Protocol of the Session on June 28, 2017

Vielen Dank für Ihre Ausführungen. Ich frage Sie: In welchen Landkreisen ist aufgrund der verschiedenen Entwicklungen künftig davon auszugehen, dass niemand mehr in der Lage sein wird, ans Telefon zu gehen?

(Wichmann [CDU]: Das möchte ich auch mal wissen!)

Also: Es ist nicht abzustreiten, dass die Bevölkerungsverluste in der Prignitz, in der Uckermark oder in der Lausitz

(Wichmann [CDU]: Vorsichtig mit den Zahlen, kann ich nur sagen!)

mit dem Wort „dramatisch“ zu bezeichnen sind. Meine Ge burtsstadt Frankfurt (Oder) hat seit 1990 ein Drittel ihrer Be völkerung verloren - ein Drittel! -, und das, obwohl die Lan desregierung dieser Entwicklung massiv begegnet ist.

(Wichmann [CDU]: Da ist ja noch die ganze Wendezeit mit drin!)

Die Viadrina ist ein Ankerpunkt für die Bevölkerung, und den noch: Diese Stadt hat ein Drittel der Bevölkerung verloren. Al le Prognosen

(Wichmann [CDU]: Sind alle falsch!)

sagen eine Fortschreibung dieses Trends voraus. - Herr Wich mann …

Herr Minister, es gibt eine weitere Frage.

… es gibt vier unabhängige Prognosen, und alle zeigen eine Tendenz auf: Die Bevölkerung schrumpft, insbesondere an den Stellen, wo sie bereits in der Vergangenheit massiv zurückge gangen ist.

(Wichmann [CDU]: Warten Sie mal Ihre neue Prognose ab! - Weitere Zurufe von der CDU)

Herr Minister, lassen Sie die Frage des Abgeordneten Laken macher zu?

Selbstverständlich, jede Frage.

Herr Lakenmacher, bitte.

Herr Innenminister, welche Regierungsvorhaben aus Gegen wart oder Vergangenheit im Land Brandenburg - oder gerne auch bundesweit - sind Ihnen noch bekannt, die über Radio werbung beworben werden mussten?

Herr Minister.

Wir machen keine Radiowerbung, sondern informieren;

(Beifall SPD - Heiterkeit CDU und AfD)

denn wir verkaufen keine Produkte, sondern informieren unse re Bevölkerung über eine Situation, die heute noch nicht spür bar ist, in der Zukunft aber spürbar werden wird.

(Galau [AfD]: SPD - kein Anschluss unter dieser Num mer!)

Und die Bevölkerung zu informieren ist eine verantwortungs volle Aufgabe dieser Regierung - wie aller anderen Regierun gen auch.

(Zuruf der Abgeordneten Schier [CDU])

Ich darf fortsetzen, Frau Präsidentin?

(Frau Lieske [SPD]: Ja, bitte! - Wichmann [CDU]: Das Ganze ist eine Sackgasse!)

Ja.

Wir werden dort, wo die Veränderungen in der Bevölkerung an exponierter Stelle zu sehen waren, entsprechend reagieren müssen. Ganz wichtig ist dabei, sicherzustellen, dass die de mokratische Teilhabe, das demokratische Engagement vor Ort nicht leiden. Und meine feste Auffassung lautet: Größe und Demokratie, Fläche und Mitwirkung hängen kausal nicht zu sammen.

(Lachen des Abgeordneten Schulze [BVB/FREIE WÄH LER Gruppe])

Wäre das so, meine sehr verehrten Damen und Herren, dann wären die Landkreise der ehemaligen DDR, die bekannterma ßen sehr klein waren, die demokratischsten Gebilde, die wir jemals hier in Brandenburg hatten.

(Wichmann [CDU]: Oh! Eine Frechheit! - Zuruf des Ab geordneten Dr. Redmann [CDU] - Wichmann [CDU]: Der Vergleich ist ja ein Hammer!)

Ich erinnere: Forst: 307 km², Guben: 381 km². Wir wissen, dass diese Kreise nicht demokratisch waren.

(Dr. Redmann [CDU]: Das ist eine Verharmlosung der DDR, die Sie da betreiben! Unerhört!)

Wir wissen also, dass demokratische Teilhabe nicht mit der Flächengröße zu tun hat,

(Zurufe des Abgeordneten Prof. Dr. Schierack [CDU])

stattdessen aber mit der Verfasstheit eines Landes, mit den Aufgabenwahrnehmungen, die ein Kreistag gesetzlich zuge ordnet hat. Der Kreistag muss natürlich in geheimen und freien Wahlen gewählt werden,

(Lakenmacher [CDU]: Wider besseres Wissen! - Wich mann [CDU]: Demokratiedefizit!)

und die Kreistagsabgeordneten müssen Möglichkeiten haben, ihre Aufgaben vernünftig wahrzunehmen. Das ist eine Aufga be, der wir uns gerne stellen.

(Beifall SPD)

Meine Damen und Herren! Die im Gesetzesentwurf vorge schlagene Vergrößerung der Kreistage ist eine erste Reflexion dieses Themas. Weitere Vorschläge, die wir gemeinsam mit Kreistagsvorsitzenden erarbeitet haben, hat die Landesregie rung dem Landtag zugeleitet. Sie werden sicherlich Gelegen heit haben, diese Dinge in der weiteren Debatte aufzugreifen und in die entsprechenden gesetzlichen Regelungen einzupfle gen.

Meine Damen und Herren, ich erinnere nur daran: Zu Zeiten der Postkutsche hatten die Stein-Hardenbergschen Kreise

(Oh! bei der CDU)

Größenordnungen, die mit der heutigen Größe vergleichbar sind. Zauch-Belzig hatte 1 922 km², Niederbarnim 1 741 km². Das funktionierte.

(Zuruf des Abgeordneten Schulze [BVB/FREIE WÄH LER Gruppe])

Und damals gab es noch nicht einmal die Eisenbahn NürnbergFürth.

(Zuruf des Abgeordneten Galau [AfD])

Sie ist 1835 in Betrieb genommen worden,

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Redmann [CDU])

und auf die Erfindung des Automobils musste man noch weite re 51 Jahre warten.

Heute reden wir nicht nur von Autobahnen oder Regionalex presslinien, sondern auch von Datenautobahnen, arbeiten also mit dem E-Government.

(Wichmann [CDU]: Das ersetzt doch nicht die Bürgernä he!)

Aber das, meine sehr verehrten Damen und Herren, setzt natür lich leistungsfähige Landkreise und vernünftige Verwaltungen voraus.