Protocol of the Session on September 11, 2003

Danke schön! – Herr Senator, wünschen Sie eine Erwiderung? – Bitte sehr!

Danke schön! – Wir treten jetzt in die zweite Rederunde ein. Zunächst erhält von der CDU-Fraktion das Wort der Abgeordnete Herr Rabbach – bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn man Herrn Böger zu dieser Aktuellen Stunde und zum eigentlichen Thema hört, dann ragt heraus, dass Sie, Herr Böger, freundlicherweise feststellen, dass wir in unserer Fraktion noch junge Abgeordnete haben, außer alternden Ex-Stadträten. Das sehe ich aber nicht als negativ an, denn wenn Sie auch einmal ExStadtrat gewesen wären, würden Sie leicht erkennen, was Frau Barth hier für einen Unsinn geredet hat.

[Unruhe]

Aber ich will gar nicht auf Frau Barth eingehen,

[Klemm (PDS): Das ist Ihnen zu kompliziert!]

weil Frau Klotz und Herr Steuer schon hinreichend dargestellt haben, wie die PDS mit den Menschen in dieser Stadt umgeht, indem sie heute etwas anderes sagt als gestern und morgen.

Ich kann Sie bestätigen, Frau Dr. Klotz: Mich hat eine Mutter letzte Woche angerufen und hat mir vorgerechnet, nachdem sie die neuen Kitakostentabellen in einer großen Berliner Zeitung gelesen hat, dass sie mehr an Kitakosten für ihre beiden Kinder bezahlen muss, als ihr Halbtagsnettoeinkommen ausmacht. Da kann sich Herr Böger doch nicht hinstellen und sagen, dies sei eine Machoeinstellung. Die Menschen rechnen so. Sie sehen das so. Die Frauen gehen halbtags arbeiten und erzielen ein bestimmtes Einkommen. Wenn dieses Einkommen niedriger ist als der Kitakostenbeitrag für zwei Kinder, dann rechnen sie eben so. Es ist ein typisches Politikergehabe, insbesonde

Aber Frau Abgeordnete Hertlein! Ihr frauen- oder migrationspolitischer Sprecher hat doch vor einigen Tagen gegenüber der „Berliner Morgenpost“ erklärt, dass diese Erhöhung der Kitagebühren die Frauenpolitik der SPD ins Abseits stellt, weil die Überein

stimmung von Beruf und Familie nicht mehr gewährleistet ist. Das hat Herr Kleineidam gesagt. Ich kenne gar keine Frauenpolitik der SPD, und von unserem Frauensenator habe ich auch noch nichts gehört.

Ich weiß gar nicht, wer in der Regierungskoalition die Sorgen und Nöte der Frauen in dieser Stadt aus der Sicht der Frauenpolitik betrachtet und welche Auswirkungen die Erhöhung der Kitabeiträge für die Frauen hat, insbesondere für die alleinstehenden Frauen, die nicht, wie Herr Böger sagt, mit dem Machogehalt ihres Mannes herumlaufen und so nicht argumentieren dürfen. Ich sehe hier niemanden. Ich kenne weder eine Frauenpolitik der SPD, noch kenne ich eine des Senats, insbesondere nicht des Frauensenators und Wirtschaftssenators Wolf. Das haben wir im letzten Jahr zu keiner Zeit erfahren dürfen.

Deshalb ist es auch eine Frage der Glaubwürdigkeit, wie der Senat mit diesen Menschen in der Stadt umgeht. Bei jeder Gelegenheit zu fordern, dass die Kitas frei sein sollen, und dann macht der Senat völlig anderes, ob nun mit oder ohne Herrn Böger an der Spitze, denn der Regierende Bürgermeister tritt ja auch für diese Senatsbeschlüsse ein, und wir vergessen ihn häufig dabei. Wir sehen ihn in der Zeitung, wenn er mit einem Berlinshirt in der Wuhlheide auftritt und sich für Berlin einsetzt. Bezüglich des Einsatzes für die Familien in dieser Stadt ist der gesamte Senat gefragt. Ich kann es schon nicht mehr hören, wenn immer gesagt wird: Die Jugend ist unsere Zukunft! Die Familie ist die Keimzelle der Nation!

re dieses Senats, sich von der Betrachtungsweise der Menschen in dieser Stadt abzusetzen.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Noch ein Wort zur Sportförderung, weil Sie das vermisst haben: Sie können ja bei jeder Gelegenheit erklären, die Sportvereine nutzen die Sportanlagen in Berlin umsonst. Wir wollen nicht vergessen, Herr Böger, es war vor Ihrer Zeit, da waren Sie noch sportpolitischer Sprecher in diesem Hause, da hat die CDU-FDP-Koalition 1989 das Sportförderungsgesetz mit der Kostenfreiheit beschlossen. Gott sei Dank haben wir es alle bis heute erhalten. Dies ist aber kein Grund, an anderer Stelle umso heftiger zuzuschlagen.

