Protocol of the Session on December 13, 2017

Herr Minister, aufgrund der fortgeschrittenen Zeit würde ich die Frage von Herrn Petke gern noch anfügen lassen. Danach haben Sie Gelegenheit, alles gemeinsam zu beantworten. - Herr Abgeordneter Petke, bitte.

Ich habe zwei Fragen. Herr Minister, kommunalpolitisch stehen Sie nach dem Scheitern Ihrer Kreisreform mit einer Null da.

(Frau Lehmann sowie Frau Lieske [SPD]: Frage!)

Sie haben keinen Abteilungsleiter, und Sie haben eine Kommu nalpolitik, die den Kommunen nichts anbietet. Insofern darf ich Sie zum Ersten fragen, ob Sie die gleichen Fehler wie bei der Kreisreform machen. Warum nutzen Sie nicht die Gelegenheit, wenn ein solches Treffen stattfindet, den Kollegen Jungclaus, die Kollegin Fortunato, die Kollegin Koß, die Kollegin Schülz ke, die Kollegin Augustin bzw. all diejenigen, die ein Interesse daran haben, dass es in Brandenburg vorangeht, zu solchen Ver anstaltungen einzuladen und nicht wieder Veranstaltungen durchzuführen, die in der Presse als Geheimtreffen tituliert werden?

Zum Zweiten: Sie hatten den Kommunen im Zuge der geschei terten Kreisreform insgesamt rund 450 Millionen Euro an Zu wendungen in Aussicht gestellt: 220 Millionen Euro waren für eine Teilentschuldung der Kassenkreditbestände vorgesehen, 60 Millionen Euro für Transformationskosten, 96 Millionen Euro für Standardanpassungen, 30 Millionen Euro für Mehrbe lastungsausgleich, 11 Millionen Euro für die Förderung der Kultureinrichtungen der Oberzentren und 50 Millionen Euro für die Investitionshilfen für Landkreise in den berlinnahen und berlinfernen Regionen. - Das sind Zitate aus den 960 Seiten des Gesetzentwurfs der Landesregierung.

Wann wird die Landesregierung bzw. wann werden Sie einen Gesetzentwurf vorlegen, wie mit diesen 450 Millionen Euro umgegangen wird? Wann können unsere Kommunen einen Ge setzentwurf debattieren und zur Kenntnis nehmen, auf dessen Grundlage sie diese 450 Millionen Euro für ihre kommunalen Haushalte einplanen können?

Nächster und letzter Fragesteller für diese Runde ist Herr Ge nilke.

Sehr geehrter Herr Minister, Ihre anfänglichen Aussagen zu dieser Frage bezogen sich auf das Gesamtwerk dessen, was Sie als Gesetz zurückgezogen haben. In dem Zusammenhang ist mir aufgefallen, dass Herr Dr. Scharfenberg in der „MOZ“ sag te, er habe grundlegende Zweifel an dem Gesetz, und zwar hin sichtlich der 8 000 Einwohner, die genannt wurden, hinsichtlich des Zeitplans bzw. des Begriffs an sich. Das ist ein deutliches Abrücken von dem, was als Gesetz einmal eingebracht wurde.

Zugleich sagten Sie nun aber, dass Sie im Januar/Februar einen Kabinettsentwurf vorlegen wollen. Dazu würde mich schon Folgendes interessieren: Wie ist derzeit die Lage in der Koaliti on? Wie sind Sie diesbezüglich in Abstimmung? Ist es reell, im Januar oder im Februar einen Kabinettsbeschluss herbeizufüh ren?

(Domres [DIE LINKE]: Frage!)

- Ich frage doch.

Wann wird das letztlich verbindlich hier im Landtag einge bracht?

Zum Zweiten: Als Begründung für das Zurückziehen des Gesetz entwurfes nannten Sie das Leitbild. Das wollen Sie nun irgend wie erneuern oder - wie auch immer - verändern. Vielleicht kön nen Sie noch einmal sagen, was an Ihrem Leitbild verkehrt war.

Herr Minister, alle Fragesteller haben ihre Fragen gestellt, und Sie haben nun Gelegenheit, auf alles zu antworten. Sie haben das Wort.

Zunächst zu Herrn Wiese: Herr Wiese, Ihre Frage kann ich nicht beantworten. Es entzieht sich meiner Kenntnis, welche

Verhandlungen wer mit wem dort führt. Es ist auch nicht Auf gabe der Landesregierung, sich in kommunale Angelegenheiten einzumischen. Das werden die Akteure vor Ort sicherlich ver nünftig regeln.

