Protocol of the Session on November 11, 2010

Was soll inhaltlich in der Management-Ausbildung enthalten sein? Schulentwicklung, Unterrichts- und Schulorganisation das ist heute Alltag eines jeden Schulleiters in Brandenburg. Das machen die jeden Tag in ihrer Schule. Die kriegen es zum Beispiel auch hin - weil die allermeisten ihre Arbeit sehr gut können -, mit der „verdammten“ Vertretungsreserve, die Sie ja immer so kritisieren, so geschickt umzugehen und die Unterrichtsorganisation so geschickt aufzustellen, dass aus 8 % zur Vertretung anfallenden Unterricht auf einmal nur 1 % wirklich ausgefallener Unterricht wird. Schauen Sie in die Schulportraits, da finden Sie es. Die machen das viel besser, als Sie glauben.

(Zuruf des Abgeordneten Senftleben [CDU])

Personalmanagement: All diejenigen, die sich auf den Weg gemacht und gesagt haben, sie wollen nach der Verordnung mit dem unaussprechbar langen Titel auch Personalmanagement als ihre eigene Angelegenheit betrachten, machen von sich aus weitergehende Fortbildungen, weil sie erkannt haben, dass es notwendig ist. Es macht natürlich zusätzlich Arbeit, aber sie scheuen die Arbeit nicht, weil sie dieses Mehr an Freiheit für sich als sinnvoll erachten.

Unterm Strich: Zu dem Thema ist alles angerichtet. Sie haben im März eine Anhörung zum Thema selbstständige Schule beantragt. Ich bin sehr gespannt, wie Sie es schaffen, ihm durch geschickte Fragen und interessante Auswahl der Anzuhörenden eine neue Wendung zu geben. Ich möchte bei diesem Thema jedenfalls nicht noch einen Murmeltiertag erleben. - Vielen Dank.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Der Abgeordnete Büttner spricht für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Günther, es wird nicht Ihr letzter Murmeltiertag gewesen sein. Ich kann Ihnen versprechen, dass Sie noch viele solcher Tage erleben können.

In der heutigen Wissensgesellschaft, meine Damen und Herren, da sind wir uns doch alle einig, nimmt die Bedeutung von Schule und eben auch von Bildung zu. Gleichzeitig wächst damit auch die Bedeutung derjenigen, die in Schulleitungen Verantwortung haben, und zwar in dem Maße, in dem die Schulen selbstständiger werden sollen. Ich finde es übrigens merkwürdig - das ist mein Murmeltiertag, Herr Günther -, dass Sie jedes Mal, wenn das Thema selbstständige Schule auf der Tagesordnung steht und immer wieder alle sagen: „Jawohl, das wollen wir auch.“, wenn es konkret darum geht, in diesem Sinne positiv abzustimmen - selbst bei der Anhörung haben Sie sich enthalten -, es ablehnen oder sich enthalten. Das macht überhaupt keinen Sinn.

(Beifall FDP und CDU)

Sagen Sie doch, ob Sie die selbstständige Schule wollen oder nicht, und erzählen Sie uns doch nicht dauernd, dass es sie gibt. Wo denn?

Das brandenburgische Modellprojekt MoSeS zur Stärkung der Selbstständigkeit von Schulen hat erfolgreich bewiesen, dass Schulen sehr gut mit dieser Selbstständigkeit und Eigenverantwortung umgehen können und sich die neu zugestandenen Befugnisse deutlich positiv auf das Lernklima auswirken. Das hat damit zu tun, dass die Schulleiter ihre Schulen eben nicht nur verwalten, sondern sie mit dem Ziel managen, die Schulqualität zu erhöhen. Schulleiterinnen und Schulleiter sind die zentralen Führungskräfte im Bildungsbereich. Von ihren Führungskompetenzen hängen entscheidend die Motivation der Lehrkräfte, die Schulentwicklung und damit auch der Erfolg einer Schule und ihrer Schüler ab.

Zum einen sind die Schulleiter für die Schulentwicklung zuständig. Sie müssen eine kontinuierliche und systematische Qualitätsverbesserung sicherstellen, indem sie Innovations- und Veränderungsprozesse koordinieren und initiieren. Dies soll ganz besonders auf eine gute Unterrichtsqualität abzielen, von der die Schülerinnen und Schüler profitieren.

Zum anderen sind Schulleiter für Schulmanagement, also für das Sicherstellen der Funktionstüchtigkeit der Schule durch Aufbau und Pflege einer zielorientierten und leistungsfähigen Organisation, zuständig. Neue sowie im Amt befindliche Schulleiter müssen daher auch adäquat auf ihre Führungsaufgaben vorbereitet bzw. weiterqualifiziert werden, um so Schülerinnen und Schülern die bestmögliche Bildung zu gewährleisten.

