Ein geregeltes Verfahren zur frühzeitigen Feststellung der besonderen Schutzbedürftigkeit ist erst in der neuen, noch nicht rechtswirksamen Aufnahmerichtlinie vorgesehen, die zudem noch in Bundesrecht umgesetzt werden muss. Wir wissen nicht, ob ein solches Verfahren dem jungen Afrikaner geholfen hätte, weil wir über seinen persönlichen Hintergrund zu wenig wissen.
Aber wir wollen auch nicht bis zur Installierung eines solchen Verfahrens warten. Deshalb verhandeln wir zurzeit mit der Diakonie über den Abschluss einer Vereinbarung, die es der Diakonie ermöglichen soll, ihre Beratung auf dem Gelände der Zentralen Aufnahmestelle durchzuführen. Zugleich soll sie einen schnellen Austausch von Erkenntnissen und Informationen über als besonders schutzbedürftig, aber auch in anderer Weise auffällig identifizierte Personen ermöglichen.
Unabhängig davon werden wir prüfen, inwieweit eine weitere Personalaufstockung kurzfristig möglich ist.
Die über den aktuellen Fall hinausgehende Frage, wie das Land künftig die Versorgung besonders schutzbedürftiger Flüchtlinge regeln wird, lässt sich nicht im Rahmen dieser mündlichen Anfrage beantworten. Hierzu bedarf es ressortübergreifender Regelungen. Aber ich bin gern bereit, auch im Innenausschuss über dieses Thema zu berichten. - Herzlichen Dank.
Es gibt eine Reihe von Nachfragen. - Frau Nonnemacher zieht ihre zurück. - Herr Dombrowski hatte sich gemeldet. - Bitte.
Herr Minister, es ist, glaube ich, ein halbes Jahr her, dass ich hier im Plenum die Überlastung der Aufnahmestelle in Eisenhüttenstadt thematisiert habe. Teil der Erklärung war gewesen, dass sich sechs Landkreise - so viele waren es, glaube ich - beharrlich nicht in der Lage sehen, ihren Aufnahmeverpflichtungen bei der Verteilung der Asylbewerber nachzukommen. Ich habe Sie damals gebeten und aufgefordert, gegenüber diesen unteren Landesbehörden Recht durchzusetzen. Deshalb frage ich Sie: Was ist in der Zwischenzeit geschehen? Sind die Landkreise veranlasst worden, ihren Verpflichtungen nachzukommen, oder geht es weiter so, dass Eisenhüttenstadt vollläuft?
Noch eine kleine Anmerkung: Ich halte die Fröhlichkeit anlässlich dieses Tagesordnungspunktes hier im Plenum für völlig fehl am Platz.
Herr Dombrowski, kurz zur Situation: Es ist seit geraumer Zeit so, dass die Zahlen der Flüchtlinge, die nach Deutschland und damit auch nach Brandenburg kommen, deutlich die Zahlen übersteigen, die wir noch vor drei oder vier Jahren hatten. Es ist ein deutlicher Anstieg zu verzeichnen. Dieser Anstieg erfolgt nach einer doch recht langen Periode des Rückgangs. Deswegen ist es für die Landkreise auch relativ schwierig gewesen, jetzt wieder Asylsuchende in dieser Zahl unterzubringen.
Wir haben allerdings die Landkreise permanent darauf hingewiesen, dass das ihrer Verpflichtung entspricht. Das hat Kollege Baaske zuständigkeitshalber - natürlich mit Unterstützung des Innenministeriums; die Zuständigkeit hierfür liegt im Sozialministerium - getan. Das ging bis hin zur Androhung von Ersatzmaßnahmen des Landes, die dann vom Landkreis kostenpflichtig erstattet werden müssen.
