Protocol of the Session on April 30, 2015

Ich bin gespannt. Ich gehe davon aus, dass das letzte Wort hinsichtlich dieser strukturellen Aspekte noch nicht gesprochen ist. Wir werden sehen, wie es weitergeht. Ich denke, wir sollten diesen etwas unglücklichen Umstand hinsichtlich des Gesetzes zum Anlass nehmen - deshalb begrüßen wir den vorliegenden Antrag -, fehlerhafte Entscheidungen zu korrigieren und im Ausschuss einige grundsätzliche Betrachtungen anzustellen, um die Kompetenzen der ehemaligen Grundzentren zu nutzen und gleichzeitig eine verbindliche Rechtssicherheit für Städte und Gemeinden zu schaffen.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich an das Schreiben des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg erinnern, in dem es um den damaligen Entwurf des Landesentwicklungsplans ging. Ich zitiere:

„Dem Vernehmen nach wurden von rund 700 einzelnen Hinweisen, Anregungen und Bedenken ganze 16 berücksichtigt.“

Wenn ich lese, dass ganze 16 von rund 700 Hinweisen, Anregungen und Bedenken engagierter Städte und Gemeinden Berücksichtigung fanden, so hätte ich mir da eine stärkere Beteiligung vorstellen können. Ich bin der Ansicht, dass dies kein Prozess ist, der so bleiben kann, sondern sehe da Verbesserungsbedarf. Hierfür muss dringend eine Lösung gefunden werden. Ich glaube nicht, dass sie idealerweise darin liegt, dass man weiterhin auf diese Zweiteilung vertraut. Wir brauchen einen neuen Landesentwicklungsplan mit einem umfangreichen Beteiligungsverfahren. Wir sollten Chancen nutzen, einen kommunalen Dialog zu führen. Stärken wir die Beteiligung der Städte und Gemeinden! Dahin gehend befürworten wir den Antrag und werden ihm zustimmen. - Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Danke schön. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht der Abgeordnete Jungclaus.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Gäste! Frau Kircheis, einerseits haben Sie es schon vorweggenommen: Sie werden den Antrag ablehnen. Andererseits habe ich wohlwollend gehört, dass Sie darüber im Ausschuss reden wollen. Ein Blick auf die Tagesordnung lässt darauf schließen, dass man vielleicht doch zusammenkommt, denn wir haben ja die Überweisung beantragt. Vielleicht können Sie sich, wenn Sie im Ausschuss wirklich darüber reden wollen, dazu überreden lassen, den Antrag zu überweisen.

Seit dem 31. März ist der Landesentwicklungsplan BerlinBrandenburg aufgrund der Klage von 16 Kommunen schlussendlich für ungültig erklärt worden. Dies hat zur Folge, dass nun ein Gemisch von alten Vorgängerplänen gilt. Das ist misslich und sorgt verständlicherweise für Verunsicherung. Wie in der Urteilsbegründung des Oberverwaltungsgerichts BerlinBrandenburg vom vergangenen Sommer zu lesen ist, wird das aktuelle Vorgehen der Landesregierung, lediglich die Verletzung des Zitiergebots zu beheben und den bisherigen Landesentwicklungsplan wieder in Kraft zu setzen, als unzulässig angesehen. Weil es darum auch in diversen Wortbeiträgen ging, zitiere ich aus der Urteilsbegründung:

„Hat der Verordnungsgeber das Zitiergebot nicht beachtet, kann die Ergänzung der Eingangsformel auch nicht nachgeholt werden. Eine Verordnung, für die die Ermächtigungsgrundlage nicht oder nicht vollständig angegeben wurde, muss vielmehr neu erlassen werden, wobei dann hier für die Abwägung die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über den neuen Raumordnungsplan maßgebend ist.“

Nach der Urteilsbegründung reicht es also nicht aus, nur in der Eingangsformel der Verordnung das fehlende Zitat zum Brandenburgischen Landesplanungsgesetz nachzuholen. Sie müssen auch die aktuelle Sach- und Rechtslage, also beispielsweise das novellierte Raumordnungsgesetz, berücksichtigen. Sie wis

sen das nun seit fast einem Jahr und halten dennoch stur an Ihrer Auffassung fest. Es ist also abzusehen, dass Sie mit Ihrem eingeschlagenen juristischen Weg gegen die Wand fahren und die unsichere Lage im Hinblick auf den Landesentwicklungsplan weiter verschärfen.

