Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst zum Redebeitrag von Herrn Steuer: Ihre Bemerkung, die SPD halte ihre Wahlversprechen nicht, führt nur eine Tradition fort. Wenn wir die Zusage auf Bundesebene betrachten, es käme zur Veränderung des demographischen Faktors bei der Rentenberechnung, stellen wir fest, dass das gleich wieder zurückgenommen wurde. Die Glaubwürdigkeit von sozialdemokratischen Wahlzusagen ist längst passé. Es ist tragisch genug, dass Wahlversprechen in der konkreten Politik eigentlich keine Bedeutung mehr haben. Das Kurzzeitgedächtnis ist vor den Wahlen schwach ausgeprägt.
Leider ist der Finanzsenator nicht anwesend, aber der Bildungssenator kann meine Ausführungen weiterleiten. Es ist nett, dass er sich entschuldigt hat. Das war zwingend. Aber wenn man sich entschuldigt, müsste man intensiver an diejenigen herantreten, die man diffamiert hat. Man hat Eltern diffamiert, die aufgestanden sind und protestiert haben. Ein Finanzsenator darf aber nicht nur ein Kurzzeitgedächtnis haben, nämlich die Sanierung der Finanzen bezogen auf eine Verfassungsklage, sondern er
Es wäre besser, Sie machten sich in Ihrer Familie sachkundig, was damit gemeint ist. Ich kenne keinen KitaTÜV. Ich weiß nur, dass die CDU-Fraktion in MarzahnHellersdorf einen Antrag zur TÜV-Überprüfung von Jugendfreizeiteinrichtungen eingebracht hat. Aber ich bin sehr interessiert, ich werde mich auch kundig machen, was damit gemeint ist. Vielleicht ist daran etwas Interessantes. Sie sollten aber zur Kenntnis nehmen, dass der Jugendhilfeausschuss mit Mehrheit entscheidet. Wenn Sie der Meinung sind, die CDU habe sich dort nicht durchgesetzt – der Antrag wurde offensichtlich von einer anderen Partei eingebracht –, dann sollten Sie dafür sorgen, dass Sie Mehrheiten in Marzahn bekommen. Damit könnten Sie dann alles klären.
Frau Klotz hat deutlich gemacht, dass ihr meine jugendpolitischen Ansätze nicht ausreichen. Das kann schon sein, Frau Klotz, die Zeit hat nicht gereicht.
Aber alle anderen Redner und Rednerinnen haben darauf verwiesen – ich kann nur unterstützen, was Herr Böger gesagt hat –, uns geht es darum, mit der Kitakostenveränderung auch die Qualität in den Kitas zu verbessern. Wenn Sie ehrlich wären, dann gäben Sie auch zu, dass sich eine Menge verändert hat, einschließlich des Bildungsprogramms, und dass eine Menge auf den Weg gebracht ist. Die anstehenden Strukturveränderungen sind sehr verhaftet. Da muss man an die Besitzstandswahrung herangehen. Das ist sicherlich alles etwas kompliziert. Aber ich bin guter Hoffnung, dass es doch noch in dieser Legislaturperiode wird. Wir werden uns nachher mit dem Schulgesetzentwurf befassen. Da kann man die Veränderungen deutlich entnehmen, die beispielsweise aus dem Übergang von Kita und Schule anstehen.
muss auch die finanzpolitischen Entscheidungen, die er trifft, langfristig betrachten. All das, was in die Bildungspolitik nicht investiert wird, wird sich eines Tages für diese Stadt bitter rächen. Er hätte deutlich machen müssen, dass er nicht nur fiskalisch denkt, sondern bereit ist, gesamtstädtische Verantwortung zu tragen.
Andere Bundesländer wie Bayern und Hamburg bauen ihr System der vorschulischen Bildung aus. Was passiert in Berlin? – Erhöhung der Elternbeiträge: Viele Eltern werden zu besser Verdienenden gemacht, und das ist letztlich – das wurde heute schon deutlich – familienfeindliche Politik. Was hätte aber der Senat, statt Beiträge drastisch anzuheben und qualitative Standard zu senken, machen müssen? – Strukturelle Veränderungen hätten stattfinden müssen. Aber darauf warten wir. Die Übertragung der öffentlichen Kitas in freie Trägerschaft, und zwar ohne Hinderung durch Beschäftigungsgarantien, die letzten Endes das Ganze im Grunde genommen verzögern und verhindern, die Vereinheitlichung des Antrags- und Bewilligungsverfahrens und der Schritt zur Kitacard hätten längst durchgeführt werden müssen.
