Protocol of the Session on June 9, 2016

Es antwortet Herr Minister Ludwig.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Eichelbaum, die brandenburgische Justiz steht vor einer grundlegenden Erneuerung ihrer Arbeitsabläufe. Die Einfüh rung des elektronischen Rechtsverkehrs und der damit verbun denen elektronischen Aktenführung macht den Einsatz von In formationstechnik künftig zur unverzichtbaren Voraussetzung für die Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben. Die bestehenden dezentralen und in ihrer Zuständigkeit verteilten Strukturen der IT-Organisation bedürfen daher einer grundlegenden Neuord nung. Mit der Konsolidierung der IT-Organisation schafft die brandenburgische Justiz die unverzichtbaren Grundlagen für einen hochverfügbaren, sicheren und gleichzeitig effizienten Einsatz der Informationstechnik.

Das Ministerium der Justiz und für Europa und Verbraucher schutz hat gemeinsam mit den betroffenen Gerichtsvorständen und Behördenleitungen im Geschäftsbereich der Justiz eine Neuordnung der IT-Organisation vereinbart. Der Kernpunkt hierbei ist die Errichtung des Zentralen IT-Dienstleisters der Justiz, abgekürzt ZenIT, die mit dem angesprochenen Erlass vom 29. März 2016 bereits formal erfolgt ist. Basis ist der Ka binettsbeschluss vom 26. Januar 2016. Die weiteren Grundla gen der neuen IT-Organisation und der Übergang der bestehen den IT-Stellen in die künftigen Strukturen der gemeinsamen IT-Organisation der brandenburgischen Justiz regelt die allge meine Verfügung vom 27. April 2016.

Gemeinsam mit dem Aufbaustab ZenIT werden derzeit insbe sondere die konzeptionellen Vorgaben für den späteren Betrieb des Zentralen Dienstleisters der Justiz erarbeitet. Neben techni schen Konzepten des zukünftigen IT-Einsatzes sind, um nur einige Beispiele zu nennen, auch die Personalfragen oder Fra gen der räumlichen Unterbringung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und des Rechenzentrums zu klären. Unter Berück sichtigung der gesetzlichen Zeitvorgaben zur Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs soll ZenIT bis zum Jahr 2018 in den Regelbetrieb überführt sein.

Es gibt eine Nachfrage. Bitte schön.

Herr Minister, nun ist ja die Einführung von IT-Infrastruktur in der Landesregierung kein Einzelfall, sondern betrifft wahr scheinlich jedes Haus der Landesregierung. Aber nicht jedes Haus bedient sich eines eigenen IT-Dienstleisters und schafft damit eine parallele Struktur zu dem, was sonst im Land üblich ist. Es gibt ja für das Land einen zentralen IT-Dienst leister.

Ich frage daher: Welche Kosten sind voraussichtlich mit der Erstellung dieser Parallelstruktur verbunden? Und in wel chem finanziellen Umfang sind bereits Aufträge ausgelöst worden?

Sehr geehrter Herr Abgeordneter, ich beantworte Ihre Frage in zwei Teilen. Zum einen suchen wir dort, wo es sich anbietet, schon jetzt die gemeinsame Aufgabenerfüllung mit dem ZITBB; den meinten Sie sicherlich in Ihrer Frage. So werden des sen Angebote, zum Beispiel der Zugang ins Landesverwal tungsnetz, selbstverständlich in Anspruch genommen. In Zu kunft sollen technische Konzepte abgestimmt werden, aber auch die Unterbringung des ZenIT soll im Rechenzentrum des ZIT-BB erfolgen.

Die Kosten wiederum sind anders zu beurteilen. Denn beson derer Personalbedarf entsteht durch die Bildung des ZenIT nicht. Die erforderlichen Planstellen werden aus dem bestehen den Stellenplan des MdJEV aufgebracht. Entsprechendes gilt für die dem ZenIT aus dem Haushalt des MdJEV zuzuweisen den Sachmittel. Der erhebliche sachliche und personelle Mehr bedarf für die von Gesetzes wegen erforderliche flächende ckende Eröffnung des elektronischen Rechtsverkehrs - auch davon habe ich gesprochen - mit den Gerichten und für die hiermit zusammenhängende Einführung elektronischer Akten in der Justiz ist unabhängig hiervon zu betrachten.

