Protocol of the Session on November 19, 2009

Nach der Föderalismusreform haben wir als Land die Zuständigkeit erhalten, dann als erstes Bundesland ein Gaststättengesetz beschlossen und hier sehr weit liberalisiert und dereguliert. Nach unserem Gaststättengesetz ist keine Erlaubnis notwendig. Es gibt nur eine Anzeigepflicht, die - das erwähne ich nur zum Vergleich - 25 Euro kostet. Insofern gibt es überhaupt keinen Bedarf, jetzt eine neue rechtliche Norm zu schaffen, um es Straußwirtschaften zu ermöglichen, hier im Land Brandenburg tätig zu sein.

Herr Domres, es gibt einen wesentlichen Unterschied zu der Rechtslage in Baden Württemberg: Dort gilt nach wie vor die Erlaubnispflicht. Diese haben wir nicht. Deshalb brauchen wir tatsächlich keine neue Norm zu schaffen.

Es ist vielleicht auch ein Beleg dafür, dass Fragen der Deregulierung im öffentlichen Bewusstsein nicht so ganz einfach zu handhaben sind, denn hier wird der Entscheidungsspielraum aufseiten der Behörde bis jetzt nicht ausgenutzt. Insofern würde ich dem Parlament dringend davon abraten, weitere Überlegungen zu derartigen Einzelfällen anzustellen und rechtliche Normen oder Vorschriften zu schaffen. Sie sind nicht notwendig, wenn es Usus wird, dass der vonseiten der Politik geschaffene Spielraum genutzt wird.

Kurze Zusammenfassung: Es ist keine Gesetzesänderung notwendig. Straußwirtschaften können im Land Brandenburg auch im Wege der Anzeigepflicht arbeiten. Alle weiteren Probleme müssten dann tatsächlich vor Ort geklärt werden. - Vielen Dank.

Vielen Dank. - Frau Dr. Ludwig hat eine Nachfrage.

Herr Minister, Sie haben erklärt, dass die Straußwirtschaft in Brandenburg zukünftig nach dem Gaststättengesetz beurteilt werde. Das ist das eigentliche Problem. Ich glaube, dass das auch bewusst ist. Sie wissen, das Betreiben einer Gaststätte stellt wesentlich höhere Anforderungen, als es bisher beim Betreiben einer Straußwirtschaft in Brandenburg der Fall war. Genau deshalb protestieren die Weinbauern dagegen und sagen ganz klar: Wir möchten wie gewohnt unsere Straußwirtschaft aufmachen können, ohne zusätzlich Toilettenräume, Behindertentoiletten und alles, was dazu gehört, zu schaffen. Es ist ein enormer finanzieller Aufwand, um den es geht. Insofern gibt es hier keinen Bürokratieabbau, sondern es bedeutet für diejenigen, die die Straußwirtschaft wie gewohnt aufmachen wollen, einen Bürokratieaufbau.

Dazu die konkrete Frage: Haben Sie wirklich nicht vor, an der Stelle wieder die Erleichterungen für unsere Weinbauern einzuführen? Auch wenn Sie es für ein nebensächliches Problem halten, so ist die Straußwirtschaft mittlerweile ein ziemlich großer Wirtschaftszweig bei uns in Brandenburg. Wären diese Erleichterungen für unsere Weinbauern nicht wirklich gerechtfertigt?

Vielen Dank für die Nachfrage, Frau Dr. Ludwig. Ich darf noch einmal darauf aufmerksam machen: Der Konfliktbereich reduziert sich auf einen Fall in Werder.

(Frau Dr. Ludwig [CDU]: Das stimmt nicht!)

Selbstverständlich müssen bestimmte hygienische und arbeitsrechtliche Vorschriften beachtet werden. Aber noch einmal: Straußwirtschaften können so eingeführt werden, wie es bisher üblich gewesen ist. Das ist die Regel. Vor Ort muss geregelt werden - da liegen auch die Zuständigkeiten -, unter welchen Konditionen sie tatsächlich aufmachen können.

Ich bin froh, dass wir Bereiche dereguliert haben. Ich bin froh, dass wir Entscheidungskompetenzen delegiert haben, und zwar dahin, wohin sie gehören. Das ist kein konfliktfreier Zustand;

das ist allen Beteiligten klar. Aber ich möchte davor warnen: Wenn wir jetzt anfangen, für Einzelfälle neue Normen einzuführen, frage ich, in welchen Bereichen wir uns dann bewegen können, was wir alles zu novellieren haben. Das würde den gemeinsamen politischen Anspruch völlig konterkarieren, dass wir ein Stück weit deregulieren und vereinfachen wollen, können und müssen.

