Protocol of the Session on June 9, 2016

Nun sieht die SPD-Bundestagsfraktion tatsächlich auch Grün de, aus denen das Bargeld nicht abgeschafft werden darf, und stellt fest: Online- und Kartenzahlungssysteme sind fehleran fällig und nicht so sicher wie das Bargeld in der Geldbörse. - Auch Datenschutzgründe werden angeführt. Das kommt Ihnen bekannt vor, nicht wahr? Das haben wir als AfD schon mal ge sagt. Diese Argumente kennen Sie aus den vorangegangenen Plenarsitzungen.

(Wichmann [CDU]: Das ist jetzt das dritte Mal!)

- Sehr gut, Sie können zählen! Prima!

In einer Anhörung im Landtag Nordrhein-Westfalen am 3. Mai 2016 zur Barzahlungsobergrenze hat der Sachverständige der Deutschen Bundesbank von einem „War on Cash“, also dem Krieg gegen das Bargeld gesprochen. Von elf dort geladenen Sachverständigen haben sich zehn gegen eine Obergrenze aus gesprochen.

Die überwiegende Anzahl der Experten ist sich einig, dass Geldwäsche und Schwarzarbeit mit einer Bargeldobergrenze nicht wirksam eingedämmt werden können. Hören wir auf die Deutsche Bundesbank! Sie sagt: Auch sind der Bundesbank keine wissenschaftlichen Untersuchungen bekannt, die die Wirk samkeit von Barzahlungsgrenzen zweifelsfrei belegen oder zu mindest einen signifikanten Zusammenhang nachweisen. Eu robanknoten sind zudem das einzig unbeschränkte gesetzliche Zahlungsmittel und für Anleger die einzige Möglichkeit, siche res Zentralbankgeld zu halten. Die Einführung einer Barzah lungsobergrenze würde dazu führen, dass Banknoten die Qua lität des unbeschränkten gesetzlichen Zahlungsmittels verlö ren. - So weit die Deutsche Bundesbank, deren Ausführungen wir uns hier nur anschließen können.

Bargeld generell als kriminelles Tatmittel darzustellen macht alle Bürger pauschal zu Tätern. Diesen pauschalen Unterstel lungen treten wir entschieden entgegen. Wir lassen nicht zu, dass unsere Bürger - auch unsere Brandenburger Bürger - pau schal verurteilt werden. Der Justizminister soll seine Arbeit tun und die Kriminellen stoppen. Mit einer Bargeldeinschränkung würden wir die Bürgerfreiheiten verlieren, ohne Kriminellen das Handwerk zu legen.

Warum wendet man sich nicht gegen die Steuerparadiese? Sie kennen sie alle: Zypern, Kanalinseln, Gibraltar, Delaware. Die gibt es nämlich schon sehr lange, und gegen sie hätte man

längst vorgehen können. Aber das würde ja zu Schwierigkeiten und Verwicklungen führen, die beim eigenen - gesetzestreuen - Bürger nicht zu befürchten sind. Von ihm wird nämlich erwar tet, dass er die Leute, die ihn enteignen wollen, zum Dank noch wiederwählt.

Kommen wir nun noch zur Einschätzung der SPD-Bundestags fraktion, dass die Bargeldeinschränkungen nur deshalb ins Au ge gefasst werden, weil die EZB negative Zinsen einführen und damit die Sparer schleichend enteignen möchte.

Meine Damen und Herren, die Sparer in unserem Land erlei den Verluste, und zwar enorme Verluste. Die Niedrigzinspoli tik der EZB macht das Sparen unattraktiv. Mit einer weiteren Absenkung der Einlagenzinsen muss gerechnet werden. In al ler Regel hat der normale Sparer keine Möglichkeit, auf andere Anlageformen auszuweichen.

Die Abschaffung oder Einschränkung des Bargeldes würde diesen Effekt nur noch verstärken, hat er doch ohne Bargeld keine Möglichkeit, die Gefahr einer Negativzinsbelastung zu umgehen. Worin besteht da der Sinn? Oder ist es der Sinn der Unternehmung - das kann ja auch möglich sein -, den Sparer zu zwingen, das schwerverdiente und versteuerte Geld in unat traktive Anlagen zu investieren?

(Wichmann [CDU]: Was schlagen Sie denn eigentlich vor?)

Im Übrigen hat Deutschland seit 2008 ca. 327 Milliarden Euro verloren. Aber das nur nebenbei gesagt; die Lösung kommt nachher.

(Wichmann [CDU]: Wie, nachher?)

Der nächste Schritt ist die Einführung negativer Zinsen, denen sich die Menschen nur entziehen können, solange es Bargeld gibt. Und genau deshalb soll es ihnen in physischer Form ent zogen werden.