Nötig wäre jetzt, die aktuelle Situation zum Anlass zu nehmen, die Landesentwicklungsplanung für Brandenburg neu zu starten und mit den Kommunen in einen echten, ergebnisoffenen Dialog zu treten. Die derzeit laufende Evaluierung mit entsprechenden Fragebögen ist ein zögerlicher Anfang, doch halten wir die Art und Weise, wie Sie dies bewerkstelligen, für ungeeignet. Sie beglücken die Kommunen mit vorgefertigten Antworten, anstatt bereits frühzeitig eine breite Meinungsvielfalt zuzulassen. Die geringe Resonanz zeigt ja, dass dies der falsche Weg ist.

Wir erwarten von Ihnen, dass Sie die zentrale Forderung der Kommunen nach der Wiedereinführung der Grundzentren ernsthaft prüfen und in Zusammenarbeit mit den Kommunen geeignete Regelungen für einen neuen Landesentwicklungsplan finden - nicht nur, weil Brandenburg das einzige Bundesland ist, das keine Grundzentren mehr besitzt. Hier werden den betroffenen Kommunen wesentliche Entwicklungsmöglichkeiten genommen und Finanzmittel vorenthalten. In einem dünn besiedelten Land wie Brandenburg sollte gerade Kommunen in den ländlichen Räumen die Möglichkeit gegeben werden, für gleichwertige Lebensverhältnisse zu sorgen. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels halten wir die Konzentration auf die Mittelzentren für höchst fragwürdig.

Wir sehen es daher als dringend geboten an, dass sich das Malheur aus der vorletzten Legislaturperiode nicht wiederholt. Es wurde damals kein Benehmen mit dem zuständigen Fachausschuss hergestellt und der Landesentwicklungsplan mit wesentlichen Änderungen am Parlament vorbei beschlossen. Wir wollen uns mit diesem Thema intensiv auseinandersetzen und als Abgeordnete politische Mitverantwortung übernehmen. Deshalb sollte das Landesplanungsrecht angepasst werden und ein Einvernehmen mit dem Landtag im Gesetz zum Ausdruck kommen.

So, wie es in der Vergangenheit gelaufen ist, verstehe ich nicht recht, Frau Ministerin, dass es da solch einen Widerstand gibt, denn eigentlich sollten Sie Interesse daran haben, das Ganze einer breiten Unterstützung zu unterziehen. Wie bereits in der vergangenen Infrastrukturausschusssitzung verdeutlicht, halten wir eine umfangreiche Auseinandersetzung im Ausschuss für dringend erforderlich. Es geht um nichts weniger als um die Entwicklung unseres Landes.

Wir bitten Sie deshalb um Überweisung unseres gemeinsam mit den Freien Wählern gestellten Antrags an den Ausschuss für Infrastruktur und Landesplanung, damit über den Landesentwicklungsplan nicht nur in den Hinterzimmern des Ministeriums und der Gemeinsamen Landesplanung diskutiert und entschieden wird, sondern auch hier im Parlament. - Vielen Dank.

(Beifall B90/GRÜNE)

Vielen Dank. - Für die Landesregierung spricht Ministerin Schneider.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Rechtsverordnung zum Landesentwicklungsplan Berlin-Brandenburg ist aus formalen Gründen für unwirksam erklärt worden. Warum, ist in verschiedenen Beiträgen schon ausführlich dargelegt worden. Dem ging ein umfassender Austausch von Schriftsätzen über vier Jahre voraus, die sich mit sehr vielen inhaltlichen Aspekten befasst haben, und ich glaube, in der Verhandlung waren alle Beteiligten von dem Ergebnis dieses Austausches und dieser Befassung überrascht, davon, dass ein rein formaler Grund zur Unwirksamkeit führt, das Gericht sich in der Entscheidung letztlich nicht mit Inhalten auseinandergesetzt und - Zitat aus der Urteilsbegründung

