Nun aber schnell noch zum Antrag der CDU. In der Tendenz ist es ein guter Ansatz im Vergleich zur derzeit gültigen Hundeverordnung und im Vergleich zum Gesetzesantrag der Grünen, der viel zu bürokratisch und aufwändig ist.
So unterstützen wir die allgemeinen Vorschriften wie zum Beispiel die Regelungen bezüglich Halten und Führen der Hunde, Leinenpflicht und Mitnahmeverbot.
Auch die Ausweitung der Ordnungswidrigkeiten ist in Ordnung. Es gibt aber auch Teile, die wir für problematisch halten. So gibt es keinen Haftpflichtversicherungszwang und zum Teil fragwürdige Datenschutzregelungen. Zudem soll alle vier Jahre eine Erneuerung der Haltungserlaubnis für Eigentümer von gefährlichen Hunden geschehen, was wir für zu aufwändig halten. Also im Ansatz ein guter Antrag, bei dem in den Ausschüssen noch Veränderungen vorzunehmen sind.
Es gibt nur ein „kleines“ Problem bei der Verordnung, nämlich wie verbindlich die in der Verordnung enthaltene Rasseliste ist. Wir haben in der Tat in Berlin noch kein Urteil dazu, aber andere Urteile legen nahe, dass es dort mit der Auslegung schwierig ist. Wenn man an dem Instrument Rasseliste festhalten will, steht man nicht vor dem Problem, generell zu sagen, die Richter haben uns gesagt, es darf keine Rasseliste geben, sondern davor, dass die Urteile in den anderen Bundesländern nur gesagt haben: Eine Rasseliste ist ein dermaßen harter Eingriff, dass er nicht per Verordnung, sondern per Gesetz geregelt werden muss. Nur in ein Gesetz können Sie eine Rasseliste schreiben. Deshalb, Herr Schmidt: Da Sie das Thema
Rasseliste in dem Sinne umgangen sind, dass Sie die Rasseliste aus Ihrem Gesetz genommen haben, hätten Sie kein Gesetz zu schreiben brauchen. Eine Verordnung würde reichen. Wir haben im Land Berlin genug Gesetze. Ich würde mir wünschen, dass wir nicht ohne Not viel mehr Gesetze hinzu schreiben. Was Sie regeln wollten, könnten Sie also in einer Verordnung regeln.
Zum Thema Sinnhaftigkeit der Rasseliste kann man sich ziemlich interessant austauschen, sich mit Kynologen darüber unterhalten und Experten anhören. Man stößt aber auf ein Problem, wenn man die Rasseliste generell abschaffen will: die öffentliche Meinung, und auf Mehrheiten z. B. in Koalitionen. Parteien, die fordern, wir wollen die Rasseliste abschaffen, fordern dies interessanterweise nur, wenn sie in der Opposition sind. Die CDU macht in anderen Bundesländern etwas ganz anders. In der Regierungsverantwortung geschieht normalerweise etwas anderes. Wenn Sie die Rasseliste abschaffen wollen, müssen Sie das öffentliche Echo ertragen. Wir haben in der Koalition, in der die PDS ist, keine Mehrheit für die generelle Abschaffung der Rasseliste. Ich finde das schade, aber damit muss man politisch umgehen.
Ich muss hier Frau Knake-Werner in Schutz nehmen. Es war nicht die Verwaltung, die hier blockiert hat. Diese hat eifrig Entwürfe geschrieben. Es war die Koalition, die darüber diskutiert hat und sich nicht in allen Punkten einig war. Ich bin aber guter Dinge, dass wir in Fragen des Gesetzes in den nächsten Wochen ein Stück vorwärts kommen werden.