Die Konzentration der Jugendpolitik auf hoheitliche Aufgaben ist letztlich nicht erfolgt. Noch immer werden in den Bezirken viele leistungsorientierte Tätigkeiten von den Jugendämtern durchgeführt.
Die Übertragung der öffentlichen Kitas – einst auch Ziel von SPD und PDS – kommt nicht voran. Personalüberführung und Finanzierung der Kitasanierung sind nach wie vor ungeklärt. Ich höre allerdings von Herrn Böger andeutungsweise, er habe nun ein Finanzierungskonzept mit dem Finanzsenator, aber das hätte er uns dann gleich einmal vorstellen können. Unterstellt, dass das auch trägt, bleibt immer noch das große Hindernis der Investitionen in den sehr morbiden Zustand unserer Kitas.
Beim Antrags- und Bewilligungsverfahren macht jeder Bezirk seine eigene Sache. Der Senator muss darauf wert legen, dass Eltern mit gleichen Ausgangsbedingungen nicht in Marzahn-Hellersdorf einen Ganztagsplatz, aber in anderen Bezirken nur fünf Stunden zugebilligt bekommen. Vielleicht werden sie mittlerweile, obgleich anspruchsberechtigt, auch noch abgewiesen. Das ist ein Skandal in dieser Stadt, Herr Böger!
Die Neuordnung der bezirklichen Jugendämter kommt nicht voran. Aus liberaler Sicht sollten sich die Jugendämter auf den Kernbereich der Planung, Steuerung und Bewilligung beschränken. Die Leistungserfüllung kann dann im Wettbewerb um Qualität den freien Trägern überlassen werden. – Danke schön!
Ich möchte zu einem Problem kommen, das mich sehr bewegt. Wenn man über Familienpolitik in unserer Stadt spricht, wissen wir alle, dass in Berlin die Situation der Familien kompliziert ist. Wir wissen aber auch, dass es auf eine strukturelle Ungerechtigkeit in unserer Gesellschaft zurückzuführen ist. Familien, die Kinder haben, sind heute benachteiligt. Da bin ich auch bei meinem eigentlichen Problem, nämlich bei dem Problem der sozialen Lage von Familien in Berlin. Die Diskussion über die Neuregelung der Elternbeiträge für den Kitabesuch hat für mich in erschreckender Weise deutlich gemacht, dass über 40 % der Eltern mit Kitakindern unter einem Jahresbruttoeinkommen von 22 500 Euro liegen. Darüber hat heute noch niemand gesprochen. Es hat sich jeder beschwert, dass unheimliche Kostensteigerungen vorgesehen sind, aber es hat niemand über diese Betroffenen gesprochen. 2 200 € Bruttoeinkommen im Monat beziehen in unserer Stadt fast ca. 50 % aller Familien von Kitakindern. Wir haben hier in diesem Parlament über die Armut von Kindern gesprochen. Wir haben uns über ihre
dass der Jugendklub-TÜV eine andere Einrichtung ist als die Kommission, die Sie im Jugendhilfeausschuss geschaffen haben, die der Senator Körting in der Antwort auf eine Kleine Anfrage von mir sogar als rechtswidrig eingestuft hat und die Sie danach wieder zurückgezogen haben, nämlich eine Kommission, die bewerten soll, wel
cher freie Träger wie gut in Ihren Augen ist, nämlich in den Augen der Mehrheitsfraktion, zur Übernahme einer Kita. Da gibt es in diesem Bezirk Marzahn-Hellersdorf 30 Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes, die heute Kitaerzieher sind, die sagen: Wir wollen in die freie Trägerschaft gehen. – Und was machen Sie? Was macht Ihre Stadträtin? – Diese Stadträtin fängt an, die Mitarbeiter mit Ordnungsmaßnahmen zu belegen, weil es nicht ihre Aufgabe ist, sich damit zu beschäftigen, weil sie Mitarbeiter im öffentlichen Dienst und nicht in freier Trägerschaft sind. Das ist die Herangehensweise im Bezirk mit den meisten Kindern und Jugendlichen in Berlin, in Hellersdorf-Marzahn, das ist, wie Sie mit der Überführung von Kitas in freier Trägerschaft umgehen. Sie wollen das nicht. Sie wollen nur den freien Trägern die freie Trägerschaft anbieten, die jetzt keine Förderung mehr aus den ehemaligen sozialistischen Subventionstöpfen des Bezirksbürgermeisters bekommen. Sie wollen denen andere Aufgaben übergeben, die heute keine Aufgaben mehr im Bezirk haben. So ist es, Sie wollen diese Überführung eigentlich nicht. Sie müssen diese beiden Dinge schon unterscheiden.
