Protocol of the Session on January 21, 2010

Herr Minister Markov, wie sehen Sie das?

Herr Präsident! Meine Damen und Herrn! Frau Geywitz, klar und deutlich: Nein. Ich sehe dafür weder eine Notwendigkeit noch eine politische Opportunität. Sie alle wissen, dass das Bundesverfassungsgericht am 11.11.1999 - das war kein Scherz zum Karneval - eine Entscheidung herbeigeführt hat, dass auf der Grundlage der damaligen vorläufigen und nicht definierten Zuordnung klare gesetzliche Regelungen zu erfolgen haben. Dem ist der Gesetzgeber nachgekommen, indem er sich sofort an die Arbeit gemacht hat. Er hat drei ganz wichtige Gesetze verabschiedet, nämlich das Maßstäbegesetz im Juli 2001, das Solidarpaktfortführungsgesetz im Dezember 2001 - dies ist übrigens einstimmig im Bundesrat angenommen worden; also auch die Länder, die vorher geklagt haben, nämlich Bayern, BadenWürttemberg, hinterher hat sich auch noch Hessen angeschlossen, haben nicht dagegen gestimmt -, die Neuregelung bundesstaatlicher Finanzausgleichsgesetze und Solidarpakt II.

Die Notwendigkeit, einheitliche Lebensbedingungen in allen Teilen Deutschlands herzustellen, die im Grundgesetz festgeschrieben ist, ist nach wie vor nicht erfüllt. Demzufolge ist diese Vorgabe umzusetzen. Die Länder haben sich geeinigt, dies bis 2019 fortzuführen. Sie wissen, dass der Anteil, den das Land Brandenburg bekommt, über die Jahre sukzessive geringer wird. Das trifft uns eh schon sehr hart. Mein Verständnis von Solidarität ist nicht das des bayerischen CSU-Ministerpräsidenten. Ich verstehe Solidarität so, dass der Stärkere gibt und der Schwächere nimmt, und nicht so, dass der Schwächere geben muss und der Stärkere auch noch nimmt.

Insofern, glaube ich, wird das Land Brandenburg Nein zu der Aufforderung zu dieser Debatte seitens der CSU in Bayern sagen. - Danke schön.

(Beifall DIE LINKE)

Danke schön. - Der Abgeordnete Ludwig stellt die Frage 81 (Finanzsituation der Kommunen).

Sinkende Einnahmen auf der einen und ständig steigende Sozialausgaben auf der anderen Seite drohen viele Kommunen deutschlandweit handlungsunfähig zu machen. Sowohl der Deutsche Städte- und Gemeindebund als auch der Deutsche Städtetag warnen deshalb vor einem finanziellen Desaster der Kommunen. Für dieses Jahr und für 2011 rechnet der Deutsche Städte- und Gemeindebund mit einem Defizit von jeweils 12,5 Milliarden Euro der Kommunen deutschlandweit. Grund für die Finanzmisere sind nach Erkenntnissen der kommunalen Spitzenverbände vor allem die anhaltende Wirtschaftskrise, Steuersenkungen, die immer wieder erfolgte Übertragung von zusätzlichen Aufgaben auf die Kommunen und hohe Altdefizite.

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund erhebt die Forderung, dass die Kommunen über so viele Einnahmen verfügen, dass sie die gesetzlichen Pflichtaufgaben erfüllen können. Als Konsequenz aus den dramatischen Einnahmeverlusten plädiert er dafür, die Gründung eines Bündnisses für Finanzverantwortung vorzusehen. Es müsse auf den Prüfstand gestellt werden, was Bund, Länder und Gemeinden überhaupt zu leisten in der Lage sind und wie es finanziert werden muss.

Ich frage daher die Landesregierung: Wie bewertet sie die Forderungen des Deutschen Städte- und Gemeindebundes?