„im Übrigen festgestellt hat, dass die Rechtsverordnung der Landesregierung Brandenburg über den Landesentwicklungsplan LEP B-B entgegen der Ansicht der Antragstellerinnen unter Beteiligung des zuständigen Landtagsausschusses formell rechtmäßig zustande gekommen ist.“

Was heißt das jetzt? Die Vorgängerpläne, die vor 15 Jahren aktuell waren und auf Planungen von vor 20 Jahren basieren, leben auf - das führt selbstverständlich zu rechtlichen und fachlichen Unsicherheiten in der Anwendung. Für das Berliner Umland - das ist ja auch erheblich betroffen - ist es im Übrigen so, dass viele Regelungen aus den Vorgängerplänen weitaus schärfer sind als die im jetzt unwirksamen LEP B-B.

Das heißt, der erste nötige Schritt ist, auf der Basis des Raumordnungsgesetzes die Möglichkeit zu nutzen, wieder eine klare Planungsgrundlage zu schaffen. Die Landesregierung hat deswegen in der vergangenen Kabinettssitzung am Dienstag die Rechtsverordnung neu beschlossen. Ja, sie ist neu zu beschließen, wie das OVG gesagt hat, und das hat die Landesregierung getan. Unterschiedliche Auffassungen haben wir, inwieweit da jetzt eine neue Abwägung angestoßen werden muss. Folgendes sagen wir: Nein, selbst bei Verstreichen eines längeren Zeitraumes ist das möglich; man kann den Landesentwicklungsplan rückwirkend in Kraft setzen, weil er auch nach der geltenden Fassung - nach den geltenden Grundlagen jedenfalls - nicht unhaltbar im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geworden ist. So weit zu der Heilung.

Mit der Finanzierung der Grundzentren hat das alles im Übrigen überhaupt gar nichts zu tun. Das FAG ist zum 1. Januar 2007, also fast zweieinhalb Jahre vor Inkraftsetzung des LEP B-B, verändert worden, und auf der Basis der dort herangezogenen Gutachten ist die Entscheidung zur Finanzierung der Grundzentren getroffen worden.

Völlig unabhängig davon evaluieren wir den Landesentwicklungsplan. Wir haben eine Befragung der kommunalen Planungsakteure in Gang gesetzt. Natürlich ging es darum auch in der Debatte mit dem Städte- und Gemeindebund: Ihr habt die Fragen vorgefertigt, die müssen wir beantworten. - Da haben wir gesagt: Nein, müsst ihr nicht, ihr könnt das Blatt umdrehen. Nehmt die leere Seite und schreibt drauf, was ihr an Hinweisen zum Landesentwicklungsplan vorzubringen habt. - Diese Debatten haben offensichtlich dazu geführt, dass sich jetzt noch mehrere Kommunen an der Fragebogenaktion beteiligen, ihre Sicht der Dinge einbringen wollen und Fristverlängerung

beantragt haben. Darüber freuen wir uns und hoffen, dass wir damit diesen ersten Schritt der Evaluierung zusammen mit der kommunalen Familie - etwas anderes können wir uns gar nicht vorstellen - gehen können.

Die Ergebnisse dieser Befragung sollen im IV. Quartal dieses Jahres mit den kommunalen Planungsakteuren ausgewertet werden. Sie sollen in regionalen Veranstaltungen erörtert werden und sind dann die Basis für die weiteren Schritte. Wir sind also noch ziemlich am Anfang.

Vorfestlegungen, auch zum Zentrale-Orte-System, sind wenig hilfreich. Es wird ein transparentes Verfahren geben. Wir werden es nicht in den Hinterzimmern der Landesregierung besprechen, wir werden es selbstverständlich mit allen Akteuren besprechen und auch den zuständigen AIL umfassend beteiligen. Ich denke, das wird auch hier im Plenum - nicht zuletzt aufgrund der Verbindung mit der Funktional- und Gebietsreform, die auch zu beachten ist - noch öfter eine Rolle spielen. Vielen Dank.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Danke schön. - BVB/Freie Wähler Gruppe hat noch Redebedarf angekündigt. Frau Schülzke, Sie haben noch reichlich Zeit.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Landesplanung muss verschiedene Planungen in Übereinstimmung bringen. Es gibt ein neues Ordnungsrecht. Ich denke, darüber haben Sie das Kabinett mit Sicherheit informiert.