Die Kürzung des Sportanlagensanierungsprogramms, also die Sanierung der maroden Schul- und Sportanlagen, das Abdichten von Dächern, die Herstellung von Duschen usw., um über 20 % geht bei dieser Lage nicht. Noch schlimmer finde ich die Kürzung der Kernsportförderung, die sich – wir werden noch sehen, wo genau – auf den Leistungs- und Breitensport dieser Stadt auswirkt, denn die Kürzung beträgt 22,6. Da kann man doch wirklich nicht sagen, das sei alles nichts. Darüber brauchen wir nicht reden, wenn nur noch die Vereine – wie in vielen anderen, aber nicht allen Bundesländern – die Sportanlagen kostenlos nutzen können. –

[Klemm (PDS): Sie haben eine Verfassungsklage gegen den Haushalt eingereicht!]

Gehen Sie Ihren Broiler essen, dann geht es Ihnen besser! Dann rufen Sie hier nicht dauernd dazwischen!

Herr Abgeordneter! Gestatten Sie Zwischenfragen?

Von wem?

Frau Abgeordnete Hertlein von der SPD.

Bitte, wenn Sie sich kurz fassen!

Bitte sehr, Frau Abgeordnete!

Herr Kollege, teilen Sie nicht meine Auffassung, dass es für Frauen auf jeden Fall sinnvoll ist, zu arbeiten, denn die Phase, in der die Kinder klein sind und eine Betreuung, die man bezahlen muss, brauchen, ist erfahrungsgemäß kurz, aber den Job hat man dann und die Versicherung auch? Meinen Sie nicht insofern, dass es die richtige Einstellung ist, die Arbeit auf jeden Fall fortzuführen?

[Heiterkeit und Beifall bei der CDU und den Grünen]

Das Limit Ihrer Redezeit ist erreicht.

Ich komme zum Schluss. – Mit diesen Sonntagsreden muss Schluss sein. Wir wollen Sie nicht an Ihren Worten, sondern an Ihren Taten messen. Diese gehen allerdings eindeutig zu Lasten der Familien und der Jugend in Berlin. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Danke schön! – Für die SPD-Fraktion hat die Abgeordnete Harant das Wort. – Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Rabbach, man kann Ihnen nicht absprechen, dass Sie Temperament haben, aber Sie passen im Parlament offensichtlich nicht immer auf, denn es gibt eine Frauenpolitik der SPD.

[Gelächter bei der CDU und der FDP]

Die kommt hier immer mal wieder deutlich zum Ausdruck.

[Beifall bei der SPD]

Ich wiederhole etwas Grundsätzliches, das offenbar bei etlichen Mitgliedern der Oppositionsparteien noch nicht angekommen ist: Wir verspielen die Zukunft unserer Kinder nicht, wenn wir den Haushalt in Ordnung brin

Das werden wir entscheiden, wenn wir die Auswirkungen geprüft haben. – Damit kann allerdings nicht gemeint

sein, dass sich die Gesamthöhe der Einsparung wesentlich verändert. Da stehen wir unter den zuvor dargestellten Zwängen. Eins geht nämlich nicht, meine Damen und Herren von der Opposition, auf der einen Seite von der Regierung die Konsolidierung des Haushalts zu fordern und auf der anderen Seite bei jedem Vorschlag aufzuschreien und den Untergang des Abendlandes zu prognostizieren. Sie müssen sich entscheiden und konstruktiv mitwirken.

