Protocol of the Session on April 10, 2019

rüber würde bedeuten, dass wir auf einmal 8 % hätten. Ich glaube nicht, dass das gewollt ist.

Und wir wollen eine rückwirkende Geltung - das sagt auch der Städte- und Gemeindebund - zum 01.01.2018, was die Ab schaffung der Straßenausbaubeitragssatzung angeht. Ich halte das für gut und richtig.

Ich war etwas verwundert, Herr Vida - lassen Sie mich das zum Schluss noch sagen -, dass Sie zum eigenen Gesetzesantrag vier Änderungsanträge einbringen, aber das sei Ihnen gegönnt. Trotzdem werden wir nicht allen zustimmen können, weil Sie mit falschen Nummern gearbeitet haben. Ich glaube, das liegt daran, dass Sie am Anfang noch den ersten Entwurf hatten - Sie haben das am Ende nicht berücksichtigt. Wir werden sie natürlich trotzdem überweisen, weil es durchaus diskutierens wert ist, was Sie dort aufgeschrieben haben.

Ich wünsche mir, dass wir schnell zum Zuge kommen und den Brandenburgern zuverlässig in Aussicht stellen können, dass sie in Zukunft keine Ausbaubeiträge für ihre Straße mehr zah len müssen. Insofern ist es ein guter Tag für Brandenburg und ein nicht ganz so schlimmer, Herr Lüttmann, für den Landes haushalt. - Vielen Dank.

Vielen Dank. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht der Abge ordnete Dr. Scharfenberg.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Genilke, jetzt haben Sie hier ordentlich auf den Putz gehauen und Ihr uner müdliches langjähriges Wirken für die Abschaffung der Stra ßenbaubeiträge gewürdigt. Ich habe das anders erlebt - aber das ist egal.

(Bischoff [SPD]: Ja! - Heiterkeit SPD sowie Beifall DIE LINKE und SPD)

Im Mai 2018 haben die Koalitionsfraktionen mit einem Antrag den Auftakt zur Diskussion um die Straßenbaubeiträge in Brandenburg gegeben. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich Bayern gerade entschieden, die Straßenausbaubeiträge abzuschaffen. In Thüringen standen die Weichen noch in Richtung Einfüh rung einer Kann-Regelung. In Mecklenburg-Vorpommern be gann die Auseinandersetzung um eine mögliche Abschaffung der Beiträge.

Wir haben mit der Forderung nach einem Bericht mit entspre chenden Empfehlungen der Landesregierung eine Grundlage für ein fundiertes Vorgehen in Brandenburg geschaffen. Unser erklärtes Ziel war dabei, bürgerfreundlichere Lösungen zu schaffen. Mit der Vorlage dieses Berichts im Dezember erhiel ten wir eine wichtige Entscheidungsgrundlage mit einem bun desweiten Überblick zu den gegenwärtig praktizierten Rege lungen und einer inhaltlichen Bewertung der Landesregierung. Zu diesem Zeitpunkt war noch offen, welche Richtung wir in Brandenburg einschlagen: ob über Veränderungen im System der verpflichtenden Erhebungen oder über eine Kann-Regelung mehr Spielraum für die Kommunen und Erleichterungen für die Bürger geschaffen werden sollen.

Großen Einfluss auf das weitere Vorgehen hatte die im Oktober gestartete Volksinitiative zur Abschaffung der Straßenbaubeiträ ge - das kann man ganz offen so sagen. Der hohe Zuspruch für diese Initiative gab letztlich den Ausschlag dafür, dass sich die Koalitionsfraktionen im Februar für eine Abschaffung der Stra ßenbaubeiträge und damit auch für eine Zustimmung zur Volks initiative entschieden haben, was wir heute vollziehen werden.

Wir haben uns im Februar im Zusammenhang mit der Ent scheidung der Volksinitiative zudem darauf festgelegt, einen Gesetzentwurf zur Änderung des KAGs vorzulegen; auch die se Zusage lösen wir heute ein. Dazu will ich grundsätzlich an merken, dass sich diese Form des Umgangs mit dem wirklich schwierigen Thema der Straßenausbaubeiträge deutlich vom Vorgehen in anderen Ländern unterscheidet und in der Strin genz fast beispielhaft ist.