Herr Petke, ich war nicht Einladender, sondern - wie ich bereits bemerkte - ich wurde eingeladen und bin gern dorthin gegan gen. Es gab, Herr Petke, in Golzow eine große Veranstaltung zu diesem Thema. Der große Saal - es war eine Turnhalle bzw. Mehrzweckhalle in Golzow - war an einem Freitagabend prall gefüllt. Dort waren nicht nur Landtagsabgeordnete anwesend, sondern sogar Ihr Bundestagsabgeordneter und auch die Presse. Es herrschte dort eine Aufbruchstimmung und eine sehr, sehr gute Atmosphäre. Viele Fragen wurden gestellt, fast alle konn ten auch beantwortet werden. Ich habe dort das Gefühl gewon nen, dass in dieser Region die Zeichen der Zeit erkannt worden sind, und zwar nicht nur von den Chefs der Verwaltungen, son dern auch von den Bürgermeistern und Abgeordneten.

(Wichmann [CDU]: Wenn man es oft genug sagt, glaubt man es auch!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir werden im Janu ar, spätestens im Februar einen Referentenentwurf vorlegen. Ich habe mit Herrn Scharfenberg sehr viele Gespräche dazu ge führt. Deshalb weiß ich auch, was er denkt bzw. in welche Richtung er gedanklich unterwegs ist. Und ich entnehme mein Wissen diesen persönlichen Gesprächen und nicht der Zeitung.

Ich will nur einmal an Folgendes erinnern: Die Zahl von 8 000 Einwohnern stand im Leitbild. Aber dort standen sogar zwei Zahlen: für den ländlichen Bereich 8 000 und für das Berliner Umland 12 000 Einwohner. Wenn etwas an diesem Leitbild heute anders gemacht und man ein neues Leitbild auflegen wür de, dann würde ich empfehlen, dort keine Prognosezahlen mehr einzupflegen, weil wir gesehen haben, dass man über solche Prognosen trefflich streiten kann. Wenn dann noch eine Soft warepanne in ganz Deutschland das Erarbeiten von neueren Prognosen quasi ausschließt, kann man keine Diskussion mit ordentlichen Argumenten mehr führen. Deshalb würde ich heu te - gäbe es ein neues Leitbild - hier mit den aktuellen Zahlen arbeiten.

Ich möchte es noch einmal betonen: Wir erarbeiten kein neues Leitbild, sondern wir arbeiten an einem Gesetzentwurf zur Ein führung von neuen Verwaltungsmodellen. Das ist zum einen die Mitverwaltung und zum anderen die Amts- oder Verbands gemeinde. Das sind zwei unterschiedliche Begriffe für ein und denselben Sachverhalt.

(Petke [CDU]: Die halbe Milliarde?)

Nein, Herr Abgeordneter, es ist kein Dialogverfahren vorgese hen. Wir sind am Ende der Beantwortung. Es liegt in der Kom petenz des Ministers, was er Ihnen antwortet.

(Zuruf des Abgeordneten Petke [CDU])

Trinken Sie draußen eine Tasse Kaffee. - Wir kommen zur nächsten Fragestellerin. Die Abgeordnete Fortunato stellt die Frage 1096 (Ergebnisse der Arbeits- und Sozialministerkonfe renz).

Am 6. und 7. Dezember 2017 fand unter Leitung von Ministe rin Golze in Potsdam die 94. Arbeits- und Sozialministerkonfe renz statt. Auf der Tagesordnung standen unter anderem The men wie die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes, die Qualität sowie gleiche Mindestentgelte Ost und West in der Pflege, Leistungen der Grundsicherung im Alter, die Einfüh rung einer Kindergrundsicherung sowie die Arbeitsmarktinteg ration geflüchteter Menschen.

Ich frage die Landesregierung: Welche wichtigen Ergebnisse gab es auf der Arbeits- und Sozialministerkonferenz für Bran denburg?

Für die Landesregierung antwortet Frau Ministerin Golze. - Bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Werte Frau Abgeordnete, die Arbeits- und Sozial ministerkonferenz hat am Mittwoch und am Donnerstag ver gangener Woche hier in der Landeshauptstadt getagt. Diese Hauptkonferenz war sozusagen der Abschluss des Vorsitzjahres Brandenburgs für die Arbeits- und Sozialministerkonferenz. Sie haben schon einige wichtige Themen benannt, die dort dis kutiert worden sind. Ich möchte - auch in Anbetracht der Zeit - nur ganz wenige Ausführungen machen.

