Diese gesamten Kriterien und die konstitutiven Elemente müssen mit betrachtet werden. Die Diskussion zur Vorbereitung des Siebten Staatsvertrages weist in die richtige Richtung. Von Entschlackung und Entmüllung – oder was auch immer Sie hier vortragen – zu reden, das halte ich für völlig unangemessen.
Ich komme noch einmal auf den folgenden Punkt zurück: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist sicherlich keine Insel der Seligen in einem gesellschaftlichen Umfeld, das durch Verknappung und wirtschaftliche Schwierigkeiten gekennzeichnet ist. Ich bin ganz sicher, dass im Rahmen des KEF-Verfahrens dieses auch seinen Niederschlag finden wird und wir dabei ein Ergebnis haben werden, das der Situation angemessen ist.
Funktionsauftrag im Sinne einer demokratischen Gesellschaft, und zwar auf mehreren Feldern: Information, Bildung, Unterhaltung – das natürlich auch – und Kultur. Und das – da unterscheide ich mich etwas von Herrn Braun, der jetzt leider nicht da ist – in einer definierten und dezidierten Politik- und Staatsferne der Organisation! Vielen Politikern fällt es allerdings oft genug schwer, diese Tatsache zu akzeptieren. Dafür haben wir viele Beispiele – heute wieder.
Um den Wert des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und seinen Stellenwert in unserer Gesellschaft noch einmal in das Gedächtnis zu rufen und um damit noch einmal vor dem unbedachten Umgang mit diesem Thema zu warnen, sei ein kurzer Rückblick in die Historie gestattet. Dabei haben wir immer ein wenig Abstand, und dadurch können wir die heutige Situation vielleicht etwas besser beurteilen.
1923 – vor achtzig Jahren – erweckte dieses neue Medium Hoffnungen, dass es auch ein Medium einer Demokratisierung sein werde und die Gesellschaft in eine stärkere demokratische Verankerung führen werde. Ich kann hierbei nur an Bertolt Brecht und Walter Benjamin erinnern. 10 Jahre später kam die Gleichschaltung des Rundfunks im Dritten Reich mit der Nutzung des Rundfunks als einseitigem, aber sehr effektivem Propagandainstrument. Die Mütter und Väter des Grundgesetzes haben daraus natürlich auch Lehren gezogen und die föderale Konstruktion des Grundgesetzes dahin gehend organisiert, dass sie die Kulturhoheit der Länder festgeschrieben haben und damit die Bildung von Landesrundfunkanstalten ermöglichten bzw. vorgegeben haben. Orientiert war das Ganze am bewährten Modell der englischen BBC, das bis heute durchaus noch Vorbildcharakter wahrt.
Damit waren die Grundlagen gelegt – ich wiederhole es noch einmal: die Erfüllung des Funktionsauftrags und des Programmauftrags – wie oben beschrieben – und auch das Postulat der Politikferne, womit der öffentlichrechtliche Rundfunk zu einem konstitutiven Element unserer demokratischen Gesellschaft geworden ist.
Frau Senatorin hat schon darauf hingewiesen – ich komme zum Schluss: Keine Aufgeregtheiten und vor allem keine verbale Demontage eines wichtigen Elements unserer demokratischen Gesellschaft. Ein Blick nach Italien lehrt, dass das wirklich gefährlich sein kann.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der gesamte Werdegang des Themas, über das wir heute reden, macht mich schon an der einen oder anderen Stelle betroffen. Kollege Braun hat zu den inhaltlichen Dingen und auch zu den Fragen des Urheberrechts unsere Position klar gemacht. Die Union bekennt sich eindeutig zum dualen System. Deswegen möchte ich noch einmal betonen, dass wir gerade hier in Berlin und als Berliner Politik in einer besonderen Verantwortung gegenüber diesem dualen System stehen. Wir haben hier sowohl den öffentlich-rechtlichen Rundfunk wie auch zahlreiche private Anbieter, die nach Berlin gekommen sind, ihre Firmenzentralen hierher verlegt und hier viele
Dazu nenne ich zwei Beispiele: Das gesamte Werbeaufkommen auch auf Grund des gesunkenen Werbemarkts in Deutschland bewegt sich sehr zu Lasten der privaten Medienanbieter und Veranstalter. Das gesamte Werbeaufkommen der privaten Anbieter betrug zuletzt zwei Drittel des gesamten Gebührenaufkommens der öffentlich-rechtlichen Anbieter ohne deren Werbeeinnahmen. Hier muss man schon darüber reden – wenn ich
die Überschrift sehe: „leben und leben lassen“ –, ob die Öffentlich-Rechtlichen unter diesen Bedingungen auch tatsächlich weiterhin so extensiv und expansiv Fernsehwerbung betreiben sollen, wie es im Augenblick der Fall ist. Das muss von Fall zu Fall und auf Grund der wirtschaftlichen Lage besprochen und entschieden werden. Die Expansion in private Bereiche findet selbst bei uns, in unserem Ländersender statt. Wenn dort also im OnlineAngebot Reisen angeboten werden und ein eigenes Hotel betrieben wird, dann geht das aus meiner Sicht über den Grundversorgungsauftrag einer öffentlich-rechtlichen Anstalt bei weitem hinaus. Da müssen die Claims klar abgesteckt werden, und dann muss damit auch Schluss sein.
