Es ist richtig: Die Erschließungsbeiträge schaffen wir nicht ab. Dazu muss man allerdings sagen, dass sich die Erschließungs beiträge deutlich von den Straßenbaubeiträgen unterscheiden.
Sie werden nämlich für die Ersterschließung einer Straße fäl lig. Das ist regelmäßig bei der Neuerschließung eines Wohn gebiets der Fall. Dass man für den Anschluss seines neuen Hauses an die städtische Ver- und Entsorgung bezahlen muss, ist bislang in ganz Deutschland nicht infrage gestellt worden. Das darf man daher sicherlich auch für Brandenburg anneh men.
Ein Problem, liebe Frau Richstein, stellen aber die sogenann ten Sandstraßen dar, die nach amtlicher Definition keine Stra ßen sind und daher beim Ausbau als Ersterschließung behan delt werden. Das finden wir im Land Brandenburg nicht sel ten.
Sie waren gerade dabei, dazu auszuführen; das wäre meine Frage: Das Haus, in dem ich wohne - es ist fast 100 Jahre alt -, liegt an einer Sandstraße. Es ist gerade nicht erstmalig er schlossen. In Brandenburg ist es aber höchstrichterlich ausge urteilt, dass hierfür Erschließungsbeiträge gezahlt werden müs sen. Wie geht dies mit Ihrer Behauptung überein, es ginge im mer um die Erschließung eines neuen Baugrundstücks?
Nein, ich sprach davon, dass es immer um die Ersterschließung geht. Das ist etwas anderes. Das ist regelmäßig bei Erschlie ßungen von neuen Baugebieten der Fall. Das heißt aber nicht, dass es nicht auch Straßen im Land Brandenburg gibt - in eini gen Kommunen sehr, sehr viele -, die nach der amtlichen Defi nition nicht als Straßen gewertet und daher auch nach Erschlie ßungsbeiträgen veranlagt werden, wenn sie - gefühlt - eigent lich ausgebaut werden.
Hier kann man geteilter Meinung sein. De facto haben die An lieger an diesen Straßen nie Anschlussbeiträge gezahlt, und deshalb könnte man natürlich alles so belassen, wie es ist. Man könnte aber auch - da sind wir sicher ganz offen - darüber nachdenken, ob die amtliche Definition von „Straße“ noch passt oder hier nicht eventuell Reformbedarf besteht. Das ist sicherlich eine unserer Hausaufgaben für die nächste Legisla turperiode, uns dies genau anzuschauen.
Für heute bin ich erst einmal froh, dass wir so schnell einen aus meiner Sicht wirklich guten Gesetzentwurf vorlegen konnten, und freue mich auf die weiteren Beratungen im Innenausschuss.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kollegen! Als ich vor wenigen Wochen hier gestanden und mich vehe ment für die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge im Land Brandenburg - natürlich vor dem Hintergrund des erfolgrei chen Volksbegehrens - ausgesprochen habe, musste ich mir noch wüste Beschimpfungen anhören, warum das alles nicht geht und eigentlich Teufelszeug ist.
Ich bin froh, dass es hier ein Stück weit ein Einlenken gab; deshalb ist das eigentlich ein guter Tag, an dem wir uns auf den Weg machen, die Straßenausbaubeiträge in Brandenburg abzu schaffen.
Weil dem so ist, noch ein paar Anmerkungen zu dem, was Herr Lüttmann gesagt hat: Zwei Herzen schlagen in seiner Brust - er hat sich auf die Debatten vor ein paar Wochen und vor einem Jahr bezogen. Wir kennen auch die Meinung des Innenminis ters dazu. Ich hoffe nur, dass ein Gesetz, dessen Umsetzung in seine Obliegenheit fällt, trotz seiner persönlichen Meinung ge gen eine Abschaffung der Straßenausbaubeiträge am Ende auch wirklich gut wird - dafür tragen Sie in diesem Gesetzge bungsverfahren in besonderer Weise Verantwortung.
Ich möchte noch ein paar Dinge ansprechen. Verlierer ist der Landeshaushalt, sagte Herr Lüttmann. Das glaube ich nicht.
Gewinner wird Brandenburg sein. - Ich merke schon: Sie wol len dieses Gesetz nicht. Dann lassen Sie es einfach sein, wenn Sie es nicht wollen, aber fangen Sie nicht an, hinter meinem Rücken herunterzutönen, als müssten Sie uns die Welt erklä ren. Sie wollen dieses Gesetz eigentlich nicht und jagen uns damit in die Debatte bis hin zu einer Beratung, und dann sagen Sie: Na ja, jetzt haben wir die Abgeordneten; wir müssen ja. - Wenn das der höhere politische Wille ist, dann sagen Sie, dass Sie es nicht wollen, und lassen Sie nicht eine Debatte zu und legen uns ein Gesetz vor, von dem Sie innerlich der Meinung sind, es sei nicht Ihr Gesetz.
Sie sind doch bestimmt mit mir einer Meinung, dass es zur Ehrlichkeit gehört, die Wahrheit zu sagen, dass die Umsetzung dieses Gesetzes Geld kostet. Nichts anderes habe ich gesagt, und Sie sprechen in Ihren Berechnungen selber von 50 Millio nen Euro im Jahr. Das kann man doch nicht verschweigen.
Trotzdem wehre ich mich gegen die Behauptung, dass der Lan deshaushalt der Verlierer ist. Wir führen die Diskussion, wer Verlierer ist, doch auch nicht bei der Abschaffung der Kita
Beiträge. Da sagen Sie doch auch nicht: Verlierer ist der Lan deshaushalt. - Gewinner sind die Brandenburgerinnen und Brandenburger. Das ist doch die Wahrheit!