Ein mir persönlich sehr wichtiges Thema ist behandelt worden, nämlich die Frage, wie wir die Kinderarmut in Deutschland zu rückdrängen und dieses Problem bekämpfen können. Dazu wurde auf der Arbeits- und Sozialministerkonferenz im Jahr zuvor in Lübeck der Beschluss gefasst, eine länderoffene Ar beitsgruppe einzurichten. Hier in Potsdam ist ein Bericht vorge stellt worden. Wir haben mehrheitlich beschlossen, diese Ar beitsgruppe aufrechtzuerhalten, und sie gebeten, bis zur Sitzung der Arbeits- und Sozialministerkonferenz im nächsten Jahr - dann in Nordrhein-Westfalen - ein Grobkonzept für eine Kin dergrundsicherung zu erarbeiten. Zumindest die Mehrheit der Länder sieht dies als ein wichtiges und richtiges Instrument an, um Kinderarmut zu bekämpfen.Wir haben aber gleichzeitig ge sagt, dass parallel dazu die Instrumente, die es schon jetzt gibt - insbesondere Kindergeld und Kinderzuschlag -, fortentwickelt werden sollen. Auch dazu sollen Vorschläge gemacht werden.

Ein wichtiges Thema, das aufgrund des aktuellen Zusammen hangs etwas mehr Raum eingenommen hat, war die Reform des Sozialen Entschädigungsrechts und der Umgang mit Opfern terroristischer Gewalttaten. Wir hatten dazu ganz besonderen Besuch. Der Beauftragte der Bundesregierung für die Opfer und Hinterbliebenen des Anschlags auf dem Breitscheidplatz, der sich in der nächsten Woche jährt, Kurt Beck, Ministerpräsi dent a. D., war auf der Konferenz zu Gast. Er hat in groben Zügen seinen Bericht, den er in dieser Woche vorstellt, angeris sen und uns wichtige Empfehlungen mit auf den Weg gegeben.

Der Beschluss der Arbeits- und Sozialministerkonferenz fiel einstimmig aus. Danach sagen wir: Das derzeitige soziale Ent

schädigungsrecht ist nicht mehr zeitgemäß. Es sieht vor, dass Menschen, die einen gesundheitlichen Schaden erleiden, für den die Gemeinschaft insgesamt einstehen muss, eine soziale Ent schädigung erhalten. Das bezieht sich insbesondere auf Kriegs opfer, also auf Opfer im Wehrdienst, auf Zivildienstbeschädigte, auf Opfer staatlichen Unrechts in der DDR und die Impfgeschä digten. Das sind die größten Gruppen von Betroffenen.

Im Falle des Anschlags auf dem Breitscheidplatz war es so, dass die Hinterbliebenen nur Unterstützung aus einem Fonds für Opfer von Unfällen mit einem Verkehrsmittel erhalten konnten. Das war für die Betroffenen überhaupt kein adäquater Zugang, denn sie fühlten sich nicht als Betroffene eines Un falls mit einem Lkw, sondern wurden Opfer eines terroristi schen Anschlags. Da muss es Verbesserungen geben. Dazu haben wir einige Forderungen aufgestellt, die wir der zukünf tigen Bundesregierung ans Herz legen werden. Das wird Herr Kurt Beck genauso machen. Im Weiteren ging es um die Finanzausstattung der Jobcenter. Wir haben seit Jahren das Problem, dass sie eine nicht adäquate Personalausstattung ha ben und deswegen aus dem Eingliederungstitel Mittel herüber ziehen müssen, was zulasten der Betroffenen, insbesondere der Langzeitarbeitslosen geht. Da braucht es endlich eine bessere Ausstattung.

Es ging um das Thema Arbeitsmarktintegration geflüchteter Menschen, hier insbesondere um die Verlängerung von befris teten Maßnahmen.

Außerdem ging es um ein Thema, das ich gern ansprechen möchte, nämlich um die gleichen Mindestentgelte in der Pflege in Ost und West. Sie sind durch eine Verordnung des Bundesmi nisteriums für Arbeit und Soziales festgelegt worden. Die Ver ordnung sieht bis 2020 nach wie vor eine Differenz von 50 Cent pro Stunde zwischen den westlichen Bundesländern plus Berlin und den östlichen Bundesländern vor. Wenn das jedoch im Jah re 2020 nach wie vor so sein sollte, so kann ich es niemandem mehr erklären, warum 30 Jahre nach der Wiedervereinigung immer noch unterschiedliche Mindestentgelte - wir reden über einen Mindestlohn in der Pflege - festgelegt werden.

