Ich sage noch einmal ganz klar: Wenn wir das schaffen wollen, brauchen wir gestaltende Industriepolitik, sonst wird dieser Weg nicht erfolgreich zu beschreiten sein. - Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Meine Damen und Herren, wir könnten dieses Thema nun noch eine Stunde lang fortsetzen. Ich gehe aber davon aus, dass Sie mir nachsehen, dass ich ankündige, dass wir das Thema im Rahmen der Fragestunde fortsetzen - die ersten drei Fragen befassen sich nämlich auch mit diesem Thema. Ich werde Sie jetzt also nicht fragen, ob Sie die Überziehung der Redezeit der Landesregierung „nachsprechen“ wollen, sondern lasse lediglich eine Kurzintervention zu, die Kollege Dombroski rechtzeitig angemeldet hat. Bitte, Herr Dombrowski.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Ministerpräsident, gestatten Sie mir zuerst einen Hinweis: Ich finde es keinen guten Stil - auch wenn es bei Ihnen wiederholt dazugehört -, die Ausführungen von Abgeordneten mit „scheinheilig“ und Ähnlichem mehr zu bewerten, wie Sie es eben beim Kollegen Bretz getan haben.
(Beifall CDU - Frau Kaiser [DIE LINKE]: Was machen Sie denn? - Frau Lehmann [SPD]: Und Sie dürfen das?)
Sie können das natürlich so empfinden, das steht Ihnen ja frei es würde aber der Landesregierung gut stehen, wenn Sie über den Dingen stünden, die Sie als unangemessen empfinden.
Ansonsten, Herr Ministerpräsident, erinnere ich Sie: Sie haben ja am 18. April gemeinsam mit dem US-Vorstand von First Solar eine Pressekonferenz gegeben. Ein hier in Brandenburg bekannter Journalist hat dem Vorstand von First Solar auf Englisch die Frage gestellt, was die Ursachen für Unternehmungsschließungen auch in Brandenburg seien. Die Antwort des USVorstands enthielt drei Punkte - sie ist zumindest in einer Zeitung abgedruckt worden -: erstens der Preisverfall der Solarmodule weltweit auf dem Weltmarkt seit drei Jahren - nicht erst seit Beschlüssen der Bundesregierung -; zweitens die Förderpolitik der - ich betone - europäischen Regierungen; drittens die marktbeherrschende Stellung Chinas. - Das sind die drei Punkte; das sagt der Vorstand der US-Firma First Solar.
Sie haben in Ihrem Beitrag anklingen lassen, dass Sie sehr wohl erkannt haben, dass man in China - wie Sie meinten - fast gleichwertige Module und die auch günstiger erzeugen könne. Andere sagen, die seien absolut gleichwertig. Jedenfalls haben Sie zumindest zu erkennen gegeben, dass Sie den Kern des Problems erkannt haben.
Natürlich, Sie haben völlig Recht: Die Frankfurterinnen und Frankfurter haben die Solidarität aller Abgeordneter dieses Landtags, und natürlich werden sie auch die Unterstützung der CDU erhalten, sofern das möglich ist, um alles zu tun, den Menschen dort zu helfen und neue Perspektiven zu schaffen keine Frage. Nur: Es greift einfach zu kurz, wenn hier so getan
wird, als sei die Bundesregierung schuld daran, dass First Solar in Frankfurt schließt. Und auch Ihre Kapitalismus-Vergleiche und die Erwartung des Wahlsiegs eines republikanischen Präsidentschaftskandidaten sind absurd!
Präsident der USA ist Herr Obama, und der ist mir persönlich genauso lieb wie jeder andere. Beide haben mit dem Unternehmen dort nichts zu tun. Von daher: Sie wissen das natürlich ganz genau, wenn Sie uns - der CDU - hier zuschieben wollten, dass wir die Verfechter des reinen Kapitalismus seien. Fragen Sie einmal Ihre Russen-Freunde, was die dazu sagen - denn wir sind für die soziale Marktwirtschaft und für nichts anderes.
Zum Ende dieses Tagesordnungspunkts stimmen wir über den Entschließungsantrag auf Drucksache 5/5192 ab. Wer ihm Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist dieser Entschließungsantrag angenommen. Ich schließe Tagesordnungspunkt 1.
Ich wollte Ihnen gerade die Nachfolgerin von Monsignore Przytarski vorstellen, aber sie ist im Moment nicht im Saal, sodass wir dies nachholen werden. Herr Kardinal Woelki hat neulich mitgeteilt, dass er eine andere Verwendung für Monsignore Przytarski gefunden hat und Frau Dr. Köppen in Zukunft unsere Kontaktperson zur Katholischen Kirche sein wird.