Insofern, Frau Dr. Ludwig, sehe ich keine Notwendigkeit, hier eine eigene Rechtsverordnung zu erlassen. Wenn es Probleme gibt, ist mein Haus gern bereit, konfliktminimierend zu wirken. Das werden wir tun. Es gibt aber nicht die Notwendigkeit für eine neue Rechtsverordnung. Die gibt es einfach nicht.

Vielen Dank. - Wir kommen zur Frage 3 (Kooperation der Landesregierung mit der Fa. skyDSL Technologies GmbH), gestellt vom Abgeordneten Dombrowski. Bitte.

Die Staatskanzlei des Landes Brandenburg startete am 24. August 2009 gemeinsam mit der Fa. Eutelsat/skyDSL Technologies GmbH eine Marketingaktion, um die Versorgung mit schnellem Internet in einigen Landesteilen auch via Satellit sicherzustellen. Die Verbraucherzentrale Brandenburg e. V. kritisiert genauso wie der Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. die allgemeinen Geschäftsbedingungen des Unternehmens. Am 14. Oktober 2009 erfolgte durch den Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. eine schriftliche Abmahnung und Unterlassungserklärung mit Vertragsstrafeverfahren an skyDSL. Auch die unabhängige Stiftung Warentest bewertete in der Ausgabe 11/2009 das Internetangebot via Satellit von skyDSL mit der Note 4,8, also mangelhaft.

Ich frage die Landesregierung: Beabsichtigt sie, weiterhin an der Kooperation mit der Fa. skyDSL Technologies GmbH festzuhalten, nachdem der Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. bei einer Klauselkontrolle die allgemeinen Geschäftsbedingungen von skyDSL Technologies GmbH juristisch überprüft hat und dabei 14 Klauseln für nicht mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch vereinbar erklärte?

Es antwortet der Chef der Staatskanzlei.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Bitte erlauben Sie mir zwei Sätze zu Beginn. Das ist heute meine erste Gelegenheit, vor diesem Hohen Hause zu sprechen. Ich werde vielleicht die eine oder andere weitere Gelegenheit haben.

Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit dem Präsidenten und mit der Landtagsverwaltung, mit allen Abgeordneten und allen Fraktionen. Ich hoffe, dass wir unsere Zusammenarbeit gut, offen und konstruktiv gestalten werden. Ich werde mich jedenfalls darum bemühen.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Ich komme damit zur Antwort auf Ihre Fragen, Herr Dombrowski. Die Landesregierung begrüßt ausdrücklich die Aktivitäten der Verbraucherzentrale Brandenburg e. V., des Verbraucherzentrale Bundesverbandes e. V. und der Stiftung Warentest. Durch ihre vielen Tests in allen Bereichen - von Auto und Verkehr bis Versicherung und Vorsorge - geben die Verbraucherzentralen den Kunden eine wichtige Kauforientierung. Die Ergebnisse der Tests veranlassen die Anbieter von Produkten und Dienstleistungen immer wieder dazu, die Qualität ihrer Produkte zu verbessern und ihre Geschäftsbedingungen rechtskonform zu fassen.

So hat auch die Fa. skyDSL auf die gerügten allgemeinen Geschäftsbedingungen reagiert und sie geändert. Das ist kein bemerkenswerter Vorgang, sondern erfüllt lediglich die Erwartungen, die die Verbraucherzentralen und die Verbraucher an die getesteten Unternehmen richten.

Im Übrigen entspricht das von der Stiftung Warentest getestete Produkt nicht dem Produkt, das im Rahmen der Kooperation mit skyDSL beworben wird. Während die Stiftung Warentest das Produkt skyDSL 2+ 2000 getestet hat, wird in Brandenburg das Produkt skyDSL 2+ 3500 angeboten. Sie können das im Kleingedruckten bei der Stiftung Warentest auf Seite 40 in der Testtafel unter Fußnote 1 nachlesen.

Die Drosselung erfolgt bei diesem Angebot, wenn ein Gesamtdurchsatz von 3,5 Gigabit pro Monat überschritten wird. Bei dem von der Stiftung Warentest getesteten Produkt, das nicht mehr am Markt angeboten wird, waren es noch 500 Megabit.