Zum Schluss unsere Forderungen zum neuen Hundegesetz, so es dann kommen mag. Wir wollen keine Rasseliste im Hundegesetz. Es sollte keine Unterscheidung nach Größe oder Gewicht bei einzelnen Hunden in Bezug auf Gefährlichkeit geben. Man sollte unterscheiden nach gefährlicher und nicht gefährlicher Hund. Der Leinenzwang aller Hunde sollte in bestimmten Gebieten herrschen, so zum Beispiel Leinenpflicht in Treppenhäusern, auf öffentlichen Versammlungen, in Grün- und Erholungsanlagen, Waldgebieten und öffentlichen Verkehrsmitteln. Ein genereller Leinenzwang für gefährliche Hunde nur, wenn sie bissig sind, dann aber auch mit Maulkorbzwang. Die Leinenlänge sollte entsprechend der Größe des Hundes und der Konstitution des Halters sein. Die Erlaubnis durch Sachkundenachweis, die Zuverlässigkeitsprüfung nur für Halter von gefährlichen Hunden und wenn der Hund gefährlich geworden ist; hier darf es keinen Automatismus geben. Wir wollen einen Haftpflichtversicherungsschutz für alle Hunde.
Ich komme sofort zum Schluss! – Wir brauchen eine deutliche Ausweitung der Hundeauslaufgebiete – das ist ganz wichtig. Und wir wollen eine deutliche Ausweitung der Ordnungswidrigkeiten. – Herzlichen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Schmidt! Klar, wir haben verstanden, wir brauchen in der Tat eine andere Regelung als die bisher bestehende Verordnung,
wobei ich Herrn Lehmann deutlich sagen will: Natürlich ist die Verordnung in fast allen Teilen rechtssicher und kann umgesetzt werden.
Vielen Dank! – Sehen Sie nicht auch, Herr Klemm, dass es bedeutsam wäre, wenn es im Parlament eine Mehrheit gäbe, dass das Parlament eine entsprechende Mehrheit vornimmt, wenn Sie sagen, es gibt insgesamt eine Mehrheit im Parlament dafür, dass es keine Rasseliste mehr gibt? Oder halten Sie nur an der Parteipolitik fest?
Lieber Herr Hoffmann! Die Frage gefällt mir schon deshalb sehr gut, weil ich mich erinnern kann, dass sich auch die CDU, als es um die Verschärfung der Berliner Hundeverordnung ging, auch um die Einführung der Rasseliste, auf einer Klausur sehr gestritten hat. Irgendwann kam, wie wir hörten, das Machtwort von Herrn Landowsky, der sagte, in der jetzigen Situation können wir nicht daran vorbei, und wir müssen die Rasseliste jetzt einführen. –
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion! Ihr Hundegesetzentwurf ist in großen Passagen wortgleich mit dem Gesetzentwurf, den wir vor einem Jahr eingebracht haben. Und das spricht für Ihren
Gesetzentwurf. Allerdings fehlt diesem Entwurf der präventive Ansatz, also die Verpflichtung zur Sachkundeprüfung, zum Hundeführerschein. Zu unserem Gesetzentwurf gab es bereits eine Anhörung, und alle Wissenschaftler und Praktiker haben bestätigt, dass unser Gesetzentwurf den höchsten präventiven Schutz ermöglicht. Der Polizeihauptkommissar Maciejewski, dem 5 500 Diensthundeführer in der Bundesrepublik unterstehen, sagte dazu:
In dem Zusammenhang haben wir ein Protokoll vorliegen, das ich allen, die sich mit dem Thema befassen, aber auch denen, die darüber reden wollen, ohne sich befasst zu haben, sehr empfehlen möchte.
Es gibt keine gefährlichen Hunderassen, es gibt gefährliche Individuen. Ob ein Hund gefährlich ist, hängt davon ab, wie die Erziehung, die Ausbildung, die Sozialisation, aber auch das genetische Potential bestimmt sind. Auch unsere Beißstatistik belegt das. Wollte man sie zum Maßstab einer Rasseliste machen, müssten Mischlinge, Schäferhunde, Rottweiler und Terrier auf den Index. Die Nicht-Kampfhunde verursachen immerhin 94 % aller Hundebisse. Und auch die Todesfälle der letzten drei Jahre sind auf das Konto von Nicht-Kampfhunden gegangen.
