Protocol of the Session on September 29, 2011

Wir brauchen in Zukunft genau all dies weiterhin: eine seriöse Bedarfsplanung, transparente Finanzierungsmöglichkeiten und mehr Flexibilität bei der Überprüfung von Alternativen. Eine mangelnde Ausnutzung der vorhandenen Kapazitäten ist das eine, aber eine mangelnde Abstimmung, um in wichtigen Fragen - wie der Sicherungsverwahrung - zusammenzuarbeiten, darf es nicht geben.

Frau Abgeordnete Teuteberg, Herr Ludwig hat Fragebedarf.

Frau Kollegin, ich nehme an, Sie meinten mit Ihrem Wortbeitrag, dass diese Planungen bereits vor dem Jahr 2009 hätten angepasst werden müssen, und frage Sie deshalb: Ist Ihnen bekannt, ob Ihre damaligen Kollegen in Berlin genau diese Fragen gestellt haben?

(Görke [DIE LINKE]: Jetzt können sie die nicht mehr stellen!)

Wir sind dabei, die heutigen Auswirkungen und auch das, was wir in Zukunft tun wollen, um diese Zusammenarbeit zu verbessern, zu analysieren, und nicht dabei, Schuldzuweisungen oder Ähnliches zu machen.

(Beifall FDP - Lachen bei der Fraktion DIE LINKE und der SPD)

Wir wollen sehr wohl die grundsätzlichen Anforderungen an eine seriöse Zusammenarbeit in der Justizpolitik definieren.

Nun fahre ich mit meiner Rede fort: Gegenwärtig sind wir leider auf dem besten Wege, die Synergiepotenziale, die es dabei zwischen Berlin und Brandenburg, also in der Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg gibt, in dieser besonderen Frage des Strafvollzuges nicht zu nutzen und unnötig zu verspielen. Dies ist leider eines der besten Beispiele dafür, dass Berlin und Brandenburg im Strafvollzug eben nicht an einem Strang ziehen und dass mit Steuergeldern nicht sinnvoll umgegangen wird. Da hilft es dann auch wenig und ist wenig sensibel und weitsichtig, jetzt schon lediglich auf Ende Oktober zu verweisen; denn da sollen wir endlich ein Konzept für den Strafvollzug in Brandenburg bekommen.

Liebe Kollegen, ganz unabhängig von Betrachtungen der Vergangenheit und von Schuldzuweisungen ist es unsere Pflicht, den Strafvollzug mit rechtsstaatlichen Standards - ich bin dankbar, dass Kollege Ziel dies angesprochen hat; denn auch

Strafvollzug muss der Menschenwürde von Strafgefangenen gerecht werden - zu gewährleisten, und zwar bei möglichst effizientem Einsatz der dafür aufgewendeten Steuermittel.

Den Grundsatz pacta sunt servanda akzeptieren wir. Wenn Berlin Verpflichtungen eingegangen ist, wird man das heute nicht mehr ändern können. Aber aus diesem Grund kommt man für die Zukunft an einer Erkenntnis nicht vorbei: Die richtige, optimale Zusammenarbeit ist am Ende nur mit der Fusion möglich.

(Beifall FDP und GRÜNE/B90)

Jegliche Kooperationen, die wir eingehen, und jegliche Zusammenarbeit bleiben stets annäherungsweise. Sie bleiben immer suboptimal und sind stets von Unwägbarkeiten abhängig. Die Bemerkungen des Justizministers zu Koalitionsfragen in Berlin haben dies wunderbar illustriert. Wir wollen eine gemeinsame Rechtsregion und einen gemeinsamen Strafvollzug in Berlin-Brandenburg - unabhängig von persönlichen Sympathien und Koalitionen. Dafür brauchen wir ein gemeinsames Bundesland. Insofern ist die Fusion richtig und wichtig.

(Beifall FDP und GRÜNE/B90)

Unsere Aufgabe wäre es nun, die Menschen endlich davon zu überzeugen, statt dies auf den Sankt-Nimmerleins-Tag zu vertagen. - Danke.

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Teuteberg. - Für die Fraktion DIE LINKE setzt Frau Mächtig die Aussprache fort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich verstehe, dass wir diesen Tagesordnungspunkt zum Anlass nehmen, über vieles zu sprechen, was in der Vergangenheit schiefgegangen ist, und auch darüber, welchen Herausforderungen und Anforderungen wir uns heute stellen. Dies ist jedoch ein Gesetzentwurf, der bei aller kritischen Betrachtung, die ich sonst immer zum Wort „alternativlos“ vornehme, tatsächlich alternativlos ist; denn wir sprechen über ein Gesetz, das nichts anderes tut, als schwarz auf weiß das nach Hause zu tragen, was in praxi schon längst existiert.

