Protocol of the Session on December 11, 2003

Der Kollege Flierl sagt, er habe einen. Ich weiß es nicht.

[Heiterkeit]

Keine weiteren Nachfragen.

Dann rufe ich auf Frau Abgeordnete Seelig von der Fraktion der PDS mit einer Anfrage zu dem Thema

Rechtsextremistischer Aufzug in Berlin

Bitte schön, Frau Seelig!

Danke schön, Herr Präsident! – Ich frage den Senat:

1. Wie bewertet der Senat den Verlauf des rechtsextremistischen Aufzuges vom 6. Dezember 2003 unter polizeilichen Gesichtspunkten – Festnahmen etc. –?

2. Wie ist diese Demonstration nach Auffassung des Senats in das rechtsextremistische Demonstrationsgeschehen einzuordnen?

Der Senator für Inneres, Herr Dr. Körting – bitte schön!

Herr Präsident! Frau Abgeordnete Seelig! Meine Damen und Herren! Der Senat bewertet unter polizeilichen Gesichtspunkten den Verlauf des Aufzuges als hervorragend begleitet von der Berliner Polizei und ordnungsgemäß abgewickelt. Der angemeldete Aufzug setzte sich mit ca. 170 Teilnehmern aus dem rechten Spektrum am 6. Dezember 2003 mit Verspätung, weil nämlich zu wenige Teilnehmer rechtzeitig kamen, gegen 11.45 Uhr am U-Bahnhof Rudow auf der vorgesehenen Aufzugsstrecke in Bewegung und erreichte den S-Bahnhof Schöneweide gegen 14. 45 Uhr.

Versuche von Gegendemonstranten und angemeldeten Kundgebungen, den Aufzug aufzuhalten, konnten von der Polizei unterbunden werden. Es gab einige Zwischenvorfälle mit Gegendemonstranten. Polizeibeamte wurden mit Steinen und Flaschen beworfen. Daraufhin sind 34 Personen aus dem Spektrum der Flaschen- und Steinwerfer festgenommen worden. Weitere 19 Personen wurden im Einsatzverlauf festgenommen bzw. in der Freiheit beschränkt. Die Polizei hat 23 Ermittlungsverfahren unter anderem wegen schweren Landfriedensbruchs, gefährlicher Körperverletzung und Verstoßes gegen das Ver

sammlungsgesetz eingeleitet. An den sonstigen Gegendemonstrationen – es gab eine ganze Reihe – beteiligten sich insgesamt etwa 600 Personen. Diese Gegendemonstrationen verliefen sämtlich friedlich und ohne Vorkommnisse.

Eine Nachfrage von Frau Kollegin Seelig – bitte!

Herr Senator! Ist Ihnen bekannt, aus welchen Bevölkerungsteilen sich die Vielzahl von Gegendemonstrationen zusammengesetzt hat?

Herr Senator Dr. Körting – bitte!

Gegendemonstrationen waren angemeldet unter Beteiligung des Bezirksamts, von Eltern, von Schulen, von Elterninitiativen und Ähnlichem. Das sind die Gegendemonstrationen mit ungefähr 600 Teilnehmern gewesen, die sich darauf beschränkt haben, ihren Abscheu über diesen Aufzug zum Ausdruck zu bringen und entsprechend zu demonstrieren. Das ist eine erfreuliche Mobilisierung der Bürgerschaft, die sagt, so etwas wollen wir nicht haben, aber gleichwohl nicht zu Steinen oder Flaschen greift, um das zum Ausdruck zu bringen. Es gab leider auch ein anderes Potential von Gegendemonstranten, die das im Sinn üblicher Auseinandersetzung mit der Polizei zum Anlass nahmen, um einfach einmal wieder auf den Putz zu hauen. Das ist leider so.

Herr Senator! Wie beurteilen Sie die Tatsache, dass sich die Gegendemonstranten vor allem aus jüngeren Jahrgängen zusammengesetzt haben – wie auch dieses Bündnis „Bunt statt Braun“, das übrigens ein freier Jugendzusammenschluss ist?

Damit hat die Aktuelle Fragestunde ihr Ende wegen Zeitablauf gefunden. Die heute nicht beantworteten Anfragen werden gemäß § 51 Abs. 5 GO Abghs mit einer Beantwortungsfrist von bis zu drei Wochen schriftlich beantwortet.

Frau Seelig, eine weitere Nachfrage – bitte schön!

