Protocol of the Session on June 28, 2017

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordne te! Herr Abgeordneter Vida, Herr Abgeordneter Schulze, der Sie ja eine ähnliche Frage gestellt haben, Sie fragen nach mög lichen Risiken bei Air Berlin bzw. nach etwaigen Konsequen zen für den BER. Vielleicht folgende Anmerkungen: Die Flug gesellschaft Air Berlin hat in unserem Flughafensystem mit überschlägig 25 % der beförderten Passagiere von Tegel aus den größten Anteil und ist insofern für die Flughafengesell schaft selbst, aber auch für die Anbindung der Metropolregion von erheblicher Bedeutung. Das haben die Länder Berlin und Brandenburg in der Vergangenheit immer wieder betont, und sie haben sich auch gegenüber dem Bund für Air Berlin einge setzt, etwa beim Thema Codesharing.

Was die aktuelle wirtschaftliche Situation angeht, muss ich auf die Medienberichterstattung und einen Bericht des Bundesmi nisters für Wirtschaft gegenüber dem zuständigen Ausschuss des Deutschen Bundestages von Mitte Juni verweisen. Weiter gehende Informationen liegen der Landesregierung nicht vor. Danach hat Air Berlin am 01.06.2017 eine Voranfrage für eine Bürgschaft gestellt. Zuletzt teilte Air Berlin am 21.06.2017 mit, keinen Antrag auf Bürgschaften stellen zu wollen, und man habe seit dem letzten Herbst mit der begonnenen Um strukturierung gute Ergebnisse erreicht.

Selbstverständlich hat die Flughafengesellschaft das Thema Air Berlin im Fokus. Es ist Gegenstand der regelmäßigen Be richterstattung des Risikomanagements an den Aufsichtsrat und an den Finanz- und Prüfungsausschuss. Angesichts der komplexen Situation von Air Berlin selbst wie der möglichen Szenarien von möglichen Mitbewerbern verbieten sich aller dings weitergehende Spekulationen in der Öffentlichkeit. Inso fern darf ich auf die Antwort der Landesregierung auf die Klei ne Anfrage 1757 des Abgeordneten Schulze verweisen. An dem Standpunkt hat sich nichts geändert.

Herr Abgeordneter Vida hat eine Nachfrage.

Herr Staatssekretär, ich danke Ihnen dafür, dass zumindest un streitig ist, welche Systemrelevanz - wenn man es so formulie ren will - Air Berlin für den kommenden Flughafen hat bzw. haben wird. Sie haben deutlich gemacht, dass es unterschiedli che Spekulationen zur wirtschaftlichen Potenz des Unterneh mens gibt, und ich glaube Ihnen auch - das ist ernst gemeint -, dass es hierzu eine regelmäßige Berichterstattung gibt.

Meine Frage ist trotzdem - im Rahmen dessen, was Sie öffent lich sagen können -: Welche Vorkehrungen behält sich die Lan desregierung - der Teil, der hierfür zuständig ist - für den Fall, dass wir mit dieser Flughafengesellschaft in der Zukunft nicht mehr kalkulieren können, vor? Das muss ja eines der Szenarien sein. Gibt es dafür Notfall-, Ausweich- oder Auslastungspläne?

Herr Bretschneider.

Die möglichen Szenarien bei einer Insolvenz dieser Gesell schaft sind sehr breit gefächert. Das fängt bei der Insolvenz selbst an und geht hin bis zum möglichen Verhalten der poten ziellen oder realen Mitbewerber. Von daher gibt es sehr viele Szenarien. Sie wissen, dass der Flughafen BER von allen Flug linien sehr umkämpft ist und - das haben wir ja im Sonderaus schuss verschiedentlich thematisiert - dass die Slots für die Lande- und Startmöglichkeiten am BER möglicherweise nicht reichen.

Von daher haben wir alles im Fokus, aber es verbietet sich, den Sachen näher nachzugehen, weil das in einer sehr sensiblen Si tuation für die Fluggesellschaften, auch für Air Berlin selbst, dazu führen würde, dass der eine oder andere auf das Szenario springt und meint, er habe daraus eine Botschaft der Flugha fengesellschaft entnommen. Deswegen können wir uns da nur

zurückhalten, und wir müssen uns insbesondere öffentlich zu rückhalten.

Vielen Dank. - Wir sind am Ende der Fragestunde. Ich schließe Tagesordnungspunkt 2 und rufe Tagesordnungspunkt 3 auf:

Gesetz zur Funktionalreform 2020 im Land Branden burg (Funktionalreformgesetz 2020 - FRG 2020)

Gesetzentwurf

der Landesregierung

Drucksache 6/6775

1. Lesung

in Verbindung damit:

Gesetz zur Neugliederung der Landkreise und kreis freien Städte im Land Brandenburg und zur Ände rung anderer Gesetze

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 6/6776

1. Lesung

und

Relevanz eines Volksentscheides gegen die Kreisge bietsreform

Antrag der BVB/FREIE WÄHLER Gruppe

Des Weiteren liegt ein Änderungsantrag der Fraktion BÜND NIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/6840 vor.