(Zuruf der Abgeordneten Muhß [SPD])

Zugegebenermaßen eine elegante Lösung, allerdings kamen weder die Bolschewiken in Russland noch die ständig vom Bankrott bedrohte DDR-Regierung auf diese widrige Idee. Sie hätten es nicht gewagt, ihr Volk dermaßen herauszufordern. Die Landesregierung muss endlich mit allen anderen Bundes ländern gemeinsam eingreifen und dem Treiben der EZB mit ihrer Niedrigzinspolitik ein Ende bereiten, allein schon aus ei genem Interesse und aus der Verpflichtung heraus, die die Lan desregierung für ihr Land und ihre Bevölkerung hat. - Ich dan ke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall AfD)

Bevor ich den nächsten Redner aufrufe, möchte ich sehr herz lich eine große Besuchergruppe, und zwar Besucher der Hypo Vereinsbank AG, begrüßen. Herzlich willkommen im Landtag Brandenburg; da haben wir genau das richtige Fachpublikum zu diesem spannenden Thema!

(Allgemeiner Beifall - Heiterkeit)

Wir setzen die Aussprache fort. Zu uns spricht der Abgeordnete Schmidt für die Fraktionen SPD, DIE LINKE und BÜND NIS 90/DIE GRÜNEN.

(Vogel [B90/GRÜNE]: Unser Redner!)

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kollegin nen und Kollegen! Ich glaube, ich muss jetzt besonders aufpas sen, was ich hier vortrage, damit ich nichts Falsches sage.

(Heiterkeit)

Als ich die Überschrift des vorliegenden Antrags „Sparer schützen - Niedrigzinspolitik korrigieren“ las, war ich ge spannt, was sich dahinter verbirgt und welche Begründungen für diesen Antrag herangezogen werden. Sie können sich viel leicht vorstellen, wie überrascht ich war, als ich im Antrag le sen musste, dass wir uns noch einmal mit der Abschaffung des Bargeldes befassen sollen.

(Wichmann [CDU]: Ja, zum dritten Mal!)

In meiner letzten Rede zum Thema Bargeldabschaffung hatte ich der Hoffnung Ausdruck verliehen, dass wir uns nicht noch einmal damit beschäftigen müssen. Anscheinend hat die AfDFraktion aber nur einen eingeschränkten Themenkreis zur Ver fügung.

(Beifall SPD, DIE LINKE, CDU, B90/GRÜNE, BVB/ FREIE WÄHLER Gruppe - Frau Schade [AfD]: Genau!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sollen uns in dem Be schluss gegen die angeblich grundgesetzwidrige Niedrigzins politik der EZB aussprechen. Mir hat sich noch nicht erschlos sen, was an der Zinspolitik der EZB gegen das Grundgesetz verstößt. Die EZB versucht mit ihren Möglichkeiten, die Kon junktur in unseren Nachbarländern zu stimulieren. Über die Erfolge kann man diskutieren und die Maßnahmen infrage stel len. Aber einen Verstoß gegen unser Grundgesetz vermag ich nicht zu erkennen. Oder will die AfD jetzt auch noch die Unab hängigkeit der Deutschen Bundesbank und der Europäischen Zentralbank infrage stellen? Sollen die Institutionen gar abge schafft werden? - Ich hoffe doch sehr, dass wir das gemeinsam verhindern können. Schon wegen der Unabhängigkeit der Deutschen Bundesbank und der Europäischen Zentralbank geht dieser Antrag ins Leere.

Meine Damen und Herren, wir sind als Bank- oder Sparkas senkunden von den niedrigen Zinsen betroffen. Viele Anleger sorgen sich um ihre Ersparnisse, was durchaus verständlich ist. Vor dem Hintergrund der vieldiskutierten Negativzinsen, die das Euro-System seinen Geschäftspartnern für bestimmte Guthaben berechnet, stellt sich einigen vielleicht auch die Fra ge, ob negative Sparzinsen auch für Privatpersonen denkbar sind. Die letzte Leitzinssenkung spielt dabei eine nachrangige Rolle.

Nach einer Branchenstudie würden etwa 80 % der Sparer ihr Guthaben bei Banken und Sparkassen auflösen, wenn diese ih nen eine negative Verzinsung berechneten. Der Studie zufolge ist es aber unwahrscheinlich, dass die abgehobenen Gelder dann der Realwirtschaft zugutekämen. Die meisten Menschen

würden das Geld wohl eher zu Hause horten, als es in eine an dere Anlageform zu investieren.

(Galau [AfD]: Aha!)

Erstaunlich ist, dass trotz der niedrigen Zinssätze weiter ge spart wird. Bestätigt wird dies auch in einer Umfrage der deut schen Sparkassenorganisation. Dort wurde festgestellt: Die Deutschen sind keine Zinsjäger. Gerade in Zeiten großer Unsi cherheiten aufgrund niedriger Zinsen zeigen sich unsere Tu genden der Sparsamkeit und Vorsicht. Als wichtigste Kriterien nennen die Bundesbürger Sicherheit, Flexibilität und Verfüg barkeit. Die Rendite folgt erst auf Platz vier. So weit zu den Ergebnissen der Umfrage.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, im Antrag der AfDFraktion wird auch ausgeführt, dass deutsche Sparer durch die Niedrigzinspolitik zwischen 2010 und 2015 per saldo um 200 Milliarden Euro geschädigt wurden. Die Antragsteller be ziehen sich dabei auf eine Studie der DZ-Bank. Im Beitrag der DZ-Bank wurde jedoch das Durchschnittsniveau der Renditen in Normalzeiten herangezogen, also rund 3,4 %. Bei einem sol chen Vergleich wird dann von Einkommenseinbußen gespro chen und nicht von Schädigungen oder Verlusten.