Wir haben in Brandenburg eine Menge Probleme. Zunächst in der Bildung: Wir haben zu wenig Schulen im Berliner Umland, zu wenig junge Lehrer und Erzieher im ländlichen Raum, und die zeitgemäße Ausstattung in den Schulen im ländlichen Raum fehlt ebenso. Ökologische Veränderungen gibt es im ganzen Land, besonders in der Lausitz: Schutzgebiete verändern sich, aber auch die Nutzung der Flächen verändert sich. Die internationale Entwicklung hat großen Einfluss und trägt dies vor sich her. Die Energiestrategie muss mit den Menschen gestaltet werden, gesundheitliche Belastungen der Menschen müssen beachtet werden. Man kann dies bei den Windkraftanlagen nicht ignorieren, wie das bei der Atomkraft jahrelang getan wurde.

Bei den bisherigen Planungsverfahren in den Regionalversammlungen waren die Gemeinden regelmäßig ausgeschlossen, besonders die Gemeinden mit einer Einwohnerzahl von unter 10 000. Nur Mittelzentren, Städte und Gemeinden mit über 10 000 Einwohnern waren in der Regionalversammlung beteiligt. Die Widersprüche und Ablehnungen der betroffenen Gemeinden wurden abgewogen oder weggewogen, genau wie die Initiativen und Vorschläge, wie etwas besser oder zukunftsfähiger gemacht werden könnte.

Systematische Straßenplanungen und Bauten fehlen, dem Investitionsstau entgegenzutreten. Der Bürgermeister von Elster

werda zitierte vor einigen Tagen vor hunderten Unternehmern aus drei verschiedenen Schreiben von brandenburgischen Verkehrsministern, dass die Verfahren für die Linienbestimmungen für die Elsterwerdaer Bundesstraße nun jeweils in Auftrag gegeben seien. Die dem Bürgermeister folgenden Mitarbeiter der Landesplanungseinrichtung erklärten, dass wiederum alles offen sei, auch ob und wann gebaut wird. Kollege Folgart fragte gestern: Wo sollen die großen Maschinen zukünftig fahren? Das ist ein Thema nicht nur für das Havelland oder die Landwirtschaft, auch LKWs kommen auf den eng beplankten Bundesstraßen kaum noch aneinander vorbei.

Hochwasserschutz fordert klare Aussagen und Informationen an den Landkreis Elbe-Elster, die Regionen von Oder, Neiße und der Spree. Einwohner sind verärgert, wenn ihr Haus und Grundstück plötzlich von einer unbeeindruckten Behörde in ein Überflutungsgebiet eingeordnet wird. Hier ist viel zu tun, und es gibt auch viel Unsicherheit. Es fehlen Mülldeponien das hörten wir gestern -, speziell für den Eisenhydroxidschlamm, aber auch für Bauschutt; die Kammern weisen schon lange darauf hin.

In der medizinischen Versorgung hat sich diese Situation trotz aller Warnungen und Hinweise weiter verschärft. Die Facharztversorgung ist ein Drama. Flüchtlinge sind aufzunehmen, viele Einwohner wollen helfen. Dazu muss Mut gemacht werden, und Voraussetzungen sind zu schaffen. Es klemmt überall, es fehlt ein Plan, der Verlässlichkeit und Sicherheit bietet, ein Landesplan, der aktuell ist und mit den Menschen vor Ort erarbeitet wird - dies hatte Herr Domres heute Mittag schon gesagt, als es um die Lausitz ging. Er hat auch gesagt, es müsse Schluss mit dem Abwarten sein.

Ein Landesentwicklungsplan, der die Menschen und die regionalen Akteure ausschließt oder übersieht, wird nicht akzeptiert. Der Fragebogen deutet darauf hin, dass es schon wieder so wird. Darum ist es notwendig, zügig ein neues aktives Planungsverfahren für die Landesentwicklung zu gestalten, um den aktuellen Herausforderungen gerecht zu werden. Darum bitte ich Sie: Überweisen Sie diesen Antrag in den zuständigen Landesplanungsausschuss.

