Aber so leicht ist das nicht, denn der vorliegende Antrag ist zugleich ein deutliches Zeichen für Ihr aller Versagen, nicht nur das der CDU. Wir müssten uns heute wohl kaum mit Kinder- und Zwangsehen im Land Brandenburg auseinandersetzen, hätten Sie auf Bundesebene Ihre Arbeit getan und den importierten Kindesmissbrauch von vornherein verhindert.
Auch der Presse kann ich hier guten Gewissens Versagen vorwerfen. Während der harmlose Blick eines alten weißen Herrn
auf Frauendekolletés bereits zu einem Hashtag-Aufschrei oder anzügliche Herrenwitze oder eine nicht gendergerechte Ausdrucksweise einen wochenlangen Shitstorm in der Medienlandschaft verursachen,
machten sich diverse Zeitungen in den vergangenen Monaten über unsere Kleinen Anfragen zu dem ernsten Thema der Zwangs- und Kinderehe lustig. Die sich selbst für ein Qualitätsblatt haltende „Zeit“ hat uns dann auch noch in den vergangenen Tagen zu erklären versucht, was für Kinderehen spräche.
Wir von der AfD entgegnen Ihnen hier, dass es keinen einzigen Grund für die Akzeptanz von Kindesmissbrauch gibt. Die Heirat von Jugendlichen unter 16 Jahren ist in der Bundesrepublik Deutschland aus gutem Grund verboten. Wo bleibt also Ihre Empörung beim importierten Kindesmissbrauch? Der Verkauf von Tabakwaren und Alkohol an Minderjährige ist hierzulande verboten. Die Heirat eines Kindes hingegen nicht?
Wenn wir daran zurückdenken, dass vor ein paar Jahren noch der sogenannte Klaps auf den Po bei Kindern den Eltern als Körperverletzung angerechnet werden sollte, jetzt aber ernsthaft darüber diskutiert werden soll, ob Kinderehen geduldet werden könnten, muss ich feststellen, dass ich dieses Deutschland nicht wiedererkenne.
Meine Damen und Herren, in welcher Gesellschaft wollen Sie zukünftig leben? In einer freien, in der jeder im Rahmen der Gesetze nach seiner Fasson selig werden kann, oder in einer, in der uns ältere Herren mit Kinderbräuten auf dem Bürgersteig entgegenschlendern
Kinder gehören in die Schule und nicht ins Ehebett - lautet eine zurzeit gern zitierte Redewendung; das hatten wir heute schon. Der von uns inspirierte Antrag der CDU führt korrekt auf, dass die Ehe nach unserem Werteverständnis auf einer freiwilligen Entscheidung mündiger Menschen beruht und insbesondere die Ehe von Minderjährigen inakzeptabel ist. Dem pflichten wir bei.
Wir stimmen Ihnen auch in dem Punkt zu, dass für die Ehemündigkeit allein das deutsche Recht heranzuziehen ist. Leider ist Ihr Antrag aber inkonsequent. So führen Sie in Ihrer Antragsbegründung als weitere Gründe für eine Ehe die Tradition von Herkunftsländern und den Willen von Verwandten auf. Hiermit deuten Sie die ebenfalls ernsten Themen Zwangs- und Vielehe an. Polygamie ist schließlich in einigen arabischen Ländern ein Teil der Tradition, ist jedoch religiös begründet. Und die auch in der Türkei nicht unbekannte, durch Verwandte mit Verwandten arrangierte Ehe ist nichts anderes als eine Zwangsehe.
Während die Vielehe und die Zwangsehe im Begründungsteil Ihres Antrags berücksichtigt wurden, fehlen beide unverständlicherweise im Forderungsteil Ihres Antrags. Zur Behebung dieses Defizits hat die AfD-Fraktion deshalb den vorliegenden Änderungsantrag eingebracht. Wir fordern Sie auf, ihm zuzu
stimmen. Uns allen liegt schließlich nicht nur das Wohl derjenigen am Herzen, die im Kindesalter verheiratet wurden, auch die von Polygamie und Zwangsehe Betroffenen müssen berücksichtigt werden. Aber das ist Ihnen in der Euphorie, uns ein Thema wegzunehmen, wohl entgangen. - Vielen Dank.
Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Abgeordneten Johlige fort. Sie spricht für die Fraktion DIE LINKE.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Gäste! Ich möchte Ihnen zuerst von Samira erzählen. Ich habe sie vor ein paar Wochen in einer Flüchtlingsunterkunft kennengelernt. Samira wird bald 16, sie kommt aus Syrien, ihre Eltern sind tot, und kurz vor ihrer Flucht hat sie ihren 26-jährigen Onkel geheiratet. Ehen in der Familie sind dort eh gern gesehen, und ihre Großmutter war der Auffassung, dass dies für Samira der beste Schutz auf der Flucht sei.
Am Anfang war da keine Liebe, aber die gemeinsame Flucht- erfahrung hat sie zusammengeschweißt, ihr Mann hat sie beschützt, und sie will eine gemeinsame Zukunft mit ihm. Samira hat Angst, dass sie von ihm getrennt wird. Aktuell sind sie in der gleichen Einrichtung untergebracht, weil sie ja verwandt sind, und sie erzählen niemandem, dass sie auch verheiratet sind, weil sie Angst haben, getrennt zu werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, will ich diese Bindung trennen und zusätzlich zu den schlimmen Erfahrungen der Flucht noch die Trennung von dem einzigen Menschen, der Samira wichtig ist, in Kauf nehmen? Man kann diese Frage unterschiedlich beantworten. Man kann sagen, das Kindeswohl steht im Vordergrund, und da Samira unter 16 ist, ist die Ehe nichtig, und sie wird zu ihrem Schutz von ihrem Mann getrennt und in einer anderen Einrichtung untergebracht. Wohlgemerkt: Wir reden über eine Ehe, die im Heimatland völlig rechtmäßig ist.
Man kann darauf auch reagieren, indem man diese Ehe zwar aufhebt, dem Paar aber eine gemeinsame Unterbringung sichert und damit die Möglichkeit eröffnet, diese Beziehung weiter zu pflegen und später die Ehe zu erneuern, wenn beide das entsprechende Alter erreicht haben.
Und man kann darauf reagieren, indem man sagt, dass der Wunsch von Samira und ihrem Mann nach einem gemeinsamen Leben respektiert und diese Ehe nicht annulliert wird. Es mag sein, dass diese beiden ein Einzelfall sind, aber sind nicht alle Ehen Einzelfälle?
Mir macht dieses Beispiel deutlich, dass es keine einfachen Lösungen gibt. Wir sind uns einig, dass wir nicht wollen, dass Kinder - meist Mädchen - ihrer Kindheit beraubt und in eine Ehe gezwungen werden. Wir sind uns ebenfalls einig, dass Zwangsehen völlig zu Recht verboten sind und unter Strafe stehen. Völlig klar ist auch, dass eine Ehe mit einer unter 14-Jährigen nicht möglich und der Geschlechtsverkehr mit Kindern unter 14 Jahren verboten ist. Auch, dass wir keine Eheschließungen in Deutschland außerhalb des deutschen Rechts wollen, ist unstrittig.
Schwieriger ist es aber bei bereits bestehenden Ehen. Aus meiner Sicht muss Ziel sein, weltweit ein Ehemündigkeitsalter von 18 Jahren zu etablieren.
(Beifall der Abgeordneten Nonnemacher [B90/GRÜ- NE] - Schröder [AfD]: Dann wollen Sie also noch zehn Jahre warten, ja?)
Diese Zielstellung steht jedoch nicht im Widerspruch zu der Position, dass das Kindeswohl im Mittelpunkt der Entscheidung stehen muss, wie mit einer bestehenden Ehe, bei der ein Partner minderjährig ist oder beide Partner minderjährig sind, umgegangen wird.
