Protocol of the Session on November 11, 2010

(Minister Baaske: Tut mir leid!)

- Auf der Rednerliste steht noch Herr Lakenmacher. Bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Prof. Heppener! Sehr geehrter Herr Minister, ich hatte erwartet, dass Sie es sich heute leider leicht machen und zunächst einmal auf Umsetzungsschwierigkeiten verweisen würden. Frau Heppener, Herr Minister, ich frage mich ernsthaft, in welcher Realität Sie denn leben, wenn Sie hier behaupten, dass wir keinen Mangel an Pflegepersonal hätten und eine Umlage also obsolet wäre. Das kann ich nicht nachvollziehen, muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen.

(Zuruf von der SPD: Das wurde nicht gesagt!)

Die Schwierigkeiten, die es gibt, sind lösbar und müssen dringend gelöst werden. Wir alle müssen unserer Verantwortung gegenüber den Herausforderungen der gesellschaftlichen Zukunft und auch schon der Gegenwart gerecht werden.

(Beifall CDU)

Zur FDP-Fraktion, Herr Büttner, nur so viel: Ich freue mich, dass die FDP-Fraktion zumindest die Notwendigkeit und Dringlichkeit erkannt hat und dies heute mit einem eigenen Entschließungsantrag und der Forderung eines Maßnahmenpakets unterstreicht.

Lassen Sie mich in der Rückschau festhalten: Es ist korrekt, dass es seitens der privaten Anbieter vor Jahren noch Bedenken gab. Die privaten Einrichtungen haben aber - und dies von Anfang an - die Notwendigkeit der Ausbildung im Pflegebereich erkannt und sich dieser Anforderung auch gestellt. Ferner haben Sie erkannt, dass ausbildende Einrichtungen einen Nachteil gegenüber all jenen haben, die sich nicht in der Ausbildung engagieren und sich dafür nicht verantwortlich fühlen, aber im Nachhinein die gut ausgebildeten Fachkräfte abwerben; Frau Nonnemacher ist darauf ausführlich eingegangen.

Sehr geehrte Frau Wöllert, das Bundesverfassungsgericht hat am 17. Juli 2003 entschieden, dass landesrechtliche Abgaben zur Finanzierung von Ausbildungsvergütungen in der Altenpflege verfassungsgemäß sind. Ich darf kurz aus dem Tenor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zitieren, nachzulesen in der Pressemitteilung vom 1. August 2003. Hören Sie gut zu, nachdem Sie vorhin kritisiert haben, dass wir nicht gut zuhören.

(Frau Wöllert [DIE LINKE]: Im Unterschied zu Ihnen höre ich zu!)

- Hören Sie gut zu, Frau Wöllert!

„Zentrales Ziel der Altenpflegeumlage ist angesichts der demografischen Entwicklung und des Fachkräftemangels im Bereich der Altenpflege die Steigerung der Attraktivität der Altenpflegeausbildung, damit künftig eine ausreichende Anzahl qualifiziert ausgebildeter Altenpfleger die Pflege alter Menschen gewährleisten kann... Die zur Prüfung gestellten Unterlagen refinanzieren diese Erstattungen. Damit soll zugleich die Beteiligung an der Kostenlast innerhalb der abgabepflichtigen Pflegeeinrichtungen und Heime gleichmäßig verteilt werden... Nichtausbildende Einrichtungen verlieren hierdurch ihren Kostenvorteil gegenüber ausbildenden Einrichtungen.“

(Vereinzelt Beifall CDU - Frau Lehmann [SPD]: Das wissen wir!)

Ich weiß, dass dieses Thema gegenwärtig auch in anderen Bundesländern diskutiert wird. Unser Antrag enthält - lassen Sie mich dies ganz explizit anmerken - einen Prüfauftrag. Deshalb möchte ich jetzt und hier noch einmal die eindringliche Bitte an alle äußern, sich ernsthaft mit der Thematik zu beschäftigen, denn diesen Eindruck hatte ich wirklich nicht.