Doch Leitungskenntnisse wie die Schulentwicklung, die Unterrichtsorganisation, Personalrecht und -management werden in der Lehrerausbildung eben kaum vermittelt, obwohl sie gerade ausschlaggebend für eine positive Schulentwicklung sind. Deswegen fordern CDU und FDP die Landesregierung dazu auf, dass diese Schulmanagementkenntnisse im Bewerbungsverfahren unbedingt zu berücksichtigen sind. Sofern die Bewerber noch nicht über solche Kenntnisse verfügen, sollen sie eben die Verpflichtung haben, sich durch praxisnahe Fortbildung zu

qualifizieren. Herr Hoffmann hat vorhin schon ausgeführt, dass es entsprechende Möglichkeiten gibt, aber es besteht eben keine Verpflichtung dazu. Grundlage soll ein von der Landesregierung erarbeitetes Konzept sein, das zeitnah vorliegen und entsprechend angewandt werden soll.

Herr Minister Rupprecht, es gibt ein gutes Beispiel in dieser Republik, nämlich das Bundesland Hessen. Das Bundesland Hessen hat unter dem FDP-geführten Kultusministerium eine Führungsakademie speziell für Schulleitungen eingeführt. In dieser Akademie werden zum Beispiel Nachwuchskräfte auf ihre neuen Aufgaben adäquat vorbereitet. Es gibt Schulungen zu Themen wie Personalentwicklung und Führung zur Verbesserung der Unterrichtsqualität und Schulentwicklung und vieles mehr. Neue Führungskräfte werden bei ihrer Aufgabenwahrnehmung unterstützend begleitet. Erstaunlich ist für mich gewesen, dass dieses Angebot in Hessen von immer mehr interessierten Lehrkräften in Anspruch genommen wird, die keine Schulleitungsfunktionen übernehmen und dies auf freiwilliger Basis machen.

Die steigenden Anforderungen an Schulleiterinnen und Schulleiter machen es zu einer wichtigen Aufgabe, sie adäquat auf ihre Führungsaufgaben vorzubereiten. Darum ist es höchste Zeit, dass die Landesregierung hier in Brandenburg tätig wird und uns dieses entsprechende Konzept, was wir von ihr verlangen, vorlegt.

Unterstützen Sie unseren gemeinsamen Antrag! Er ist aus unserer Sicht zukunftsweisend und zielt auf eine hohe Qualität und auf bessere Lehr- und Lernbedingungen. - Vielen Dank.

(Beifall FDP und CDU)

Die Abgeordnete Große spricht für die Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Sehr verehrte Kollegen bildungspolitische Sprecher der Antragseinbringer! Ich muss mich schon über Ihr Demokratieverständnis wundern, meine Damen und Herren. Wir haben uns verabredet, im Ausschuss eine Anhörung durchzuführen; der haben wir auch zugestimmt - durch Enthaltung,

(Zuruf des Abgeordneten Senftleben [CDU])

und ich sage Ihnen auch, warum: Weil all das, was Sie hier einfordern, da ist, und weil wir meinen, dass wir diese Anhörung vielleicht noch zur Fortbildung der CDU- und der FDP-bildungspolitischen Sprecher brauchen.

(Beifall des Abgeordneten Jürgens [DIE LINKE])

Lassen Sie uns dieses Thema bei dieser Anhörung im Ausschuss noch einmal aufwerfen. Ich frage mich, warum Sie ein Konzept haben wollen, das das Ergebnis einer schon vorher durchgeführten Anhörung ist. Das ist doch irgendwo im Demokratieverständnis nicht ganz richtig.

Jetzt sage ich Ihnen noch etwas - Sie haben zwar darauf verwiesen, dass Sie es kennen -: Gehen Sie einmal auf den Bildungsserver www.berlin-brandenburg.de.

Dort finden Sie Module zur Qualifizierung für Führungskräfte der Berliner und Brandenburger Schulen mit so wunderbaren Themen wie Personalkostenbudget, Change-Management, Führen von Mitarbeitern, Kommunikation und Visualisierung. Wenn Sie sich das weiter ansehen, finden Sie das für Lehrerinnen und Lehrer, die sich in der Schule für eine Schulleitungstätigkeit interessieren, für solche, die im System sind und für solche, die schon eine ganze Weile Schulleiter sind. Schauen Sie sich das noch ein bisschen weiter an, finden Sie auch das Konzept vom Januar 2009, das Sie jetzt einfordern wollen.

