Protocol of the Session on April 30, 2015

„Sicherheitspartner handeln grundsätzlich ehrenamtlich als Bürger ohne hoheitliche Befugnisse im Rahmen sogenannter Jedermannsrechte. Sie sind keine Hilfspolizisten und tragen keine Waffen. Sie nutzen weder Polizeifahrzeuge, noch tragen sie Uniformen. Sie sollen vielmehr als aufmerksame Nachbarn bei Gefahrenlagen, verdächtigen Situationen oder beobachteten Straftaten die Polizei alarmieren, die dann ihrerseits die konkrete Gefahrenabwehr oder Strafverfolgung vornimmt.“

Dagegen beklagt die AfD Ausbeutung und Rechtlosigkeit der freiwilligen Helfer, die nicht nur Leib und Leben, sondern auch Anzeigen wegen Freiheitsberaubung und Körperverletzung riskieren, wenn sie mal so richtig loslegen wollen. Mit diesem Antrag verlässt die AfD den Boden der Rechtsstaat

lichkeit hin zu einem beängstigenden rechtsfreien Paralleluniversum.

(Königer [AfD]: Haben Sie schon einmal einen Taschen- dieb festgehalten, Frau Nonnemacher?)

Die Entwicklung der Brandenburger AfD von der Parteigründung im April 2013 bis zum Pritzwalker Parteitag zwei Jahre später ist eine einzige Talfahrt auf der schiefen Ebene nach rechts: von einer eurokritischen Partei rechts der CDU hin zu einer Partei am äußeren rechten Rand mit kaum noch wahrnehmbarer Trennschärfe zum Rechtsextremismus.

(Dr. Gauland [AfD]: Das ist eine Frechheit, eine absolute rechheit!)

- Ja, ist klar.

Wenn der Vorsitzende der AfD-Fraktion in der Potsdamer SVV mit der Begründung, sie gleite in eine national-völkische Richtung ab, aus der Partei austritt, so spricht dies Bände.

(Beifall B90/GRÜNE, SPD, DIE LINKE und CDU)

Wir erinnern uns an den Auftritt von Herrn Gauland vor der Staats- und Wissenschaftspolitischen Gesellschaft in Hamburg, an die Erfurter Erklärung, in der sich die AfD als Widerstandsbewegung gegen die weitere Aushöhlung der Souveränität und Identität Deutschlands definiert, bis hin zum Rücktritt von Olaf Henkel aus dem Bundesvorstand mit der Begründung, die Partei werde von Rechtsideologen übernommen.

(Zurufe des Abgeordneten Schröder [AfD])

Ich bitte Sie, sich zurückzunehmen. Sie haben die Möglichkeit, mit einer Kurzintervention oder einer Zwischenfrage sachlich auf den Redebeitrag zu reagieren, ansonsten bitte ich Sie um Ruhe, Herr Abgeordneter Schröder.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Auch die Einschätzung, bei der AfD wären immer mehr „wolkige Phrasen aus dem Arsenal rechter Splitterparteien zu vernehmen“, ist jüngeren Datums. Schaut man sich die absurden Machtkämpfe im Kreisvorstand und der Kreistagsfraktion in Märkisch-Oderland oder Frankfurt (Oder) an, so verfestigt sich der Eindruck von Selbstdemontage.

(Dr. Gauland [AfD]: Was hat das denn alles mit unserem Antrag zu tun?)

Während nicht nur in Brandenburg immer mehr wirtschaftsliberale, europakritische und wertkonservative Parteimitglieder fluchtartig die Partei verlassen, steigt die Attraktivität für den rechten Bodensatz. Dem trägt der vorliegende Antrag Rechnung.

(Dr. Gauland [AfD]: Das ist eine unglaubliche Frechheit! Bodenlos! - Anhaltend starker Beifall B90/GRÜNE, SPD, DIE LINKE und CDU - Dr. Gauland [AfD]: Ja, klatscht nur! Dafür bekommen wir bei der nächsten Wahl mehr Prozente!)

Vielen Dank. - Zu uns spricht nun der Abgeordnete Vida für die BVB/FREIE WÄHLER Gruppe.

(Dr. Gauland [AfD]: Ihr seid doch bekloppt! - Empörung bei B90/GRÜNE, SPD, DIE LINKE und CDU - Zurufe: Frau Präsidentin, einen Ordnungsruf!)

Ich rufe Sie zur Ordnung, Herr Abgeordneter Dr. Gauland.

(Heftiger Widerspruch und Aufregung bei der AfD-Frak- tion - Empörung beim Abgeordneten Königer [AfD]: Wir werden beleidigt, und Sie erteilen uns einen Ordnungs- ruf?)