(Vereinzelt Beifall DIE LINKE und SPD)

Mit dem schlanken Gesetzentwurf, den die Koalitionsfraktio nen heute einbringen und dem sich Herr Vida als Vertreter der Volksinitiative angeschlossen hat, formulieren wir klare Prä missen für das weitere Vorgehen:

Wir legen uns auf den Stichtag 1. Januar 2019 fest - Bezug ist die Beendigung der Baumaßnahme. Die Kommunen sollen be ginnend in diesem Jahr einen Mehrbelastungsausgleich in Form einer Pauschale erhalten. Grundlage dafür ist nicht die Ein wohnerzahl - auch das war zumindest einer Überlegung wert -, sondern die Länge der gemeindeeigenen Straßen. Zugleich soll es für besondere Fälle einen Konnexitätsausgleich geben. Un sere Regelung ist rückwirkend, was einschließt, dass die in die sem Zeitraum ergangenen Bescheide für Straßenausbaumaß nahmen, die nach dem 31.12.2018 abgeschlossen wurden, rückabgewickelt werden. Die Kosten für diese Rückabwick lung einschließlich der Verwaltungskosten übernimmt das Land. All das sind eindeutige und leicht nachvollziehbare Ge sichtspunkte.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist absehbar, dass, obwohl wir mit dieser gesetzlichen Regelung einen riesigen Schritt ge hen, nicht alle damit zufrieden sein werden. Es ist absehbar, dass sich Grundstückseigentümer, die für Straßenbaumaßnah men in den vergangenen Jahren Beiträge gezahlt haben, jetzt benachteiligt fühlen. Das ist die Folge von Stichtagsregelun gen. Aber angesichts der Tatsache, dass der Landeshaushalt für diese Ausgleichsmaßnahmen in nicht geringem Maße aufkom men muss, ist es schon eine große Herausforderung, diese zu sätzlichen und dauerhaften Verpflichtungen nach vorn gerich tet zu übernehmen. Absolute Gerechtigkeit kann es nicht ge ben - auch nicht, wenn man den Stichtag auf den 01.01.2018 legen würde.

Wir halten auch Wort bezüglich einer zeitgemäßen und bür gerfreundlichen Regelung zur Zinshöhe im Falle von Stun dungen. Vor vier Wochen haben wir im Zusammenhang mit der Altanschließerproblematik entsprechende Zusagen ge macht; darauf bezieht sich der vorliegende Neudruck des Ge setzentwurfs, in den wir eine Änderung des § 12 Abs. 1 KAG aufnehmen.

Meine Damen und Herren, wir haben in den nächsten drei Mo naten ein ambitioniertes Programm abzuarbeiten, um noch in

dieser Legislaturperiode die notwendigen Entscheidungen tref fen zu können. Das wird nur funktionieren, wenn wir einander das Leben nicht schwerer machen, als es ohnehin ist.

Es wäre im Sinne der Sache, wenn sich die CDU-Fraktion in ihrem Überbietungswettbewerb ab und zu einmal die Frage stellen würde, was den Brandenburgerinnen und Brandenbur gern jetzt wirklich hilft und was wir gegenwärtig mit den Mög lichkeiten des Landeshaushaltes tatsächlich leisten können.

(Senftleben [CDU]: Wenn Sie nicht drei Jahre lang mit der Kreisgebietsreform zu tun gehabt hätten, wären wir längst fertig gewesen!)

Der vorliegende Gesetzentwurf ist ein deutlicher Fortschritt, den wir uns nicht kleinreden lassen. Ich bin gespannt auf die Anhörung, die wir durchführen werden. Und, meine Damen und Herren, im Gesetzentwurf ist die Durchführung einer Eva luierung vorgesehen. Rom ist auch nicht an einem Tag erbaut worden. Wir sollten uns diese Testphase vorbehalten, um dann gegebenenfalls nachsteuern zu können. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Vielen Dank. - Für die AfD-Fraktion spricht der Abgeordnete Kalbitz.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kollegen! Wir haben zum wiederholten Male das Thema Straßenausbaubeiträge auf der Tagesordnung, welche jetzt - man glaubt es nicht - endlich abgeschafft werden sollen. Es muss auch plötzlich - wie wir gehört haben - ganz schnell ge hen. Ewig wurde debattiert.

(Domres [DIE LINKE]: Na ja, wegen der Wahl!)

- Ja, selbstverständlich. - Ich erinnere mich daran, wie da die Positionen ausgetauscht wurden und wie wortreich genau das Gegenteil von dem, was jetzt hier erklärt wird, erklärt wurde.

(Dr. Bernig [DIE LINKE]: So ein Quatsch!)

Stattdessen war besonders die SPD immer gegen die Abschaf fung. Sie ist seit fast 30 Jahren in der Regierungsverantwor tung und damit sogar originär für die ungerechte Zwangsabga be in Form der Straßenausbaubeiträge verantwortlich.

(Frau Muhß [SPD]: Jedes Mal das Gleiche!)

Jetzt wird Druck gemacht. Warum? Einerseits natürlich durch die Initiative, anderseits wegen der Landtagswahlen am 1. Sep tember 2019. Plötzlich wird dieser Gesetzentwurf in 1. Lesung von Rot-Rot im Plenum eingebracht - ohne wirkliche Überzeu gung, letztlich als Wahlgeschenk. Soll uns aber recht sein, wenn den Menschen damit in der Sache geholfen ist.

