Die Erweiterung der kommunalen Kooperation ist kein Ersatz für eine Verwaltungsstrukturreform. Das hat die Enquetekom mission 5/1 so gesehen, das wird im Leitbildentwurf begründet und wird auch durch Heimattümelei nicht entkräftet. Freiwillige Zusammenarbeit geht mit tendenziell unübersichtlichen, mangelhaft legitimierten und kontrollierten Strukturen, erhöh tem Koordinationsaufwand und größerer Instabilität einher - manche Zweckverbände sind uns da eine Mahnung.
Freiwillige Kooperation birgt auch die Gefahr, dass starke Kom munen sich für autark erklären oder sich einen starken Partner suchen. Wer kümmert sich um die, die Probleme haben? Blei ben die Schwachen alleine zurück? Wer fühlt sich denn noch zu solidarischem Ausgleich verpflichtet? Diese Ausgleichs funktion - ich komme zum Ende - ist unsere Aufgabe als Lan desgesetzgeber. Wer „Meine Heimat Brandenburg“ ernst meint,
darf nicht den Kopf in den Sand stecken und muss den Aus gleich extrem divergierender Partikularinteressen organisieren.
Dieses Leitbild ist kein grünes Leitbild. Wir haben unsere Agen da ausformuliert und sehen Nachsteuerungsbedarf. Wir sind aber seit Jahren gesprächsbereit. Am Ende wird es auf ein gu tes Gesamtpaket ankommen. - Ich danke Ihnen.
Vielen Dank. - Es ist eine Kurzintervention angezeigt worden. Herr Königer, Sie haben nun Gelegenheit dazu.
Wenn Sie nicht bemerkt haben, dass ich in den Ausschusssit zungen - sowohl am Donnerstag als auch am Freitag - Fragen gestellt habe, könnte das vielleicht daran gelegen haben, dass Sie zum betreffenden Zeitpunkt nicht mehr im Saal weilten - das kann mal passieren. Lesen Sie das Protokoll, daraus erfah ren Sie dann auch, was ich gefragt habe.
Frau Nonnemacher, die Ablehnung dieses Pakets von 64 % scheint Ihrer Fraktion Ansporn zu sein, daraus noch 80 % zu machen.
Wenn Sie so scharf auf manchen dieser roten Sessel sind, ge ben Sie es doch auf und treten Sie in Koalitionsverhandlungen ein! Im nächsten Landtag werden Sie wahrscheinlich nicht mehr sitzen, wenn Sie weiter so Politik machen.
Zum Stichwort Heimattümelei: Frau Nonnemacher, Sie sind als Westdeutsche hier im Osten immer noch nicht integriert.
Sonst würden Sie die Gefühle von Brandenburgern verstehen und könnten nachvollziehen, warum sie an ihrer Heimat hän gen - an ihren kreisfreien Städten Frankfurt (Oder), Cottbus und Brandenburg an der Havel. Aber dieses Gefühl können Sie nicht nachvollziehen.
Ich fordere Sie auf: Machen Sie ruhig so weiter; dann werden wir aus den nächsten Wahlen mit einem deutlich besseren Er gebnis als bei den letzten Wahlen hervorgehen. - Danke schön.
Frau Präsidentin, ich wiederhole mich ungern, aber ich sage nur den einen Satz: Man muss ihn einfach nur reden lassen. - Danke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Wir haben heute von allen Seiten große Überschriften, Worte und Plattitüden gehört. Ich erlaube mir, auf das das seit einigen Wo chen vorliegende Papier von SPD und Linken zurückzukom men. Vielleicht wird es der Sache gerecht, wenn wir uns an den dort vorgetragenen Argumenten und Gesichtspunkten entlang hangeln und die inhaltliche Diskussion nicht scheuen - das richtet sich an alle.
Das vorliegende Papier geht von kalkulatorisch falschen Grund lagen aus. Es wird massiv und gerade zu Beginn mit dem Be völkerungsrückgang argumentiert - mit dem Bevölkerungs rückgang,
der bei unserem Antrag auf Landtagsverkleinerung noch ge leugnet wurde. Wir schlugen damals vor: Angesichts des sich abzeichnenden Rückgangs - übrigens seit 1990 - wäre eine Landtagsverkleinerung angezeigt. Da wurde uns von der SPD entgegengehalten, wir wüssten nicht, was 2030 oder 2040 kommt, deswegen sei ein solcher Antrag nicht nötig. Genau diese Zahlen werden nun aber herangezogen, um die Verwal tungsreform zu begründen.
Des Weiteren wird das Sinken der Steuereinnahmen deutlich pessimistischer dargestellt, als es sich realistisch betrachtet abzeichnet. Sie argumentieren mit dem Wegfall des Solidar pakts II. Dass sich der Wegfall abzeichnet, ist natürlich korrekt. Das hat aber keinerlei strukturelle Auswirkungen - das ist ein strukturunabhängiger Fakt, der selbstverständlich bundesrecht lich bedingt ist.
Des Weiteren heißt es bereits im vorderen Teil Ihres Papiers, dass die Nichtdurchführung der Reform zu finanziellen Nach
teilen führen könnte, die aber nicht errechnet werden können. Sie sagen also: Wir können es nicht errechnen; aber es wäre auf jeden Fall schlechter. - Diese knappe Begründung sollen wir hinnehmen, um darauf basierend diesen Schritt zu vollziehen.