Auch hier wird wieder Minister Markov antworten.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kollege Ludwig, Bündnis für Finanzverantwortung halte ich für eine Notwendigkeit, für eine Selbstverständlichkeit, wage aber zu bezweifeln, dass der Bund, der sich gegenwärtig immer mehr aus seiner Verantwortung zieht, der eine Politik betreibt, die uns die von Ihnen genannten Steuermindereinnahmen beschert, tatsächlich in einer solchen Kommission oder in einem solchen Bündnis, wie auch immer, von dieser Regelung abgehen würde.

Ich würde mir ein anderes Wahlergebnis wünschen. Vielleicht gibt es das schon in Nordrhein-Westfalen und verändert das Kräfteverhältnis im Bundesrat. Vielleicht können wir dann über diese Art und Weise und diesen Weg dieser Notwendigkeit ein Stückchen näherkommen.

Zweitens: Sie haben auch richtig benannt, dass mit Inkrafttreten der Grundgesetzänderung im Rahmen der Föderalismusreform I im Jahre 2006 festgeschrieben wurde, dass der Bund

keine Aufgabenübertragung auf die Kommunen mehr vornehmen darf. Das Problem aber sind alle die Gesetze, die vorher schon gültig waren. Genau da entstehen permanent diese Mehrausgaben. Auch das haben Sie genannt. Das brauche ich jetzt nicht noch einmal separat mit Zahlen zu untersetzen. Das sind die Sozialleistungen. Das sind Jugendhilfeaufgaben etc.

Sie wissen, dass wir gegenwärtig in der Haushaltsberatungsphase sind und sehr bald einen Kabinettsvorschlag erarbeiten werden, der dem Landtag zugeleitet wird. Wir kennen die Schwierigkeiten der Kommunen, aber wir wissen auch um die Schwierigkeiten in der Finanzausstattung des Landes. Ich denke, dass sich dieses Verhältnis im gesamten Haushalt entsprechend widerspiegeln wird.

Herr Ludwig hat weitere Fragen.

Herr Minister, zusätzlich zu den drohenden Einnahmeverlusten auch durch die von der Bundesregierung in diesem Jahr vorgenommenen Steuersenkungen - werden die vier größten Städte des Landes, die vier kreisfreien Städte, durch die gültigen Finanzverteilungen im Land Brandenburg in diesem Jahr ca. 58 Millionen Euro weniger zugewiesen bekommen - so Cottbus ca. 35 Millionen Euro, Frankfurt (Oder) ca. 9 Millionen Euro.

Wie sehen Sie die finanzielle Ausstattung und die daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen der kreisfreien Städte im Land Brandenburg?

Mir sind selbstverständlich die Notwendigkeiten, die Bedürfnisse, die Wünsche, die Aussagen, die Klagen, die Situationen der kreisfreien Städte bekannt. Es gibt unterschiedlichste Gutachten, in denen Vorstellungen erarbeitet wurden, wie man das lösen könnte. Selbstverständlich steht auch in der Koalitionsvereinbarung, dass man durchaus darüber nachdenken kann, funktionale Zusammenhänge oder räumliche Schnitte neu zu bewerten, wenn dies auf Freiwilligkeit beruht. Diese Debatte wird gegenwärtig im ganzen Land geführt. Es ist mir durchaus bewusst.

Für 2010 gehe ich davon aus, dass es keine kurzfristige Lösung gesetzlicher Art geben wird, weil das ein sehr schwieriger gesellschaftspolitischer Prozess ist. Sie alle wissen, wie schwierig Gemeindegebietsreformen und Kreisgebietsreformen sind. Insofern sage ich: Es ist Aufgabe der Gebietskörperschaften, zusammen mit allen Beteiligten weiter darüber nachzudenken, ob man es für immer und ewig so belässt, wie es ist, oder nicht.

Vielen Dank. - Ich rufe Frage 82 (Stimmung im brandenburgi- schen Mittelstand) auf, die der Abgeordnete Bommert stellt. Es scheint kein Bedarf zu bestehen.

