Protocol of the Session on June 16, 2005

[Beifall bei der SPD]

Das überfordert nicht nur die unmittelbar Betroffenen, sondern auch die Verwaltung, die die formalen und sachlichen Rahmenbedingungen für die Umsetzung schaffen muss. Dabei vergeht den Betroffenen die Begeisterung für durchaus notwendige Änderungen, die aber zum Teil falsch, halbherzig oder übereilt umgesetzt werden sollen. Das kann und wird nicht gut gehen, Herr Böger!

[Gaebler (SPD): Wie ist das mit dem letzten Satz?]

Betrüblich ist, dass dies unsere Kinder ausbaden müssen.

[Beifall bei der FDP – Unruhe]

Nun kommen wir zur Abstimmung. Die Ausschüsse empfehlen zur Beschlussvorlage Drucksache 15/3924 jeweils mehrheitlich gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen die Annahme mit Änderungen. Wer der Beschlussvorlage unter Berücksichtigung der Änderungen der Ausschüsse gemäß Drucksache 15/4094 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Regierungsfraktionen. Danke schön! Die Gegenprobe! –

Das sind alle Oppositionsfraktionen. Gab es Enthaltungen? – Herr Dr. Jungnickel. Mit Enthaltung von Herrn Dr. Jungnickel – fraktionslos – und gegen die Stimmen der Opposition ist das so angenommen.

Wir kommen zum nächsten Punkt, der Priorität der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Bevor wir zur Abstimmung kommen, erhält Herr Kollege Uwe Goetze das Wort für eine persönliche Erklärung. Ich bitte um Ruhe und Aufmerksamkeit. – Bitte schön!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Dr. Barth! Sie haben zum Zustandekommen der Tagesordnung etwas ausgeführt, was ich so nicht stehen lassen kann, auch nicht in meiner Eigenschaft als Ausschussvorsitzender. Ich möchte Ihnen kurz darstellen, wie das Verfahren zur Gestaltung der Tagesordnung war. Am 27. Mai 2005 ist eine Tagesordnung herausgegeben worden, die als einzigen Tagesordnungspunkt für die Sitzung am 9. Juni das angesprochene und heute zur Abstimmung stehende Gesetz beinhaltete. So weit haben Sie richtig dargestellt. Am 30. Mai gab es dann eine Anhörung zu diesem Gesetz im Ausschuss. Im Ergebnis dieser Anhörung haben alle Sprecher einvernehmlich,

[Frau Senftleben (FDP): Richtig!]

nachdem es Wünsche aus einzelnen Fraktionen gab, man möge die entsprechenden Tagesordnungspunkte auf die Tagesordnung nehmen, beschlossen, die beiden Großen Anfragen und die mit dem Gesetz zusammen hängenden Beschlussvorlagen auf die Tagesordnung zu nehmen.

[Beifall der Abgn. Frau Senftleben (FDP) und Augstin (FDP)]

So war der Sachverhalt. Dazu gab es von mir einen Vorschlag, wie man das in zwei Stunden abhandeln könnte. Letztlich hat mir der Verlauf der Sitzung Recht gegeben. Natürlich ist die allgemeine Debatte zu dem Gesetz genau nach zwei Stunden beendet worden, worauf ich geachtet habe, nur eben, ohne dass der Senat die Großen Anfragen beantworten musste, ohne dass es zur Abstimmung über die Sachanträge kam und ohne dass die Rechte der Opposition gewährleistet waren. Das ist der einzige Unterschied bei diesem Ablauf gewesen.

Danke schön, Herr Goetze! – Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Die Aktuelle Stunde hat damit ihre Erledigung gefunden.

Wir kommen zur Abstimmung über das Kindertagesbetreuungsreformgesetz. Ich lasse zuerst über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU Drucksache 15/3924-1 abstimmen. Wer diesem seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion der CDU. Die Gegenprobe! – Die Regierungsfraktionen. Enthaltungen? – Bei Grünen und FDP. Dann ist das so abgelehnt.

lfd. Nr. 4 a:

a) Dringlicher Antrag

LBB/Sparkasse als vollrechtsfähige Anstalt fortführen

Antrag der Grünen Drs 15/4077

b) Dringliche II. Lesung

Gesetz über die Berliner Sparkasse und die Umwandlung der Landesbank Berlin – Girozentrale – in eine Aktiengesellschaft (Berliner Sparkassengesetz – SpkG –)

Beschlussempfehlungen WiBetrTech und Haupt Drs 15/4093 Vorlage – zur Beschlussfassung – Drs 15/3802

Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das ist nicht der Fall.