Des Weiteren wird mit einer gravierenden statistischen Un wahrheit argumentiert. Das ist immer das Steckenpferd des In nenministers. Auf Seite 12 steht:
„Tendenziell gilt, dass einwohnerzahlbedingt größere Or ganisationseinheiten in aller Regel günstigere Kostenver läufe aufweisen […].“
Das Gegenteil ist der Fall. Schauen Sie sich den bundesweiten Vergleich an: Größere Kreise führen nicht zu Einsparungen beim Personal oder beim Verwaltungsaufwand. Es gibt keiner lei linearen Trend in die eine oder andere Richtung. Herr Mi nister, kommen Sie mir nicht mit Regierungspräsidien - das Argument führen Sie immer wieder ins Feld -; die gibt es nur in vier von 16 Bundesländern.
Wir erkennen auch keinen kausalen Zusammenhang zwischen dem Sinken der Bevölkerungszahlen und dem Strukturverän derungsbedarf. Die Möglichkeiten der interkommunalen Ko operation werden mit dem Argument beiseite gewischt, dass dann die Kommunen die Kooperationsfelder sowie Art und Dauer der Kooperation frei bestimmen könnten. - Ja, genau das ist der Sinn kommunaler Kooperation: dass man für die Felder, wo man es braucht, wo man Fallzahlen erhöhen möchte, die Zusammenarbeit sucht, in anderen Feldern aber eher die kom munale Selbstverwaltung betont. Genau das ist die Flexibilität. Genau das ist die kommunale Selbstverwaltung, die Sie angeb lich verteidigen wollen, aber im Rahmen der interkommunalen Zusammenarbeit wesentlich leichter haben könnten.
Und da sagen Sie noch, dass das zu Intransparenz und Bürger ferne führen würde. Das ist natürlich krasser Blödsinn, wenn man sich ansieht, wie das in den Gemeinden und Ämtern läuft, wo das praktiziert wird, wo die Leute demokratische Legitima tion haben, aber nötigenfalls auch über den Tellerrand blicken können. Das ist widerlegt. Deswegen sagen wir als BVB/ FREIE WÄHLER, dass man eine fünf- bis zehnjährige Evalua tionsphase starten sollte, um die Kooperationsformen zu testen und Schlussfolgerungen daraus zu ziehen.
Des Weiteren sehe ich erhebliche Demokratiedefizite. Sie be haupten in dem Papier doch ernsthaft, dass es bei manchen kommunalen Vertretern Kritik an der Reform gebe. Ich bitte Sie! Die richtige Zusammenfassung des Dialogprozesses wäre, dass die Reform flächendeckend - ob kreisangehörig oder kreisfreie Städte - grundsätzlich abgelehnt wird. Sie glauben den Unsinn, dass es nur leise Kritik gebe, womöglich noch.
Wir sagen auch - abweichend von der Mehrheitsmeinung hier im Landtag -: Bestimmung der Kreisstädte nicht durch den Landtag, sondern durch einen Bürgerentscheid der betroffenen Bevölkerung der zusammenzulegenden Landkreise am Tag der Kommunalwahl 2019!
Schwach ist auch der Umgang, meine Damen und Herren, mit den Funktionalreformoptionen. Bei der Funktionalreform I drücken Sie Misstrauen gegenüber den Kreisen aus. Erhalt von Landesweisungsbefugnis soll ausgebaut werden. - Funktional reform I? - Deutlich ausgedünnt. Front- und Backoffice-Lösun gen werden in einem Satz abgehandelt nach dem Motto: Wenn
möglich, dann machen! - Sie sagen selbst, dass die kreisfreien Städte hier mit dem Verlust der kommunalen Selbstverwaltung einhergehen oder darunter zu leiden haben. Das wird von Ihnen einfach so abgefrühstückt.
Aber auch bei den Gemeinden erleben wir - Funktionalre form II -, dass es da nur heißt: Wir bitten die Landesregierung, den Katalog zu erweitern. - Das ist die parlamentarisch-legisla tive Leistung Ihrer beiden Fraktionen. Sie bitten die Landesre gierung darum, da ein bisschen was zu machen!
Nein, meine Damen und Herren, auch für die Gemeinden brau chen wir Mindestwerte. Die Zahl von 8 000 Einwohnern im ländlichen Raum ist viel zu hoch. Auch hier bedarf es eines Flächenfaktors, der der Siedlungsstruktur des ländlichen Rau mes gerecht wird.
Und schließlich geht es auch darum, wie mit den Menschen umgegangen wird. Einen Dialog führen heißt Zuhören, Disku tieren und Lernen. Und nicht: Sie reden und reden und reden, machen Ihre eigenen Zusammenfassungen und beleidigen wo möglich noch die Leute - wie der Innenminister, der sich her ablassend über Brandenburg an der Havel äußert, sich herab lassend über die Einwohnerschaft von Frankfurt (Oder) äußert oder eine solche Spitze bringt wie vor einer Woche oder zehn Tagen, als es dann hieß: Demo von Verwaltungsmitarbeitern - und der Innenminister verkündet: Ich kenne solche Veranstal tungen. Die Leute sind alkoholisiert und pöbeln herum. - Herr Minister, deutlicher kann man seine Verachtung gegenüber ei nem breiten demokratischen bürgernahen Dialog nicht zum Ausdruck bringen.
Ich muss Sie wirklich fragen: Alkoholisiert - vormittags um neun? - Herr Minister, das war eine Demo von Verwaltungsan gestellten und kein SPD-Parteitag!