soziale Situation ausgetauscht. Zahlen vom Statistischen Landesamt belegen die Situation, dass fast jedes 4. Berliner Kind arm ist. Dass man darüber kein Wort verliert, ruft bei uns weitere Fragen auf.
Genau! – Vor einiger Zeit ist in Berlin eine Überprüfung der Zahlung von Kitakostenbeiträgen durchgeführt worden. Es war nicht zu übersehen, dass Verträge im Land Berlin gekündigt wurden. Und wen betraf es? – Es betraf größtenteils die Familien, die sehr wenig Geld im Portemonnaie hatten. Wenn wir davon ausgehen müssen, dass in unserer Stadt ca. 50 % der Eltern unter einem Jahresbruttoeinkommen von ca. 26 000 € liegen, dann müssen wir uns darauf einstellen, dass wir bei diesen Elterbeiträgen keine Erhöhung vornehmen können.
Ich komme noch einmal auf den Beitrag von Frau Klotz zurück. Wenn ich das alles richtig verstanden und die bundespolitischen Aufgabenstellung richtig eingeordnet habe – Stichwort Agenda 2010, Hartz ist auch schon gefallen –, dann gehe ich davon aus, dass wir kaum Hilfe erwarten können, für die Familien in Berlin. Der Paritätische Wohlfahrtsverband und der Kinderschutzbund haben errechnet, dass durch die Art und Weise, wie Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zusammengelegt werden sollen, die Zahl der armen Kinder und Jugendlichen in Deutschland ansteigen wird. Das wird nicht ohne Konsequenzen auf die Lage der Familien unserer Stadt bleiben. Darüber habe ich aber kein Wort gehört.
Wenn man von Wahlbetrug spricht, dann gehört doch so viel Ehrlichkeit dazu, dass man auch darüber spricht. Ich gehe davon aus, dass dieser Entwurf zur Kitakostenerhöhung in dieser Stadt ausgewogen ist und eine angemessene Steigerung hat und dass der Solidargedanke hier eingearbeitet ist. Der vorliegende Entwurf ist eine gute Arbeitsgrundlage. Vielleicht befassen Sie sich noch einmal etwas gründlicher damit. Dann werden Sie sehen, dass viele Dinge, die heute als Luft abgelassen worden sind, gar nicht an dem sind. – Vielen Dank!
Frau Dr. Barth! Wenn Sie ein bisschen Ahnung von den 90 000 Kindern und Jugendlichen in Marzahn-Hellersdorf hätten, dann wüssten Sie,
Aber Sie sollten sich dafür einsetzen – und die Wege sind bei Ihnen in der Familie doch kurz –, wenn Sie der Meinung sind, dass in Marzahn-Hellersdorf alles nicht korrekt läuft, es doch wieder in die richtigen Bahnen zu bringen. Ich kann Ihre Polemik überhaupt nicht nachvollziehen. Versuchen Sie, ihr Problem so zu regeln. In MarzahnHellersdorf geht man bei der Übertragung von Kindertagesstätten wie in vielen Bezirken vor. Man überträgt Kitas genauso. Alle Bezirke haben das Recht, sich die anerkannten freien Träger der Jugendhilfe, die den Antrag auf Übernahme einer Kindertagesstätte gestellt haben, genau zu prüfen.
Wie bitte? Also, Herr Czaja, da müssen Sie sich einfach einmal in den Landesjugendhilfeausschuss begeben und sich informieren. Dann müssen Sie sich in die zuständigen Gremien, die im Bereich Jugend arbeiten, begeben. Wir haben nämlich eine zweigliedrige Verwaltung mit demokratischen Gremien. Also, von oben einfach einmischen, geht nicht. Machen Sie sich sachkundig, und dann können Sie sicherlich Ihr Problem klären.
Aber ich stehe Ihnen auch gern zur Verfügung, vielleicht können wir beide für den Bezirk Marzahn-Hellersdorf tätig werden.
