Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Muhß, es ist in der Tat ein Problem, wenn die Eltern mit ihren kranken Kindern weit zum Kinderarzt fahren müssen. Aber Sie wissen genauso wie ich und alle Anwesenden, dass im System der Selbstverwaltung des Gesundheitswesens die Kassenärztliche Vereinigung und die Krankenkassen den Auftrag haben, die ambulante medizinische Versorgung zu gewährleisten. Das ist hinlänglich bekannt.
Ich will an dieser Stelle sehr deutlich sagen, dass sowohl die Kassenärztliche Vereinigung als auch die Krankenkassen in Bezug auf das in der Frage geschilderte Problem sehr aktiv waren; das Ergebnis steht noch aus. Alle bemühen sich um eine
Lösung. Insbesondere die Kassenärztliche Vereinigung ist sehr engagiert, wenn es darum geht, einen Kinderarzt oder eine Kinderärztin für Wittstock zu finden. Eine entsprechende Website ist eingerichtet, auch im Berliner Ärzteblatt hat die KV Annoncen geschaltet. Es wird also nicht nur in Brandenburg gesucht.
Vermittelt werden zudem Gespräche mit der Geschäftsführung des Krankenhauses Prignitz über eine verstärkte Zusammenarbeit. Auch dieser Weg muss genutzt werden. Im Medizinischen Versorgungszentrum Pritzwalk besteht ebenfalls die Möglichkeit, eine kinderärztliche Stelle nachzubesetzen.
Im Rahmen ihrer Sicherstellungsaufgabe hat die KV eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, um neue Ärztinnen und Ärzte für Brandenburg zu gewinnen. Als ausgewählte Unterstützungsmaßnahme will ich die Sicherstellungszuschüsse erwähnen. Es geht hier um viel Geld. Aber wir alle wissen, dass finanzielle Anreize nicht ausreichen, nicht einmal eine Umsatzgarantie.
Neben den personengebundenen Anreizen gibt es auf der Grundlage des aktuellen, seit Jahresbeginn gültigen Versorgungsstrukturgesetzes die Möglichkeit, einen Strukturfonds zu bilden, in den beide Partner, KV und Kassen, einzahlen. Das ist eine Neuerung, um die wir uns sehr bemüht hatten. Das Geld können wir für innovative Versorgungsstrukturen ausgeben. Dünnbesiedelte ländliche Regionen werden davon besonders profitieren. Das Beispiel, das Sie genannt haben, Frau Muhß, ist nur eines von vielen; andere Regionen stehen vor ähnlichen Herausforderungen. Den daraus resultierenden Schwierigkeiten wollen wir zum Beispiel mit der Nutzung der Strukturfondsmittel vorbeugen. Aber diese Möglichkeit haben wir erst seit Beginn dieses Jahres.
Ich habe schon oft unterstrichen, dass wir weitergehende Ansätze brauchen. Die haus- und die kinderärztliche Medizin ist zu stärken. Das muss jedoch auf der Bundesebene geregelt werden. Mit dem Versorgungsstrukturgesetz ist das leider nicht gelungen. Sie wissen: Hausärztinnen und Hausärzte sowie Kinderärztinnen und Kinderärzte gehören nicht zu den Großverdienern unter den Ärztinnen und Ärzten. Sie schultern aber sehr viele Aufgaben und haben einen existentiell wichtigen Bereich abzudecken. Dennoch haben laut Versorgungsstrukturgesetz Spezialärzte Vorrang - ohne Planung, ohne jegliche Einschränkung.
Abschließend will ich zu diesem Thema noch sagen: Insgesamt haben wir in der Bundesrepublik nicht zu wenige, sondern reichlich Ärzte. Sie sind nur leider nicht so verteilt, dass alle Regionen gleichermaßen partizipieren. Viele Ärztinnen und Ärzte wollen lieber im städtischen als im ländlichen Bereich tätig sein. Ich will niemandem Angst machen, aber doch auf die demografische Entwicklung verweisen. Sie alle kennen die Zahlen zur Bevölkerungsentwicklung in Ihrer Region und wissen, wie hoch der Anteil an Kindern und Jugendlichen sein wird. Wir müssen uns also neue Gedanken machen und integrative Modelle - auch Mobilitätsmodelle - entwickeln, um die großen Entfernungen für die Eltern und ihre kranken Kinder kompensieren zu können.