Dafür, dass die Opposition hierbei die Möglichkeit nutzt, den derzeitigen Justizminister der Linken anzugreifen, habe ich Verständnis. Allerdings ist die historische Wahrheit dann doch anders; denn Sie wissen, dass das, was wir heute zum Verwaltungsvollzug mit Gesetz beschließen werden, nichts anderes ist als das, was vor der rot-roten Koalition in Brandenburg entstanden ist.

Da bereits vieles gesagt wurde und ich dem Kollegen Ziel und meinem Minister nur zustimmen kann, möchte ich lediglich erwähnen, was mich an diesem Sachverhalt bzw. an diesem Verfahren am meisten irritiert. Es muss eine Zeit gegeben haben, in der man in der Bevölkerung über den demografischen Wandel nachgedacht und festgestellt hat, dass die Zahl der Haftplätze trotz rückläufiger Einwohnerzahlen gestiegen ist. Welches Selbstverständnis für die eigene Bevölkerung!

(Görke [DIE LINKE]: Das war Schelter!)

- Genau, das war zu Zeiten von Herrn Schelter.

Deshalb ist die Frage - und das meine ich ernst -: Wie gehen wir künftighin mit Planungen im Strafvollzug um? Da gibt es hervorragende Chancen, darüber nachzudenken: Wie gehen wir mit Jugendarrest um? Wie gehen wir mit den Herausforderungen im Zusammenhang mit der Sicherungsverwahrung um? Ich glaube, das sind alles Diskussionen, die wir zunächst im Ausschuss und in unseren Fraktionen führen müssen, bevor wir darüber nachdenken, den Gesetzentwurf, der hier in Rede steht und alternativlos ist, zu befürworten. - Mehr ist hierzu nicht zu sagen.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Mächtig. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fort. Die Abgeordnete Niels hat das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Gäste! Die Justizvollzugsanstalt Heidering, über deren diesbezüglichen Staatsvertrag wir heute reden, hat eine ganz lange, vorlaufende Geschichte. Die wurde hier schon mehrfach dargelegt. Was hier in diesem Hohen Hause noch nicht klar herausgekommen ist - ich habe keine einzige Rechtsausschusssitzung verpasst -, ist, den Justizminister ausdrücklich zu loben. - Pause, damit Sie sich das gut merken können.

(Görke [DIE LINKE]: Wir haben es schon gemerkt!)

Es ist tatsächlich so, dass Frau von der Aue sogar in Antworten auf Kleine Anfragen im Berliner Abgeordnetenhaus immer wieder Sticheleien losließ und meinte, sie wäre bezüglich des Themas Zusammenarbeit Strafgefangenenvollzug bloß über die Presse angefragt worden. Ich möchte das hier als unredlich bezeichnen. Ich verweise allerdings darauf - das hat heute noch keiner meiner Vorrednerinnen und Vorredner so deutlich gesagt -: Die Gefangenenzahlen sind auch in Berlin zurückgegangen.

Politik ist immer eine Frage der Aushandlung. Ich habe es schwarz auf weiß gelesen, Frau von der Aue hat gesagt: Alle zuständigen Behörden in Berlin werden sich mit den zuständigen Abteilungen des Brandenburger Justizministeriums bezüglich eines gemeinsamen Vollzugs zusammensetzen und ein Konzept erarbeiten. Es ist so, dass Frau von der Aue Heidering vor allen Dingen mit einem Urteil des Berliner Kammergerichts begründet hat. Ich möchte einmal etwas daraus zitieren:

„Die Frau, die damals nach Luckau-Duben verlegt wurde aus Berlin-Pankow, hat Recht bekommen in der Auffassung, dass es ihren Kindern sehr schwerfällt, sie zu besuchen, weil eine der Töchter wegen der gemeinsamen Straftat auch Gefangene war und es also schwierig war, die eine Gefangene zur anderen zu bringen, wenn eine in Berlin, die andere in Brandenburg sitzt, die Strafe abbüßt. Die anderen zwei Töchter würden angeblich nicht vom Jugendamt am Wochenende nach Luckau-Duben begleitet werden können. Und weil sie fremdländisch aussehen, können sie sich an einer Brandenburger Bushaltestelle nicht aufhalten. Das käme erschwerend hinzu.“

Wie kann man davon ausgehen, dass in Berlin-Pankow, wenn man dort eine JVA aufsucht, niemals ein Übergriff stattfindet? Wie kann man davon ausgehen, dass in Großbeeren solche Übergriffe nicht stattfinden? Wir haben von Brandenburger Seite immer gesagt - auch die Berliner Grünen ganz deutlich -, dass Frau von der Aue da irgendwie auf dem Holzweg ist. Es war ein ganz spezieller Fall, und es ging um eine Frau.