Am Ende haben diese Gespräche - teilweise kann man sagen: diese Drohungen - Erfolg gezeitigt. Wir sind in einer besseren Situation. Allerdings hat sich die Zahl der Asylsuchenden in Brandenburg weiter erhöht, was auch dazu führt, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge momentan sehr lange Bearbeitungszeiten bei den Asylanträgen hat, bevor wir überhaupt wissen, ob jemand eine Chance hat, ein Asylverfahren erfolgreich zu bestehen - diese Vorprüfung obliegt ja dem BAMF -, sodass jetzt teilweise Leute, bei denen diese Vorprüfung noch nicht abgeschlossen worden ist, auf die Landkreise verteilt werden müssen. Das stellt uns alle vor große Probleme.
Das hat bei der letzten Innenministerkonferenz eine Rolle gespielt, wo mit dem Bundesinnenminister auch darüber gesprochen worden ist, wie man die Verfahrensabläufe im Bundesamt verbessern kann. Insgesamt müssen wir gewärtig sein, dass die Zahl des Zustroms - übrigens überwiegend aus der Russischen Föderation, nicht so sehr aus Staaten, bei denen man erwarten würde, dass wegen Bürgerkriegs oder bürgerkriegsähnlichen Situationen ein solcher Zustrom da wäre - nicht abnehmen wird.
Insgesamt ist - so denke ich - vom Bund bis zu den Ländern die Problematik erkannt worden, und in den letzten Monaten konnten wir konstatieren, dass die Landkreise deutlich besser agiert haben. - Danke schön.
Vielen Dank. - Damit sind wir bei der Frage 1334 (Reform der Naturschutzverwaltung im Land Brandenburg), die der Abgeordnete Beyer stellt.
Im November 2011 hat die Staatskanzlei ein Papier herausgegeben, in welchem die in dieser Legislaturperiode geplanten Modernisierungsvorhaben in der Landesverwaltung aufgelistet waren. Unter anderem sollte bis Mitte des Jahres 2012 ein Konzept zur Reform der Naturschutzverwaltung präsentiert werden. In der Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz am 15.08.2012 erklärte der damalige Staatssekretär, Herr Dr. Rühmkorf, die geplante Reform der Naturschutzverwaltung sei noch in der Beratung. Mittlerweile hat der Landtag am 13.12.2012 die Novelle des Brandenburgischen Naturschutzrechts verabschiedet. Diese schreibt in § 8 Absatz 4 vor:
„Schutz, Pflege und Entwicklung der Biosphärenreservate und Naturparke sind durch eine einheitliche Verwaltung zu gewährleisten.“
Aufgrund der nach wie vor fehlenden Konzeption zur Reform der Naturschutzverwaltung kann nach meiner Auffassung dieser Paragraf nicht vollzogen werden.
Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: Wann wird sie ihr Konzept zur Reform der Naturschutzverwaltung im Land Brandenburg vorlegen?
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Beyer, natürlich beantworte ich die Frage gern. Zunächst will ich aber etwas zum Vollzug des § 8 Abs. 4 der Naturschutzgesetznovelle, auf den Sie eingegangen sind, sagen und insbesondere klarstellen: Er schreibt vor, dass Schutz, Pflege und Entwicklung des jeweiligen Biosphärenreservats und der Naturparke durch eine einheitliche Verwaltung zu gewährleisten sind. Mit unseren jeweiligen Großschutzgebiets
verwaltungen ist und bleibt das in Brandenburg gewährleistet. Das ist eine Tatsache, denke ich, bezogen auf den § 8 Abs. 4.
Nun will ich Ihnen zu der konkreten Frage sagen, dass die Landesregierung kein Konzept einer Reform der gesamten Naturschutzverwaltung im Land vorlegen wird. Darüber haben wir, glaube ich, schon 2011 und 2012 hier und auch im Ausschuss diskutiert. Im Rahmen der Modernisierungsvorhaben so haben Sie richtigerweise gesagt - prüft die Landesregierung, wer zukünftig für die Großschutzgebiete zuständig sein soll. Daran arbeiten wir und sind auch bereit, neue Wege zu prüfen.