Das Problem dabei ist, dass die Hundeexperten, die sich in diesem Haus mittlerweile gut kennen, die sich mit diesem Gesetz befassen, recht schnell eine Meinung haben und sagen, wir brauchen die Rasseliste nicht. Sieht man dann tiefer in die Fraktionen: Wenn sie dann die Zeitungen aufschlagen und lesen, dass jemand glaubhaft vorschlägt, sie abzuschaffen, ergeben sich andere Situationen. Ich kann mich gut erinnern, dass Frau Hämmerling in der Grünenfraktion die Rasseliste immer tapfer bekämpfte. Ich kann mich aber auch an Innenausschusssitzungen mit Herrn Wieland erinnern, als die Lage prekärer war. Herr Wieland hat sich zum Thema Hund etwas anders ausgedrückt, als es Frau Hämmerling tun würde, und fand meine Argumente überhaupt nicht stichhaltig. Ob wir innerhalb der Fraktionen wirklich eine Mehrheit haben, wenn jeder einzelne Kollege genau befragt würde, das wage ich in diesem Haus zu bezweifeln, schon allein, weil sich viele mit der Materie nicht so befasst haben, wie es notwendig wäre, um sich dazu fundiert äußern zu können.
Wir sollten dazu kommen, nicht nur den gefährlichen Hund als gefährlichen Hund zu definieren, als ob er – das ist eine Schwäche Ihres Gesetzes – vom Himmel fällt und auf einmal gefährlich ist, sondern ich hätte gern Regelungen, die in eine Richtung gehen, die wir alle unumstritten wollen: Hunde sollen nur in die Hände verantwortungsvoller Halter, die früher ansetzen, bevor ein Hund gefährlich wird. Und da könnte ich mir Schritte vorstellen, von denen ich hoffe, dass wir auch einiges in dem neuen Gesetz unterbringen. Ich sage z. B. Einführung einer generellen Chippflicht für alle Hunde, Einführung einer Pflichthaftpflichtversicherung. Ich könnte mir als Drittes vorstellen, dass wir sagen: Wer seinen Hund freiwillig Überprüfungen unterzieht, Sachkunde als Halter nachweist, den könnte man vielleicht durch Reduzierung der Hundesteuer belohnen, indem man das kostenneutral in diesem Haushaltsnotlageland durch die Erhöhung für den übrigen Teil refinanziert. Das wäre eine Richtung. Perspektivisch müssen wir natürlich beim Halter und bei dessen Sachkunde ansetzen. Da hoffe ich, dass sich die Koalition nicht nur mit der Rasseliste befasst, nicht nur mit der Frage Befreiung vom Maulkorbzwang im Einzelfall auch für Hunde, die auf der Rasseliste stehen, sondern einen weiteren Schritt macht, der Ihnen noch nicht gelungen ist, wo Frau Hämmerling aus meiner Sicht einen Schritt zu weit geht mit ihrem Hunde-TÜV, ein Stück mehr in die Richtung: früher eingreifen, Sachkunde fördern.
Das, was die Grünen in Berlin vorgelegt haben, ist das mit Abstand Beste, was ich gesehen habe, und zielt auf eine bestmögliche Gefahrenabwehr.
Der Bundesverwaltungsrichter Bardenhewer zitierte in der Rüge der Rasseliste die Argumentation Niedersachsens, dass für den Schäferhund seine hohe soziale Akzeptanz spreche. Wenn er denn beiße, nehme man ihm das nicht so übel. Und ironisch sagte er:
Rasselisten schaffen keine Sicherheit, dafür werfen sie aber ein schlechtes Licht auf Deutschland. Bei uns werden ausschließlich englische und amerikanische Hunderassen indiziert. Erklären Sie mal den Engländern, warum ausgerechnet ihr Maskottchen, der StaffordshireBullterrier, der in Berlin noch nie zugebissen hat, auf den Index kommen soll, während die großen deutschen Beißer außen vor bleiben.
