Protocol of the Session on November 9, 2016

Ich schließe Tagesordnungspunkt 5 und rufe Tagesordnungs punkt 6 auf:

Gesetz über die Öffentlich bestellten Vermessungsin genieurinnen und Öffentlich bestellten Vermessungs ingenieure im Land Brandenburg (Brandenburgi sches ÖbVI-Gesetz - BbgÖbVIG)

Gesetzentwurf

der Landesregierung

Drucksache 6/4100

2. Lesung

Beschlussempfehlung und Bericht

des Ausschusses für Inneres und Kommunales

Drucksache 6/5360

Des Weiteren liegt ein Änderungsantrag der CDU-Fraktion, Drucksache 6/5406, vor.

Die Aussprache wird mit dem Beitrag des Abgeordneten Kurth eröffnet. Er spricht für die SPD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Gäste! Die Landesregierung hat am 13.05.2016 den Entwurf eines Gesetzes über die Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure im Land Brandenburg vor gelegt. Der Gesetzentwurf beinhaltet im Begründungsteil eine umfassende Darstellung, warum die aus dem Jahr 2000 stam menden Regelungen überarbeitet werden müssen.

Ich möchte nur einige Punkte aufgreifen. Es bedarf der Neufas sung, um die öffentlich-rechtlichen Tätigkeiten von den privat rechtlichen deutlicher abzugrenzen, um die Regelungen zur Zulassung sowie zu deren Erlöschung, beispielsweise bezüg lich der Altersgrenze und der Insolvenz, zu schärfen sowie zur begrifflichen Anpassung. In der Neufassung wird darüber hin aus die Qualitätssicherung gewährleistet, eine Fortbildungs pflicht eingeführt und der Anpassung der Berufspflichten an die rechtlichen und technischen Entwicklungen Rechnung ge tragen. Der Gesetzentwurf der Landesregierung zur Novellie rung war bezüglich der Altersgrenzen bereits infolge einschlä giger Rechtsprechungen zwingend notwendig.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, der Landtag hat den Gesetzentwurf in 1. Lesung am 8. Juni dieses Jahres an den AIK überwiesen. Der Ausschuss hat sich in drei Sitzungen mit dem Gesetzentwurf beschäftigt und dabei auch die Stellung nahmen des Landkreistages, des Städte- und Gemeindebundes sowie des Bundes der Öffentlich bestellten Vermessungsinge nieure berücksichtigt.

Man kann es einen glücklichen Umstand nennen, dass zum rechten Zeitpunkt, nämlich zum Zeitpunkt dieser Diskussion im Ausschuss, ein Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam be kannt wurde, wonach es den Öffentlich bestellten Vermes sungsingenieuren grundsätzlich möglich ist, durch öffentlichrechtlichen Vertrag von der Vermessungsgebührenordnung ab weichende Gebühren zu vereinbaren. Um allerdings sicherzu

stellen, dass die Vermessungsgebührenordnung Anwendung findet und keine abweichenden Gebührensätze vereinbart wer den, schlagen die Mitglieder des Ausschusses für Inneres und Kommunales in der Beschlussempfehlung einstimmig - bei ei ner Enthaltung - die diesbezügliche Konkretisierung des § 9 Abs. 6 vor; Sie finden sie in den Unterlagen.

Daneben enthält die Beschlussempfehlung in den §§ 11, 14, 15 und 21 geringfügige Abweichungen vom Gesetzentwurf der Landesregierung. Hierbei handelt es sich ausschließlich um rechtsförmliche Klarstellungen:

Nicht gefolgt ist der Ausschuss für Inneres und Kommunales einem Änderungsantrag der CDU mit dem Anliegen, Öffent lich bestellten Vermessungsingenieuren zu erlauben, als Mit glieder von Kommunalvertretungen in einem Verwaltungsver fahren tätig zu werden, in das die Kommune als Beteiligte ein bezogen ist. Gegen eine solche Änderung hatten sich im Anhö rungsverfahren Bedenken ergeben, die wir teilen.

Erstens: Es gibt in der Brandenburgischen Kommunalverfas sung bereits ausreichende Regelungen zu Mitwirkungs- und Vertretungsverboten.

Zweitens: Es sollte verhindert werden, dass einzelne freiberuf lich Tätige das kommunale Mandat als geschäftsfördernd an streben, wie es der Städte- und Gemeindebund in seiner Stel lungnahme zutreffend formuliert hat.

Ich bitte um Zustimmung zur Beschlussempfehlung und damit um Zustimmung zum Gesetzentwurf in der vom Ausschuss für Inneres und Kommunales beschlossenen Fassung. - Herzlichen Dank.