(Beifall BVB/FREIE WÄHLER Gruppe und B90/GRÜ- NE)

Vielen Dank. - Die Debatte ist damit beendet, und wir kommen zur Abstimmung.

Die CDU-Fraktion und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beantragen die Überweisung des Antrages, Drucksache 6/1191 - Neudruck -, Landesentwicklungsplanung für Brandenburg neu starten. - Wer der Überweisung zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Damit ist der Überweisungsantrag abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag in der Sache. Wer dem Antrag zustimmt, den bitte ich um sein Handzeichen. Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei einer ganzen Reihe von Enthaltungen ist der Antrag abgelehnt.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 10 und rufe Tagesordnungspunkt 11 auf:

Den Weg zur Pflegekammer jetzt auch in Brandenburg frei machen!

Antrag der Fraktion der CDU der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Drucksache 6/1223

Es gibt einen Entschließungsantrag der SPD-Fraktion und der Fraktion DIE LINKE, Drucksache 6/1268. Die Aussprache wird mit dem Beitrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eröffnet. - Frau Nonnemacher, bitte schön.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Pflegekräfte stellen nicht nur die größte Gruppe innerhalb der Gesundheitsberufe dar - nein, wir Grünen finden auch, dass ihre Arbeit unverzichtbar ist und quasi das Rückgrat unseres Gesundheitswesens bildet. Pflegekräfte sind sehr gut ausgebildete Fachleute, deren Richtlinien des beruflichen Handelns schon lange auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren. Weil sie so versiert sind, können Pflegekräfte heute in vielen Bereichen eigenverantwortlich und unabhängig von direkter ärztlicher Anleitung tätig sein.

Beinah täglich lesen wir, dass Menschen mit einem Berufsabschluss in der Pflege begehrte Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt sind. Bereits heute sieht die Agentur für Arbeit Engpässe in diesem Berufsfeld. Die Entwicklung ist an den fünf Fingern abzählbar: Der Bedarf an Pflege wird in den nächsten Jahren steigen, die Anzahl der verfügbaren Arbeitskräfte abnehmen. Der demografische Wandel wird aus heutigen Engpässen morgen einen veritablen Mangel machen. Die Zahlen zum Versorgungsgrad sind zwar uneinheitlich, aber ich möchte trotzdem eine nennen: Die Prognos AG sagt ein bundesweites Fehlen von bis zu 500 000 Arbeitskräften im Pflegesektor bis zum Jahr 2030 voraus.

Ausübende dieses verantwortungsvollen und für unsere Gesellschaft unverzichtbaren Berufes, so sollte man glauben, können ihre Interessen selbstbewusst und auf Augenhöhe mit den Vertreterinnen und Vertretern anderer Heilberufe und den Organisationen im Gesundheitswesen verhandeln. Doch weit gefehlt! Das Berufsbild der Pflege, obgleich im Wandel begriffen, findet auf der Bühne der Gesundheits- und Sozialpolitik kaum Gehör. Auch in den Möglichkeiten ihrer Selbstverwaltung sind die Angehörigen der pflegenden Berufe denen der akademischen Gesundheitsberufe unterlegen. Aufgaben und Ziele werden gegenwärtig über ihre Köpfe hinweg vorwiegend aus der Sicht der Einrichtungs- und Kostenträger sowie von fremden Verbänden definiert.

Ganz klar: Diese Situation wird der Bedeutsamkeit der Pflegeberufe nicht gerecht, aber auch nicht unserem grünen Verständnis eines selbstbestimmt agierenden Berufsstandes, dessen Mitglieder die Qualität der Pflege durch Vernetzung ihrer Fachexpertise vorantreiben. Es ist deutlich: Pflegeberufe bedürfen dringend einer Stärkung des Selbstbewusstseins, eines echten Empowerments. Eine Möglichkeit dazu sehen wir in der Einrichtung einer Pflegekammer als selbstbewusster und starker Stimme, die es ermöglicht, über Qualifikation und Zusatzqualifikation ihres Berufsbildes die Einhaltung der Berufsordnung

und somit auch die Versorgungsqualität mitzubestimmen. Außerdem vertritt sie die Belange der beruflich Pflegenden in der Politik, in den Gremien der Selbstverwaltung, bei Behörden und vor Gericht.