kann ich mir nicht vorstellen, dass Sie Gesetzentwürfen des Präsidenten Fritsch ein größeres Gewicht als jenen des Abgeordneten Fritsch beimessen. Im Übrigen fände ich es auch merkwürdig, wenn die Rechte, die ein Abgeordneter hat, einem Präsidenten nicht zustehen sollten. Aber das mögen Juristen entscheiden. Wir haben demnächst Gelegenheit, die Geschäftsordnung zu überarbeiten, und können das dann so klarstellen, dass es in Zukunft keine Missverständnisse mehr gibt.
Ich gehe davon aus, dass weder unsere Geschäftsordnung noch die Vorlage dieses Gesetzentwurfs mit dem für den Präsidenten geltenden Neutralitätsgebot kollidieren, zumal es sich um den rein technischen Vorgang einer Wiedervorlage handelt. Ich kann in diesem Zusammenhang nicht oft genug betonen, dass ich hier keine eigenen politischen Intentionen verfolge, sondern dafür sorgen will, dass ein vom Gesetzgeber bereits beschlossenes Gesetz, ohne Verfahrenszweifeln ausgesetzt zu sein, auch wirksam wird. - Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kollegen! Ich muss einräumen, dass ich mich anfangs fast ein bisschen gefreut habe, dass wir diesen wichtigen Gesetzentwurf nun in der neuen Legislaturperiode noch einmal aufrufen. Ich hatte in der vergangenen Legislaturperiode darauf hinweisen können, dass wir hier einen historischen Schritt gehen, einen Einschnitt in der Geschichte der Gesetzgebungstechnik wählen. Es gab durchaus Bedenken - der Präsident hat darauf hingewiesen -, die im Gesetzgebungsverfahren damals - wie ich denke - zur Zufriedenheit fast aller Abgeordneter des vorherigen Landtages ausgeräumt werden konnten, was etwa die Archivierung betrifft.
Aber ich musste jetzt erfahren, dass es einigen in diesem neu gewählten Parlament offensichtlich nicht darum geht, das Thema noch einmal aufrufen zu können, sondern sie scheinen neue Probleme aufzubauen, die bisher in diesem Haus und auch in den vergangenen Wahlperioden niemand so gesehen hat. Ich weiß, dass Juristen in der Lage sein müssen, Probleme zu lösen. Manchmal sind sie vielleicht auch dafür da, Probleme zu schaffen. Aber die Abgeordneten des brandenburgischen Landtages sind nun ganz gewiss gewählt, um Probleme zu lösen, und nicht, um Probleme zu konstruieren und zu schaffen. Deswegen habe ich nicht das geringste Verständnis dafür, dass man ein Problem, über das man vielleicht in juristischen Zirkeln diskutieren kann, zum Anlass nimmt, hier nicht nur eine Debatte, sondern geradezu einen Verfassungskonflikt herauf
zubeschwören. Diese Kritik geht - wie Sie sich denken können an die Kolleginnen und Kollegen der FDP-Fraktion.
Wenn man wirklich daran zweifelt, ob der Präsident der Mitte des Landtages angehört, oder wenn man versucht, juristisch zu differenzieren zwischen seiner Funktion und seiner Tätigkeit als Abgeordneter, dann wäre es ein Leichtes gewesen zu sagen: Dieses Problem können wir umgehen, indem wir alle gemeinsam einen Neudruck einbringen und die möglicherweise entstehenden Probleme, das mit der Frist ist das einzige, dadurch ausräumen, dass wir sagen: Wir sind dafür, also lasst uns alle gemeinsam einen Neudruck etwa der Parlamentarischen Geschäftsführer einreichen. Das ist nicht erfolgt. Ich entnehme daraus, dass es Ihnen nicht um die Sache geht, wahrscheinlich auch nicht um den Inhalt dieses an sich guten Gesetzes, sondern darum, Probleme zu konstruieren, die im Land niemand verstehen wird, für die aber auch niemand Verständnis hat. Denn die Brandenburgerinnen und Brandenburger haben weiß Gott andere Themen auf der Agenda als die Frage, ob der Präsident, wie gesagt, in der Mitte des Landtages steht oder über uns oder ob nur die SPD-Fraktion, die in der Mitte des Landtages sitzt, Anträge einbringen kann oder ob das alle können. Das interessiert sie nicht.