Dann rufe ich Frage 83 (Landesorganisationsgesetz [LOG]) auf, die der Abgeordnete Baer stellt.

In der Landesverwaltung des Landes Brandenburg werden von März bis Mai dieses Jahres wieder die turnusgemäßen Personalratswahlen stattfinden. Durch die Neuorganisation der Verwaltung ergeben sich für diese Personalratswahlen jedoch einige Probleme.

Ich frage darum die Landesregierung: Ist für die Durchführung der Personalratswahlen in der Landesverwaltung eine Änderung des Landesorganisationsgesetzes notwendig?

Diese Frage wird der Innenminister beantworten. Bitte, Herr Speer.

Herr Präsident! Meine Damen und Herrn! Eine Änderung des entsprechenden Gesetzes ist nicht notwendig. Die Frage ist, ob binnen kürzerer Zeit zweimal gewählt werden muss. Das ist wahrscheinlich der Hintergrund Ihrer Frage. Dies kann nur umgangen werden, wenn die entsprechenden Ressorts die notwendigen Regelungen zügig umsetzen. Meine Unterstützung haben sie dabei.

Vielen Dank. - Ich rufe die Frage 84 (Ausschreibung von Leis- tungen des Wach- und Sicherheitsgewerbes) des Abgeordneten Domres auf.

Informationen zufolge soll es zu der bevorstehenden öffentlichen Ausschreibung der Wach- und Sicherheitsdienste am BBI möglicherweise einen vorgeschalteten Teilnehmerwettbewerb geben. In diesem soll die Qualifizierung für die anstehenden Aufgaben dargelegt werden. Dabei ist völlig unstrittig, dass die Ausübung von Wach- und Sicherheitsdiensten an Flughäfen eine besondere Fachkunde der ausführenden Unternehmen erfordert. Der Nachweis der Fachkunde kann zum Beispiel über die Nennung von Referenzen erbracht werden. Da momentan kein brandenburgisches Wach- und Sicherheitsunternehmen Erfahrungen hinsichtlich der Sicherheitsdienste an Flughäfen erbringen kann außer dem bisherigen Auftragnehmer - haben es alle anderen Unternehmen schwer, einen solchen Nachweis zu erbringen.

Ich frage die Landesregierung: Sieht sie darüber hinaus Möglichkeiten in der Antragsausgestaltung dieser Ausschreibung, damit weitere brandenburgische Wach- und Sicherheitsunternehmen in einer anderen Form die notwendigen Qualifikationen nachweisen können, um sich an der Ausschreibung beteiligen zu können?

Herr Minister Christoffers antwortet.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Abgeordneter, es ist richtig: Gegenwärtig werden nach § 8 Luftsicherheitsgesetz die notwendigen Ausschreibungen vor

bereitet. Es geht dabei nicht um Sicherheitsdienstleistungen im Bereich der Passagierabfertigung, sondern es geht um Sicherheitsdienstleistungen in Bezug auf die Angestellten, was auf dem Flughafen ebenfalls notwendig ist.

§ 8 Luftsicherheitsgesetz ist die Umsetzung einer EU-Richtlinie. Es gibt keinerlei Möglichkeiten, von dem dort beschriebenen Leistungsangebotskatalog abzurücken. Das heißt: Wir müssen entsprechend dem europäischen Recht die Ausschreibung genau in dieser Form vornehmen.

Wir wissen, dass es für einige Brandenburger Unternehmen schwierig sein wird, bestimmte Kriterien der Ausschreibung zu erfüllen. Der politische Handlungsspielraum, die Auftragsvergabe anders zu gestalten, ist null. Wir müssen uns an diese Vorgaben halten.