(Beifall CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die demografische Entwicklung zwingt uns als Landesgesetzgeber dazu, Antworten auf drängende und sich mit jedem weiteren Tag, welcher mit Zuwarten und ohne Handeln vergeht, dynamisierende und virulenter werdende Fragen zu geben. Dazu gehört neben dem Hausärztemangel und der Absicherung der ärztlichen Versorgung im ländlichen Raum - wo die Landesregierung, entgegen der Behauptung des Ministerpräsidenten heute Morgen, jedwedes Konzept und jedwede Antwort vermissen lässt und mit absoluter, von Hilflosigkeit geprägter Ideen- und Tatenleere glänzt - auch die Situation im Altenpflegebereich.

Lassen Sie mich nur wenige, aber die Situation doch sehr treffend beschreibende Zahlen nennen: Im Jahr 2050 wird laut

Prognosen mehr als ein Drittel der Bundesbürger 60 Jahre und älter sein. Mithin gewinnt die Pflege schon aufgrund der demografischen Entwicklung immer mehr an Bedeutung. Die häufigste Ursache für Pflegebedürftigkeit ist die Demenz. Das Risiko für Pflegebedürftigkeit aufrund einer Demenzerkrankung beträgt vor dem 60. Lebensjahr nur 0,6 %, zwischen dem 60. und dem 80. Lebensjahr 3,9 %, aber nach dem 80. Lebensjahr 31,8 %. Allein diese Zahlen machen die Situation und das daraus resultierende Handlungsgebot sehr deutlich.

Die zunehmende Zahl der Pflegebedürftigen stellt uns vor die Herausforderung, dafür Sorge zu tragen, dass es genug Pflegepersonal gibt. Ich möchte es in andere Worte fassen: Es ist längst nicht mehr fünf vor zwölf. Fünf vor zwölf, sehr geehrte Frau Heppener und Frau Wöllert, ist bereits vorbei.

Bereits jetzt ist das Pflegepersonal aufgrund der physischen und psychischen Belastung häufig krank. Bereits heute weisen 10 % der Bewohner der Pflegeheime Pflegemängel auf. Besonders dramatisch ist dies, wenn die älteren Menschen nicht genügend zu essen bekommen, ihnen nicht genug Flüssigkeit zugeführt wird oder eine Bettlagerung der Patienten nicht dauerhaft fachgerecht erfolgen kann. Wir alle kennen solche schrecklichen Bilder aus zahlreichen investigativen Reportagen.

Das kann hier in diesem Haus niemand wirklich wollen. Deshalb bitte ich Sie nochmals, unserem Antrag auf Erteilung eines Prüfauftrags zuzustimmen. - Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank. - Wir sind damit am Ende der Rednerliste angelangt.

Ich stelle den Antrag „Altenpflegeausbildung“ der Fraktion der CDU und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 5/2227, zur Abstimmung. Wer diesem Antrag Folge leisten möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Gibt es Stimmenthaltungen? - Bei zwei Stimmenthaltungen ist der Antrag mit Mehrheit abgelehnt worden.

Ich stelle den Entschließungsantrag der FDP-Fraktion, Drucksache 5/2296, zur Abstimmung. Wer ihm Folge leisten möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? Gibt es Stimmenthaltungen? - Bei einer Enthaltung ist der Entschließungsantrag mit deutlicher Mehrheit abgelehnt worden.

Damit schließe ich Tagesordnungspunkt 6, und ich rufe Tagesordnungspunkt 7 auf:

Selbstständige Schule - Verbesserung des Personalund Qualitätsmanagements an Brandenburger Schulen

Antrag der Fraktion der CDU der Fraktion der FDP

Die Debatte beginnt mit dem Beitrag des Abgeordneten Hoffmann von der CDU-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Werte Kollegen! Ihnen liegt heute ein Antrag vor, der sich mit der Verbesserung des Personal- und Qualitätsmanagements an unseren Schulen befasst. Das ist auf den ersten Blick vielleicht ein etwas trockenes, technokratisches Thema und für den einen oder anderen Außenstehenden nicht unbedingt der Mittelpunkt einer aktuellen bildungspolitischen Debatte. Trotzdem halten wir es für geboten, dass wir uns damit näher beschäftigen, weil mit einer besseren Ausgestaltung des Personal- und Qualitätsmanagements an den Schulen mittelfristig und langfristig positive Effekte für das Schulklima und die Lernbedingungen der Schülerinnen und Schüler erzielt werden können. Dazu komme ich gleich noch einmal.