Ich bitte Sie, Ihr Benehmen entsprechend der Würde des Hauses abzustellen.

(Wichmann [CDU]: Ihr seid vielleicht eine Truppe! - Die Abgeordnete Bessin [AfD] meldet einen Antrag zur Ge- schäftsordnung an.)

Was haben Sie für einen Antrag zur Geschäftsordnung, Frau Bessin?

Wenn jetzt hier ein Ordnungsruf gegen uns ausgesprochen werden sollte, dann frage ich mich, was Frau Nonnemacher erhalten muss.

(Beifall AfD)

Frau Nonnemacher hat eine sachliche politische Rede gehalten, ohne in der Art abzugleiten, wie es gerade von Ihren Bänken zu hören war. Jetzt bitte ich Sie um Ruhe. Wir können das gern im Präsidium weiter diskutieren.

Wir sind jetzt bei Herrn Vida, der mit seinem Redebeitrag beginnt. Herr Vida, Sie haben das Wort.

(Zurufe von SPD und CDU: Ihr könnt doch rausgehen! Geht doch raus! Am besten alle!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Es fällt natürlich schwer, nach dieser Entgleisung die richtigen Worte zu finden, insbesondere weil es wichtig ist, dass all die engagierten Sicherheitspartner im Land hier nicht beschädigt werden - das ist ganz wichtig.

(Beifall BVB/FREIE WÄHLER Gruppe, SPD, CDU und DIE LINKE)

Schon deswegen halte ich den Antrag, so wie er vorliegt, für unverantwortlich. Herr Jung, Sie haben am Anfang Dinge gesagt, die viele hätten unterschreiben können. Aber der Antrag liest sich anders, und die Endbegründung hört sich auch ganz anders an.

Meine Damen und Herren! Wir haben es hier mit einem sensiblen öffentlich-rechtlichen strafprozessualen Thema zu tun.

Dieses Thema hätte es verdient, dass man sich qualifizierter damit auseinandersetzt, als es in Ihrer Antragsbegründung steht. Sie werfen da mit Begriffen um sich: Patrouille, Ausbeutung, Unverschämtheit. Das wird der Problemtiefe dieser Sache überhaupt nicht gerecht.

Es gilt hier, das Sicherheitsbedürfnis der Menschen zu befriedigen. Es geht hier nicht um ein Gefühl, sondern darum, tatsächlich - in Zahlen - eine Verbesserung zu sehen. Dabei allerdings darf das Gewaltmonopol des Staates keinem Zweifel unterliegen. Es muss für die Bürger erkennbar sein und erkennbar bleiben, wem welche Kompetenzen übertragen wurden, wer welche Kompetenzen innehat und wie und wann er die ausüben darf.

Hoheitlich und gesetzlich müssen die Hüter der öffentlichen Sicherheit tätig werden, alles andere muss eine kleine Ausnahme bleiben, weil - erstens - der Rechtsstaat dies so gebietet. Hoheitliche Befugnisse werden in formalisierten Verfahren übertragen. Das ist richtig so und das muss auch so bleiben. Denn dort erfolgt die vollumfängliche Ausbildung - öffentlichrechtlich, prozessual, polizeilich - und werden auch die erforderlichen umfangreichen strafrechtlichen Kenntnisse vermittelt.

Zweitens: weil auch das Sicherheitsbedürfnis der Bürger das gebietet. Wir wollen die Landesregierung in die Pflicht nehmen. Die Menschen wollen sehen, dass der Staat für ausreichend Sicherheitsbeamte - Polizisten - sorgt. Aus der Not darf hier keine Tugend gemacht werden, man darf hier keinen Ausweich suchen. Die AfD will dem Innenminister irgendwie auf dem falschen Wege helfen. Wir wollen und sollen den Innenminister lieber in die Pflicht nehmen und ihn nicht durch private Sicherheitspartner aus dieser Pflicht entlassen. Die Polizei muss entsprechend ausgestattet und ausgebildet sein.

Die Ausweitung strafprozessualer Kompetenzen - was durch den Antrag intendiert und schleichend sowieso weiter vorgesehen ist - ist höchst bedenklich. Das ist nicht unbedingt eine fiskalische, sondern eine rechtliche und prinzipielle Frage, wer welche Kompetenzen von Gesetzes wegen innehat. Deswegen löst dieser Antrag auch kein Problem, sondern würde dazu führen, dass das Vertrauen in das Sicherheitsmonopol des Staates weiter erodiert. Wir brauchen die nötige, die richtige Anzahl an Polizisten mit der entsprechenden Ausbildung und keine unüberlegten Ersatz- und Hilfsanträge. - Vielen Dank.