Zum Selbstbetrug. Herr Böger erklärt – wie viele bereits gesagt haben – ständig und immer wieder, die Kita ist eine Bildungseinrichtung und müsse eigentlich kostenfrei sein. Recht haben Sie, Herr Böger! Deswegen bringen wir heute auch in der Konsequenz den Antrag ein, in
einem ersten Schritt wenigstens das letzte Jahr vor der Schule frei zu stellen. Auch deshalb, weil wir die Vorklassen in den Schulen abschaffen und dann alle Kinder das letzte Jahr vor der Schule in den Kitas verbringen müssen.
Frau Barth, wie Sie Ihre Presseerklärungen und Ausführungen miteinander vereinbaren können, dafür braucht man schon die Fähigkeit, richtig schöne Gedankenpirouetten zu drehen. Im Januar haben Sie erklärt: „Mit der PDS gibt es keine Erhöhung der Kitakostenbeteiligung.“ Im März hieß es plötzlich: „Es gibt keine lineare Erhöhung.“ Heute verteidigen die jetzt vom Senat beschlossene Erhöhung. Bei so viel Betrug, Selbstbetrug und auch Wahlbetrug, dürfen Sie sich doch alle nicht wundern, wenn die Eltern auf die Straße gehen. Dabei sind die meisten Eltern bereit, ein wenig mehr für eine gute Bildung und Erziehung ihrer Kinder zu bezahlen. Das zeigen die Schreiben, die wir alle bekommen. Sie sind jedoch nicht bereit, diese drastischen Erhöhungen zu tragen. Machen Sie sich nichts vor, Herr Böger, und auch Sie von PDS und SPD nicht, es wird zu Qualitätsverschlechterungen in den Kitas kommen. Davon bin ich überzeugt. Alle Versprechen, die Sie machen, hin und her, kann man nicht ernst nehmen.
Der Personalausgleich, der jetzt durch den Tarifvertragnotwendig wird, der steht noch in der Rubrik Wünsch-dir-was von Herrn Böger. Herr Sarrazin hat dem doch noch nicht zugestimmt. Die Kitalandschaft wird auf lange Zeit eine Baustelle bleiben. Es geht um die Übertragung der Kitas an freie Träger, es geht um die Verlagerung der Horte, über die heute bereits gesprochen wurde. Ein Gesamtkonzept mit konkreten Vorstellungen, wie das gehen soll, Herr Böger, ist vielleicht dem Rat der Bürgermeister vorgelegt worden, wir haben es nicht in der Hand, wir können es nicht beurteilen. Es wird Jahre dauern, bis diese Veränderungen in den Kitas durch sind. In dieser Zeit der großen Umbrüche werden die Erzieherinnen nicht in dem gewünschten Maß in der Lage sein – wie wir das alle wollen –, das Bildungsprogramm durchzusetzen oder umzusetzen. Der Sprachkoffer, Herr Böger, so schön das ist, der wird da auch nicht unbedingt so viel helfen.
Danke schön! – Für die Fraktion der Grünen hat die Abgeordnete Frau Jantzen jetzt das Wort. – Bitte!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Debatte und auch der kurze Schlagabtausch zwischen Frau Barth und Herrn Czaja macht sehr deutlich, wie weit die Politikerinnen und Politiker in diesem Haus von der Realität der Familien in dieser Stadt entfernt sind. Frau Klotz hat den Brief einer Mutter vorgelesen, der sehr klar gemacht hat, welche Leistungen Familien eigentlich für diese Gesellschaft erbringen, wie wenig ihnen das gelohnt wird. Die Debatte macht jedoch auch deutlich, dass die wenigsten verstanden haben, warum die doch sehr drastische Erhöhung der Kitakostenbeteiligung die Eltern und die Öffentlichkeit in der Stadt so empört. Herr Eßer hat es in der Begründung unserer Aktuellen Stunde gesagt. Es geht um den verpassten Mentalitätswechsel, es geht um Wahlbetrug, es geht um Selbstbetrug, und es geht um Publikumsbeschimpfung. Also darum, dass die Menschen, die sich zu Recht gegen Anforderungen dieser Politik in diesem Land wehren, beschimpft werden.
Der erste Punkt ist der Wahlbetrug. „An Bildung darf nicht gespart werden“, der Satz ist heute schon gesagt worden.