Herr Senator! Verstehen Sie das Bedürfnis der friedlich Demonstrierenden, ihre Kritik für die Kritisierten sichtbar und hörbar zu artikulieren?

Herr Senator Dr. Körting!

Vom Grundsatz her bin ich immer der Meinung, dass Demonstranten die Möglichkeit haben sollten, ihr Demonstrationsanliegen dort, wogegen sie demonstrieren, auch anzubringen. Das muss aber – auch aus polizeilicher Sicht – davon abhängig gemacht werden, dass Eskalationen zwischen den Beteiligten vermieden werden. Die Polizei kann nicht zulassen, dass es bei Demonstrationen, die gegeneinander gerichtet sind, zu Gewalttätigkeit kommen könnte. Das hat sie, wie ich meine, einmal wieder in hervorragender Weise geschafft. Deshalb muss die Polizei dafür sorgen, dass Gegendemonstranten, wenn Gewalttätigkeiten zu befürchten sind, weitgehend fern gehalten werden.

Im Übrigen erinnere ich an die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Berlin zur Störung von Vereidigungen von Bundeswehrsoldaten. Dort hat die Rechtsprechung ausgeführt, dass es den Gegendemonstranten nicht ermöglicht werden muss, sich unmittelbar an solchen Vereidigungszeremonien so zu verlautbaren, dass die räumliche und akustische Störung der Veranstaltung gegeben ist. Die Polizei richtet sich also nach dem Versammlungsrecht und der Rechtsprechung und versucht, die Blöcke, die sonst gegeneinander marschieren könnten, ein bisschen auseinander zu halten. Ich halte das für richtig.

Danke schön, Herr Senator! – Dann hat sich der Abgeordnete Wilke zu Wort gemeldet und hat das Wort!

Ist dem Senat bekannt, dass es zur gleichen Zeit eine Gegenkundgebung des Bündnisses „Bunt statt Braun“ gab, das u. a. vom Bezirksbürgermeister von Treptow-Köpenick unterstützt wird, auf welche mit einem Flugblatt hingewiesen wurde, das eindeutig verfassungsfeindliche Symbole beinhaltete – in diesem Fall das Hakenkreuz?

Herr Senator Dr. Körting!

Herr Abgeordneter! Mir ist bekannt, dass es eine Gegenveranstaltung gab, die sich gegen Braun wandte. Das Flugblatt, das Sie ansprechen, ist mir nicht bekannt. Ob die Verwendung von Symbolen dann, wenn man sich gegen jemand wendet, eine Verwendung im Sinne des StGB ist, kann ich nicht übersehen. Das werden Polizei und Staatsanwaltschaft zu prüfen haben. Ich kenne das Flugblatt nicht.

Eine weitere Nachfrage der Frau Abgeordneten Dott. – Bitte!

Herr Senator Dr. Körting – bitte!

Frau Abgeordnete Dott! Ich finde es toll, wenn gerade auch jüngere Leute wieder an der Politik teilnehmen,

[Wieland (Grüne): Wir auch! – Weitere Zurufe von den Grünen]

und zwar insbesondere teilnehmen in dem Sinne, dass sie sich gegen extremistische Strömungen in dieser Gesellschaft wenden. Das ist doch genau das, was wir brauchen.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Ich rufe nun zu der so beliebten

Spontanen Fragestunde

auf. Zunächst erfolgen die Wortmeldungen nach der Stärke der Fraktionen mit je einem Mitglied. Es beginnt die Frau Abgeordnete Seidel-Kalmutzki von der Fraktion der SPD. – Bitte, Sie haben das Wort!

Meine Frage richtet sich an Herrn Senator Strieder: Wie schätzen Sie den Wahrheitsgehalt von Pressemeldungen und Gerüchten ein, dass die so genannte Anschutz-Halle am Ostbahnhof nicht gebaut werden bzw. der Baubeginn sich verzögern soll?

Herr Senator Strieder – bitte!

Herr Präsident! Frau Abgeordnete! Meine Damen und Herren! Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg hat die Baugenehmigung erteilt. Der vorhabenbezogene Bebauungsplan steht. Es steht der Verwirklichung der Halle nichts entgegen. Wir haben laufend – wie der Bezirk auch – Kontakt mit dem Investor. Der Investor hat angekündigt, zu Beginn des kommenden Jahres mit den Abräumarbeiten auf dem Grundstück zu beginnen. Es ist gar kein Zweifel daran, dass all die Kosten, die dieses Unternehmen aufgewandt hat, schon solche Größenordnungen haben, dass sich dieser Investor von diesem Standort gar nicht mehr zurückziehen kann.