Ich eröffne die II. Lesung und schlage vor, die Einzelberatung der 15 Paragraphen miteinander zu verbinden. – Hierzu höre ich keinen Widerspruch. – Ich rufe also auf die Überschrift und die Einleitung sowie die Paragraphen 1 bis 15 – Drucksache 15/3802 – unter Berücksichtigung der Beschlussempfehlungen der Ausschüsse Drucksache 15/4093. Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnen die Antragsteller Bündnis 90/Die Grünen. Herr Kollege Ratzmann hat das Wort. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn wir dieses Gesetz beraten, sollten wir Wert darauf legen, dass der Herr Wirtschaftssenator und der Herr Finanzsenator anwesend sind. Wenn schon die beratenden Kollegen von Freshfields hier sind, sollten die Senatoren doch auch im Saal sein. Ich bitte, sie herbeizurufen.

Ich bekomme das Signal, dass die Senatoren gerufen werden. Bis sie kommen, ist die Sitzung unterbrochen.

[Kurze Unterbrechung]

Wir können fortfahren. – Bitte schön, Herr Ratzmann!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Die Reform des Sparkassengesetzes, über die wir heute beraten, ist eine der wesentlichen Voraussetzungen für den Verkauf der Berliner Bankgesellschaft, die wir verkaufen müssen und wollen. Der Verkauf hat nach den haushaltspolitischen Vorgaben, die Sie im Senat entschieden haben, noch an Bedeutung gewonnen. Der Erlös wird die Quelle, mit der das kleine

Aber das Ganze hat einen kleinen Haken: Eine Bank braucht eine Banklizenz. Das braucht auch die Sparkasse, wenn sie als Sparkasse betrieben werden soll. Sie braucht auch die Genehmigung nach § 40 KWG, weiter Sparkasse sein zu dürfen. Und genau die steht in Frage. Dass sie in Frage steht – das ist der eigentliche Skandal an dem gesamten parlamentarischen Verfahren –, haben wir nur durch Zufall erfahren. Wir haben eine Anhörung im Rechtsausschuss beantragt, nachdem bereits im Wirtschaftsausschuss eine durchgeführt worden ist, und dabei hat BaFin, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, mitgeteilt, dass sie an der Anhörung nicht teilnähmen, aber bereits Senator Sarrazin ihre Bedenken mitgeteilt hätten. Daraufhin haben wir nachgefragt, worin diese Bedenken bestünden. Uns wurde daraufhin ein Konvolut von Schriftwechsel vorgelegt, der mit dem Stempel „Geheimhaltungspflichtig“ versehen gewesen ist, in dem jedoch – so viel kann ich wohl sagen – massive Bedenken gegen die Konstruktion im Hinblick auf § 40 KWG – also das Führen der Bezeichnung Sparkassen, aber auch im Hinblick auf die Banklizenz – geäußert wor

den seien. Sie wollten, das muss misstrauisch machen, diese Kritik am Parlament vorbei schleusen und Ihren Gesetzentwurf durchpeitschen, ohne dass die kritischen Elemente des Gesetzentwurfes ausreichend besprochen worden sind.

Wir können uns alle noch ziemlich gut an die Risikoabschirmung erinnern. Dabei ist Herr Sanio als der große Zampano im Hintergrund aufgefahren worden und es hieß: Wenn Sie der Risikoabschirmung nicht zustimmen, kommt Herr Sanio und dann kann Oma Meume kein Geld mehr abholen von ihrem Konto, und ihr seid schuld daran. – Dieser Herr Sanio ist uns damals quasi als Folterinstrument präsentiert worden. Und wie ist es jetzt? – Herr Sanio schreibt, Herr Sanio äußert Bedenken, und es heißt: Na ja, der meint das nicht so, das bekommen wir alles hin. – Das ist absurd. Sie behandeln den Chef des Bundesaufsichtsamtes wie einen Rechtsreferendar, der eine Stellungnahme im eigenen Namen abgegeben hat. Er hat aber fundierte Kritik an dem Gesetzentwurf geäußert, und Sie wischen sie einfach beiseite.

