Protocol of the Session on June 6, 2012

Ich frage die Landesregierung: Wie bewertet sie, dass Optionskommunen im Umgang mit dem Bundesarbeitsministerium Kreditkosten hinnehmen müssen?

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Nonnemacher. - Für die Landesregierung antwortet Herr Minister Baaske.

Frau Vizepräsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Vorgang ist uns seit Mitte April bekannt, Frau Nonnemacher. Es ist sehr ärgerlich, denn der Bund hat eigentlich versucht, die zkTs, die zugelassenen kommunalen Träger, die Buchungen mit einem möglichst einfachen Verfahren vornehmen zu lassen. Das heißt, die Kommunen buchen direkt bei den Kostenstellen des Bundes - eigentlich eine wunderbare Sache. Ich habe bisher auch nie vernommen, dass es größere Probleme gegeben habe.

Nun will der Bund aber eine Verwaltungsvereinbarung ab

schließen, um auch Prüfrechte zu haben, also prüfen zu können, ob die Kommunen die Rechnung richtig gestellt haben, ob richtig abgerechnet wurde usw. Das kann man in gewissem Sinne verstehen. Nun gibt es einen Streit zwischen der kommunalen Ebene und dem Bund, wie weit diese Prüfrechte gehen dürfen. Es gibt dazu ein beim Bundesverfassungsgericht anhängiges Verfahren, und es gibt bis jetzt 30 zkTs, die nicht unterschrieben haben. Dazu gehören auch die beiden neuen brandenburgischen zkTs Potsdam-Mittelmark und Havelland.

Der Bund hat sich deshalb nun ein neues Verfahren überlegt. Er erstattet - ich glaube, es stand sogar in der Zeitung - 80 % der Regelleistungen. Das heißt natürlich, dass die Kommunen auf 20 % sogar der Regelleistungen sitzenbleiben. Das ist eine Menge Geld. Das wird keine Kommune lange durchhalten und es mit Krediten finanzieren wollen.

Aber auf der anderen Seite verstehe ich auch die Kommunen, dass sie keinen blanken Durchgriff des Bundes auf ihre Haushalte zulassen wollen und der Bund alle möglichen Dinge prüft, die ihn eigentlich gar nichts angehen, weil im SGB II geregelt ist, dass die Kommunen zuständig sind.

Um Ihre Frage zu beantworten: Ich verstehe, dass man im Landkreis Havelland beim Unterschreiben der Vereinbarung sehr zögerlich ist. Wir sind an das BMAS herangetreten und haben das Verfahren im Kooperationsausschuss bemängelt. Havelland will sich allerdings nicht von uns helfen lassen, sondern geht im Wesentlichen über den Deutschen Landkreistag und will über die Spitzenverbandsebene mit dem BMAS reden. Das heißt, das BMAS erhält von uns und vom Deutschen Landkreistag Druck, und ich hoffe, dass man irgendwann einlenkt. Aber ich denke, alle Beteiligten werden erst abwarten, was das Verfassungsgerichtsverfahren ergibt.

Es gibt Nachfragebedarf. Frau Abgeordnete Nonnemacher, bitte.

Können Sie absehen oder gibt es eine Vorstellung darüber, wann dieses Urteil gefällt wird? Wenn sich das jahrelang hinzieht, ist es für die Kommunen ja überhaupt nicht finanzierbar. Wie schätzen Sie es ein: Werden sie dann einknicken, oder ist da mit einer Eilrechtsprechung zu rechnen?

Dazu, wann ein Urteil zu erwarten ist, weiß ich nichts zu sagen. Ich könnte mir vorstellen, dass ein Kompromiss darin liegen kann, dass der Bund im vorläufigen Verfahren mehr als 80 % der Kosten erstattet. Die 80 % sind willkürlich gegriffen; es könnten genauso gut 75 % oder 85 % sein. Nahe liegend wäre auf jeden Fall eine Zahl über 90. Die Kommunen müssen ja glaubhaft machen, dass ihnen die Kosten entstanden sind. Nur dann werden ihnen 80 % erstattet. Wenn glaubhaft gemacht wurde, dass die Kosten tatsächlich angefallen sind, kann die Erstattung auch weit über 90 % liegen. Damit wäre die Kuh vielleicht ein Stück weit schon vom Eis. - Danke.