Sen Strieder

Nun hat der Kollege Wansner das Wort zu einer Anfrage. – Bitte, Herr Wansner!

Herr Regierender Bürgermeister! Ihr Vorgänger hatte sich damals vehement für den Verbleib der Bundesdruckerei in dieser Stadt und für die betreffenden Arbeitsplätze eingesetzt. Zwischenzeitlich – das ist ja bekannt – hat die Bundesdruckerei in den letzten zwei, drei Jahren wieder fast 1 000 Arbeitsplätze abgebaut. Sie kommt auch sicherlich in finanzielle Probleme. Können die Mitarbeiter der Bundesdruckerei damit rechnen, dass Sie sich wie Ihr Vorgänger für die Menschen in diesem Betrieb einsetzen, zumal die Bundesdruckerei das größte Unternehmen in dem strukturschwachen Bezirk Kreuzberg ist?

Herr Präsident! Herr Abgeordneter Wansner! Ich bedauere es außerordentlich, dass der Einsatz des Herrn Regierenden Bürgermeisters a. D. Diepgen offensichtlich zum Abbau von 1 000 Arbeitsplätzen geführt oder ihn zumindest nicht verhindert hat.

Wie Sie wissen, haben Medien darüber berichtet, dass ein anderer Investor in Schöneberg auch erwäge, eine Halle zu bauen. Dieser mögliche Initiator hat dann bei der Anschutz Entertainment Group angerufen und gesagt, er wolle mal einen kurzen Termin haben, um sich auszutauschen. Am nächsten Tag stand in der Zeitung: „Geheimtreffen geplant!“ – Daraufhin hat die Anschutz Entertainment Group sofort dieses geplante Treffen abgesagt, weil sie sich auf das Kreuz gelegt fühlte.

Man muss also deutlich sagen, dass wir mit dem Investor am Ostbahnhof einen seriösen Investor haben, der schon viel Geld aufgewandt hat. Diese Halle wird kommen. Viel schwieriger wird es, das Umfeld um diese Halle herum zu entwickeln – mit den Shoppingeinrichtungen, dem Wohnen und den Bürobereichen. Aber die Halle wird der Beginn dieser Entwicklung sein, und ich bin ganz sicher, dass dieser Prozess unumkehrbar ist und dass diese Halle, die für Berlin und für den Tourismus wichtig ist, tatsächlich realisiert wird.

Eine Nachfrage von Frau SeidelKalmutzki: Bitte, Sie haben das Wort!

Herr Senator! Sie haben das so genannte Geheimtreffen der Hallengiganten erwähnt, das doch nicht stattgefunden hat. Bei diesem Treffen sollte es darum gehen, ob wir eine Halle, zwei Hallen, keine Halle oder eine gemeinsame Halle brauchen. Meine Frage zielt auf Folgendes: Wie viele Hallen könnte diese Stadt noch vertragen? Ist es mit der einen Halle erledigt? Wie viele können wir noch genehmigen? Wie wären gegebenenfalls die Perspektiven für diese Hallen?

Herr Senator Strieder – bitte!

Das ist eine schwierige Frage, Frau Abgeordnete! Ich glaube nicht, dass die Beamten der Baubehörde wirklich geeignet sind, zu beurteilen, ob private Investoren erfolgreich investieren, wenn sie private Hallen machen oder nicht.

Wir wollen, dass diese Halle am Ostbahnhof kommt, weil sie dort richtig gelegen ist – verkehrstechnisch wie im Blick auf die Entwicklung der Stadt. Wenn es weitere Initiativen gibt, um weitere Hallen ebenfalls ohne öffentliche Subventionen zu bauen, habe ich nichts dagegen. Die gegenwärtige Planung der Anschutz Group sieht jedoch vor, dass dort 170 Veranstaltungen im Jahr stattfinden. Das ist relativ viel. So viele Produkte zu organisieren und so viele Veranstaltungen zu machen, dass die Halle so gut ausgelastet ist, dass sich das auch lohnt, ist schon ein mutiges Unterfangen. Insofern müsste derjenige, der eine weitere Halle baut, auch eine lange Durststrecke durchstehen können. Irgendeiner, der eine Idee hat und versuchen würde, sich über Kredite finanzieren zu lassen, ohne richtig viel Geld in der Hinterhand zu haben, wird scheitern. Davon wäre ich persönlich überzeugt, aber bitte sehr: Jeder ist seines Glückes Schmied. Wenn es