Die Kritik geht in die Richtung, dass das Konstrukt teilrechtsfähige Anstalt keinen Bestand haben wird. Man stelle sich das Erwerberverfahren nur einmal vor. Was macht ein Erwerber, der eine Bank kauft und sie als Sparkasse betreiben will? – Er geht zuerst zur BaFin und fragt nach, ob er die Genehmigung erhält. Wenn BaFin dann lediglich mit „vielleicht“ antwortet, müssen wir die Zeche dafür über den Kaufpreis zahlen, weil der Kaufpreis in solch einer Situation natürlich sinkt. Damit hat der Erwerber doch ein großes Druckinstrument in der Hand. Dafür brauchen wir eine klare, abgesprochene gesetzliche Grundlage, die die Vorgaben der Europäischen Union berücksichtigt. Das kann man als vollrechtsfähige Anstalt, weil wir nur im deutschen Rechtsrahmen diskriminierungsfrei ausschreiben können und weil wir den deutschen Rechtsrahmen berücksichtigten müssen. Das bedeutet aber gleichzeitig, dass Ihre Konstruktion eine Mogelpackung ist.

Schatzkästchen gespeist werden soll, aus dem der Senat die jährliche Risikoabschirmung und die Vergleiche mit den Fondsanlegern zahlen will. Das heißt, je mehr fließt, desto weniger Belastung für die Zukunft. Natürlich wird es auch noch darauf ankommen, wie die von Ihnen angekündigten Vergleichsverhandlungen mit den Fondsanlegern ausgehen. Also: Auflage aus Brüssel erfüllen, mit dem Gesetz niemanden benachteiligen, das heißt, sowohl privaten wie öffentlichen Banken den Erwerb der Berliner Bankgesellschaft ermöglichen und möglichst viel Erlös erzielen – das ist die Aufgabe, vor der das Land steht.

Der Preis wird maßgeblich davon abhängen, ob das Objekt der Begierde als Sparkasse weitergeführt werden kann. In Wirklichkeit ist die Bankgesellschaft nichts anderes mehr als die Sparkasse mit ein bisschen Bankgeschäft drum herum. Um das zu ermöglichen, muss der Gesetzentwurf, mit dem die Strukturen geschaffen werden, Klarheit schaffen. Das, was uns hier vorliegt, macht alles andere, als Klarheit für diesen Bereich zu schaffen.

Nach dem Entwurf wird ein potemkinsches Dorf mit einem roten S aufgebaut. Was sich dahinter tummelt, bleibt offen. Ich würde sagen, es ist ein weiteres trojanisches Pferd mit Namen „teilrechtsfähige Anstalt“, das von Seiten des Senats gebaut wird. Der Erwerber soll eine neu zu gründende Landesbank Berlin Aktiengesellschaft kaufen, und die Sparkasse soll dann als teilrechtsfähige Anstalt öffentlichen Rechts geführt werden. Das heißt, sie soll nach außen weiter als Sparkasse auftreten können, hat aber weder eigenes Geld noch eigenen Vorstand noch eigenen Aufsichtsrat noch ausreichende gesetzliche Bindungen, was die Gemeinwohlorientierung angeht. Das alles bestimmt der Erwerber. Wenn er ein privater Erwerber sein wird, wird das ausschließlich gewinnorientiert sein, und wenn eine andere Sparkasse die Bankgesellschaft kauft, wird sicherlich ein bisschen mehr Gemeinwohlorientierung drin sein.

Ich bitte Sie, zum Schluss zu kommen!

Das ist ein risikobehaftetes Unterfangen für eine der wichtigsten Strukturentscheidungen im Land Berlin. Sie jedoch wischen die Kritik der Genehmigungsbehörde einfach beiseite. Das ist unseriös.

[Beifall bei den Grünen]

Ich bitte Sie wirklich, zum Schluss zu kommen!