(Beifall SPD, DIE LINKE und B90/GRÜNE)

Der nächste Redner ist der Abgeordnete Lakenmacher. Er spricht für die CDU-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Neuregelung des Gesetzes über die Öffentlich bestellten Ver messungsingenieure im Land Brandenburg ist auch aus Sicht der CDU-Fraktion gelungen, und wir stimmen dem zu.

Die Harmonisierung mit europarechtlichen Vorgaben, die er folgte rechtssichere Ausgestaltung von Vorschriften, der ver besserte Handlungsrahmen der Aufsicht und auch die höheren Standards bei der Qualität sind zu begrüßen. Auch die im Aus schuss vorgenommene Änderung, nach welcher die Vermes sungsingenieure nicht mehr in öffentlich-rechtlichen Verträgen von der Vermessungsgebührenordnung abweichende Gebühren vereinbaren können, erachten wir als sinnvoll. Zudem wird durch die nun im Gesetz verortete Bindung der hoheitlichen Tätigkeiten an die Gebührensätze ein Preiskampf unter den Vermessungsingenieuren bei den öffentlichen Leistungen ver mieden, und das ist gut so.

Unterschiedliche Auffassungen bestanden im Ausschuss hin sichtlich der kommunalpolitischen Tätigkeit von Vermessungs ingenieuren; denn nach bisherigem Recht und auch dem vorlie genden Gesetzentwurf dürfen aufgrund der enthaltenen Befan

genheitsregelung des allgemeinen Verwaltungsrechts Öffent lich bestellte Vermessungsingenieure, die einer Gemeindever tretung oder einem Landkreis, also einem Kreistag, zugehörig sind, bei Vermessungsarbeiten nicht tätig werden, wenn diese Gemeinde oder dieser Landkreis selbst an dem entsprechenden Verfahren beteiligt ist. Diese Vorschrift schränkt - das ist zu nächst richtig - die Berufsfreiheit betroffener Vermessungsin genieure umfassend in den einschlägigen örtlichen Gebieten zugunsten einer Vermeidung von Befangenheit ein.

Aber dies gilt entsprechend dem Entwurf dann auch für solche Fälle der sogenannten Drittbeteiligung einer Gemeinde oder eines Landkreises, also auch für die Fälle, in denen der Kom mune eine unmittelbar an das zu vermessende Grundstück an liegende öffentliche Fläche - meistens wird es eine Straße oder ein Weg sein - gehört und in denen die Kommune selbst dabei keine eigentumsrechtlichen oder unmittelbaren wirtschaftli chen Interessen an dem zu vermessenden Grundstück hat. Für die CDU-Fraktion ist in solchen Fällen klar, dass das Eintreten einer Befangenheitslage dann kaum gegeben ist. In diesen Fäl len darf die Ausübung eines Ehrenamtes, also eines kommu nalpolitischen Mandats in einem Kreistag oder einer Stadtver ordnetenversammlung oder einer Gemeindevertretung, nicht dazu führen, dass Vermessungsingenieure hier nicht tätig sein dürfen. Das wäre ein zu weit gehender Eingriff in die Berufs ausübungsfreiheit. Diesem Umstand tragen wir mit unserem Änderungsantrag Rechnung, der zwischen Berufsfreiheit und dem Bedürfnis einer möglichst effektiven Befangenheitsver meidung einen gerechten Ausgleich schafft.

Wir werben um die Zustimmung zu diesem Änderungsantrag und stimmen dem Gesetzentwurf insgesamt zu. - Vielen Dank.

(Beifall CDU sowie vereinzelt SPD)

Wir setzen die Aussprache fort. Zu uns spricht der Abgeordnete Dr. Scharfenberg für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! So eine entspann te Diskussion wünschte ich mir bei anderen Gesetzentwürfen auch.

(Beifall SPD)

Wir haben in der Vergangenheit heftig über das Problem der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure diskutiert, das war in den 90er-Jahren. Das ist bei diesem Gesetzentwurf et was ganz anderes.

Ich schließe mich inhaltlich voll dem an, was Daniel Kurth hier gesagt hat, und will das auch nicht wiederholen.