(Dr. Redmann [CDU]: Das war nicht meine Frage!)

Die Zusammenführung wesentlicher IT-Aufgaben beim Zentralen IT-Dienstleister der Justiz lässt allerdings deutlich geringere Mehrkosten erwarten als die Verwirklichung dieser Auf gaben in getrennt voneinander arbeitenden IT-Stellen.

(Dr. Redmann [CDU]: Sie haben meine Frage nicht be antwortet!)

Vielen Dank. - Die Frage 542 (Verfassungs- und europarecht liche Anforderungen an die Ratifizierung von CETA) wird vom Abgeordneten Büchel gestellt.

In einem der Landesregierung Baden-Württembergs bereits seit Januar vorliegenden Gutachten werden die Auswirkungen des Freihandelsabkommens zwischen der EU und Kanada auf den Gestaltungsspielraum der Länder und Kommunen ausführ lich beleuchtet. Im Ergebnis werden ausgehend vom vorliegen den Vertragsentwurf negative Auswirkungen auf Bereiche fest gestellt, die nach der Kompetenzverteilung des Grundgesetzes den Ländern zugewiesen sind, insbesondere auf die Daseins vorsorge. Nach allgemeiner Auffassung handelt es sich um ein sogenanntes gemischtes Abkommen, das zu seiner Wirksam keit auch der Ratifizierung durch die Mitgliedsstaaten bedarf. Laut Medienberichten plant die EU-Kommission dennoch be reits eine vorläufige Anwendung von Teilen des Handelsab kommens.

Ich frage die Landesregierung: Teilt sie die Ansicht, dass es sich bei CETA europarechtlich um ein gemischtes Abkommen handelt, dessen Wirksamkeit in Gänze neben der Ratifizierung im Bundestag verfassungsrechtlich auch der Einbeziehung des Bundesrats bedarf?

Es antwortet Herr Minister Gerber.

Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Büchel, die Landesregierung teilt die Auffassung, dass es sich um ein gemischtes Abkommen handelt. Das bedeutet, dass neben den EU-Gremien auch die Mitgliedsstaaten dem Abkommen zustimmen müssen und die ser Vorgang wie auch andere Vorgänge, die internationale Han delsabkommen betreffen, auch den Bundesrat erreichen muss. - Danke schön.

Die Frage 543 (Leitzins der EZB) wird von der Abgeordneten Schade gestellt.

Wie unterstützt die Landesregierung die Bemühungen - unter anderem der Sparkassen -, darum, dass der Leitzins der EZB nicht weiter zulasten der Sparer abgesenkt wird?

Es antwortet Herr Minister Görke.

Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Liebe Kolleginnen und Kol legen! Sehr geehrte Frau Schade, was tut die Landesregierung,

damit der Leitzins von der EZB nicht weiter zulasten der Spa rer abgesenkt wird?

Meine Damen und Herren, es gibt Dinge in der Welt, die man vielleicht bedauern, aber nicht ändern kann. Zu diesen Dingen gehört die EZB. Es ist gerade aus der Gründungsidee geboren, dass sie mit dem Recht ausgestattet ist, selbstständig über ihre Instrumente zu entscheiden, die zur Durchführung einer euro päischen Geldpolitik erforderlich sind. Zudem darf die EZB nach der Satzung und den Grundlagen von Organen und Ein richtungen der EU keine Weisungen der Regierungen der EUMitgliedsstaaten oder anderer Stellen einholen oder entgegen nehmen.