Vielen Dank, Herr Minister Baaske. - Wir kommen nun zu ei

nem Thema, zu dem gleich drei Abgeordnete eine Frage stellen wollen. Die Fragen 981, 982 und 983 werden zusammen beantwortet. Frau Stark stellt die Frage 981 (Pferdesteuer).

Jüngsten Presseberichten war zu entnehmen, dass in einigen Kommunen Überlegungen angestellt werden, das Halten von Pferden zu besteuern.

Ich frage die Landesregierung: Wie bewertet sie die Auswirkungen der Erhebung einer solchen Steuer auf die Pferdehöfe, den Tourismus und die Entwicklung im ländlichen Raum?

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Stark. - Die Frage 982 (Erhe- bung einer Pferdesteuer) wird vom Abgeordneten Dr. Luthardt gestellt.

Der Städte- und Gemeindebund hat die Erhebung einer Pferdesteuer ins Gespräch gebracht. Über den Vorschlag wird unterschiedlich diskutiert. Einerseits wird die Möglichkeit gesehen, auf diesem Weg Folgekosten der Pferdehaltung zu finanzieren, andererseits werden negative Auswirkungen auf Reittourismus und Pferdehaltung befürchtet.

Ich frage die Landesregierung: Wie schätzt sie die Möglichkeiten einer kommunalen Pferdesteuer ein?

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Luthardt. - Herr Abgeordneter Dombrowski erhält nunmehr die Gelegenheit, die Frage 983 (Einführung einer kommunalen Pferdesteuer in Brandenburg) zu stellen.

Herr Abgeordneter Dombrowski?

(Der Abgeordnete Dombrowski ist in ein Gespräch mit seinem Referenten vertieft.)

Herr Abgeordneter Dombrowski, Sie haben das Wort.

Kinder, Kinder! Überall Flughafen...

Nein, auch Pferde.

(Zurufe: Auch Pferde!)

Presseberichten vom 21. und 22. Mai 2012 war zu entnehmen, dass einige Brandenburger Kommunen die Einführung einer kommunalen Pferdesteuer verlangen und der Städte- und Gemeindebund Brandenburg ihre Einführung zur Erschließung neuer kommunaler Einnahmequellen für kein Tabuthema hält. Der Landesverband Pferdesport Berlin-Brandenburg e. V. wies

in der Öffentlichkeit berechtigt auf die damit verbundenen Gefahren einer Abgabe, die negativen Auswirkungen auf den Breitensport sowie die Gefahren für die wirtschaftliche Entwicklung im ländlichen Raum hin.

Ich frage die Landesregierung: Wie bewertet sie die Einführung einer Pferdesteuer durch die Kommunen vor dem Hintergrund des damit verbundenen Verwaltungsaufwandes?

Herr Minister Dr. Woidke, Sie haben die Gelegenheit, das zu erklären.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Stark, sehr geehrter Herr Dr. Luthardt, sehr geehrter Herr Dombrowski! Herr Dombrowski hat gerade den Flughafen erwähnt, jetzt geht es um ein bewährtes und funktionierendes Fortbewegungsmittel. Ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie diese Anfragen gestellt haben, weil ich denke, dass wir damit die Debatte, die in den Medien, im Fernsehen, im Radio und in Zeitungen, doch sehr umfassend war, etwas versachlichen können.

Erstens: die Frage der Genehmigungsfähigkeit. Die Genehmigung eines neuen kommunalen Steuergegenstandes kommt nur dann in Betracht, wenn die Gemeinde überhaupt die Steuerkompetenz für diesen Bereich hat. Das ist in Artikel 105 Grundgesetz und § 3 Kommunalabgabengesetz des Landes Brandenburg geregelt. Eine Reitpferdesteuer könnte also nur als sogenannte örtliche Aufwandssteuer erhoben werden. Mit einer Aufwandssteuer wird ein bestimmter Besitz oder ein bestimmtes Verhalten von Personen besteuert. Ob sich eine solche Pferdesteuer im rechtlich zulässigen Rahmen bewegt, insbesondere ob sie nur an den persönlichen Lebensbedarf und nicht an rein gewerbliches Halten oder Nutzen von Pferden anknüpft, kann man jedoch nur auf der Grundlage einer konkreten Satzung schlussendlich beurteilen. Eine solche Satzung liegt dem Innenministerium bisher nicht vor. Mir ist auch nicht bekannt, dass sie bei den unteren Kommunalaufsichtsbehörden eingereicht worden wäre.