Herr Schulte-Sasse – schade, dass er nicht da ist – hat in der Abendschau erklärt, dass alle Bundesländer eine Rasseliste hätten.
Es handelt sich um eine Nachwahl. Aber bevor wir zur einfachen Wahl durch Handaufheben kommen, hat die Fraktion der Grünen die Beratung gewünscht. Ich schlage eine Redezeit von bis zu 5 Minuten pro Fraktion vor und höre hierzu keinen Widerspruch. – Als erste Rednerin hat das Wort Frau Dr. Klotz. – Bitte!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zu diesem Thema muss man heute schon aus dem Grunde reden, weil wir heute zugleich beginnen, in die Haushaltsberatungen einzusteigen, also die I. Lesung des Haushalts haben. Wir haben wirklich eine absurde Situation. Einerseits kratzen wir bei den Haushaltsberatungen jeden Euro zusammen, um noch dieses oder jenes Projekt zu finanzieren oder diese oder jene Härte aufzufangen. Andererseits haben wir diesen Lottotopf mit 50 bis 60 Millionen €, der jeder demokratischen Kontrolle entzogen ist. Und wir haben einen Lottobeirat mit 6 Politikern, die darüber entscheiden. Das ist in groben Zügen nach wie vor die große Koalition, daran ändert auch die Frau Freundl von der PDS nicht wirklich etwas, wiewohl sie die erste Frau ist, die überhaupt einen Zugang zu diesem Gremium gefunden hat. Aber das ändert an dem Gesamtkonstrukt gar nichts. Und ich sage, das ist absurd, es ist undemokratisch, und deshalb von unserer Fraktion seit langem und zu Recht kritisiert.
Er hat auch erklärt, dass es wegen der Rasseliste weniger Beißvorfälle gebe. Diese Behauptung hat die Kollegin aus der SPD-Fraktion vorhin auch vertreten, und auch ich hätte es fast geglaubt. Aber ein Blick in die Hundesteuerstatistik hat mich schlauer gemacht. Im letzten Jahr waren weniger Hunde angemeldet, es gab also weniger, die beißen konnten. So einfach ist das manchmal. Wir brauchen also ein kontrollierbares Gesetz, und wir brauchen vor allem konsequente Kontrollen.
Viele Hunde sehen aus wie Kampfhunde, sie sind aber Mischlinge und werden durch die Hundeverordnung gar nicht erfasst. Mit der Bestimmung von Hunderassen sind selbst die Amtsveterinäre überfordert. Weil aber Kontrollen und Kontrollierbarkeit das A und O sind und Hunde, die beißen, schon vorher verhaltensauffällig gewesen sind, brauchen wir einen viel konsequenteren Vollzug. Wenn Hunde einmal zugebissen haben, dann müssen Maulkorb- und Leinenzwang durchgesetzt werden. Es ist inakzeptabel, dass ein Hund erst, nachdem ich mich darüber beschwert habe, beschlagnahmt wurde. Die Behörde wusste, dass dieser Hund in 3 Jahren neunmal zugebissen hat. Obwohl die Halterin Leinen- und Maulkorbzwang missachtete, ist er nicht eingezogen worden. Erst nach meiner Intervention hat ihn der Amtsveterinär beschlagnahmt. Die Einziehung wurde übrigens in diesem Jahr gerichtlich bestätigt, nicht etwa auf der Basis der Berliner Hundeverordnung, die rechtsfehlerhaft ist, sondern auf der Basis des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes. Das sind nämlich die Nebenwirkungen der rechtsfehlerhaften Hundeverordnung: Die Ämter vollziehen sie nicht mehr, weil sie wissen, dass ihre Entscheidungen nicht gerichtsfest sind. Und so unterbleiben dann auch die Maßnahmen gegen die wirklichen Beißer. Auch im Fall des kleinen Volkan war der Hund vorher auffällig und hätte beschlagnahmt werden müssen. Wenn es uns ernst ist mit dem Wunsch nach mehr Sicherheit, müssen die Ordnungsämter konsequent kontrollieren.