Vielen Dank. - Wir kommen zur Frage 876 (Energie- und Kli- mafonds der Bundesregierung), gestellt vom Abgeordneten Domres. Bitte, Herr Domres.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zur Finanzierung der Energiewende hat die Bundesregierung im Herbst 2010 einen Energie- und Klimafonds aufgelegt. So sollen dem Fonds bereits ab 2013 jährliche Einnahmen in Höhe von 3 Milliarden Euro zur Verfügung stehen. Ab 2012 sollen alle Einnahmen des Bundes aus der Versteigerung der Emissionszertifikate unmittelbar in den Fonds fließen. Medienberichten zufolge erweist sich dieser nach einem Jahr als Flop. Sowohl die Einnahmen als auch die Ausgaben bleiben erheblich hinter den Planungen zurück.
Ich frage die Landesregierung: Wie bewertet sie den Stand der Umsetzung des Energie- und Klimafonds?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Thomas Domres, ich hoffe nicht, dass es so eintreten wird, wie es in den Zeitungen geschildert wurde. Ich habe schon noch ein bisschen Hoffnung, dass dieses Instrument Wirkung entfalten wird. Der Energie- und Klimafonds wurde im Dezember 2010 rechtlich umgesetzt. Als eine Finanzierungsquelle waren die Steuern der Atomwirtschaft vorgesehen. Wir haben uns gemeinsam für die Rücknahme der Laufzeitverlängerung und den Ausstieg aus der Atomenergie engagiert, was natürlich zu einer Unter- oder sogar Nichtfinanzierung des Energie- und Klimafonds geführt hat.
Die Einnahmenlücke soll nunmehr ausgeglichen werden, indem ab 2012 alle Einnahmen des Bundes aus der Versteigerung der Emissionszertifikate unmittelbar in den Fonds fließen. So sollen dem Fonds bereits 2013 - Sie haben es schon erwähnt Einnahmen von 3 Milliarden Euro jährlich zur Verfügung stehen. Die entsprechenden gesetzlichen Änderungen sind herbeigeführt worden; auch der Bundesrat hat bereits grünes Licht für diese Lösung gegeben. Die Finanzierung des Energie- und Klimafonds ist aber nur dann gesichert, wenn die Preise für die CO2-Zertifikate ausreichend hoch sind; die Einnahmen müssen tatsächlich gewährleistet werden können.
Was den Emissionshandel angeht, erwarte ich - im Gegensatz zu anderslautenden Darstellungen in der Presse -, dass die Preise und die Einnahmen in der neuen Handelsperiode ab 2013 steigen, das heißt, dass über dieses Instrumentarium mehr Geld eingenommen werden kann.
Preise. Die Kommission bereitet auf politischer Ebene verstärkte Klimaschutzanstrengungen vor, die wir gefordert haben und nach wie vor unterstützen. Die Europäische Union will ihr CO2-Minderungsziel von derzeit 20 % auf 30 % anheben. Das dürfte eine Verknappung der Zertifikate, steigende Preise und höhere Einnahmen aus dem Emissionshandel zur Folge haben. Diese fließen auch in den Energie- und Klimafonds. Ich unterstütze sehr Ansätze, die dazu beitragen, dass dieses Instrument seine Wirkung entfaltet. Ich kann aber heute noch nicht eindeutig sagen, ob der Energie- und Klimafonds geeignet ist, tatsächlich das wirkungsvolle Instrument zu sein. Deshalb ist das Fragezeichen noch angebracht. Aber Ihre Skepsis teile ich so nicht, Herr Domres.
Danke, Frau Ministerin, für die Antwort. Setzen wir einmal voraus, dass die Einnahmenlücke geschlossen werden kann. Es gab ja Diskussionen über die Verteilung der Mittel des Energieund Klimafonds. Gibt es dazu schon konkretere Ergebnisse?