Wie bereits angekündigt, befassen sich die ersten drei Fragen auch mit First Solar. Wir werden sie gemeinsam beantworten lassen. Da sie zwei Fachbereiche der Landesregierung berühren, werden sowohl Minister Christoffers als auch Minister Baaske antworten. Wir beginnen mit der Frage 928 (Werks- schließung First Solar Frankfurt [Oder]), gestellt vom Abgeordneten Baer.
Am 17. April 2012 - wir haben uns heute schon ausführlich damit beschäftigt - kündigte First Solar Europe an, die Werke in
Frankfurt (Oder) bis Ende Oktober 2012 zu schließen. Von der Werksschließung betroffen sind 1 200 Beschäftigte. Für beide Werke wurden Fördermittel des Landes Brandenburg in Anspruch genommen.
Ich frage darum die Landesregierung: Welche Konsequenzen zieht sie aus der genannten Werksschließung, vor allem im Hinblick auf die Förderpolitik des Landes und im Hinblick auf mögliche Perspektiven für die Beschäftigten für die Zeit nach der Werksschließung?
Zur gleichen Problematik stellt die Abgeordnete Meier die Frage 929 (Rückzug von First Solar aus Deutschland).
Da ich mich auf den gleichen Kontext beziehe, frage ich die Landesregierung: Inwieweit kann Sie die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unterstützen?
Der Abgeordnete Tomczak stellt die Frage 930 (Fördergelder für das Unternehmen First Solar Frankfurt [Oder]) zum gleichen Sachverhalt.
Das Unternehmen First Solar hat angekündigt, im Oktober seine beiden Werke in Frankfurt (Oder) schließen zu wollen. Am 18. April haben sich laut Presseinformationen Ministerpräsident Platzeck sowie Wirtschaftsminister Christoffers mit der Unternehmensspitze des Unternehmens First Solar getroffen. Gemeinsam möchte man beispielsweise nach einem Investor für die vorhandenen Produktionshallen suchen.
Ich frage daher die Landesregierung: Wie viel Fördermittel hat das Unternehmen First Solar bis zum heutigen Tag erhalten?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kollege Baaske und ich haben uns verständigt, die Antworten auf die drei Anfragen etwas aufzuteilen. Lassen Sie mich zunächst zu den Konsequenzen der Förderpolitik etwas sagen.
Erstens: Die Vergabe der Fördermittel ist an einen Rahmen gebunden, der auch hier zeigt, dass er tragfähig ist. Es gibt die fünfjährigen Bindungsfristen, es gibt die Möglichkeiten, weitere Konditionen zu definieren. Das ist auch im Fall First Solar geschehen. Das ist auch der Hintergrund, dass wir Rückforderungen, Teil- und Vollwiderrufe hier aussprechen können. Aber das ist nur ein Teil.
Zweitens: Im Rahmen der Energiestrategie 2030 ist der Cluster Energietechnik einer der Schwerpunkte, und im Rahmen der
Industriekooperation ist der Bereich Photovoltaik eine Säule. Wir haben den Schwerpunkt auf Technologievernetzung gesetzt. Diese Technologievernetzung zur Systemintegration, also Speicherfähigkeit, Netzausbau wie auch das Zusammenwachsen einzelner Technologien im Bereich der Energiewende, werden wir weiterhin unterstützen. Die Entscheidung, dass im Bereich Technologieentwicklung/Technologietransfer auch zukünftig nicht gekürzt wird, ist Bestandteil unserer eigenen politischen Konzeption.
Insofern, meine Damen und Herren, sehen wir auch im Fall First Solar eine Bestätigung der Grundsätze der inhaltlichen Ausrichtung der Förderung nach qualitativen Maßstäben und nach Clustern im Land Brandenburg und in Umsetzung unserer Zielstellungen in der Hauptstadtregion.
Um auf die Frage nach Errichtungsinvestitionen im Bereich First Solar zu kommen: 2006 wurde ein Betrag von 20,9 Millionen Euro ausgezahlt. Hier wird die Rückforderung geprüft und eingeleitet. Für die Erweiterungsinvestitionen im Jahr 2011 wurden 6,2 Millionen Euro bewilligt und davon 5,3 Millionen Euro ausgezahlt. Diese werden sofort zurückgerufen; das ist auch völlig unstrittig.
Die Frage wurde insofern beantwortet. Daraus ergibt sich für mich folgende Nachfrage: Auf welche konkreten Eckpunkte haben sich der Ministerpräsident und der Wirtschaftsminister im Rahmen dieses Treffens mit der Unternehmensspitze von First Solar verständigt?