(Christoffers [DIE LINKE]: Richtig!)

Meines Erachtens ist die Inflationsrate für einen möglichen Werteverlust als Vergleich heranzuziehen.

(Vogel [B90/GRÜNE]: Genau!)

Ebenso, wie wir ein sehr niedriges Zinsniveau haben, haben wir auch eine sehr niedrige Teuerungsrate von 0,16 % im Jah resdurchschnitt 2016. Die Zinssätze für Spareinlagen mit dreimonatiger Kündigungsfrist liegen bei knapp über 0 %. Es ist also nicht so, dass es im Niedrigzinsumfeld besonders unat traktiv wäre, Ersparnisse zu bilden. Entscheidend ist nämlich nicht nur die Verzinsung der sicheren Spareinlagen, sondern auch die Rendite, die Sie mit einer anderen Anlageform erzie len, also Aktien, Anleihen, Immobilien etc. Es ist zurzeit sogar möglich, einen realen Wertzuwachs des Geldvermögens zu er zielen, ganz im Gegensatz zu Zeiten, als es eine Verzinsung von 3 % auf die Spareinlage gab und die Inflationsrate bei etwa 5 % lag.

(Zuruf der Abgeordneten Schade [AfD])

Aber die Medaille hat zwei Seiten, meine Damen und Herren. Die eine Seite - die Seite der Anleger - habe ich kurz ange sprochen. Die andere Seite - die Seite der Kreditnehmer - will ich nicht vernachlässigen. Sie profitieren von den niedrigen Zinssätzen. Es sind die Bürgerinnen und Bürger, die einen Kredit zum Beispiel für einen Autokauf aufnehmen, oder es sind die vielen Bauherrn und Käufer von Immobilien, die Kre dite aufnehmen. Sie nutzen das niedrige Zinsniveau und ver einbaren nach Möglichkeit lange Zinsbindungen. Sie alle le gen einen Teil des Ersparten in diesen Käufen an und finanzie ren den Rest zu sehr niedrigen Zinssätzen. Dies gilt natürlich auch für Investitionen in der gewerblichen Wirtschaft, und auch der Haushalt des Landes Brandenburg profitiert wie alle anderen öffentlichen Haushalte stark von den niedrigen Zins sätzen.

Meine Damen und Herren, mit diesen Beispielen will ich deut lich machen, dass die AfD wieder einmal Schwarzmalerei be treibt. Auch im Niedrigzinsumfeld kann ein Anleger durch eine Diversifizierung der Anlagen auskömmliche Renditen erzielen. Dieses Umfeld stimuliert den einen oder anderen zu Investitio nen im privaten oder gewerblichen Bereich, auch ohne hoch risikobehaftete Anlagen zu tätigen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, noch kurz etwas zur Abschaf fung des Bargeldes. Als jemand, der sein Berufsleben in einem Kreditinstitut zugebracht hat, weiß ich, dass die Kunden sich das Bargeld nicht nehmen lassen. Die Diskussion darum verun sichert die Menschen. Dr. Jens Weidmann von der Deutschen Bundesbank hat kürzlich in einem Interview noch einmal deut lich gemacht, dass der EZB-Rat sich eindeutig zum Bargeld be kennt, und auch die Deutsche Bundesbank bekennt sich danach weiterhin klar dazu. Da brauche ich die SPD-Bundestagsfraktion nicht zu bemühen. Auch Bundesfinanzminister Schäuble sagt: Das Bargeld wird nicht abgeschafft. - Ich bin auch davon überzeugt, dass es keine Obergrenzen für Bargeld geben wird.

Die Koalitionsfraktionen und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, für die ich heute auch sprechen durfte, werden Ih ren Antrag ablehnen.

(Beifall SPD, DIE LINKE, B90/GRÜNE, BVB/FREIE WÄHLER Gruppe sowie vereinzelt CDU)

Vielen Dank. - Die CDU-Fraktion hat Verzicht erklärt, die Lan desregierung ebenfalls, sodass die Abgeordnete Schade noch einmal das Wort erhält.

(Zuruf des Abgeordneten Bretz [CDU])

Herr Bretz, ich muss zugeben: Ich bin jetzt traurig.

(Bretz [CDU]: Weil Sie Ihre Rede nicht mehr halten kön nen!)

- Nein, das mache ich doch. - Meine Damen und Herren, Ihren Ausführungen zu folgen ist nicht immer ein Vergnügen, zeigen sie doch, dass Sie den Ernst der Lage immer noch nicht erkannt haben.

(Zurufe von der SPD)