier. Es fasst lediglich zusammen – Frau Villbrandt und Herr Wansner sagten es bereits –, was man bislang gemacht hat. Eine Vision sucht man vergeblich. Auch gibt es wenig Konkretes zu lesen. Andererseits werden viele Forderungen Wunschdenken bleiben. Wer das alles bezahlen soll, weiß kein Mensch. Insofern werde ich den Verdacht nicht los, dass dieses Konzept wieder ganz schnell in der Schublade verschwinden wird.
Dass ich mit dieser Einschätzung nicht isoliert bin, zeigte die Anhörung im Ausschuss für Gesundheit, Soziales, Migration und Verbraucherschutz, von der heute schon gesprochen wurde. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben der Senatorin Frau Knake-Werner ein fast schon vernichtendes Zeugnis ausgestellt. Ich zitiere einige Passagen:
Das vorliegende Integrationskonzept eignet sich eher für Abstimmungs- und Verständigungsprozesse in der Verwaltung. Es befördert nicht eine breitere Diskussion in der Öffentlichkeit.
Es ist kein Papier für die gesamte Gesellschaft, sondern für bestimmte Zielgruppen. Das ist eigentlich altes Denken, das Integrationspolitik sehr behindert. Viele Maßnahmen werden sich als Luftblasen erweisen.
Ich an Ihrer Stelle, Frau Senatorin, würde mir einmal ernsthaft Gedanken darüber machen, was Ihre Verwaltungsexperten da fabriziert haben.
Das kommt noch. Ich habe ja noch ein paar Minuten. – Um es auf den Punkt zu bringen: Im Prinzip können Sie das Integrationskonzept ganz neu verfassen lassen.
Sie veräppeln wohlwissend mit diesem Konzept die Menschen in dieser Stadt. Erstens ist es unrealistisch. In einer Haushaltsnotlage wird man die meisten Maßnahmen nicht mehr finanzieren können. Zweitens ist das Konzept viel zu lang. Außer einigen Experten wird es niemand lesen. Wir brauchen eine kürzere Version, damit auch diejenigen es lesen, die davon betroffen sind. Drittens müssen wir von dem Irrglauben wegkommen, dass durch irgendwelche ESF-Mittel, Landes- oder Bundesmittel, Modellprojekte oder sonstiges Integration vonstatten geht. Diese Programme haben wenig bis gar nichts gebracht. Wir haben uns die ganze Zeit etwas in die Tasche gelogen. Sinnvoll wäre es, wenn der Senat diesbezüglich eine ehrliche Bestandsaufnahme in Angriff nehmen würde. Viertens brauchen wir endlich eine vernünftige statistische Erhebung über Zuwanderung bzw. Migrantenströme. Die gibt es bislang noch nicht. Solange wir keine verlässlichen Daten haben, können wir unsere vorhandenen Mittel nicht optimal einsetzen. Fünftens steht in dem Papier über das Kernproblem der Integration nichts. Ich werde es immer wieder gebetsmühlenartig wiederholen solange ich Mitglied im Abgeordnetenhaus bin: Die beste Integration ist ein Arbeitsplatz auf dem ersten Arbeitsmarkt.