Ja, ich komme zum Schluss. – „Sozialgerecht“ passt als Wortschöpfung auch nicht so recht zu Senator Böger, zu ihm passt mehr selbstgerecht. Das ist auch der Charakter seines heutigen Auftritts. – Danke schön!
Danke schön, Herr Kollege Steuer! – Das Wort für eine Kurzintervention erhält die Kollegin Frau Dr. Barth. – Bitte schön!
Frau Dr. Barth! Es bestand nie Zweifel darüber, dass wir das Kitareformgesetz in dieser Ausschusssitzung behandeln. Wir haben es auch sehr konstruktiv behandelt. Sie haben sicherlich nie den Eindruck gehabt, dass es uns darum ging, nicht zu einem Abschluss zu kommen. Uns ging es darum, Tagesordnungspunkte – 15 von alle Fraktionen – im Zusammenhang mit dem Reformgesetz zu behandeln, die den Kern des Gesetzes betrafen, wo es um einzelne Details ging. Die wollten wir im Zusammenhang mit dem Gesetz abhandeln, weil eins ganz klar ist: Nach der Verabschiedung des Gesetzes sind die 15 Tagesordnungspunkte hinfällig, weil sie sich inhaltlich erledigt haben. Nur darum ging es Ihnen, und darum ergibt es keinen Sinn mehr, sie im Nachgang zu behandeln. Das interessierte Sie aber nicht, weil es sich wahrscheinlich um zu viele inhaltliche Punkte gehandelt hat.
Danke schön, Herr Kollege Steuer! – Wir fahren fort, Bündnis 90/Die Grünen hat das Wort, und Frau Kollegin Jantzen ist am Rednerpult willkommen. – Bitte schön!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Ich finde, wir sollten auf dem Teppich bleiben, das geht insbesondere in Richtung von Herrn Böger sowie an die Koalition von SPD und PDS. Mit dem Kitagesetz verstärken Sie zwar tatsächlich den Bildungsanspruch und -auftrag der Kindertagesstätten, doch das ist keine neue Erfindung der Koalition.
Ich bitte Sie eindringlich, sich anzusehen und anzuhören, wie es zwar nicht in allen – das gestehe ich Ihnen zu –, aber in vielen Kitas und Schulen in dieser Stadt aussieht, welche Sorgen die Eltern haben und worüber sie sich Gedanken machen. Viele Schulen wissen nicht, welche Erzieherinnen da sein werden. Es gibt Eltern, die haben jetzt noch keinen Bescheid darüber, dass ihre Kinder in der 5. und 6. Klasse einen Platz bekommen – obwohl ihre Kinder einen Platz brauchen –, weil die Anträge nicht da sind. Herr Böger, ich möchte das gar nicht alles Ihnen in die Schuhe schieben, sondern das ist die Verwaltung – dieses Konglomerat, wo der eine nicht weiß, was der andere macht, und jeder irgendwie sein eigenes Süppchen kocht. Damit muss aber Schluss sein. Die Kinder mit ihren Bedürfnissen – das, was sie an Bildung und Erziehung brauchen – müssen im Vordergrund stehen, und die Verwaltungen müssen sich dann absprechen.
Es ist gut und richtig, und wir haben nie etwas dagegen gehabt. Das Bildungsprogramm ist aber bereits vor einem Jahr und auch das Sprachlerntagebuch ist eingeführt worden.
Das finden wir auch richtig. Sie dürfen aber nicht vergessen, dass die Qualitätsverbesserungen, die Sie in der Kita eingeführt haben, darauf fußen, dass die Kitaleiterinnen diese umsetzen und implementieren. Das ist eindeutig so gedacht, sie sind die Multiplikatorinnen für die Kitas. Wir erinnern uns noch sehr gut, dass die Freistellung für die Aufgaben der Kitaleitung von dieser Koalition 2001 verschlechtert wurde. Wenn Sie konsequent sind und nicht nur die Quantität, sondern die Qualität der Kitabildung meinen, dann müssen Sie auch dafür sorgen, dass das Personal und die Personen, die für diese Qualität der Bildung sorgen sollen, dazu in der Lage sind.