Was Frauen angeht, haben wir schon lange zusammen mit Berlin ein Konzept. Es geht also darum, dass es nach Bundesrecht so ist, dass man, wenn man jemanden in ein anderes Bundesland verlegt, bessere Therapiemöglichkeiten anbieten muss. Das wird für drogenabhängige Frauen in Berlin angeboten. Dafür bieten wir in Brandenburg Kapazitäten für Frauen an. Diese wohnortnahe Unterbringung gilt in dem Sinne gar nicht. Nur wenn ganz explizit starke familiäre Bindungen vorliegen, muss man das individuell prüfen. Da können Berlin und Brandenburg sicherlich nacharbeiten.

Wir reden hier aber über eine Anstalt des geschlossenen Vollzugs für Männer! Das ist doch ein großer Unterschied.

(Frau Mächtig [DIE LINKE]: Genauso ist es!)

Wir haben doch gerade erlebt, dass in Berlin Wahlen stattgefunden haben. Warum sollen wir hier im Brandenburger Parlament ohne Not einem Staatsvertrag zustimmen, wenn die Koalitionsgespräche gerade erst beginnen? Die SPD könnte doch gar nicht ohne Gesichtsverlust hineingehen.

(Frau Mächtig [DIE LINKE]: Die Einrichtung steht doch!)

Ich verstehe es überhaupt nicht. Wenn wir das alle recht verfolgen, kann man es ja kritisieren. Ich muss hier auch nicht die Berliner Grünen loben, wir haben da auch einige Wünsche an unsere Kollegen. Es sieht doch aber so aus, als würden genau die Berliner Grünen mit der SPD in Berlin zusammen regieren, die immer sagen: Dieses größte, wahnwitzige Infrastrukturprojekt Heidering muss auf den Prüfstand, muss weg. Da finde ich es ein falsches Signal, hier im Parlament zu sagen: Es gibt diese historischen Verpflichtungen. - Nein, wir als Abgeordnete sollten auch zur Kenntnis nehmen: Die Zahlen haben sich die ganzen Jahre über anders entwickelt, die Ansprüche auf Haftplätze gehen in Berlin und in Brandenburg zurück.

Frau Abgeordnete Niels, lassen Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Mächtig zu?

Nein, ich lasse gar nichts mehr an Zwischenfragen zu. Ich möchte jetzt gern einen Schlusssatz finden.

(Zurufe)

Politische Entscheidungen müssen sich immer an aktuellen Entwicklungen ausrichten und orientieren.

(Frau Wehlan [DIE LINKE]: Wenn die Einrichtung schon steht!)

Das war sehr dynamisch, was den Strafvollzug angeht.

- Die Einrichtung steht überhaupt nicht, sie soll 2012 fertig werden. Einfach mal lesen. - Tschüß.

(Frau Wehlan [DIE LINKE]: Da wird die eröffnet! - Bei- fall GRÜNE/B90 und CDU)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Niels. - Das Wort erhält noch einmal die Landesregierung. - Herr Minister Dr. Schöneburg, Sie möchten nicht erwidern. Demzufolge sind wir am Ende der Aussprache angelangt. Ich komme zur Abstimmung.

Das Präsidium empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfs in Drucksache 5/4015, eingebracht durch die Landesregierung, „Gesetz zu dem Staatsvertrag zwischen dem Land Berlin und dem Land Brandenburg über die Errichtung und den Betrieb der Justizvollzugsanstalt Heidering“, an den Hauptausschuss federführend - und an den Rechtsausschuss. Wer diesem Überweisungsantrag Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist das Gesetz einstimmig an die entsprechenden Ausschüsse überwiesen worden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 3 und eröffne Tagesordnungspunkt 4:

Wirtschaftlichkeit des Flughafens Berlin Brandenburg International und der Flughafen Berlin-Schönfeld GmbH

Große Anfrage 13 der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Drucksache 5/3119