Ich bin kein Jurist, aber eine Straftat vorzutäuschen ist eine Straftat, wenn mich nicht alles täuscht.
Vielen Dank. - Die letzte Frage der heutigen Fragestunde, Fra ge 546 (Gutachten zu den Entscheidungen des Bundesverfas sungsgerichts und des OVG zum KAG - „Altanschließer“), wird vom Abgeordneten Petke gestellt.
In unserem Land warten Tausende von dem Altanschließerur teil des Bundesverfassungsgerichts Betroffene auf ein Zeichen des Ministeriums des Innern und für Kommunales. In der Zwi schenzeit - das Urteil ist am 17. Dezember bekannt gemacht worden - hat das Innenministerium ein Gutachten zur Altan schließerproblematik in Auftrag gegeben. Es liegt nach unse ren Informationen vor.
Ich frage die Landesregierung: Welche Schlüsse und Konse quenzen ergeben sich aus dem Gutachten aus Kiel?
Verehrter Herr Kollege Petke, es liegt nicht mutmaßlich vor, sondern in der Tat, und wurde am 2. Juni vom MIK veröffent licht. Gestern ist der Kollege Vogelsänger wegen eines etwas längeren Beitrags darauf hingewiesen worden, dass man in ei ner Fragestunde nicht länger als fünf Minuten ausführen sollte. Ich bezweifle, dass es gelingt, auch nur den wesentlichen Teil der Erkenntnisse in fünf Minuten darzustellen, und bitte Sie um ein wenig Geduld. Am 30. Juni wird das Gutachten im In nenausschuss vom Gutachter in Gänze vorgestellt. Dann be steht für alle Ausschussmitglieder die Gelegenheit, nachzufra gen. Auf die Fragen wird der Gutachter selbstverständlich, wie ich denke, detailliert antworten.
Entscheidend für die Zukunft wird aber der zweite Teil des Gutachtens sein. Während der erste Teil eine Analyse und rechtliche Würdigung des Status quo darstellt, soll der zweite Teil Handlungsstrategien beinhalten.
Meine Damen und Herren, selbstverständlich wird sich die Landesregierung mit den Optionen, die der Gutachter aufge zeigt hat, befassen und die Dinge in enger Kooperation mit dem Innenausschuss, aber auch den anderen Abgeordneten be werten, um mögliche Konsequenzen einzuleiten. Ich bitte also um etwas Geduld.
Herr Minister, vielen Dank für die Antwort und dieses Angebot zur Kooperation. Wir nehmen es gern an. Auch Geduld wollen wir gern üben, aber nun liegen über hundert Seiten vor. Ich darf Sie nach einer Fallgruppe fragen: Der Presse war zu entneh
men, dass sich jetzt auch solche Altanschließer Hoffnungen auf eine Rückzahlung machen können, die einen zwar rechtswidri gen, aber bestandskräftigen Bescheid haben. Im Gutachten wird von Rechtsfrieden gesprochen. Es wäre eine politische Kategorie, ihn im Land umzusetzen.
Deswegen frage ich das zuständige Mitglied der Landesregie rung: Teilen Sie die Ansicht des Gutachters, dass sich auch die jenigen, die einen Bescheid haben, der zwar rechtswidrig, aber bestandskräftig ist, Hoffnung machen können?
Herr Petke, wir haben kein flächendeckendes, sondern ein punktuelles Abwasserproblem in Brandenburg. Es gibt betrof fene Punkte, relativ wenige im Norden und Osten, im Süden sind es mehr, genauso wie anscheinend im Westen.
Daraus kann man im Übrigen ableiten, dass das Fundament, auf dem alle aufbauen - das Handwerkszeug, die Gesetze - nicht falsch sein kann. Wären die Gesetze falsch, hätten wir ein flächendeckendes Problem, denn falsche Gesetze hätten über all zu falschen Bescheiden führen müssen. Der Gutachter hat in der Tat festgestellt, dass die Beiträge, die sich aus bestands kräftigen Bescheiden ergeben, zurückgezahlt werden können. Er hat aber auch festgestellt, welche Dinge vorab zu prüfen sind, und dass ein Zweckverband dadurch nicht in die Insol venz geraten darf.
Herr Petke, die einzelnen Fallgruppen in der Fragestunde dar zustellen würde den Rahmen sprengen, würde möglicherweise sogar den Rahmen eines Tagesordnungspunktes in einer Innen ausschusssitzung sprengen. Ich bin überzeugt, dass wir sehr viel Zeit aufwenden müssen, damit das Gutachten in seinen wesentlichen Punkten vorgetragen werden kann und wir Fra gen dazu stellen können, die dann beantwortet werden müssen.