Falsche Aussagen zu diesem erweiterten Angebot, wie sie auch in der Kurzbeantwortung des Senats vorkommen, dürfen wir so nicht ohne Weiteres durchgehen lassen. Frau Senatorin! Es gibt auch eindeutige höchstrichterliche Entscheidungen über Dinge, die über das Grundversorgungsangebot der Öffentlich-Rechtlichen hinausgehen. Eine berühmte Entscheidung ist die, dass keine Programmzeitschriften herausgegeben werden dürfen. Das war der Grund dafür, dass damals in Bayern die „Hör Zu“ entstanden ist, nämlich auf Grund eines Urteils gegen den Bayerischen Rundfunk. Hier gibt es Musterbeispiele, die durchaus auch auf die neuen Medien zu übertragen sind. Wie gesagt: Es muss die Balance efunden werden.
Tausend Arbeitsplätze geschaffen haben. Insofern muss dieser Verantwortung sowohl vom Senat wie auch bei einer Debatte in diesem Hause Rechnung getragen werden.
Ich finde allerdings nicht, dass der angemessene Stil insgesamt gewahrt wurde. Das beginnt damit, dass die FDP-Fraktion – wie ich finde, völlig zu Recht – eine Große Anfrage einbringt, diese Große Anfrage aber vom Senat mit lächerlichen 50 Zeilen beantwortet wird, in denen nichts anderes steht als die Wiedergabe von Positionen der Länderministerkonferenz bzw. der Ministerpräsidentenkonferenz. Das reicht für dieses Thema bei weitem nicht aus, zumal dieses eine solche wirtschaftliche Bedeutung in dieser Stadt hat.
Es geht damit weiter, dass dann, wenn der Regierende Bürgermeister bei diesem Thema verhindert ist, nicht etwa der Wirtschaftssenator – der auch verhindert ist – dieses Thema mit uns bespricht und die Fragen beantwortet, sondern die Bürgermeisterin und Justizsenatorin, die zwar kompetent zu Fragen des Urheberrechts Stellung nehmen, aber Fragen der Medienwirtschaft und der Medienpolitik im Lande Berlin sicherlich nicht hinreichend beantworten kann. Das ist sehr bedauerlich, und das sind alles Stilfragen einschließlich manch kritischer Töne sowohl in Richtung der Öffentlich-Rechtlichen, die ich für überzogen halte, wie manch kritischer Töne in Richtung der Privatwirtschaftlichen – einschließlich der über Fußballberichterstattung –, die ich angesichts der Arbeitsplätze in diesem Bereich in Berlin ebenfalls für völlig unangemessen halte.
Medienwirtschaft hat gefehlt – auch in der Beantwortung des Senats. Hier besteht ein gehöriger Nachholbedarf. In der Debatte insgesamt geht es darum, dass wir – wo wir uns doch fast alle mit Ausnahme der FDP zum dualen System offensiv bekennen –
das „leben und leben lassen“ immer wieder besprechen müssen. Das ist nicht mit einer Debatte und mit einer Ministerpräsidentenkonferenz erledigt, sondern muss immer wieder auch unter veränderten Bedingungen aufgerufen werden.
Es ist schon berechtigt, Fragen zu stellen und Positionen der Landesregierung in Berlin abzufragen, wenn es darum geht, expansive Bestrebungen der ÖffentlichRechtlichen in private Marktsegmente hinein zu besprechen und politische Positionen auszutauschen.
Wichtig ist – das will ich zum Schluss sagen –, dass wir alle gemeinsam – einschließlich des Senats – auch bei durchaus sachlich-kontroversen Debatten darauf achten, dass wir in dieser Stadt auf Grund der gegebenen Situation weiterhin ein gutes Klima sowohl für private Anbieter als auch für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk vorhalten. Das ist eine Pflichtaufgabe der Medienpolitik. Ich hoffe, dass diese weiterhin und verstärkt wahrgenommen wird. – Herzlichen Dank!
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir sind jetzt in einer etwas harmonischeren Runde, und das freut mich. Auch Herr Lindner hat in der Begründung seines dringlichen Antrags vehement auf die Bedeutung dieses Antrags hingewiesen. Ich wäre ihm dankbar gewesen, wenn er das vielleicht schon einmal gestern im Ausschuss gemacht hätte, denn die Tragweite eines solchen Antrags war für mich gestern um 13 Uhr schwer nachzuvollziehen. Aus dieser Sicht – die Frau Senatorin hatte es dargestellt – bin ich dankbar für diese Informationen. Es wird ein wichtiger Bereich der Urheberrechte in diesem Antrag sensibilisiert. Unter den Bedingungen moderner Medienkommunikation und gerade für Berlin als Medienstandort ist das natürlich ein Thema. Umso bedauerlicher ist es, dass wir nicht ausreichend Zeit hatten, um eine Vorberatung dazu durchzufüh
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zweite Runde: Herr Lindner, von wegen Hysterie! Ich habe doch nur gesagt, dass ich als zart besaiteter Tierfreund und hartgesottener Fußballfan von den Privaten enttäuscht worden bin.