Ich darf zusammenfassend festhalten, dass die Landesregierung bereit ist, mit jedem Unternehmen zu kooperieren, das die derzeitige Versorgungslage im Interesse der Bürgerinnen und Bürger verbessern hilft. Das werden auch weiterhin die Anbieter von Satelliten-DSL sein. - Vielen Dank.

Vielen Dank. Es gibt Nachfragebedarf.

Vielen Dank für Ihr Angebot der Kooperation. Damit können wir gleich weitermachen. Ich habe drei Nachfragen. Erstens: Es ist nicht beantwortet, welche Bedeutung die Kooperationsvereinbarung hat, und zwar vor dem Hintergrund, dass die Landesregierung offenbar die Kooperation mit der Fa. skyDSL eingegangen ist, obwohl sie die allgemeinen Geschäftsbedingungen, die offenbar grob mangelhaft sind, geprüft hat. Meine Frage dazu lautet: Warum arbeitet die Landesregierung mit Firmen zusammen, die in so gröblicher Weise gegen Regelungen des BGB verstoßen?

Zweitens: Ich frage Sie, ob die Landesregierung auch mit anderen Anbietern, die Breitband via Satellit anbieten, eine ähnliche Zusammenarbeit wie mit der Fa. skyDSL angestrebt hat?

Drittens: Wenn dies so sein sollte - was ich hoffe -: Mit wem bzw. auf welche Art und Weise bestand der Kontakt zum Finden von Anbietern in dieser Branche?

Zu Ihrer ersten Nachfrage: Ich habe in meiner Antwort darauf hingewiesen, dass die Geschäftsbedingungen nach dem Test geändert worden sind.

(Zuruf des Abgeordneten Dombrowski [CDU])

Was die Frage nach anderen Anbietern betrifft, so hat es nach meinem Kenntnisstand nur diesen einen Interessenten gegeben. Die Beantwortung der Frage, ob und mit welchem Ergebnis weitere Anbieter kontaktiert worden sind, möchte ich Ihnen nach einer Prüfung gern schriftlich nachreichen.

Vielen Dank. - Ich komme zur Frage 4 (Gleichstellungsbeauf- tragte/Gleichstellungsbeauftragter des Landes Brandenburg), gestellt von der Abgeordneten von Halem. - Bitte.

In der letzten Legislaturperiode erfüllte die Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie, Frau Dagmar Ziegler, gleichzeitig das Amt der Gleichstellungsbeauftragten.

Ich frage die Landesregierung: Wird sie das Verfahren der letzten Legislaturperiode wiederholen und das Amt der oder des Gleichstellungsbeauftragten mit dem zuständigen Fachminister besetzen, der dann seine eigene Arbeit kontrolliert?

Das verrät uns Minister Baaske.

Vielen Dank für die Frage, Frau von Halem, macht sie doch deutlich, dass Ihnen genauso wie mir an einer funktionalen und guten Besetzung dieses Amtes gelegen ist. In der Tat halte ich dieses Amt für eines der wichtigsten in meinem Ressort. Ich möchte diese Stelle in Kürze besetzen, und zwar, wie Sie vermuten, mit einer Frau. Aus naheliegenden Gründen werde ich das nicht sein können. Insofern bin ich noch auf der Suche, wie wir dieses Problem lösen können. Ich kenne das Ministerium aus der Vergangenheit ganz gut und bin recht optimistisch, dass ich dort jemanden finden werde, der diesen Bereich mit der entsprechenden Kompetenz und mit der Kenntnis dessen, was in der Landesregierung und im Land passieren sollte, tatsächlich ausfüllen kann. Geben Sie mir ein bisschen Zeit, dann kommt das auf den Weg.

Die Frage 5 (Unterstützte Beschäftigung als neues Instrument zur Integration von Menschen mit Behinderungen auf dem Ar- beitsmarkt) stellt die Abgeordnete Lehmann.

(Allgemeiner Beifall)

Seit Ende 2008 regelt § 38a SGB IX das neue Förderinstrument der Unterstützten Beschäftigung für Menschen mit Be

hinderung und einem besonderen Unterstützungsbedarf, die aber nicht auf die besonderen Angebote der Werkstätten für behinderte Menschen angewiesen sind. Menschen aus der Zielgruppe sollen individuell so gefördert und begleitet werden, dass sie über Qualifizierung und Berufsbegleitung eine sozialversicherungspflichtige Stelle erreichen und behalten können. Zuständig für die praktische Umsetzung sind die Agenturen für Arbeit und die Integrationsämter.