Ich bitte jetzt alle Abgeordneten dieses Hauses eindringlich, sich daran zu halten, Sachthemen zu diskutieren und nicht juristisch konstruierte Fragen zu lösen. - Danke.
Herzlichen Dank, Herr Abgeordneter. - Das Wort erhält Herr Abgeordneter Eichelbaum. Er spricht für die CDU-Fraktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir behandeln heute einen Gesetzentwurf, von dem die damalige Justizministerin gesagt hatte, dieser sei ein Schritt zu einem bürgerfreundlichen und modernen Land Brandenburg. Ich möchte gleich zu Beginn sagen, dass wir den Grundtenor und die Zielrichtung dieses Gesetzes nach wie vor unterstützen.
Mit der elektronischen Ausfertigung von Gesetzen und Rechtsverordnungen wird der Zugang der Bürgerinnen und Bürger, aber auch der Wirtschaft zum Landesrecht erleichtert. Bedauerlicherweise kam das damalige Gesetz nicht verfassungsrechtlich korrekt zustande. Es ist aber bemerkenswert, dass die Landtagsverwaltung auf diesen Verfassungsverstoß erst durch einen Richter am Verwaltungsgericht am 12. Oktober 2009 aufmerksam gemacht wurde. Das Brandenburgische Ausfertigungs- und Verkündungsgesetz ist unwirksam.
Statt nunmehr ein ordnungsgemäßes und vor allem verfassungsgemäßes Gesetzgebungsverfahren mit der Beteiligung der Fachausschüsse durchzuführen, wird jetzt versucht, dieses Gesetz in zwei Tagen durch den Landtag zu peitschen. Das entspricht weder der Geschäftsordnung noch den parlamentarischen Gepflogenheiten. Vielleicht ist Ihnen schon einmal aufgefallen, dass sich die Zusammensetzung des Landtages geän
dert hat. Es gibt zwei neue Fraktionen und neue Abgeordnete. Auch diesen Parlamentariern sollte man die Möglichkeit geben, sich mit einem solch wichtigen Gesetz auseinanderzusetzen.
Natürlich gibt es auch noch inhaltliche Diskussionen zu diesem Gesetzentwurf. So stellt sich beispielsweise die Frage, ob es trotz der vorgesehenen Möglichkeit der Einsichtnahme bei den Amtsgerichten und auch bei den Gemeinden zukünftig allen Bürgerinnen und Bürgern möglich sein wird, genau diese Informationen zu den Gesetzen und Rechtsverordnungen zu bekommen. Diesen Diskussionsbedarf gibt es nicht nur in unserer Fraktion, den gibt es auch in anderen Fraktionen. Herr Kollege Holzschuher, vor einer Woche haben Sie das noch genauso gesehen, als Sie gesagt haben, dass Sie eine erneute inhaltliche Diskussion befürworten.
Fataler ist jedoch, dass auch wieder das neue Gesetzgebungsverfahren gegen die Verfassung verstößt. Das Gesetz verstößt gegen Artikel 75 der Landesverfassung. Dem Landtagspräsidenten steht nach Artikel 75 der Verfassung nicht das Recht zu, Gesetzentwürfe sozusagen auch noch von Amts wegen in den Landtag einzubringen. Er kann Anregungen geben, er kann auch Initiativanträge einbringen, aber eben nicht Gesetzesvorlagen. Es ist nämlich die ureigenste Aufgabe der Abgeordneten und der Landesregierung, Gesetze einzubringen. Das ist in allen Bundesländern der Fall. Das hat auch seinen Sinn und Zweck, denn der Parlamentspräsident ist zu strikter Neutralität verpflichtet.