Ich plädiere dafür, dass wir den Rahmen der Fragestunde nicht überstrapazieren und stattdessen am 30.06. dem Gutachter gut vorbereitet - mit der Kenntnis des Ihnen allen zugänglichen Gutachtens - die entsprechenden Fragen stellen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Innenminister, vielen Dank für Ihre Ausführungen. Ich habe ein gewisses Ver ständnis dafür, dass Sie nicht alle Fallgruppen in der Frage stunde mit uns durchgehen und diskutieren können. Aber ich denke, angesichts dessen, dass die Entscheidung aus Karlsruhe seit einer langen Zeit vorliegt, und auch angesichts des großen Apparates, der Ihnen im Innenministerium zur Verfügung steht, und der Tatsache, dass das Rechtsgutachten vorliegt, wäre heu te die richtige Gelegenheit, die Frage zu beantworten, welche Verpflichtungen und Folgen auf die Zweckverbände und Kom munen aufgrund der gesamten Rechtslage und -materie zu kommen. Die müssen sich jetzt langsam einmal darauf einstel len können. Egal wo ich im Land bin: Ich nehme eine große Verunsicherung der kommunalen Entscheidungsträger wahr. Niemand weiß im Moment so richtig, woran er ist. Es kommen
auch immer wieder unterschiedliche Aussagen bei den Kom munen und Zweckverbänden an. Deshalb ist diese Frage aus meiner Sicht heute von Ihnen klar und deutlich zu beantwor ten, damit jeder weiß, worauf er sich einstellen muss.
Herr Wichmann, bei mir ist die Empfindung anders. Wenn ich in Potsdam bin, stelle ich keine Verunsicherung in der Bevöl kerung fest, bei mir zu Hause in meinem Landkreis auch nicht.
Das funktioniert also offensichtlich. Wie der einzelne Zweck verband am Ende mit dem Thema umgeht, wird davon abhän gig sein, wie viele Bescheide nicht bestandskräftig geworden sind. Da gibt es eine Zäsur bei 10 %; da muss man Handlungs optionen gegeneinander abwägen. Es hängt auch davon ab, wie seine wirtschaftliche Situation ist und wie die politisch Verant wortlichen in den dem Zweckverband angehörigen Städten und Gemeinden die Sache beurteilen, will heißen: über Verbandsum lagen denken.
Da die Situation im Land höchst unterschiedlich ist, kann ich hier keine Medizin, die man in Brandenburg flächendeckend verordnen könnte, anpreisen. Wir, also auch der Gutachter, wer den Handlungsmöglichkeiten für verschiedene Fallkonstellationen anbieten. Dann wird jeder einzelne Zweckverband und Aufgabenträger prüfen, in welcher Kategorie er sich befindet und welche Handlungsoptionen er deswegen hat. Dann muss vor Ort entschieden werden, wie man sich positioniert.
Ich warne aber, meine Damen und Herren, vor dem Eindruck, dass jetzt das Land kommt und alles bezahlt. Was nicht über einen Anschlussbeitrag gezahlt wird oder wurde, wird sich auf die Gebühr auswirken. Am Ende kann es also dazu kommen, dass in einem Zweckverband unterschiedlich hohe Gebühren gezahlt werden. Menschen, die einen Anschlussbeitrag entrich tet haben, zahlen dann vielleicht eine niedrigere Gebühr als diejenigen, die keinen gezahlt haben - die zahlen dafür eine höhere Gebühr. Auch dies ist denkbar.
Mit Rücksicht auf die Mittagspause lasse ich nur noch zwei Nachfragen zu. - Herr Dr. Redmann, bitte.
Ihre Worte höre ich wohl. Wenn ich allerdings ins Gutachten schaue, stelle ich fest, dass der Gutachter mitteilt, dass eine vollständige Umlage der Beträge, die als Beiträge erhoben wurden, auf Gebühren gerade nicht zulässig sein soll, sodass den Zweckverbänden dieser Weg anscheinend nicht offensteht.