Sie haben sich heute Morgen bei der Debatte darüber beklagt, dass wir Ihre Anträge nicht ernst nehmen, dass wir Ihre selbstständige Schule nicht wirklich auch wollen, weil wir Ihren Anträgen nicht zustimmen. Aber es ist doch alles schon da! Sehen Sie sich diese Dinge, die das LISUM für diese Qualifizierung anbietet, doch einmal an!

(Beifall DIE LINKE)

Dann sage ich Ihnen noch etwas: Also, es ist alles da, es wird davon auch Gebrauch gemacht. Ich sage Ihnen: Auch für Schulleiterinnen und Schulleiter gilt: Lernen kann man am besten freiwillig. Bevor wir Schulleiterinnen und Schulleiter so, wie Sie es wollen und wie es das Einzige ist, was Sie gern möchten, dazu verdonnern, eine solche Fortbildung zu machen, sollten wir wirklich sehen, wie sie diese Angebote nutzen - das können wir unter anderem auch in der Anhörung erfragen -, natürlich müssen auch sie immer weiter qualifiziert werden, und da sind sie beim LISUM an der richtigen Stelle.

Ich hätte mir gewünscht, Sie wären auch zum Jubiläum 20 Jahre GEW gekommen. Dort ist nämlich massiv davor gewarnt worden, dass wir die Schulleiter zu Kurfürsten an unseren Schulen machen, und empfohlen worden, dass wir sehr genau hinschauen müssen, wohin es mit den Schulleitern in diesem Land geht.

(Beifall des Abgeordneten Jürgens [DIE LINKE])

Das hätten Sie sich dort einmal anhören müssen, und da sage ich als Letztes, auch mit Schulleitererfahrung - das liegt zwar schon ein bisschen zurück -: Der beste Schulleiter ist derjenige, der ein richtig guter Lehrer ist. - Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE und des Abgeordneten Günther [SPD])

Die Abgeordnete von Halem spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Antragsteller von CDU und FDP! Ich beginne erstens mit den Gemeinsamkeiten: Ja, auch wir unterstützen selbstständige Schule. Wir sehen Fortbildungsbedarf und die Notwendigkeit, Leitungspersonal in Schulen die im Antrag benannten Fortbildungen anzubieten. Der Ergebnisbericht über das Modellvorhaben „Selbstständige Schule - MoSeS“ belegt eindeutig einen Zusammenhang zwischen erweiterten Handlungsspielräumen und Fähigkeiten in wichtigen Bereichen der Schulorganisation und des Schulmanagements und der Steige

rung der Qualität einer Schule. So weit sind wir gleicher Meinung.

Zweitens: Zu dem, was uns wundert: All das, was Sie hier fordern, gibt es schon längst. Im Angebot des LISUM finden sich Seminare; ich habe mir eine ganze Reihe von Titeln aufgeschrieben - ich glaube, ich brauche sie nicht zu wiederholen, Frau Große hat sie gerade genannt -, der Link ist einfach: Webseite des Bildungsservers. Auf Nachfrage wurde mir vom LISUM auch bestätigt, dass es eine große Zahl Teilnehmender an diesen Seminaren gibt.

(Senftleben [CDU]: Reden immer alles schön!)

Pro Jahr werden in Brandenburger Schulen etwa 1 000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit Leitungsfunktionen verzeichnet. Selbst die Frage nach einer verpflichtenden spezifischen Fortbildung für angehende Schulleiterinnen und Schulleiter wird bereits diskutiert. Im Rahmen eines Fortbildungspakets könnte zum Beispiel ein Aspirantenpool gebildet werden. Angesichts von 300 bis 400 frei werdenden Leitungsstellen klingt das durchaus vernünftig.

Drittens: Was uns trennt: Der Fortbildungsbedarf im Bildungssektor ist groß und betrifft nicht nur Schulleiterinnen. Aktuell diskutieren wir hier die Defizite im Englisch-Unterricht - Sie erinnern sich -, Brandenburg hat weiterhin die rote Laterne umgehängt. Da scheint es angesichts des vorliegenden Haushaltsentwurfs auch schon klar zu sein, dass qualifizierte Fortbildungsangebote für Hunderte Englischlehrerinnen wahrscheinlich ein Tagtraum bleiben, weil kein zusätzlicher Euro dafür eingestellt ist.