Es ist richtig – und das bestreitet auch niemand –, dass wir ein gut ausgebildetes System an Kindertagesstätten haben. Wir haben einen hohen Versorgungsgrad und sollten es als Pfund ansehen und als Standortvorteil für Berlin nehmen, dass junge Menschen, die in diese Stadt zum Arbeiten kommen, und Wirtschaftsbetriebe, die nach Berlin kommen, sicher sein können, dass Frauen und Männer hier arbeiten können und die Kinder währenddessen gut aufgehoben sind. Die Kinder werden in den Kindertagesstätten gut gefördert, gebildet und erzogen. Aber Sie schaffen es, innerhalb der letzten drei Jahre – der Zeit der rot-roten Koalition – immer wieder an diesem Pfund anzusetzen. Ich kann mich nicht erinnern, dass ein Bereich so schnell und so früh mit Kürzungen überzogen wurde wie der Kitabereich, obwohl die SPD und insbesondere die PDS vor der Wahl mit der Forderung durch die Stadt gezogen sind, bei der Bildung dürfe nicht gespart, sondern dort müsse mehr getan werden. Das nenne ich unehrlich, und mit dieser Unehrlichkeit sollte endlich Schluss sein.
Sie haben die Chance verpasst, mit diesem Gesetz der Förderung und Bildung in den Kindertagesstätten einen höheren Stellenwert einzuräumen und die Qualität wirklich zu verbessern.
Frau Müller – ich kann Sie jetzt nicht sehen –, ich bin immer wieder sehr erschrocken darüber, dass Sie so wenig die Wörter „Bildung“, „Förderung“ und „Erziehung“ in den Mund nehmen und immer wieder von der Betreuung in den Kindertagesstätten sprechen. Das hat für Sie einfach den höheren Stellenwert, während Bildung, Erziehung und Förderung der Kinder offenbar zweitrangig sind.
Sie brauchen gar nicht dazwischen zu quatschen. Jetzt habe ich das Wort, und dann lassen Sie es mir auch einmal!
Wenn ich eine Mail bekomme, wo eine Mutter bei einer Schulaußenstelle anfragt, wie es z. B. mit dem Integrationszuschlag für die Kinder ist, und auch den weiteren Mail-Wechsel mitbekomme, wie das von der Schulaußenstelle zu Frau Pape und zu dieser und jener Stelle geht, bis am Ende die Entscheidung steht, dass doch die Schulaußenstelle diese Frage beantworten muss, dann muss ich Ihnen sagen, Herr Böger: Räumen Sie in Ihrer Verwaltung auf, denn das hat allein mit der Senatsschulverwaltung zu tun! – Ich kann Ihnen diese Mail schicken, dann wissen Sie Bescheid.
Herr Böger! Die Mehrzahl sieht diese Reformen nicht so rosig, und wir tun das auch nicht. Sie sollten etwas mehr Realitätssinn zeigen. Ich muss Ihnen sagen: Meine Kinder waren in einer Kindertagesstätte und in einer Grundschule. Dort hatten wir einiges zu meckern, aber es gab Kontinuität, und wir wussten immer ziemlich sicher, wo es lang geht. Und ich bin froh, dass meine Kinder jetzt nicht in der Kita sind und nicht in die Schulanfangsphase kommen.
Man kann nicht ernsthaft Kinder, die ein halbes Jahr jünger sind, in eine erste Klasse packen und dazu auch noch die Kinder mit emotionalen und sozialen Problemen und Schwierigkeiten, wobei das auch noch mit dem gleichen Personalschlüssel geschehen soll, mit dem man vorher zurechtgekommen ist.
Das ist Realitätsverweigerung, Frau Barth! Diese Kinder brauchen einfach mehr Förderung und Unterstützung. Sie können nicht die Schulen und die Lehrer damit allein lassen, dass sie sich um diese Kinder kümmern sollen, und gleichzeitig verkünden: Wir verbessern die Qualität in den Einrichtungen. – Die Eltern, die Erzieherinnen, die Lehrer und die Kinder erleben vor Ort etwas anderes. Diese Realität sollten Sie endlich zur Kenntnis nehmen.
Der Bildungssenator erhoffte sich vor allem einen Spareffekt. Der Platz bei den Tagesmüttern ist im Wesentlichen kostengünstiger als in der Krippe. Stattdessen stagniert die Zahl der bei Tagesmüttern betreuten Kinder, während – wie wir gerade von Frau Barth gehört haben – die Zahl der Krippenplätze auch noch um 700 ausgeweitet wurde.