Wie soll denn bitte der Landtagspräsident die Rechtmäßigkeit eines von ihm selbst eingebrachten Gesetzes unparteiisch prüfen? Es wäre überhaupt kein Problem gewesen, diesen Gesetzentwurf interfraktionell einzubringen und zu beraten.
Es hilft auch nicht, diesen Verfassungsverstoß mit der Geschäftsordnung zu rechtfertigen, denn die Verfassung steht über der Geschäftsordnung. Ich darf den Landtagspräsidenten laut Plenarprotokoll vom 21.10.2009 zitieren:
„Egal, wie man die Landesverfassung in dem Punkt zweiter Vizepräsident nun interpretiert oder nicht: dass man mit einer Geschäftsordnung nicht ein Gesetz und eine Landesverfassung ändern kann, dürfte jedem klar sein.“
Sollte also die Geschäftsordnung des Landtages andere oder widersprüchliche Regelungen enthalten, wird es Zeit, dass die Geschäftsordnung der übergeordneten Verfassung angepasst wird und nicht umgekehrt. Die Verfassung darf schließlich nicht zum Spielball der entsprechenden Mehrheit des Landtages werden.
Sie nehmen mit diesem Gesetzentwurf billigend in Kauf, dass alle Gesetze und Rechtsverordnungen, die auf der Grundlage dieses Gesetzes erlassen wurden, von Anfang an unwirksam wären. Sie fügen dem ersten Verfassungsverstoß aus dem alten Gesetzgebungsverfahren gleich einen neuen Verfassungsverstoß hinzu. Das ist kaum zu toppen. Da kann man nur sagen: Herzlichen Glückwunsch! Aufgrund dieses gesetzgeberischen Stillstandes können wir uns gleich die nächsten Sitzungen des Landtages und der Ausschüsse sparen.
Konfuzius hat einmal den Satz geprägt: Viele Fehler geschehen durch Eile. Wir meinen: Bei einem so wichtigen Gesetzesvorhaben muss Gründlichkeit vor Schnelligkeit gehen.
Deshalb kann ich nur sagen: Herr Landtagspräsident, Sie bewegen sich damit auf verfassungsrechtlichem Glatteis. Nehmen Sie diesen Gesetzentwurf zurück und ermöglichen Sie ein verfassungsgemäßes Verfahren!
Ich bedanke mich bei Ihnen, Herr Abgeordneter Eichelbaum, und gebe der Abgeordneten Mächtig das Wort. Sie spricht für die Fraktion DIE LINKE.
Ja, Kolleginnen und Kollegen, so ist das! Deshalb hat die Gerichtsbarkeit festgelegt, dass es ehrenamtliche Schöffen gibt, damit die Richterei nicht nur den Juristen überlassen wird. Das ist schwierig, meine Herren.
Sehr geehrte Damen und Herren und Herr Abgeordneter! Ich sage jetzt bewusst nicht Herr Rechtsanwalt Goetz. Nein, wir durften ja bereits in der vergangenen Sitzung Ihre Leidenschaft als Rechtsanwalt zur Kenntnis nehmen, sich in Interpretationsversuchen von Verfassung und Geschäftsordnung zu üben.
Wer kennt da nicht das Sprichwort - meine Herren, Sie haben es eben belegt -: Drei Anwälte, vier Meinungen. Das ist auch nicht schlimm. Deshalb gibt es den Unterschied zwischen Judikative und Exekutive. Ich kann Ihnen versichern: Auch meine Kollegen und ich verstehen, Herr Goetz, die Schwierigkeiten beim mentalen Wechsel von Beruf und Berufung zum Abgeordneten.