Vor diesem Hintergrund scheint es unmöglich, die EZB-Zins entscheidungen maßgeblich zu beeinflussen. Die Landesregie rung enthält sich daher jeglicher Handlungen, die Leitzinsent scheidungen der EZB zu kommentieren bzw. Einfluss darauf zu nehmen. - Vielen Dank.

Die Frage 544 (Versehentliches Besprühen von Menschen mit Dipel ES) wird vom Abgeordneten Raschke gestellt.

Seit mehreren Jahren wird der Eichenprozessionsspinner in Brandenburg mit dem Insektizid Dipel ES besprüht und be kämpft. Dabei kam es mehrfach dazu, dass auch Menschen be sprüht wurden. Wir kennen den Fall aus dem Jahr 2013: Da mals wurde eine Kita überflogen. Am 10. Mai 2016 wurden in der Nähe von Pritzwalk zwei Kinder vom Hubschrauber aus mit Dipel ES besprüht. Daher habe ich im Umweltausschuss nachgefragt, wie oft das vorkommt. Schließlich hat sich der Einsatzleiter mit den Worten zitieren lassen, das passiere jedes Jahr bei einem Einsatz. Das hat mich gewundert, und ich habe nachgefragt. Das Ministerium hat versichert, dass es keine wei teren Fälle gibt. Selbst der Fall aus dem Jahr 2013 sei ihm nicht bekannt. Nur wenige Minuten später musste das Ministerium im Umweltausschuss aber eingestehen, dass es mindestens ei nen weiteren Fall in Potsdam gegeben hat.

Nun ist etwas Zeit vergangen, und ich nutze die Gelegenheit, dem Minister noch einmal die Möglichkeit zu geben, endgültig zu beantworten, wie oft in Brandenburg bei der Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners Menschen mit dem Mittel Dipel ES besprüht wurden.

Es antwortet Herr Minister Vogelsänger.

Herr Vizepräsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeord nete! Ich will darauf verweisen, dass wir im Ausschuss umfas send über den Einsatz von Dipel ES zur Bekämpfung des Ei chenprozessionsspinners diskutiert haben. Wir haben erreicht, dass die Ausbreitung eingedämmt und der Neubefall in den letzten Jahren deutlich reduziert wurde. Die Bekämpfungsflä che im Wald und in den Siedlungsgebieten reduzierte sich von 11 616 Hektar im Jahr 2013 auf ca. 1 350 Hektar. Somit waren die Maßnahmen wirksam - mit Blick auf den Walderhalt, vor

allen Dingen aber den Schutz der Bürgerinnen und Bürger. Ins besondere ein Kontakt mit Eichenprozessionsspinnern kann die Gesundheit der Bürger beeinträchtigen. Auswirkungen des Einsatzes des Mittels auf die menschliche Gesundheit sind hin gegen nicht bekannt.

Kontakte von Personen mit Dipel ES sind ungewollt und be dauerliche - das sage ich deutlich: bedauerliche - Einzelfälle. Laut Recherche betraf das beim Überfliegen 2013 drei Perso nen an verschiedenen Orten sowie eine Gruppe von Erziehern und Kindern, 2014 eine Person, 2015 eine Person und 2016 zwei Personen. Ich habe den Unterschied zwischen 2013 und 2016 dargestellt. Wir haben im Landtag in der vorigen Legisla turperiode umfassend darüber diskutiert. Ich bin froh, dass wir die Ausbreitung des Eichenprozessionsspinners verhindern konnten. Sie ist eine große Gefährdung. Deshalb stehe ich zu dem Einsatz. Das ist eine riesige Leistung, was die Koordinie rung betrifft. Auch im nächsten Jahr wird es nach meiner Ein schätzung wieder einen Einsatz geben müssen. Ich halte ihn für gerechtfertigt, auch im Lichte dessen, was Sie geäußert ha ben. - Vielen Dank.

Es gibt eine Nachfrage.

Vielen Dank, Herr Minister, auch an Ihr Haus, für die ausführ liche Recherche. Sie haben deutlich gemacht, dass die Anzahl der Hektar, die besprüht wurden, deutlich zurückging, die An zahl der besprühten Menschen leider nicht. Sie haben angekün digt, dass nächstes Jahr wieder gesprüht wird.