Zweitens - damit kommen wir meines Erachtens zum wesentlichen Punkt; Kollege Dombrowski hat ihn angesprochen - ist es so, dass jede Brandenburger Gemeinde im Rahmen ihres Selbstverwaltungsrechts selbst darüber entscheidet, ob sie eine solche kommunale Steuer einführen will. Die Gemeindevertretung bzw. die Stadtverordnetenversammlung müssten eine solche Satzung beschließen. Sollte es ein Tagesordnungspunkt „Pferdesteuer“ überhaupt auf die Sitzungsagenda einer Stadtverordnetenversammlung oder Gemeindevertretung schaffen, so bin ich mir sehr sicher, dass die Gemeindevertreter bzw. Stadtverordneten Vor- und Nachteile - einige sind von den Fragestellern schon genannt worden - sorgfältig abwägen werden, insbesondere die Fragen, ob sich der mit der Erhebung einer Pferdesteuer verbundene Verwaltungsaufwand überhaupt lohnt, ob sie dem Image der Gemeinde nicht eher schadet, ob die Pferdehaltung eventuell in eine Nachbargemeinde ausgelagert würde oder ob Auswirkungen auf den Tourismus in der Gemeinde zu befürchten sind. Bislang hat in Brandenburg noch keine Gemeindevertretung eine solche Steuersatzung beschlossen. Deswegen bitte ich Sie, die vielen

Konjunktivwendungen in meiner Rede zu entschuldigen. Herzlichen Dank.

(Beifall SPD)

Vielen Dank, Herr Minister. Ich sehe keinen Nachfragebedarf bei den Fragestellern, aber bei Herrn Domres.

Herr Innenminister, wir diskutieren seit vielen Monaten auch die Frage der Finanzierung im Tourismus, darunter die Tourismusabgabe. Halten Sie es für möglich, dass, wenn auf eine Pferdesteuer verzichtet wird, im Gegenzug Pferde- und Reiterhöfe in eine mögliche Tourismusabgabe einbezogen werden?

Ich halte viele Regelungen für möglich. Man sollte natürlich in den Gemeinden darauf achten, dass man diese Probleme miteinander klärt und nicht übereinander redet. Das wäre schon ein erster Schritt. In einem zweiten wird man dann sicherlich auch zu vernünftigen Lösungen kommen, die den Gemeinden weiterhin Entwicklungsmöglichkeiten bieten.

Vielen Dank, Herr Minister Dr. Woidke. - Wir kommen zur Frage 984 (Baustelle des BER), gestellt vom Abgeordneten Baer.

Nun kommen wir also doch noch zum Flughafen. - Jüngsten Presseinformationen war zu entnehmen, dass erneut Arbeiter, die auf der Baustelle des Flughafens BER tätig gewesen seien, auf ausstehenden Lohn warten. Grund dafür sei die Insolvenz eines auf der Baustelle tätigen Unternehmens.

Ich frage die Landesregierung: Welche Möglichkeiten sieht sie, gegen diese wiederholt auftretenden Fälle von Lohnbetrug vorzugehen?

Für die Landesregierung antwortet Herr Minister Baaske.

Frau Präsidentin! Verehrte Kollegen! Auch die Landesregierung hat - außer dem von Ihnen zur Verfügung gestellten Pressebericht - keine weiteren Erkenntnisse. Eine Insolvenz basiert in der Regel auf der Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens. Diese führt mitunter dazu, dass Lohnforderungen nicht ausgeglichen werden können. Lohnforderungen sind anderen Forderungen - leider - gleichgestellt.