Ich frage die Landesregierung: Welche Erfahrungen gibt es bisher zu diesem neuen Förderinstrument?

Wiederum antwortet Minister Baaske.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Lehmann, ich kann mich gut an eine Situation erinnern, die ich mit Ihnen im Wahlkreis erlebt habe. Da waren Sie noch Sozialdezernentin, wie ich glaube. Wir haben uns angeschaut, wie man im Landkreis Dahme-Spreewald mit innovativen Formen der Beschäftigung sowie mit der Unterbringung von behinderten Menschen umgeht. Ich habe festgestellt, dass Sie diesbezüglich sehr eng am Thema sind. Deshalb wahrscheinlich auch die Frage.

In der Tat müssen wir im Bereich der Werkstätten für Menschen mit Behinderungen und der Unterbringung von Menschen mit Behinderungen im Lande innovativer werden. Wir haben es oftmals mit einem Personenkreis zu tun, der weder in das eine noch in das andere so richtig hineingehört. In den Werkstätten für Behinderte arbeiten mitunter Menschen, die dort nicht so gefordert werden, wie es eigentlich sein sollte. Eigentlich gehören sie auf den normalen Arbeitsmarkt, aber dafür sind wiederum die Arbeitsgeber zu zurückhaltend. Die Betroffenen finden auf dem normalen Arbeitsmarkt keine Anstellung, weil die Integration in diesen Markt fehlt, das heißt das vielleicht letzte Stück zur Ausbildung oder das letzte Fünkchen Mut beim Arbeitgeber, denjenigen einzustellen.

Genau da setzt dieser Paragraf des SGB IX an. Er soll insbesondere jungen Leuten, die aus der Schule kommen, aus dem Förderschwerpunkt Lernen oder aus dem Förderschwerpunkt geistige Behinderung, eine zweijährige schulische oder nachschulische Ausbildung anbieten, um sie danach über die Integrationsämter oder Versorgungsämter auf den Arbeitsmarkt zu bringen.

Sie wissen, dass das Gesetz Ende des Jahres in Kraft getreten ist. Die Agenturen für Arbeit sind dafür zuständig. Das ist ein großer Tanker, also dauert das ein bisschen. Im Mai waren die Ausschreibungen beendet. In Brandenburg wurden acht oder zehn Bildungsträger dafür gewonnen. Es sind Verträge über die nächsten vier Jahre geschlossen worden, sodass ungefähr 100 Personen derzeit in Ausbildung sind. Es läuft seit fast einem halben Jahr. Wir müssen also abwarten. Nach der zweijährigen Bildungsphase setzt die Integration ein. Ich denke, wir sollten gemeinsam am Ball bleiben und darauf achten, dass es tatsächlich gelingt, wenigstens diese 100 Leute in innovative Beschäftigungsmöglichkeiten zu bringen und nicht einfach nur wieder in die Werkstatt für Menschen mit Behinderungen; denn mit Inklusion hat es womöglich gerade bei diesem Personenkreis am allerwenigsten zu tun.

Die Frage 6 (Sonderzahlungen für Beamte) stellt der Abgeordnete Görke.

Mit dem Brandenburgischen Sonderzahlungsgesetz für die Jahre 2007 bis 2009 hat der Landesgesetzgeber eine Sonderzahlungsregelung geschaffen, die neben einem Grundbetrag der Sonderzahlung einen von Steuermehreinnahmen abhängigen, jährlich festzulegenden Aufstockungsbetrag vorsieht. Laut dem regionalisierten Ergebnis der Steuerschätzung von diesem Monat wird das Land Brandenburg in diesem Jahr rund 550 Millionen Euro weniger Einnahmen zur Verfügung haben, als im Haushaltsplan 2009 veranschlagt worden ist. Diese Steuerschätzung gilt als Grundlage für die Sonderzahlungen für Beamte.

Ich frage die Landesregierung: Welche Auswirkungen haben die zu erwartenden Steuermindereinnahmen von 550 Millionen Euro auf die Sonderzahlungen der Beamten des Landes?

Minister Markov antwortet.