Wie Sie wissen, können nach Artikel 75 der Landesverfassung, Sie sagten es, die Gesetzesvorlagen aus der Mitte des Landtages durch die Landesregierung und im Wege des Volksbegehrens eingebracht werden. Die Kollegen sind auf § 40 der Geschäftsordnung eingegangen, zu dem Sie sagen, § 40 beruhe möglicherweise nicht auf der Landesverfassung. Dazu sage ich: Na gut, wir haben auch noch Artikel 81 der Landesverfassung. Vielleicht beruhigt der ein Stück weit. Vor allen
Dingen haben wir im Zusammenhang, wenn ich daran erinnern darf, mit einem Beschluss vom 28.03.2001 die Feststellung des Verfassungsgerichts:
„Daraus folgt, dass eine Fraktion ebenso wie der einzelne Abgeordnete das Recht hat, Anträge in den Landtag einzubringen.“
Dies bestätigt § 52 Abs. 1 Satz 1 der Geschäftsordnung des Landtages, wonach Gesetzentwürfe, Anträge und Entschließungsanträge unter anderem von jedem Abgeordneten einer Fraktion eingebracht werden können. Wir sind uns einig, dass der Präsident Mitglied dieses Landtages ist und damit Abgeordneter.
- Ich kann Ihren Ärger ja verstehen. Ich verstehe sogar noch eines, das, was nämlich der Kollege von der CDU-Fraktion gesagt hat. Natürlich haben Sie ein Problem, nämlich das Problem der Chancengleichheit. Das trifft zwar nicht auf Ihre Faktion zu, wohl aber auf einzelne und insbesondere auf die FDP im Ganzen, denn sie hatte nicht die Chancengleichheit, in der Verfassung geschrieben, zu wissen, was hier eigentlich passiert ist.
Was diese Gesetzesinitiative angeht, würde ich Ihnen gern mit Wiederaufnahme der Fraktion der FDP in das Parlament die Chance geben, Chancengleichheit herzustellen. Gestatten Sie mir deshalb, kurz zu sagen, was hier eigentlich passiert ist.
Der Sonderausschuss für Bürokratieabbau hat eines Tages nach hinreichender Recherche festgestellt: Wir wollten prüfen lassen, und wir haben prüfen lassen, ob eine elektronische Fertigung möglich ist und tatsächlich zu Bürokratieabbau führt. Als der Sonderausschuss seine Arbeit einstellte, hat er diese Aufgabe dem Rechtsausschuss übertragen. Der Prüfauftrag wurde vorgelegt, inklusive des Gesetzentwurfs.
Man sollte doch überrascht sein: Fraktionsübergreifend waren alle Kolleginnen und Kollegen des Rechtsausschusses der Auffassung, dieses Gesetz könnte jetzt beschlossen werden. Wenn ich der Website von Herrn Petke glauben darf, hatte man gehofft, dass das der letzte große Erfolg der CDU-Ministerin Blechinger wird. Deshalb gab es auch überhaupt keine gegenteiligen Auffassungen Ihrer Fraktion. Vielleicht sollten Sie sich da wirklich noch einmal schlau machen.
Die Linke brachte in diesem Zusammenhang übrigens verschiedene Vorschläge ein, unter anderem hat sie gesagt: Es darf sich nicht nur auf die elektronische Ausfertigung beziehen, weil die Haltbarkeitsdauer von elektronischen Daten noch nicht nachgewiesen ist.
- Nein, also wenn die Fraktionsvorsitzende spricht... Nein, Autorität muss sein. - Die Haltbarkeitsdauer von Papier ist gegeben. Deshalb hatten wir erstens darum gebeten, zu der elektronischen Ausfertigung immer auch noch eine Papierausfertigung zuzulassen.
Zweitens: Bürgernähe wird dadurch hergestellt, dass wir natürlich nicht nur in den Gerichten, sondern auch in den Verwaltungen vor Ort den Zugang zu den Gesetzestexten ermöglichen. Beides hat der Präsident aufgenommen.