Wir beginnen die Aussprache. Zu uns spricht Minister Schröter für die Landesregierung.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Ab geordnete! Sehr verehrte Gäste! Seit sieben Jahren reden wir in diesem Land über die Notwendigkeiten, unsere Verwaltungen zukunftsfest zu machen. Wir reden darüber in allen Regionen des Landes; denn wir wollen in allen Regionen stabile Verwal tungen schaffen oder erhalten. Heute nun liegt ein Gesetzent wurf der Regierung auf dem Tisch. Das ist sozusagen der End punkt einer langen Diskussion, die wir insbesondere in den letzten zwei Jahren geführt haben. Ich gebe zu: Diese Diskussion war nicht immer ohne Streit.

Warum also unternimmt man so viele Anstrengungen, warum also treibt man so viel Aufwand, um eine Reform voranzutrei

ben? Nicht, weil sie einfach wäre, nicht, weil man Einträge in Geschichtsbüchern haben möchte, auch nicht, weil man meint, Wählerstimmen gewinnen zu können, sondern weil diese Re form für unser Land notwendig ist.

Es geht bei der Verwaltungsstrukturreform grundsätzlich um die Frage, ob unsere gegenwärtigen Strukturen nach den demo grafischen Veränderungen im Land und den Prognosen zur Be völkerungsentwicklung noch einmal verändert werden müssen oder ob sie bleiben können, wie sie sind.

(Wichmann [CDU]: Die Prognosen sind herrlich! Tolle Prognosen!)

Diese Regierung ist der festen Überzeugung: Wir müssen noch einmal verändern, nicht nur, um für die nächsten fünf oder zehn Jahre sichere Verwaltungsstrukturen zu haben, sondern auch, um für Jahrzehnte sicher sein zu können, dass unsere Verwaltungen den Herausforderungen nicht nur der Gegen wart, sondern auch der Zukunft gewachsen sind.

(Beifall SPD sowie vereinzelt DIE LINKE)

Seit zwei Jahren ist die Landesregierung, bin ich selbst land auf, landab unterwegs, um mit allen Betroffenen diese Reform zu diskutieren. Frühzeitig haben wir das Gespräch gesucht, ha ben um Stellungnahmen zu den Entwürfen, die wir vorgelegt haben, gebeten. So sind viele Hundert Seiten Stellungnahmen eingegangen, gab es rund 600 Vorschläge, die im Rahmen der Fortentwicklung Berücksichtigung finden sollten bzw. berück sichtigt worden sind.

Meine Damen und Herren, es geht ganz wesentlich darum, ei nigen Verwaltungen, die in der Vergangenheit aufgrund von großen Bevölkerungsverlusten geschwächt worden sind, zu helfen und sie durch Vergrößerung wieder zukunftsfester zu machen. Aber nicht nur das - wir wollen natürlich auch durch Übertragung von Aufgaben …

Herr Minister, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Aber gerne.

Herr Abgeordneter Dombrowski, bitte.

Herr Minister, ich habe bei einem Rundfunksender - rs2 - einen Werbespot der Landesregierung gehört, der so zusammenzu fassen ist: Eine Bürgerin ruft bei einer Kreisverwaltung an, das Telefon tutet, und keiner geht ran. Das Resümee des Spots ist: Es wird Zeit für eine Kreisgebietsreform.

(Wichmann [CDU]: Das ist eine Frechheit!)

Ich möchte Sie fragen: Wie viele Kreise sind Ihnen bekannt, in denen das Telefon regelmäßig nicht bedient wird?

Verehrter Herr Dombrowski, anscheinend haben Sie den Wer bespot nicht bis zum Ende gehört.

(Bischoff [SPD]: Ja!)

Es kann sein, dass jemand, der die Reform nicht möchte oder sich ihr verweigert, dann das Radio ausdreht. Wenn Sie den Spot bis zum Ende gehört hätten, wäre Ihnen aufgefallen, dass eine Stimme sagt: Wollen Sie, dass unsere Verwaltungen zukünftig so aufgestellt sind? - So oder so ähnlich geht die Auflösung; ich kann es Ihnen dann gerne auch im Zusammenhang mit der Be antwortung der Frage von Herrn Vida noch einmal zitieren.

(Zurufe von CDU und AfD)

Also: Dieser Spot, dieses Tuten ist ein Blick in die Zukunft, wie Brandenburger Verwaltung aussehen könnte, wenn wir sie nicht verändern.

(Beifall SPD)

Und verehrter Herr Dombrowski …

Herr Minister, es gibt noch eine Frage von Herrn Dr. Redmann. Möchten Sie die zulassen?

Aber gerne.

Vielen Dank für Ihre Ausführungen. Ich frage Sie: In welchen Landkreisen ist aufgrund der verschiedenen Entwicklungen künftig davon auszugehen, dass niemand mehr in der Lage sein wird, ans Telefon zu gehen?