Noch ein Wort zu den Krippenplätzen, die von der Verteuerung besonders betroffen sind. Hier ist ein 20prozentiger Zuschlag vorgesehen. Ich verstehe die Probleme nicht, die manche darin sehen, dass hier vielleicht eine Verschiebung weg von öffentlichen Krippen hin zu Tagesmüttern passieren könnte. Tagesmütter sind kein Unglück, sondern gerade für Kinder im Alter von einem bis zwei Jahren ein Angebot, das große Vorteile hat. In vielen Fällen ist es sogar das bessere Angebot. Außerdem sind sie kostengünstiger. Wenn alle Seiten Vorteile haben, frage ich mich, warum dieser Weg nicht angeboten werden sollte.

Bitte kommen Sie zum Schluss! Ihre Redezeit ist bereits abgelaufen.

Der große Versorgungsgrad Berlins mit Krippenplätze, die 10 000 bis 12 000 € jährlich kosten, zeigt, welche Leistung Familien mit zwei, drei oder mehr Kindern erbringen. Das bedeutet nicht nur eine Betreuung von neun Stunden täglich, sondern eine 24-stündige Betreuung, und zwar auch am Wochenende. Das sollten wir uns bewusst machen. – Danke schön!

gen. Dazu muss auch der Bildungsbereich etwas beitragen – wenn auch nicht in dem Umfang, wie das in anderen Bereichen der Fall ist. Wir verspielen die Zukunft unserer Kinder, wenn wir den Haushalt nicht in Ordnung bringen. Unter diesem Zwang stehen wir, und Sie als Opposition auch, wenn Sie Ihre Verantwortung wahrnehmen wollen. Die äußerst unangenehme Situation Berlins, nämlich die katastrophale Verschuldung lässt sich, in den Haushaltsverhandlungen nicht ausblenden. Wir kommen immer wieder darauf zurück.

Ich räume ein, dass wir in grundsätzlichen Fragen der Familienförderung bei weitem noch nicht da sind, wo wir eigentlich hinkommen wollen. Ich stimme Herrn Steuer zu, dass man die Frage, ob die finanziellen Lasten zwischen den Familien – also denen, die Kinder erziehen – und den Kinderlosen gerecht verteilt sind, nicht mit Ja beantworten kann. Da bleibt noch sehr viel zu tun. Diese Ansicht teile ich. Gleichzeitig wissen wir aber, dass Familienpolitik eine komplizierte Schnittstelle zwischen vielen Bereichen darstellt: Bildungs-, Gleichstellungs- und Arbeitsmarktpolitik. Wir haben als Land nur begrenzte Möglichkeiten. Die kritischen Bemerkungen von Seiten der Bundesebene finde ich in diesem Zusammenhang nicht besonders hilfreich.

Es ist höchste Zeit, einmal grundsätzlich über das Thema Bildungsfinanzierung zu debattieren, und zwar über Bildungsfinanzierung als Ganzes: angefangen von der Kita, über die Schule, bis hin zum Studium. Man muss überlegen, an welchen Stellen eine Kostenbeteiligung in welcher Höhe Sinn macht.

Wir haben das Ziel, dass die Kitas irgendwann kostenfrei sind. Dazu stehen wir. Wir wissen aber, dass wir das derzeit nicht umsetzen können. Wir gehen jedoch einen Schritt in diese Richtung, indem wir das Einschulungsalter herabsetzen. Ein halbes Jahr frühere Einschulung bedeutet ein halbes Jahr früher eine kostenlose Betreuung. Wir gehen einen weiteren Schritt in diese Richtung, indem wir die verlässliche Halbtagsgrundschule einführen. Die Kinder werden dann kostenfrei bis 13.30 Uhr in der Schule betreut. Wir gehen Schritt für Schritt in diese Richtung, und vielleicht kommen wir irgendwann da an, wo wir hinwollen, nämlich kostenfreie Kitas für alle Kinder. – Dies zum Grundsätzlichen.

Wir reden aktuell von einer Gebührenerhöhung, die insgesamt ein Volumen von 12,4 Millionen € umfasst. Dazu liegt uns ein Gesetzentwurf des Senats vor, der für uns als Abgeordnete natürlich ein erhebliches Gewicht hat. Aber es ist ein Gesetz, über das noch zu reden ist. Es ist ein Gesetz von Menschen. Wir werden uns damit auseinander setzen, seine Konsequenzen genau betrachten und uns vorbehalten, eventuell Änderungen vorzunehmen.

[Beifall bei der SPD und der PDS – Schruoffeneger (Grüne): Was heißt eventuell?]

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Danke schön! – Für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Dr. Augstin das Wort. – Bitte!