Was die Frage der Befangenheit angeht, erlaube ich mir, aus der Stellungnahme des Städte- und Gemeindebundes zu zitieren:

„Es ist nicht auszuschließen, dass einem in einer kommu nalen Vertretung tätigen Öfentlich bestellten Vermes sungsingenieur ein größeres Vertrauen entgegengebracht wird, einen rechtlich komplizierten Vorgang im Sinne des Auftraggebers zum Abschluss zu bringen. Hier sollte ei ner Interessenverquickung oder gar einem Geschäftsmo

dell kein Vorschub geleistet werden. Nachdem Branden burg im Vergleich zu Nordrhein-Westfalen sehr viel kleinteiliger gegliedert ist, dürfte eine gebotene freiwilli ge Selbstbeschränkung des Berufsstandes auch kaum Auswirkungen auf die Erwerbsmöglichkeiten haben.“

Dem schließen wir uns an und lehnen unter dieser Vorausset zung den Änderungsantrag der CDU ab. Ich möchte der Landes regierung noch einmal für diese Vorlage danken. - Danke schön.

(Beifall DIE LINKE sowie vereinzelt SPD)

Wir setzen die Debatte fort. Zu uns spricht der Abgeordnete Jung für die AfD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! So manches Berufsbild verändert sich mit der Zeit. Das bedeutet, dass dafür dann auch andere, neue rechtli che Rahmenbedingungen erforderlich sind. Eine Novellierung im Bereich der Vermessungsingenieure war unter diesen Um ständen unumgänglich.

Bei den Vermessern sind in erster Linie Anpassungen der Al tersgrenzen und Anpassungen an neue technische Mittel einge arbeitet worden. Weiterhin handelt es sich bei den Vermes sern - das ist hier schon angesprochen worden - um sogenannte Beliehene. Das heißt, es muss eine Abgrenzung zwischen dem nötigen öffentlichen Recht, das sie wahrnehmen, und privat rechtlichen Dingen stattfinden. Insofern ist dieser Gesetzent wurf sehr gut umgesetzt worden.

Weiterhin hat die Digitalisierung natürlich auch hier ihren Nie derschlag gefunden - die entsprechende Weiterbildung muss bei Vermessern und Mitarbeitern der Katasterbehörden erfol gen. Darüber hinaus kam es zu einer klaren Regelung im Insol venzfall; das ist auch sehr positiv. Die in § 3 Absatz 1 aufge führte Niederlassungsbeschränkung geht mir persönlich ein wenig zu weit. Ich hätte es gut gefunden, wenn ein hier zuge lassener Vermessungsingenieur auch im benachbarten Berlin tätig werden kann.

In Bezug auf die Befangenheit, die angesprochen worden ist, sind wir dankbar, dass das jetzt hineingekommen ist. Wir fin den, dass dieser Entwurf in dem Änderungsantrag die nötige Klarheit und die nötige Transparenz schafft, sodass er als Inter essenausgleich für alle Beteiligten eigentlich einen guten Maß stab darstellt. Insofern würden wir dem Gesetzentwurf insge samt auch zustimmen. - Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Abgeordneten Nonnemacher für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Gäste! Nun folgt noch ein entspannter Beitrag in dieser Debat

te. Vermessungsingenieurinnen und Vermessungsingenieure leisten für unser Land wichtige Aufgaben. Sie sind wichtige Partner in allen Fragen des Vermessungswesens vor Ort.

Die Besonderheit an diesem freien Beruf ist, dass sie soge nannte Beliehene sind, ihnen also vom Staat hoheitliche Auf gaben übertragen werden. Zu ihren Berufspflichten gehört, dass sie ihren Job unparteiisch, unabhängig, gewissenhaft und eigenverantwortlich ausüben. Die Landesregierung hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, den wir im Wesentlichen begrüßen. Er novelliert das Berufsrecht der Vermessungsingenieure auf grund aktueller Rechtsprechungsentwicklungen und neuer wirtschaftlicher Rahmenbedingungen umfassend und trägt ins gesamt zu mehr Rechtssicherheit bei.

Nach Anhörung der Berufsverbände und Gemeindevertretun gen im Innen- und Kommunalausschuss hat sich noch ein klei ner, aber nicht unwesentlicher Änderungsbedarf abgezeichnet, dem wir fraktionsübergreifend Rechnung getragen haben. Der Bund der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure hat uns darauf aufmerksam gemacht, dass es einer ausdrücklichen Re gelung bedarf, nach der Vermessungsingenieure für ihre Tätig keit Kosten nach der Vermessungsgebührenordnung erheben müssen und nicht abweichend von der Gebührenordnung frei vereinbaren können. Das Stichwort Unterbietungswettbewerb ist hier schon gefallen. Die nun erfolgte Klarstellung, die eine Umgehung der speziellen Gebührensätze für Vermessungsin genieure verhindert, halte ich für richtig.