Genauso wird mit den Schulen mit besonderem Entwicklungsbedarf verfahren, sie sollen jetzt aufsuchend beraten werden aus den Kontingenten des BUSS-Systems, das insgesamt ebenso wenig aufgestockt wird. Wir brauchen aus unserer Sicht nicht Vorschläge für weitere Fortbildungen, und schon gar nicht so unausgegorene. Was wir wirklich brauchen ist eine zielgerichtete, ausreichende Finanzierung von Fortbildung an den Stellen, wo es wirklich nötig ist. Wir brauchen nicht nur, wie in Ihrem Antrag gefordert, eine Sicherstellung, dass die Fortbildung mit den Arbeitsverpflichtungen der Lehrkräfte vereinbar ist, sondern wir brauchen klare Freistellungsregelungen. Der vorliegende Antrag enthält aber weder die Forderung nach auskömmlicher Finanzierung noch nach Freistellungsregelungen.

Wenn offensichtlich der einzige Unterschied zu dem, was es schon gibt, der Zwang, bzw. die Verpflichtung ist, dann möchte ich mich den Worten meiner Vorrednerin anschließen. Ich glaube nicht, dass es sich aus Zwang heraus wirklich besonders gut lernt. Deshalb viertens: Wir enthalten uns.

(Beifall GRÜNE/B90)

Minister Rupprecht spricht für die Landesregierung.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als ehemaliger Schulleiter freue ich mich natürlich zunächst einmal über das Interesse, das dem Wirken von knapp 1 000 Frauen und Männern in unseren Schulen entgegengebracht wird. Ich gebe dem

Antrag in seiner Prämisse absolut Recht: Eine erfolgreiche Schule kann es nur mit einem leistungsfähigen Schulleiter oder einer leistungsfähigen Schulleiterin geben. Die müssen für ihre Schule klare Ziele haben, und sie müssen diese Ziele umsetzen. Dazu bedarf es vielfältiger Kompetenzen. Ich nenne ein paar Stichworte: Führung, Schulentwicklung, Personalentwicklung, Qualitätsentwicklung und auch die Zusammenarbeit mit Externen, also mit anderen Institutionen beispielsweise.

Um all diesen Anforderungen gerecht zu werden, müssen Schulleiterinnen und Schulleiter qualifiziert werden, und das geschieht ja auch schon, mehrere Vorredner haben das bereits erwähnt. Ich verweise beispielsweise auf das Angebot im Bereich Schulmanagement, das es seit 2001/2002 gibt. Ich selbst habe davon übrigens auch profitiert. Kenntnisse im Schulmanagement finden ja auch eine entsprechende Berücksichtigung in Auswahlverfahren; nur ist es eben unerheblich, wo diese Kenntnisse erlangt wurden. Neben dem erwähnten Fortbildungsangebot im LISUM gibt es weitere - Herr Hoffmann hat vorhin schon darauf hingewiesen -, beispielsweise das postgraduale Masterstudium Schulmanagement an der Universität Potsdam.

Die Inhalte des Fortbildungskonzepts, so wie Sie es fordern Sie stimmen fast exakt darin überein -, sind in der Gesamtkonzeption des LISUM verankert, darin steht das alles. Die Grundidee ist, nicht nur Berufseinsteiger zu fördern, sondern Schulleiterinnen und Schulleitern in allen Phasen ihrer Berufsbiografie Unterstützung zu geben - und natürlich auch Lehrkräften, die als potenzielle Schulleiterinnen und Schulleiter mit dem Gedanken spielen, in der Schule einmal eine Führungsposition zu übernehmen. All das gibt es schon, und die Teilnehmerzahlen sprechen ganz eindeutig gegen eine Zwangsverpflichtung von Bewerberinnen und Bewerbern für eine Schulleitungsfunktion. Es gibt schon ausreichend geeignete Bewerberinnen und Bewerber. Eine zusätzliche Verpflichtung, dass alle potenziellen Bewerberinnen und Bewerber für eine erfolgreiche Berücksichtigung im Verfahren bestimmte Fortbildungsmaßnahmen nachweisen müssen, geht weit über die Zielvorstellung, die ich habe, hinaus, ist auch ineffektiv, weil man dann nämlich alle potenziellen Bewerber fortbilden müsste, übrigens unabhängig von ihren objektiven Chancen im dann folgenden Verfahren.

Würden wir Bewerberinnen und Bewerber, die keine Zusatzqualifikation im Bereich Schulmanagement nachweisen können, von Auswahlverfahren ausschließen, wäre das - zumindest besteht die Gefahr aus meiner Sicht - auch ein Verstoß gegen das Gebot der Bestenauswahl nach Artikel 33 Abs. 2 des Grundgesetzes.

Also ist in diesen Falle Vorsicht geboten. Bei gleicher Eignung spielen natürlich Zusatzqualifikationen eine wichtige Rolle. Das sind dann nämlich die zusätzlichen sachgerechten Kriterien, nach denen man eine Stelle vergeben kann, und diese zusätzliche Qualifikation ist ein Bewerbervorteil, vorausgesetzt: gleiche Eignung.