Ansonsten hielte ich es für das Beste, Sie würden sich einmal selbst darüber einig werden, ob Sie nun das Riesige am öffentlich-rechtlichen Rundfunk stört oder der öffentlich-rechtliche Rundfunk als solcher überhaupt. Sie gehen aber hin und her, indem Sie dieses Adjektiv dazwischen strecken, und dann ist einem gar nicht mehr klar, was Sie eigentlich wollen.
Herr Wambach fand es ein bisschen zu hart, wie enttäuscht ich war und wie ich das gesagt habe. Herr Wambach! Ich habe doch deutlich gesagt, dass ich in diesem Einbruch, den die Privaten erlebt haben, ein Problem für die Medienwirtschaft sehe. Aber ich kann doch nicht davon absehen – so wie in anderen Bereichen auch –, dass eine wirtschaftliche Krise, eine Konsolidierung und ein Verdrängungswettbewerb die Folge wahnwitziger Preise und einer völligen Überhitzung sind, die im Vorfeld stattgefunden hat.
Allerdings meine ich, dass der Vorschlag, wie ihn die FDP hier darstellt, nicht greifen wird. Denn er weist wiederum – wie schon bei so vielen Gesetzen, die es in dieser Richtung gibt – keine Schutzmechanismen auf, sondern enthält nur eine verbale Androhung von Konsequenzen. Das ist dann auch schwer zu kontrollieren. Das Problem der Schwarzkopien wird aus meiner Sicht damit nicht ausreichend zu lösen sein. Ansonsten hat Frau Schubert hierzu eine Darstellung gegeben, und wir werden den Antrag – gerade im Blick auf den zweiten Teil – ablehnen.
Zu den Forderungen der FDP-Fraktion bezüglich der Einschränkung des Online-Angebots von ARD und ZDF: Es ist schon verwunderlich, wenn man in Zeiten der EuroExpresse – bezogen auf die Medienwirtschaft – zur Postkutsche zurückkehren möchte. – Ich will sagen: Es wird notwendig sein, auch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk einen Online-Betrieb zu haben. Wenn wir uns nur anschauen, wie gering der Anteil des Online-Betriebs in den Öffentlich-Rechtlichen ist, bezogen auf deren Gesamthaushalt – bei der ARD sind es 0,5 % und beim ZDF 0,7 % des gesamten Haushalts –, dann ist das eine Mücke, die zum Elefanten gemacht wird. Wir sind uns sicherlich darin einig, dass man kritisch darauf achten sollte, aber diese beiden Beispiele, die kritisch genannt worden sind – das war Biolek und dieses Ferienangebot –, reichen wohl nicht aus, um Rieseneinschränkungen vorzunehmen. Also: Gemach, gemach – und trotzdem einen kritischen Blick darauf werfen!
Zu einigen Dingen, die auch noch in der Diskussion erwähnt worden sind: Wir haben zum Teil dargestellt bekommen, dass das Free-TV angeblich kostenfrei sei. Aber auch dieses – da sind wir uns sicherlich einig – wird vom Nutzer finanziert, jedoch unwissentlich, denn die Kosten der werbenden Wirtschaft sind in den Preisen enthalten, die alle für die Waren der Werbenden zahlen. Ein Hamburger Medienwissenschaftler hat das mal ausgerechnet: Auch das sind etwa 14 € pro Monat, die sich – nur bezogen auf die Werbekosten – auf jeden Haushalt in Deutschland umlegen lassen. Die Diskussion um die Kennzeichnung von Werbekosten in den einzelnen Produkten wird auch im europäischen Rahmen nach wie vor geführt. Ich denke, es ist mal wieder an der Zeit, dieses forciert zu fordern, und dabei könnte man sicherlich auch in der freien Marktwirtschaft als FDP zusätzlich aktiv werden.
Herr Wambach hat uns noch einmal aufgefordert, sachlich mit diesem Thema umzugehen. Ich wünsche mir, dass der Medienstandort Berlin in der Diskussion im Abgeordnetenhaus stärker erscheint – wir haben es selbst in der Hand. Die Anträge der FDP haben uns dazu zweifelsohne nicht den Anlass geboten. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Man muss sich einmal zurückerinnern – daran mag Herr Lindner sich auch nicht erinnern: In den 80er Jahren hat der Fußball 300 000 € von den Öffentlich-Rechtlichen bekommen – andere gab es nicht –, und der Rest war frei und umsonst. Ich glaube, im Jahr 1999 war der Höhepunkt dieser Hysterie. Da war der Preis für das Gesamtpaket – bestehend aus Bundesliga plus Pokal plus Champions-League plus WM – bei Leo Kirch nicht bei 300 000 €, sondern bei 350 Millionen € angekommen. Da müssen Sie sich doch nicht wundern, wenn eine solche Blase platzt und das entsprechende Folgen hat. Ich habe Ihnen schon einmal gesagt: So etwas wird dann gewissermaßen marktwirtschaftlich beseitigt.