Mit der Verabschiedung des Brandenburgischen Naturschutzausführungsgesetzes sind vom Landtag die Weichen gestellt und ist die Möglichkeit eingeräumt worden, die Neugestaltung der Nationalparkverwaltung auszuführen. Wir sind im Umweltministerium gegenwärtig dabei, die Umsetzung über die Schaffung einer Einrichtung „Nationalpark Unteres Odertal“ nach § 13 Landesorganisationsgesetz vorzubereiten.
Ein Zweites: Was die Biosphärenreservate und die Naturparke betrifft, prüfen wir - als ein Modell - die Überführung in eine Landesstiftung des öffentlichen Rechts unter Einbeziehung der Landesstiftung Naturschutzfonds. Hier sind noch einige Fragen zu klären. Politische Entscheidungen dazu sind noch nicht gefallen. Aber auf Arbeitsebene werden die mit den verschiedenen Ressorts notwendigen Abstimmungen geführt. Ich will nicht versäumen, darauf hinzuweisen, dass ich dazu im April auch den Haushaltskontrollausschuss informiert habe.
Frau Ministerin, vielen Dank. Das damalige Papier der Staatskanzlei, das ich zitiert habe, sprach ausdrücklich von einem Konzept der Reform der Naturschutzverwaltung. Wenn ich Sie jetzt richtig verstanden habe, hat sich das erledigt. Ein Konzept wird es also nicht mehr geben, sondern es sind offensichtlich nur irgendwelche Details geplant.
Dann würde mich noch interessieren - gut, man kann den Begriff „einheitlich“ natürlich unterschiedlich interpretieren, und wir haben auch keine Landesanstalt für Großschutzgebiete mehr -: Wo sind momentan die Naturparke angedockt? Wie stellt sich das hierarchisch dar?
Aber, Herr Beyer, das wissen Sie doch, oder? Sie kommen doch aus dem Bereich Naturschutz, aus der Blumberger Mühle. Da war Ihnen das doch alles geläufig.
Ich habe klargestellt, dass die Landesregierung kein Konzept einer Reform der gesamten Naturschutzverwaltung im Land Brandenburg vorlegen wird. Das war offensichtlich Ihre Frage.
Dann gibt es darunter zwei Punkte; das eine betrifft die gesetzliche Regelung - die wir gemeinsam beschlossen haben - zum Nationalpark Unteres Odertal. Beim Zweiten - Biosphärenreservate und Naturparke - gibt es Vorstellungen. Das wissen Sie. Darüber haben wir vielerorts diskutiert, viele sind auch einbezogen. Wir können das auch gern im Ausschuss wieder auf die Tagesordnung setzen. Wir haben noch wenige, aber wesentliche Fragen zu klären. Bei einer auskömmlichen Finanzierung einer Stiftung geht es - das wissen Sie - um nicht mehr und nicht weniger als das Stiftungskapital, was ja der Landesrechnungshof an der jetzigen Stiftung Natur und Umwelt - Naturschutzfonds bemängelt hatte: dass sie nicht ausreichend ausgestattet ist.
Noch zum Biosphärenreservat: Sie wissen, dass es im Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz eine Abteilung Großschutzgebiete gibt und diese Gliederung nach wie vor aktuell ist; an der Ressort- und Strukturzuordnung hat sich nichts geändert. Das ist Ihnen doch bekannt, oder?
Ich habe eine Nachfrage hinsichtlich der Naturwacht Brandenburg. Sie spielt eine wesentliche Rolle und ist ein sehr wichtiger Faktor für die Arbeit in den Großschutzgebieten.
Herr Luthardt, ich sehe diese sehr zukunftsorientiert. Wir brauchen die Kolleginnen und Kollegen der Naturwacht. Sie arbeiten in unseren Großschutzgebieten und sind - das hat die Vorgängerregierung so entschieden - personell der Stiftung Naturschutzfonds angegliedert. Aber ich glaube, wir brauchen sie immens, sonst ist die Arbeit in den Großschutzgebieten überhaupt nicht zu leisten. Deshalb denke ich, wir gehen gemeinsam mit der Naturwacht in eine gute Zukunft.