Der Streit um die Verteilung ist nach wie vor ein großer. Es ist noch nicht endgültig entschieden, wie sie aussehen wird. - Vielen Dank.
Vielen Dank. - Wir sind damit bei Frage 877 (Annahmestopp von Anträgen für die Förderung der Wohneigentumsbildung), gestellt vom Abgeordneten Genilke. Bitte, Herr Genilke.
Aktuell existiert laut Auskunft im Land Brandenburg ein Annahmestopp für Anträge auf Förderung der Wohneigentumsbildung.
Ich frage die Landesregierung: Wie ist der aktuelle Stand bei der Antragstellung bzw. Bewilligung von Anträgen auf Förderung der Wohneigentumsbildung?
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Herr Genilke, für die gesamte Wohnraumförderung bis 2013 steht in Brandenburg nur noch ein Restkontingent an Mitteln zur Verfügung, das bereits jetzt komplett mit - sehr sinnvollen Fördervorhaben belegt ist und voraussichtlich Mitte 2012 vollständig ausgeschöpft sein wird. Das hat mit der Frage zu tun, wie es mit dem Entflechtungsgesetz weitergeht.
Ich habe entschieden - weil es bei uns Fördervorhaben gibt, die förderfähig und förderwürdig sind -, dass diese Mittel 2012
vollständig bewilligt werden. Ich spare insoweit nichts auf; das ist sinnvoll eingesetztes Geld. Ich habe auch deshalb so entschieden, um den Abgeordneten und den Verantwortlichen vor Ort zu verdeutlichen, wie wichtig die Mittel aus dem Entflechtungsgesetz für das Land Brandenburg sind. Wir sind in Verhandlungen mit dem Bund, haben aber sicherlich auch eine eigene Verantwortung, was die Zweckbindung betrifft.
Vor dem Hintergrund des Anliegens, Privathaushalte vor ungesicherten Immobilienfinanzierungen zu schützen, habe ich den Antragsstopp verfügt. Es hat keinen Sinn, Anträge entgegenzunehmen, wenn in dem Fördertopf kein Geld mehr ist.
Ich sage Ihnen ausdrücklich, dass ich darüber gern im Fachausschuss debattieren würde. Ich habe großes Interesse daran, um Ihnen zu verdeutlichen, was wir mit diesem Geld gemacht haben.
Herr Genilke, ich habe die Zahlen für die Jahre 2007 bis 2011 zusammenstellen lassen: Es sind über 11 000 WE mit 165 Millionen Euro gefördert worden. Wenn Sie das zusammenzählen ich habe immer 30 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung -, stellen Sie fest, dass wir schon in den ersten fünf Jahren übersteuert haben. Das ist aber auch richtig so. Wenn Gelder zur Verfügung stehen und sinnvolle Förderprojekte angemeldet sind, soll das Geld auch ausgereicht werden, insbesondere für Maßnahmen der generationsgerechten Modernisierung. Auch ab 2014 wollen und müssen wir unterstützend wirken; ich verweise auf die Aufzugsrichtlinie, die Genossenschaftsrichtlinie und die Notwendigkeit der Anschubfinanzierung.
Die genannte Übersicht würde ich dem Ausschuss gern zur Verfügung stellen. Ich würde mich freuen, wenn wir in unseren mitunter doch längeren Tagesordnungen auch diesen Punkt unterbringen könnten.
Herr Minister, Sie sprachen völlig zu Recht die Entwicklung des Entflechtungsgesetzes an und haben auf die Zweckbindung verwiesen. Ich stelle fest: Der Landtag hat sich bereits für die Erarbeitung eines Programms durch den Minister ausgesprochen, das auf die Zweckbindung hinweist. Wie ist dort der Stand? Wann dürfen wir mit dem Bericht rechnen?
Ich möchte mich zunächst einmal beim Landtag für die Beschlussfassung bedanken. Das unterstützt mich in Verhandlungen auf vielen Ebenen, auch in der Verhandlung mit dem Bund. Wir sind jetzt in der Abstimmung mit der Landesregierung. Ich bin optimistisch, dass dem Landtag zeitnah ein entsprechender Gesetzentwurf zugeleitet werden kann.