Was können wir Berliner zum neuen Schuljahr erwarten? – Den Abbau bei den räumlichen und personellen Standards! Gestiegene Ansprüche an weitgehend unvorbereitete Lehrer und Erzieher! Eine Vielzahl neuer Vorgaben wie z. B. den Abbau von Vorschule und Schülerläden! Eigenbetriebe statt bezirkliche Kitas! Eine um ein halbes Jahr frühere Einschulung! Die Verlagerung der Horte an die Schule zur Umsetzung des Konzepts der verlässlichen Ganztagsschule! Die Profilierung der Schulen verbunden mit vielen organisatorischen Neuerungen!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Motto der Aktuellen Stunde: „Kitazeit ist Bildungszeit – Berlin bleibt Vorbild bei der Kitaversorgung“ ist letztlich zu kurz gegriffen und führt zu einer ungeeigneten Betrachtung. Worum geht es bzw. sollte es gehen? – Es geht um die bestmögliche Bildung und Entwicklung unserer Kinder. Doch diese findet nicht nur in unseren Kitas statt, sondern sie beginnt bereits im Elternhaus, in Krippen, bei Tagesmüttern, in Kinderläden, in der Vorschule und schließlich auch in den Schülerläden. Aber die Existenz gerade der Schülerläden ist durch die Politik der rot-roten Koalition zum Scheitern verurteilt.
Wer die Schülerläden kennt, weiß, dass sich diese durch ein starkes Engagement der Eltern auszeichnen. Dieses Bürgerengagement wie auch der Erfahrungsschatz der Schülerläden insbesondere in den sozial schwachen Bezirken wie Kreuzberg sind im Interesse einer positiven Entwicklung der Kinder unverzichtbar. Von Berlins 250 Schülerläden wird nur etwa jeder fünfte fortbestehen. Dies ist eine Konsequenz des Kindertagesbetreuungsreformgesetzes, das in der heutigen Sitzung verabschiedet werden soll. Das Kooperationsangebot der Schülerläden bei der schulergänzenden Betreuung ist in den Bezirken weitgehend ausgeschlagen worden.
Auch der Änderungsantrag der FDP-Fraktion, dass für den Fall, dass Eltern einer Schule bereit sind, die ergänzende Förderung und Betreuung ihrer Kinder selbst zu organisieren, dies vorrangig berücksichtigt wird, ist nicht in das Gesetz aufgenommen worden. Privates Engagement ist offensichtlich nicht gefragt und stört nur obrigkeitshöriges Verhalten und staatlichen Vollzug. Da wird der neue Paragraph 1 des Kindertagesförderungsgesetzes, wonach Tageseinrichtungen als sozialpädagogische Bildungseinrichtungen die Erziehung des Kindes in der Familie ergänzen und unterstützen sollen, zur Farce.
Auch die Vorschule soll künftig entfallen. Der Einsatz der Vorschulerzieherinnen mit ihrem Erfahrungsschatz kann sich künftig nicht mehr in der bewährten Weise entfalten. Nun könnte man meinen, das sei weniger bedeutsam für die Bildung unserer Kinder. Aber im Gesetz ist nicht ohne Grund das Berliner Bildungsprogramm, das Herr Böger vorgestellt hat, zur verbindlichen Grundlage für die Arbeit der Erzieher gemacht worden. Es verlangt individuelle Förderung.
Das kritische Zeitfenster der psychischen und gehirnbiologischen Entwicklung liegt jedoch weit vor der Zeit, in der schulische Bildung einsetzt. Sie liegt in den ersten drei bis fünf Lebensjahren. Das heißt, die gezielte Bildung muss mit der Geburt beginnen, um bleibende und im wei
Aber gerade der durch den rot-roten Senat beschlossene Ausbau der Tagespflege für Kinder unter drei Jahren ist gründlich gescheitert.
[Beifall der Frau Abg. Schaub (PDS) – Doering (PDS): Na, so was! Ganz furchtbar! – Weitere Zurufe von der PDS]
Das Angebot an Tagesbetreuung stagniert, und der Antrag der FDP-Fraktion, der zur Verbesserung der Rahmenbedingungen in der Tagespflege eingebracht wurde, wurde nicht behandelt und dann selbstverständlich auch nicht im Rahmen des Gesetzes berücksichtigt.
Herr Kollege! Auch auf die Gefahr hin, Sie zu stören, muss ich Sie darauf aufmerksam machen, dass Ihre Redezeit weit überschritten ist.