Ich will an dieser Stelle allerdings betonen, dass wir bisher mit dem Gesamtkonzept zum Bau des Flughafens Schönefeld, mit dem Mittelstandskonzept, ausgezeichnete Erfolge erreicht haben. Aufträge in Höhe von rund 1 Milliarde Euro sind hier in der Region geblieben. Ich finde, dass sich die Mittelstandskomponente als Ganzes beim Bau des Flughafens Schönefeld bewährt hat, die wir hier im Parlament in den letzten Jahren gemeinsam beraten haben.

In dem Fall sind uns die Hände gebunden. Dort gibt es klare Zielvorgaben, von denen wir nicht abrücken können. Insofern wird die Auftragserteilung nach den genannten Kriterien erfolgen.

Meine Damen und Herren, es ist 12 Uhr. Möchten Sie noch weitere Fragen beantwortet haben? - Ich sehe überwiegend Kopfschütteln. Also gehen wir bis 13 Uhr in die Mittagspause. Ich weiß, im Plan stand etwas von 12.07 Uhr, aber so kommen wir wieder in unseren Stundenrhythmus hinein. Ich erwarte Sie um 13 Uhr wieder hier.

(Unterbrechung der Sitzung: 12.00 Uhr)

(Fortsetzung der Sitzung 13.02 Uhr)

Meine Damen und Herren, ich eröffne die zweite Hälfte der heutigen Sitzung. Vor Eintritt in die Tagesordnung begrüße ich sehr herzlich Schülerinnen und Schüler des Einstein-Gymnasiums Angermünde. Herzlich willkommen bei uns und einen guten Erkenntnisgewinn.

(Allgemeiner Beifall)

Wir setzen unsere Tagung fort mit dem Tagesordnungspunkt 3:

Elftes Gesetz zur Änderung des Abgeordnetengesetzes

Gesetzentwurf der Fraktion GRÜNE/B90

Drucksache 5/13

2. Lesung

Beschlussempfehlung und Bericht des Hauptausschusses

Drucksache 5/326

Ich eröffne die Debatte. Die Fraktion der SPD erhält das Wort. Frau Abgeordnete Geywitz, bitte.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was lange währt, wird endlich gut. Dieser Gesetzentwurf ist auf Initiative der Grünen gleich am Anfang der Legislaturperiode eingebracht worden. Es gab zu demselben Thema einen Gesetzentwurf der CDU-Fraktion und auf Antrag der CDU-Fraktion eine Anhörung. Die Anhörung hat klar und deutlich als Ergebnis gehabt, dass der Vorschlag der Union, Abgeordneten das Mandat nach der Wahl wieder aberkennen zu können, ganz eindeutig weder mit dem Grundgesetz noch mit der Verfassung vereinbar ist. Das hatten wir schon vorher vermutet. Im Ergebnis der Anhörung hat die Union ihren Vorschlag dann auch zurückgezogen.

Ich möchte mich an dieser Stelle bei allen Fraktionen in diesem Hause bedanken, dass man bei der ureigensten Aufgabe, nämlich dem Umgang der Abgeordneten mit sich selbst, es dann doch geschafft hat, einen gemeinsamen Antrag zu dem Thema „Überprüfung der Abgeordneten“ zu erarbeiten. Das war angesichts der Atmosphäre am Anfang der Legislaturperiode bei Weitem keine Selbstverständlichkeit. Es ist natürlich grundsätzlich ein relativ ehrgeiziges Vorhaben, fünf Fraktionen mit fünf unterschiedlichen politischen Hintergründen zu einem Verfahrensvorschlag zu bewegen. Das haben wir geschafft. Wir haben im Hauptausschuss ein Gesetz erarbeitet, das zum einen unbefristet ist, zum anderen im Verfahren auch die Rechte der betroffenen Abgeordneten eindeutig klärt und das einen Vorschlag zur Wahl der Kommission mit einer Zweidrittelmehrheit vorsieht. Ich denke, dass die Kommission, die berufen werden wird, die breite Unterstützung des Hauses haben sollte.