Eine Mehrheit der Länder ist dem gefolgt, dass wir die Kom mission und demzufolge das Bundesarbeits- und -sozialminis terium bitten, eine gleichwertige Grenze nach unten einzuzie hen und bei den Pflegeentgelten keine regionale Differenzierung vorzunehmen.

Insgesamt wurden 54 Beschlussvorschläge bearbeitet, die sich in den nächsten Tagen in einem Ergebnisprotokoll wiederfinden werden, das wir auf die Internetseite des Ministeriums stellen werden. - Danke.

Frau Ministerin, einen Moment bitte. - Frau Fortunato, Sie ha ben keine Zusatzfragen? - Dann erhält Frau Abgeordnete Schier das Wort.

Frau Präsidentin! Frau Ministerin, ich habe mit Wohlwollen verfolgt, dass Sie dafür sind, den Mindestlohn in der Pflege an zugleichen. Allerdings bin ich sicher, dass ein Mindestlohn von

10,55 Euro die Pflege überhaupt nicht bezahlt. Wahrscheinlich wird man heute schon für diesen Lohn keine Pflegekraft mehr finden.

Da Sie das auf der Ministerkonferenz besprochen haben: Haben Sie auch über die Folgen gesprochen? Kürzlich hat die AWO einen Tarifvertrag ausgehandelt, den ich übrigens begrüße, demzufolge Folgekosten auf die Bewohner oder deren Angehö rige zukommen werden. Wenn man das eine will, muss man das andere bedenken. War das Thema der Ministerkonferenz?

Ja, selbstverständlich. Das Thema steht auch morgen in der Fra gestunde auf der Tagesordnung. Deswegen würde ich das hier etwas kürzer fassen.

(Frau Lehmann [SPD]: Genau!)

In dieser Beschlussfassung ging es erst einmal darum, die regi onale Differenzierung aufzuheben. Dass wir grundsätzlich eine neue Diskussion über die Finanzierung der Pflege und die Ver teilung der Kosten zwischen den Betroffenen, zwischen Län dern, Kommunen und dem Bund brauchen, steht außer Frage - da gebe ich Ihnen Recht - und war auch Gegenstand der Diskussion auf der Arbeits- und Sozialministerkonferenz. Aber wir wollten wenigstens diese Mindestgrenze und keine weitere Benachteiligung der Pflegekräfte im Osten. - Danke schön.

Vielen Dank. - Wir kommen zum nächsten Fragesteller. Der Abgeordnete Schröder stellt die Frage 1097 (Erneute Zulas sung von Glyphosat für fünf Jahre - als Ausstiegsfrist?)

Mit der Stimme des geschäftsführenden Bundesagrarminis ters Schmidt ist in Brüssel eine Verlängerung des Einsatzes von Glyphosat in der Landwirtschaft beschlossen worden. Glyphosat ist ein Totalherbizid und Sikkationsmittel, das in der Produktion von ausgewählten Ackerbaukulturen einge setzt wird.

Glyphosat wird von vielen Bürgern abgelehnt, weil sich die Po litik der Grünen mit politischem Populismus in die wissen schaftliche Diskussion eingemischt hat. Dadurch wurde die Autorität und Neutralität der Wissenschaft infrage gestellt. Da mit wurde sogar die Glaubwürdigkeit der Wissenschaft insge samt leichtfertig untergraben.

Die AfD ist gegen den Einsatz von Glyphosat in der Landwirt schaft. Aber die AfD ist sich auch der Tatsache bewusst, dass unsere Landwirte noch immer nicht ohne Glyphosat auskom men, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Es ist also Aufgabe der Politik, in der verbleibenden Zulas sungsfrist von fünf Jahren einen Ausstieg aus dem Glyphosa teinsatz zu organisieren und zu begleiten. Dafür ist eine enge Zusammenarbeit von Politik, Landwirtschaft, Industrie und Forschung erforderlich. Die Menschen in Brandenburg und in der EU werden ein Verbot von Glyphosat durchsetzen. Deshalb müssen die nächsten fünf Jahre für den Ausstieg aus Glyphosat genutzt werden.

Ich frage die Landesregierung: Mit welchen Vorhaben und Ini tiativen in der AMK und der UMK, im Bundesrat und auf ande ren Wegen plant sie, den Ausstieg aus dem Glyphosateinsatz in Brandenburg vorzubereiten und für die Landwirte verträglich zu gestalten?