Ich frage daher, gerade weil auch Vertreter Ihres Koalitions partners sich öffentlich dafür ausgesprochen haben, dass sich auch das Land finanziell engagiert, um einen gerechten Aus gleich bzw. Rechtsfrieden herzustellen: Haben Sie im Rahmen des Haushaltsaufstellungsverfahrens - wir sprechen ja gerade über den Doppelhaushalt 2017/18 - Mittel angemeldet, die zur Herstellung des Rechtsfriedens oder zur Schaffung eines ge rechten Ausgleichs verwendet werden könnten?
Erstens lese ich das, was Sie soeben vorgetragen haben, aus dem Gutachten nicht heraus. Stellen Sie Ihre Frage deshalb bit te dem Gutachter. Wir wollen einmal sehen, welche der Auffas sungen korrekt ist: die soeben von Ihnen vorgetragene oder die, die ich herauslese. - Es kann auch sein, dass ich mich da irre. Wie gesagt sehe ich die Einlassung anders.
Wir werden im Zuge der Haushaltsdiskussion natürlich darüber nachdenken, in welcher Weise wir - da ist das FAG zum Bei spiel ein geeignetes Mittel - eine Möglichkeit finden, für die Kommunen, die in eine Komplettschieflage geraten sollten, Mittel einzuplanen. Das wird im Zuge der Aufstellung des Haushaltes sicherlich diskutiert werden.
Herr Minister, Sie haben vorhin bei der Beantwortung einer Nachfrage ausgeführt, dass Sie für sich keine direkte Verant wortung sehen und schon gar keine Beteiligung des Landes in Aussicht stellen. Stattdessen haben Sie davon gesprochen, dass sich das alles auf die Gebühren niederschlagen werde. Deshalb meine Frage, weil Ihr Koalitionspartner in Person von Herrn Christoffers auf jeden Fall schon eine Verantwortung festge stellt hat: Sehen Sie das auch so, dass sich aus dem Gutachten eine Verantwortung für Sie ableitet? Gibt es eine Verpflichtung der Landesregierung?
Außerdem: Sie sagten vorhin, was geschieht, wenn es zur In solvenz eines Zweckverbandes kommt. Welche Möglichkeiten haben die betroffenen Zweckverbände und darüber hinaus die Kommunen, die bei der Beitragsrückerstattung entstehenden Finanzierungslücken letztlich ebenfalls auf die Gebührenzahler umzulegen?
Also: Es gibt Kostenanteile, die nicht auf die Gebühren umge legt werden können. Das sind zum Beispiel Mehraufwendun gen, die jetzt im Zuge der Überprüfung von Bescheiden anfal len, oder auch Gerichtskosten. Aber fragen Sie das bitte noch einmal den Gutachter selbst.
Zu der Frage der Verantwortlichkeit: Wissen Sie, was ich ge lernt habe? Wann immer irgendwo ein Problem entsteht, wird reflexartig als derjenige, der alles ausgleichen muss, das Land benannt. Ich sehe das, wenn Sie gestatten, etwas anders. Denn ich weiß, dass an den Stellen, wo sorgfältig gearbeitet, hinge guckt und gerechnet wurde, wo auch einmal eine Kommunal aufsicht aktiv geworden ist, bestimmte Dinge nicht aufgetreten sind. Also kann ich nicht erkennen, dass es eine generelle Ver antwortung des Landes für dieses Problem gibt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir möchten die Sitzung nach Möglichkeit mit Abgeordneten fortsetzen.
Aktionsplan für Akzeptanz von geschlechtlicher und sexueller Vielfalt, für Selbstbestimmung und gegen Homo- und Transphobie in Brandenburg
Bevor die Aussprache beginnt, möchte ich die Gelegenheit nut zen, die Gäste auf der Tribüne zu begrüßen: Schülerinnen und Schüler des Elsterschloss-Gymnasiums Elsterwerda mit ihren polnischen Gastschülern. Herzlich willkommen im Landtag Brandenburg!
Als erste Rednerin zum Tagesordnungspunkt 3 rufe ich für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Abgeordnete Non nemacher auf. Bitte schön.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Be sucher auf der Tribüne! Ich freue mich, dass wir im Landtag einen gemeinsamen Antrag für mehr Vielfalt und Akzeptanz, für die Förderung einer lebendigen, bunten und aufgeschlosse nen Brandenburger Gesellschaft stellen. Es ist ein Antrag ge gen die verstärkte homofeindliche Mobilisierung sowie queer- und genderfeindliche Hetze in Teilen unserer Gesellschaft - und auch hier im Landtag.
Für uns gibt es nur eine Antwort: Hass und Hetze gegenüber Minderheiten haben keinen Platz in unserer demokratischen Gesellschaft.