Nun freuen Sie sich doch einmal und reden Sie Ihr Gesetz, das Sie hier einbringen, nicht noch schlecht - das ist doch absurd!
(Frau Mächtig [DIE LINKE]: Das hat er doch gesagt! Jetzt hören Sie mal auf! - Bischoff [SPD]: Was soll denn das? Sie müssen zuhören!)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir kennen die Dis kussionen um dieses Gesetz und wissen, wie die Menschen im Land es bisher empfinden. Wir wissen, dass es - das hat Herr Lüttmann richtigerweise gesagt - nicht zu einer Bürgerinitiati ve, zu einer ablehnenden Haltung gegen den Ausbau einer kommunalen Straße kommt, weil die Menschen etwa auf eine Straße verzichten wollen, sondern weil die Beiträge oftmals existenzbedrohend sind. Das sage ich vor allem im Namen vie ler älterer Menschen, die sich nicht einfach noch irgendwo über eine Arbeit refinanzieren könnten, sondern nur ihre Rente haben. Wenn dann ein Beitragsbescheid über mehrere Tausend Euro auf dem Tisch liegt, ist das für diese Menschen eine be drohliche Situation. Deshalb ist das Gesetz, das wir jetzt verab schieden wollen, richtig.
Unser Ansatz unterscheidet sich in vier Punkten von dem, was uns jetzt vorliegt: Einmal haben wir eine Regelung für die Er schließungsbeiträge. Es ist richtig, dass die erstmalige Er schließung einer Straße - wir reden jetzt nicht von einem Wohngebiet, das neu erschlossen wird, sondern von Straßen, die schon 100 Jahre liegen - ein Problem ist. Das dürfen wir in unseren Kompetenzbereich holen - das ist nicht verboten. Der Bund hat uns ausdrücklich freigestellt, dies zu tun. Das müssen wir auch tun. Ich kann keinem erklären, der an einer sogenann ten Sandstraße wohnt, wo seit 100 Jahren Baugenehmigungen erteilt werden - die haben dort alle nicht illegal gebaut -: Mach einmal deine Straße, aber dafür musst du jetzt noch Erschlie ßungsbeiträge zahlen. - Deshalb haben wir eine Regelung: Die Straßen, die vor dem 3. Oktober 1990 schon als Sandstraßen lagen, erschlossen und ortsüblich genutzt wurden, dürfen nicht mehr zur Erhebung von Erschließungsbeiträgen herangezogen werden. Ich halte das Datum und die Vorgehensweise für ge rechtfertigt. Wir können am Ende des Tages nicht aus der 2. Lesung kommen und sagen: Wir haben die Straßenausbau beiträge abgeschafft, aber dafür bekommt ihr jetzt Erschlie ßungsbeiträge. - Dann nimmt doch kein Mensch da draußen mehr wirklich wahr, wie wir es eigentlich machen wollen …
Mir geht so ähnlich wie der Kollegin Richstein. Auch ich woh ne an einer Straße, die nach rechtlichen Einordnungen wahr scheinlich nicht erstmalig erschlossen ist, sodass ich mögli cherweise davon profitieren würde, wenn man so eine Rege lung macht. Ich bin trotzdem vorsichtig, weil das gut abgewägt werden muss. Es gibt einen wesentlichen Unterschied zu den Straßenbaubeiträgen. Bei dem Thema Erschließung gibt es in aller Regel unterschiedliche Grundstückswerte …
Ja, ich muss ein bisschen ausholen. - Grundstücke, die nicht vollständig erschlossen sind, haben einen geringeren Wert als Grundstücke, die voll erschlossen sind. Wenn Sie jetzt die Fi nanzierung dieser Maßnahme durch die Allgemeinheit fordern, würden Sie den Zuwachs an Wert allein dem Eigentümer über lassen und das nicht ausgleichen. Halten Sie das für gerecht?
Herr Holzschuher, was die Menschen nicht als gerecht empfin den werden, ist, wenn wir für eine Straße, wo seit 100 Jahren - bis in die heutige Zeit - Häuser gebaut werden, Straßenausbau beiträge nehmen. Die Menschen stellen diese Frage nicht. Wir haben ihnen jahrelang erklärt: Wenn die Straße vor der Tür liegt, haben Sie eine Werterhöhung. - Die hatten sie monetär nie in der Hand; sie wollen ihre Häuser auch gar nicht verkau fen. Sie haben eine fiktive Werterhöhung, aber die ist nicht messbar - im Übrigen auch nicht mit den Messzahlen, die für meine Stadt gelten: Da stieg überhaupt kein Grundstückswert. Wir müssen hier weit in die Vergangenheit gehen. Wir reden in meinem Fall vom 3. Oktober 1990; Sie können gern einen an deren Vorschlag im Gesetzgebungsverfahren unterbreiten. Ich halte es trotzdem für gerechtfertigt, dass wir die alten Sandstra ßen nicht mehr mit Erschließungsbeiträgen belegen, denn sie wurden ortsüblich erstellt - und dazu stehe ich auch.
Wir unterscheiden uns noch darin, dass wir sagen, wir wollen ein Musterverfahren in gleich gelagerten Fällen einführen. Auch das bringt Rechtssicherheit. Vor allem birgt es nicht das finanzielle Risiko, selbst in die Tasche greifen zu müssen, um sich sein Recht zu holen. Das ist längst überfällig.
Wir wollen bei der Stundungsregelung nicht nur eine Herabset zung der Zinsen auf 2 Prozentpunkte über Basiszinssatz, son dern eine Deckelung bei 6 %. Es gab nämlich auch einmal eine Zeit, als der Basiszinssatz in Deutschland 6 % betrug - 2 % da