Auch das haben wir in der Pressekonferenz sowie bereits in der letzten Woche deutlich gemacht. Dies sind die Eckpunkte, auf die wir uns verständigt haben:
Erstens: Unser Anforderungsprofil an First Solar ist, eine Mitfinanzierung der Transfergesellschaft zu übernehmen. Das ist ein Bereich, zu dem Kollege Baaske weitere Ausführungen machen wird.
Zweitens gibt es die eindeutige Ansage und Klarstellung, dass wir von dem Unternehmen erwarten, dass es uns nach seiner überraschenden Entscheidung, sich aus Frankfurt zurückzuziehen, in allen Fragen unterstützt, die eine Stabilisierung des Standorts nach dieser Entscheidung ermöglichen sollen.
Insofern glaube ich, dass wir mit der Bildung der Arbeitsgruppe und mit den Schwerpunktfeldern, die wir genannt haben, also Flächenmanagement, Unterstützung für den Bereich Zulieferindustrie und Transfergesellschaft, die notwendige Unterstützung geben und mit der Frage Ansiedlung die richtigen Punkte gesetzt haben, die wir gemeinsam umzusetzen versuchen werden.
Herr Minister Christoffers, vorhin wurde auch in der Debatte die Frage nach einer Transfergesellschaft gestellt. Aus welchem Grund bevorzugen Sie als Landesregierung die Bildung einer Transfergesellschaft, statt auf die Kompetenzen der Bundesagentur für Arbeit zu vertrauen, die Mitarbeiter in neue Beschäftigungsverhältnisse zu vermitteln, wodurch in diesem Kontext klar ist, dass, wenn Mitarbeiter in eine Transfergesellschaft gehen, sie auch auf elementare Rechte verzichten?
Zu diesem Komplex wird Kollege Baaske Ausführungen machen. Ich glaube, dass hier eine gute Verzahnung der Bundesagentur für Arbeit und einer solchen Institution möglich erscheint.
In der Tat, auf den Personalrat oder Betriebsrat kommt in den nächsten Wochen eine harte Arbeit zu. Ich meine, dass er hierbei eine sehr große Verantwortung für die 1 200 Beschäftigten im Unternehmen trägt. Und tatsächlich, Herr Büttner, hier muss der Betriebsrat auch mit darüber entscheiden, ob man eine Transfergesellschaft will. Es kann dazu führen, dass man als Arbeitnehmer auf Abfindungen verzichtet. Es kann dazu führen, dass man auf bestimmte Regularien verzichtet, die ansonsten in einem Sozialplan verankert sind. Alles klar, aber das muss in den nächsten Wochen mit der Unternehmensleitung besprochen werden. Es kann durchaus geregelt werden, in eine Transfergesellschaft zu gehen, und es gibt trotzdem - ich meine, das kann man auch erwarten - Abfindungen, es gibt trotzdem die Möglichkeit zur Qualifikation. Es gibt dann womöglich auch den Zuschlag von 67 %, den die BA bei der Transfergesellschaft bezahlt. All das ist Verhandlungsgegenstand der nächsten Tage und Wochen.
Wir werden - darum auch die konkrete Antwort auf die konkrete Frage, was die Landesregierung tun kann - den Betriebsrat dabei unterstützen. Wir selbst haben nicht die Möglichkeit - das geht aus unseren Förderrichtlinie ganz klar hervor -, mit Geld, ESF-Geld oder Landesgeld, in die Transfergesellschaft hineinzuqualifizieren, aber ich glaube, wir können sehr gut moderieren und vermitteln. Die Möglichkeiten der BA sind, meine ich, nicht auf die 67 % Zuschüsse begrenzt. Auch dort können Möglichkeiten gefunden werden, bei der Qualifizierung zu unterstützen. Aber die BA - das ist eine klare Aussage, die ich von dort vernommen habe - wird das nur dann tun, wenn auch die Unternehmensführung bereit ist, mit Geld dort einzusteigen.
Insofern ist es ein Verhandlungsgegenstand der nächsten Wochen, wie die Transfergesellschaft finanziell ausgestattet ist, welche Ziele sie verfolgt und welchen Sozialplan es am Ende des Tages für die Beschäftigten in der Transfergesellschaft und außerhalb der Transfergesellschaft geben wird. Es wäre beispielsweise auch möglich, dass das Unternehmen jetzt sagt: Um die Transfergesellschaft möglichst klein zu halten, geben wir eine Sprinterprämie heraus. Sprinterprämie heißt, diejenigen, die sich