Trotzdem werden sich die Bürger nicht für dumm verkaufen lassen. Sie können sehr wohl erkennen, wer sie die letzten 30 Jahre wie eine Zitrone ausgepresst hat:

(Lachen bei der SPD und der Fraktion DIE LINKE)

Ob Straßenausbaubeiträge, Altanschließergebühren oder gar die unsägliche Bodenreform - die SPD war immer an erster Stelle, wenn es darum ging, die Bürger zu schröpfen!

(Unruhe bei der SPD und der Fraktion DIE LINKE)

Damit ist jetzt Schluss! Am 1. September wird ein neuer Land tag gewählt, und Ministerpräsident Woidke, der am letzten Samstag zum Tag der offenen Tür des Landtages nur als Papp figur anwesend war, wird dann Geschichte sein.

Die Straßenausbaubeiträge, die Altanschließerbeiträge, die un terbesetzte Justiz - nichts daran ist sozial oder gerecht. Die Ab schaffung der Straßenausbaubeiträge, die wir schon 2014 in unserem Wahlprogramm gefordert haben, ist letztlich ein Wahlgeschenk, das Sie sich auf die Fahnen schreiben wollen. Seit mehr als fünf Jahren fordert auch die AfD in diesem Be reich Gerechtigkeit für die Bürger Brandenburgs.

(Frau Lieske [SPD]: Wie?! Seit über fünf Jahren?!)

Und jetzt, so kurz vor der Wahl, nur durch den massiven Druck der Opposition und der Bürgerinitiativen wollen Sie diese For derung umsetzen und als Ihre verkaufen. Das glaubt Ihnen kein Mensch! Sie hatten fast 30 Jahre Zeit, Gerechtigkeit walten zu lassen! Aber es ist in keinem der angesprochenen Bereiche ir gendetwas Positives geschehen! Stattdessen wurde die Justiz kaputtgespart. Man kann in diesem Kontext nur hoffen, dass im Bereich der Straßenausbaubeiträge eine Entlastung erfolgt, da wenigstens keine weiteren Klageverfahren mehr auf die oh nehin durch die Flut anderer Verfahren überlastete Justiz im Bereich der Straßenausbaubeiträge zukommen sollten.

Es sind ja noch ein paar Baustellen offen: Altanschließer, die Betroffenen oder vielmehr Opfer der Bodenreform.

(Zuruf von Minister Schröter)

Es gibt so viele von der SPD und ihren Koalitionären verant wortete Baustellen. Die von uns schon lange geforderte Ab schaffung der Straßenausbaubeiträge ist leider nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Natürlich stimmen wir der Überweisung an den Ausschuss ger ne zu und hoffen auf eine Regelung im Sinne der Bürger, auch wenn Ihre Motivation eine rein wahltaktische ist. - Vielen Dank.

(Beifall AfD - Minister Schröter: Das war falsch!)

Vielen Dank. - Nur ein Hinweis, Herr Abgeordneter: Ihre Aus führungen, dass die SPD für die Bodenreform verantwortlich wäre, ist nicht zutreffend; sie ist historisch falsch.

(Einzelbeifall - Frau Schade [AfD]: Aber das ist doch egal! Das war einfach ein rhetorischer Fehler! Man kann sich doch wohl mal versprechen!)

Ich will das nur sagen. Schließlich steht es im Protokoll und sollte daher nicht unwidersprochen bleiben.

(Zurufe der Abgeordneten Schade [AfD] und Dannenberg [DIE LINKE])

Jeder soll sich für das verantworten, wofür er verantwortlich zu machen ist.

Wir machen weiter. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht die Abgeordnete Nonnemacher. Bitte schön.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Gäs te! Am 7. März dieses Jahres fand im Ausschuss für Inneres und Kommunales eine umfangreiche Anhörung zur geplanten Ab schaffung der Straßenbaubeiträge statt. Neben Vertreterinnen und Vertretern der erfolgreichen Volksinitiative um die Freien Wähler, welche sich aus nachvollziehbaren Gründen ausnahms los für eine Abschaffung aussprachen, führten die geladenen Ex perten zahlreiche Argumente auf, welche Risiken und Probleme mit der Abschaffung der Beitragserhebung einhergehen.

Herr Prof. Driehaus, ehemals Vorsitzender Richter am Bundes verwaltungsgericht, wies in seinen Ausführungen darauf hin, dass die von Befürworterinnen und Befürwortern einer Ab schaffung lautstark eingeforderte „Gerechtigkeit“ ein Irrglaube sei. Entlastet würden durch eine Beitragsabschaffung einzig und allein Grundstücksbesitzerinnen und -besitzer, weshalb der nun von SPD, Linken und Herrn Vida vorgelegte Gesetz entwurf treffender den Titel „Grundeigentümerentlastungsgesetz“ tragen müsse.