Ich nehme an, dass Ihre Frage darauf zielt, dass es durchaus Insolvenzen gibt, die - in Anführungszeichen - „bewusst“ herbeigeführt werden, um Lohnforderungen, Abfindungen oder Ähnliches zu umgehen. Ob das in diesem Fall auch der Grund war, weiß ich nicht. Wenn die Insolvenz bewusst herbeigeführt wird,

ist das zweifelsohne kriminell. Die zivil- und strafrechtliche Verfolgung ist aber nicht Aufgabe der Landesregierung. Das bewusste Herbeiführen einer Insolvenz, um Lohnforderungen zu umgehen, ist eine Schweinerei, die man anprangern und gesetzlich verfolgen muss. Aber ich wiederhole: Ob das in dem Fall, den Sie gerade geschildert haben, so war, erschließt sich mir nicht.

An dieser Stelle der Hinweis: Den Kolleginnen und Kollegen, die dort gearbeitet haben, steht natürlich die Möglichkeit offen, zum Arbeitsamt zu gehen; sie erhalten für die letzten drei Monate noch Insolvenzausfallgeld. Das ist das Einzige, worauf ich hier noch hinweisen kann. Ansonsten ist es Sache von Staatsanwaltschaft und Gerichten, das entsprechend zu verfolgen. Danke.

Vielen Dank, Herr Minister Baaske. Frau Abgeordnete Schier hat Nachfragebedarf.

Herr Minister, wir haben im Rahmen des Fachgesprächs in der letzten Ausschusssitzung Frau Doro Zinke dazu gehört. Sie hat das Thema angesprochen, konnte es aber nicht quantifizieren. Es steht ja viel in der Presse. Uns stellt sich jedoch die Frage: Welche Handhabe gibt es? Ich habe auch schon überlegt. Aber BA und Zoll sind nur für die Bekämpfung von Schwarzarbeit zuständig. Haben Sie nicht eine Idee, wie man das Problem anpacken könnte? Wie kann man die Leute wirklich vor solchen negativen Erscheinungen schützen? Wie kann man überhaupt erst mal eine Zahl ermitteln, wie viele Personen das betrifft?

Man sollte nicht den Eindruck erwecken, dass alle Unternehmen, die in Brandenburg tätig sind, ihre Läden bewusst in die Insolvenz jagen, um dann nicht mehr zahlen zu müssen. Das ist auch für das Unternehmen selbst eine „Beerdigung“. Für ein normales, gesundes Unternehmen ist es überhaupt nicht zielführend, eine Insolvenz herbeizuführen. Für diejenigen - den Chef bzw. Geschäftsführer -, die sich tatsächlich verkalkuliert haben oder Forderungen an Dritte nicht ausgeglichen bekommen, ist es durchaus eine bittere Erfahrung, so etwas machen zu müssen.

Jetzt muss es darum gehen, festzustellen, wer die schwarzen Schafe sind. Ich weiß es nicht. Es wird oft darüber diskutiert, ob man die Namen der Geschäftsführer oder Gesellschafter, die so etwas schon mehrmals gemacht haben, an ein schwarzes Brett nageln und mit dem Hinweis versehen sollte: „Wenn diese Leute mit euch Verträge abschließen wollen, seid vorsichtig!“ Ich bin kein Jurist; aber es dürfte verfassungsrechtlich relativ schwierig sein, so etwas durchzusetzen; jedenfalls stößt es immer wieder auf Bedenken.

Ich weiß jetzt auch nichts Besseres. Ich werde aber in der nächsten Woche die Beratungsstelle in Berlin für entsandte Beschäftigte, die auch hier in Brandenburg unterwegs sind, besuchen. Vielleicht kann man dort den einen oder anderen Tipp bekommen. Aber ich glaube, das ist eher ein juristisches denn ein arbeitsmarktpolitisches Problem.

Vielen Dank, Herr Minister Baaske. - Wir kommen jetzt zu Frage 1000 (Umsatzsteuerpflicht auf Lebensmittelspenden), gestellt vom Abgeordneten Görke. Diese Frage ist mit Frage 985 getauscht worden. Herr Abgeordneter Görke, Sie haben das Wort.