Vielen Dank. - Wir sind bei der Frage 1335 (Alleenbilanz 2012) von der Abgeordneten Steinmetzer-Mann. Wo ist sie? Sie wird von Herrn Luthardt vertreten. Bitte.
Die - noch in Evaluierung befindliche - Alleenkonzeption des Landes Brandenburg von 2007 sieht die Pflanzung von jährlich 30 Kilometern Alleen - Bundes- wie Landesstraßen - und die jährliche Veröffentlichung der Fäll- und Pflanzzahlen vor.
Ich frage die Landesregierung: Wie viele Bäume wurden 2012 an Bundes- und Landesstraßen gefällt und gepflanzt?
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! 2012 konnten an Bundes- und Landesstraßen insgesamt 3 561 Alleebäume gepflanzt werden. Ich habe „konnten“ betont und werde dazu noch etwas sagen. 3 864 Alleebäume mussten gefällt werden. Die Neupflanzung wird aufgrund der notwendigen Abstandsregelung und der damit verbundenen Eigentumsfragen zunehmend schwieriger. Von 2001 bis 2012 wurden 54 223 Alleebäume gepflanzt - eine große Leistung.
Die Pflanzungen haben 25,3 Millionen Euro gekostet, dazu kommt ein erheblicher Pflegeaufwand. Etwa ein Viertel der Straßenunterhaltungsmittel müssen für den Zweck der Baumund Grünpflege eingesetzt werden. - Vielen Dank.
Vielen Dank. - Wir kommen zu den beiden folgenden Fragen. Sie beziehen sich auf Tibet-Aktivisten und werden gemeinsam beantwortet. Die Frage 1336 (Protestaktion von Tibet-Aktivis- ten am Rande eines Besuchs des Chinesischen Regierungs- chefs in Potsdam) stellt der Abgeordnete Dombrowski.
Am 26. Mai 2013 traf sich Ministerpräsident Platzeck in Potsdam mit dem Regierungschef der Volksrepublik China, der sich zu dem Zeitpunkt auf offiziellem Staatsbesuch in der Bundesrepublik Deutschland befand. Medien war am folgenden Tag zu entnehmen, dass zwei Mitglieder der „Tibet-Initiative Potsdam“ versucht haben sollen, den Anlass zu nutzen, um mittels einer Tibet-Fahne mit der Aufschrift „Weltkulturerbe“ in deutscher und chinesischer Schrift gegen die Zerstörung eines alten Pilgerpfades in Tibet zu protestieren. Der Protest wurde, so die Berichterstattung, durch die Brandenburger Polizei verhindert, in dem die Fahne vor Ankunft des chinesischen Regierungschefs konfisziert wurde und die zwei Aktivisten erst festgehalten und dann des Platzes verwiesen worden sind.
Ich frage die Landesregierung: Wie hat sich die Situation aus ihrer Sicht im Detail zugetragen? Und welches sind die Rechtsgrundlagen für das hoheitliche Eingreifen?
Zum gleichen Thema stellt die Abgeordnete von Halem die Frage 1337 (Polizeiliches Vorgehen gegen Mitglieder der Tibet-Initiative anlässlich des Besuchs des chinesischen Regierungschefs).
Im Rahmen dieses Einsatzes hat der Leiter des Einsatzabschnittes Raumschutz der Polizei von „Einkesselung“ im Rahmen einer „Gefahrenabwehr“ gesprochen. Das Vorgehen der Polizisten wurde unter anderem mit der Tatsache begründet,
dass der Inhalt des Plakates, auf dem das Wort „Weltkulturerbe“ zu lesen stand, anfänglich nicht bekannt gewesen sei. Das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung ist aber meines Wissens nicht auf Meinungsäußerung in der deutschen Sprache beschränkt.