Es drängt sich die Frage auf: Wie verhindern wir, dass nächstes Jahr statt des Eichenprozessionsspinners Menschen besprüht werden?

Herr Abgeordneter, ich habe das dargestellt: Es sind Einzelfäl le. Es werden einige hundert Hektar besprüht, und das sollte man immer ins Verhältnis setzen. Es wird wieder eine umfas sende Information geben. Die Behörden werden zusammenar beiten. Ich gehe davon aus, dass auch im nächsten Jahr die Be kämpfung notwendig und erfolgreich ist und solche Einzelfälle möglichst verhindert werden. - Herzlichen Dank.

Vielen Dank. - Ich würde noch zwei Fragen stellen lassen. Dann müssen wir die Mittagspause machen; wir sind heute spät dran. Die Frage 545 (Verbleib und Unterbringung der Jungfärse „Zwergi“) wird vom Abgeordneten Folgart gestellt.

In den vergangenen Tagen bewegte das Schicksal des Kalbes „Zwergi“ die Menschen, insbesondere in den Social Media. Ich gebe zu, da nicht so oft präsent zu sein, aber sogar mir ist es aufgefallen.

Das Kalb wurde im Rahmen einer sogenannten nächtlichen „Tierrettung“ von Aktivisten der Organisation „Deutsches Tier schutzbüro e. V.“ aus einem Brandenburger Milchviehbetrieb

gestohlen und befindet sich nach Aussagen der Aktivisten „auf einem Gnadenhof in Brandenburg und darf hier sein Leben zu sammen mit den Kühen ‚Denise‘ und ‚Marla‘ in Freiheit ver bringen“. Zwischenzeitlich ist dadurch nicht nur dem Milch viehbetrieb ein finanzieller Schaden entstanden, sondern es sind auch Zweifel am Verbleib von „Zwergi“ aufgekommen, insbe sondere durch Spender einer sogenannten „Tierpatenschaft“, für die die Organisation wirbt. Eine erste Recherche zuständiger Stellen hat bislang nicht zu Erkenntnissen geführt. Es stellt sich die Frage, ob eine Gefährdung des Tierwohles zu befürchten ist.

Ich frage die Landesregierung: Welche Erkenntnisse zum Ver bleib und zur Unterbringung der Jungfärse „Zwergi“ liegen ihr vor?

(Heiterkeit)

Es antwortet der Innenminister!

(Heiterkeit und starker Beifall - Zuruf: Polizeiliche Er mittlungen!)

Ich würde gern an dem Humor teilhaben; geht es vielleicht et was lauter?

(Heiterkeit - Zuruf: Muuh! - Zuruf von der CDU: Ich würde Denise einkreisen!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, verehrter Herr Folgart, mit Stand von gestern, 15 Uhr, gibt es weder eine Anzeige, noch liegen dem MIK, der Landesregierung Erkenntnisse zum Ver bleib vor. Ich habe die wichtigen Ereignismeldungen der Nacht noch nicht lesen können, gehe aber davon aus, dass man mir, wäre dieses wesentliche Ereignis, das Auffinden „Zwergis“, ein getreten, selbstverständlich davon Kenntnis gegeben hätte.

(Beifall SPD und CDU)

Der Abgeordnete Folgart möchte noch mehr wissen.

(Heiterkeit)

Herr Minister, vielleicht sind Sie in der Lage, eine kurze Wer tung abzugeben: Wenn dieses Tier eventuell gar nicht gestoh len wurde, sondern sich in dem Betrieb befindet, in dem es ge boren wurde, und nur unterstellt wird, dass eine Tierrettung stattgefunden habe, das Tier aus einer Massentierhaltung in ei nen Gnadenhof gebracht worden sei, liegt dann aus Ihrer Sicht ein beklagenswerter - vorgetäuschter - Zustand vor?