Ich komme zum Schluss. – Wir alle wissen, wie wichtig das ist. Deshalb noch einmal das dringende Anraten und unser Antrag, diesen Gesetzentwurf so nicht zur Abstimmung zu stellen, die Kritik aufzunehmen und den Gesetzentwurf und die Strukturentscheidung so zu fassen, dass es einen Verkauf gibt, der sich für das Land Berlin lohnt und der das Strukturin

Inzwischen aber ist der Sanierungsverlauf der Bankgesellschaft gut vorangekommen. Die EU-Kommission hat ihre Bedingungen präzisiert. Wir müssen die Bank bis 2007 veräußern, und wir können es jetzt sogar mit Aussicht auf einen erheblichen Gewinn tun, mit dem hoffentlich ein Großteil der Kosten für die Sünden der Vergangenheit getilgt werden kann. Dies hat im Jahr 2002, als wir die Risikoabschirmung beschlossen haben, die Sie eben erwähnt haben, kaum jemand zu hoffen gewagt. Bei den folgenden Verkaufsverhandlungen hat die Frage, wie man die Sparkasse und das rote „S“ für Berlin noch retten könne, nur eine untergeordnete Rolle gespielt. Heute sind wir in einer weitaus besseren Situation, und es könnte die Quadratur des Kreises gelingen. Genau das sieht dieser Gesetzentwurf vor: Selbst wenn im ungünstigsten Fall die Sparkasse an einen Privaten geht, bleiben die Gemein

wohlorientierung und die typischen Kriterien für eine Sparkasse erhalten.

Die Aufgabenbeleihung der Landesbank, die auch ein privater Erwerber akzeptieren müsste – steht im Gesetz –, sichert, dass das, was eine Sparkasse typischerweise ausmacht, erhalten bleibt: Konten auf Guthabenbasis für sozial Schwächere, Sparkonten für breite Bevölkerungskreise, Finanzierung der mittelständischen Wirtschaft und regionale Orientierung. Ich weiß nicht, ob Sie gelesen haben, was der Berliner Verdi-Vorsitzende schreibt.

Eine Bank für alle Bevölkerungsschichten wird hierdurch erhalten. Das Gesetz sichert die gemeinwohlorientierten Aufgaben und Pflichten der Sparkasse und kommt somit auch den Bedürfnissen der Berliner Kunden entgegen.

Wir legen einen Entwurf vor, der die Quadratur des Kreises hoffentlich möglich macht. Wir müssen beide Fälle betrachten. Es könnte sein, dass ein öffentlichrechtlicher Erwerber zum Zuge kommt. Manch einer wird hierin die bessere Lösung sehen, wird sagen, dass das Gemeinwohlorientierung bei einer öffentlich-rechtlichen Trägerschaft eher zu garantieren ist als dann, wenn privates Gewinnstreben im Vordergrund steht.

strument Sparkasse nicht von vornherein in Frage stellt. – Vielen Dank!

[Beifall bei den Grünen]

Für die SPD-Fraktion hat das Wort der Herr Abgeordnete Jahnke. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist gut, dass Herr Ratzmann immerhin klargestellt hat, worüber wir an dieser Stelle nicht entscheiden, nämlich über die Frage, ob wir die Landesbank verkaufen wollen oder nicht. Diese Frage ist durch die verhängnisvolle Entwicklung der Bankgesellschaft Berlin und die Beihilfeaktion des Landes in den Jahren 2001/2002 in einer wenig erfreulichen Weise festgelegt worden. Wir müssen uns von 81 % Anteilen der Bankgesellschaft trennen. Daran lässt die Entscheidung der EU-Kommission keinen Zweifel: Wir können uns nicht nur von der leeren Hülle trennen, sondern müssen dies auch von dem werthaltigen Teil einschließlich der Landesbank und damit auch der Sparkasse. Wir müssen dies zudem diskriminierungsfrei tun, das bedeutet, private Erwerber müssen die gleichen Chancen haben wie öffentlich-rechtliche. In dieses rechtliche Korsett – es tut mir Leid, Herr Ratzmann –, in das all unsere Überlegungen über die Zukunft der Landesbank und der Berliner Sparkasse auf Grund der Fehlentscheidungen von 1994 leider eingezwängt sind, müssen wir uns begeben.