(Beifall BVB/FREIE WÄHLER Gruppe)

Wir danken Ihnen. - Zu uns spricht nun der zuständige Minister, Herr Minister Schröter.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ich möchte mit einem Dank beginnen, einem Dank an all jene Frauen und Männer, die sich als ehrenamtliche Sicherheitspartner in unserem Land zur Verfügung gestellt haben und bereit sind, in ihrer Freizeit ihren Beitrag für mehr Sicherheit in unserem Land zu leisten.

(Allgemeiner Beifall)

Ich bedanke mich für Ihren Beifall, der von allen Fraktionen kam. Es ist wichtig, dass die Menschen - die Feuerwehrleute oder andere, die in Hilfsorganisationen ihren Dienst tun - gesellschaftlich anerkannt werden. Denn ihr freiwilliger Dienst ist bürgerschaftliches Engagement, auf das unser Land seit mehr als 20 Jahren gerne zurückgreift.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit Stand vom 31. Dezember 2014 waren in Brandenburg insgesamt 446 Sicherheitspartner in 74 Sicherheitspartnerschaften aktiv. Das waren weniger als im Jahr 2003. Damals gab es 880 Sicherheitspartner in 117 Sicherheitspartnerschaften. Man kann orakeln, warum es weniger geworden sind: vermutlich, weil sie älter wurden und dadurch nicht mehr aktiv sein wollten. Es könnte aber auch so sein, dass die sehr hohe Kriminalität Mitte der 90er-Jahre, die bis heute spürbar zurückgegangen ist - das wird gelegentlich in der Diskussion nicht mehr wahrgenommen - eine Ursache dafür ist, dass weniger Sicherheitspartner unterwegs sind.

Ich möchte gleichwohl mehr Sicherheitspartner gewinnen und aktiv dafür werben, dieses ehrenamtliche Engagement auszuüben. Deshalb möchte ich noch in diesem Jahr die aktiven Sicherheitspartner einladen, um mit ihnen gemeinsam darüber zu sprechen, wie wir mehr Sicherheitspartner gewinnen können, durch welche Veränderungen wir mehr Akzeptanz bei den Sicherheitspartnern finden und wie damit auch die Zusammenarbeit zwischen Kommunen, Polizei und Sicherheitspartnern verstärkt werden kann.

Ein Ansatz ist auf jeden Fall eine Verstärkung der polizeilichen Präventionsarbeit. Die Kooperation zwischen unseren Beamtinnen und Beamten, die in diesem Segment tätig sind, den örtlichen Ordnungsbehörden und den Sicherheitspartnern ist eine ganz wesentliche Grundlage für eine Verstärkung des Engagements.

Meine verehrten Damen und Herren! Unsere Sicherheitspartner handeln grundsätzlich als Bürger ohne hoheitliche Befugnisse. Sie sind keine Hilfspolizisten, sie tragen keine Waffen, sie nutzen weder Polizeifahrzeuge noch tragen sie eine Uniform. Sie sollen als aufmerksame Nachbarn bei Gefahrenlagen, verdächtigen Situationen oder beobachteten Straftaten die Polizei alarmieren. Es ist letztlich immer die Polizei, die die konkrete Gefahrenabwehr leistet oder die Strafverfolgung aufnimmt. Die Aufklärung von Straftaten ist und bleibt ausschließlich Aufgabe der Polizei. Das Sicherheitsmonopol des Staates bleibt in den Händen der Polizei.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Forderungen der AfD orientieren sich offenbar am Sächsischen Sicherheitswachtgesetz sowie den entsprechenden Verordnungsvorschriften über den Vollzug des Sächsischen Sicherheitswachtgesetzes. Demnach unterstützen die Angehörigen der Sächsischen Sicherheitswacht den Polizeivollzugsdienst bei der Erfüllung seiner Aufgaben. Sie erhalten dafür weitgehende Befugnisse, unter anderem zur Feststellung von Identitäten, Erteilung von Platzverweisen und für Sicherstellungen. Die Sicherheitswacht unterliegt den Weisungen der Polizei. Ihre Mitglieder tragen Uniform.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dies möchte ganz offensichtlich die Mehrheit in diesem Haus so aber nicht. Ich fin

de, unser Konzept der Sicherheitspartnerschaft in Brandenburg ist das bessere. Wir sollten uns bemühen, unsere Sicherheitspartner mehr in die Mitte der Gesellschaft zu nehmen, ihre Arbeit mehr zu würdigen. Dann bin ich mir sicher, dass wir mit unseren Sicherheitspartnern gemeinsam für mehr Sicherheit in Brandenburg sorgen können. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.