Vielen Dank. - Wir sind damit bei Frage 878 (Geplante Aus- schreibung der Berliner S-Bahn), gestellt vom Abgeordneten Tomczak. Bitte sehr.
Bereits im September 2010 hat die FDP-Fraktion in einem Antrag die zügige Vorbereitung der Ausschreibung des S-BahnNetzes in Berlin und Brandenburg gefordert. Letzte Woche, am 6. Februar 2012, hat der Verkehrssenator Berlins mitgeteilt, dass der erste Teil des Berliner S-Bahn-Netzes ab Juli dieses Jahres endlich ausgeschrieben werden solle. Ein Beschluss des Berliner Senats dazu sei bis Mitte März zu erwarten. Es ist davon auszugehen, dass das Vergabeverfahren etwa 20 Monate dauern wird. Der Zeitraum von Auftragserteilung, Entwicklung und Bau neuer Wagen und der notwendigen Zulassung beträgt etwa fünf Jahre.
Ich frage die Landesregierung: Wie setzt sie sich - auch vor dem Hintergrund des sehr knappen Zeitrahmens - dafür ein, dass rechtzeitig zum Auslaufen des Vertrages mit der Deutschen Bahn im Dezember 2017 neue und vor allem zuverlässige Wagen bereitstehen und ein geeignetes Unternehmen den Betrieb aufnehmen kann?
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Herr Abgeordneter, Sie haben alles korrekt dargestellt.
Ich habe auch hier im Landtag immer deutlich Stellung bezogen: Das Land Brandenburg hat mit Ausschreibungen im Regionalverkehr sehr gute Erfahrungen gemacht. Das können Sie alle in Ihren Wahlkreisen nachvollziehen. Nach einer Ausschreibung haben sich die Fahrzeugfrage und die Qualität verbessert. Wichtig ist natürlich, dass die Fahrzeuge überhaupt fahren; bei der S-Bahn hat es diesbezüglich in der Vergangenheit die eine oder andere Schwierigkeit gegeben.
Deshalb war ich schon zu dem Zeitpunkt, zu dem wir das debattierten, immer offen gewesen, was zumindest eine Teilnetzausschreibung betrifft. Ich unterstütze insoweit weiterhin den Berliner Senat.
Sie haben es gesagt: Es ist „höchste Eisenbahn“, diese Ausschreibung auf den Weg zu bringen. Am Land Brandenburg wird das keineswegs scheitern.
Ich verweise Sie aber auf eine Vereinbarung, die ich für richtig halte: Im Regionalverkehr liegt die Federführung bei Ausschreibungen beim Land Brandenburg, im S-Bahn-Verkehr bei Berlin. Der Anteil der Verkehrsleistung der Berliner S-Bahn liegt bei uns bei etwa 13 %. Das will ich aber nicht kleinreden. Nicht nur die Menschen in Berlin, sondern selbstverständlich auch die Menschen im Land Brandenburg sind auf die S-Bahn angewiesen.
Ein weiteres Thema ist das Eisenbahn-Bundesamt. Es ist eine wichtige Behörde. Das merkt man, wenn man auf die Genehmigung wartet. Deshalb werden sich die Verkehrsminister auf meinen Vorschlag hin im April über die Straffung des Geneh
migungsverfahrens unterhalten. Das habe ich auch mit dem Bundesverkehrsminister abgesprochen. Er hat eigentlich die Aufsicht über das Eisenbahn-Bundesamt, begrüßt es aber sehr, dass darüber gemeinsam beraten wird. Die Entscheidungsprozesse müssen gestrafft werden. Leider - Sie haben auch das korrekt dargestellt - dauert ein Zulassungsverfahren im Durchschnitt zu lang.
Man muss auch darüber sprechen, dass Fahrzeuge, die ihre Betriebsgenehmigung 2017/2018 verlieren, weiter im Einsatz bleiben können. Das ist auch deshalb sinnvoll, damit eine Fahrzeugreserve vorhanden ist. Wir müssen vorbereitet sein auf die eine oder andere Situation, die man 2012 noch nicht voraussehen kann.