„Eine Regelung, die die Unwirksamkeit jeder Ehe zur Folge hätte, würde weitreichende Nachteile für die Minderjährigen nach sich ziehen. Die Ehe hätte nie bestanden, sodass nicht automatisch Unterhaltsansprüche bestehen, sondern diese müssten erst durch gerichtliche Verfahren geklärt werden. Kinder aus solchen Ehen würden als nichteheliche Kinder angesehen. Das damit verbundene soziale Stigma könnte auch für viele die Bereitschaft zur Rückkehr in ihre Heimatländer erschweren.“
Weitere Folgen, die das Deutsche Institut für Menschenrechte aufführt, sind beispielsweise Existenzprobleme in den Herkunftsländern, verloren gegangene Erbschaftsansprüche, Renten- und sozialrechtliche Anspruchsverluste.
Deshalb ist nicht nur die Frage, ob solche Ehen mit unserem Werteverständnis vereinbar sind, sondern eben auch, ob ein pauschales Verbot und die Sanktionierung dem Kindeswohl tatsächlich dienen. Die UN-Kinderrechtskonvention spricht in diesem Zusammenhang übrigens vom Schutz der überwiegenden Interessen des Kindes und sieht ein Anhörungsrecht vor.
Wir haben gestern bereits im Antrag zu den besonders schutzbedürftigen Geflüchteten festgelegt, dass minderjährige Verheiratete psychologische und psychosoziale Unterstützung erhalten und der Kinder- und Jugendschutz durch eine Einzelfallprüfung zu gewährleisten ist. Dort haben wir auch klargestellt, dass es bereits Regelungen zu einer Inobhutnahme Betroffener unter 14 Jahren gibt und daran auch nicht gerüttelt werden soll. Wir wollen insofern einen Weg gehen, der tatsächlich die Interessen des Kindes im Blick hat, und bei der Entscheidung, was für die Minderjährigen im Einzelfall das Beste ist, eine umfassende Folgeabschätzung vornehmen.
Den Weg eines generellen Verbots und einer generellen Annullierung lehnen wir jedoch ab. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Das würde ich gern machen. Wenn man, ohne sich bemerkbar machen zu müssen, die entsprechende Beachtung findet, tut man das natürlich nicht.
Aber das ist jetzt nicht das Wichtige. Wir reden hier über etwas ganz anderes. Es interessiert mich nicht, was Sie sagen, Frau Mächtig, das wissen Sie.
Im Übrigen, Frau Johlige, ist es wieder einmal erschütternd, was Sie hier von sich geben; das ist wirklich bedenklich. Denn wissen Sie, was Sie hier gerade im Kern getan haben? Sie haben eine Lanze für Pädophilie und Inzest gebrochen.
und werde das auch niemals zurücknehmen. Insofern haben Sie sich hier politisch absolut disqualifiziert. Aber das gilt für Ihre gesamte Partei und Ihre Fraktion. - Vielen Dank.
Frau Abgeordnete, möchten Sie darauf reagieren? - Dann haben Sie jetzt die Gelegenheit. - Ich habe das Pfeifen nicht gehört, aber es gibt durchaus differenzierte Möglichkeiten, auf sich aufmerksam zu machen. Wir sind hier schon sehr wach.
Entschuldigung, dass ich Sie nicht jede Minute im Blick habe. Sie können über Ihre Geschäftsführerin gern den Wunsch übermitteln. Man muss hier wirklich nicht pfeifen. - Frau Kollegin, jetzt haben Sie das Wort.
Ich kann es kurz machen: Herr Abgeordneter, möglicherweise wäre es sinnvoll, wenn Sie sich im Nachgang meine Rede durchläsen. Möglicherweise würden Sie dann merken, dass das, was Sie dazu gesagt haben, ein intellektuelles Armutszeugnis ist. - Danke.
(Beifall DIE LINKE, SPD sowie des Abgeordneten Bretz [CDU] - Schröder [AfD]: Das können Sie gar nicht beur- teilen!)