Was ist der Kern unseres Antrags? Wir wollen, dass die Landesregierung sicherstellt, dass Schulleiter und Stellvertreter neben ihren Fachqualifikationen als Lehrer auch Schulmanagementkenntnisse nachweisen müssen, um sich erfolgreich auf eine Stelle als Schulleiter oder Stellvertreter zu bewerben. Der Grund dafür liegt auf der Hand: In ihrer Funktion als Schulleiter oder Stellvertreter müssen Lehrer Aufgaben bewältigen, die weit über ihre sonstigen Aufgaben hinausgehen und auf die sie in ihrer Ausbildung so nicht vorbereitet werden. Schulleiter tragen besondere Verantwortung - nicht nur für das Lehrerkollegium, sondern in erster Linie eben auch für Schülerinnen und Schüler. Deshalb ist es im Interesse des Landes und ganz im Sinne einer guten Bildung, dafür zu sorgen, dass die Lehrer, die eine solche Position, eine solche Funktion übernehmen, auch entsprechend qualifiziert werden, damit sie sie vernünftig ausfüllen können.

Das klingt wie eine Selbstverständlichkeit.

(Günther [SPD]: Ist es auch!)

Aber es ist bislang leider keine Selbstverständlichkeit, Herr Günther. Denn bislang werden in Brandenburg die Schulleiter und die Stellvertreter zum Thema Schulmanagement in der Regel nachqualifiziert, wenn sie diese Funktion bereits ausüben. Aus unserer Sicht muss diese Praxis geändert werden. Wir müssen dazu übergehen, Standards für das Schulmanagement zu definieren und die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass sie auch umgesetzt werden können. Die Verpflichtung, dass erfolgreiche Bewerber für eine Schulleiterposition eine Qualifizierung im Schulmanagement nachweisen müssen, ist für uns dabei der erste Schritt.

Meine Damen und Herren! Wir fordern das nicht, weil wir die angehenden Schulleiter gängeln wollen, sondern weil wir wissen, dass sich ein gutes und professionelles Personal- und Qualitätsmanagement an unseren Schulen positiv auf das Lernklima auswirkt.

(Beifall CDU)

Das MoSeS-Projekt hat bestätigt, dass eine größere Selbstständigkeit dafür verantwortlich ist, dass sich positive Entwicklungen im Bereich der Lernkultur erreichen lassen. Dies wurde in den entsprechenden Evaluationen gerade von den Schülerinnen

und Schülern selbst als förderlich wahrgenommen. Dieser Effekt wurde natürlich auch vom Bildungsministerium bestätigt. Da ist es ganz klar, dass es unser Ziel sein muss, eine größere Eigenständigkeit der Schulen zu entwickeln, um diese positiven Potenziale für eine bessere Lernkultur an unseren Schulen zu befördern. Professionelles und gutes Schulorganisationsmanagement ist dafür eine wichtige Voraussetzung.

Die notwendigen Qualifizierungsangebote gibt es im Land Brandenburg, und zwar mehr als eines. Das LISUM bietet einen Fortbildungskurs an; ich verweise auf die staatlichen Schulämter, an der Uni Potsdam gibt es den Studiengang Schulmanagement. Die Angebote haben wir also, aber nicht die Verpflichtung, solche Kenntnisse nachzuweisen, um Schulleiter werden zu können.

Die finanziellen Anreize für diese Position sind in der brandenburgischen Besoldungsordnung geregelt, und wir müssen jetzt eben sicherstellen, dass diese auch mit qualitativen Anforderungen untersetzt sind.

Wir haben uns ja in diesem Hause alle auf die Fahne geschrieben, Wege zu suchen und Lösungen anzubieten, die dazu beitragen, dass sich die Lernbedingungen für Schülerinnen und Schüler in unserem Land verbessern, und darum ist das Land Brandenburg auch in der Pflicht und trägt die Verantwortung, nicht nur die Lehrer bereitzustellen, nicht nur die Rahmenlehrpläne vorzugeben, sondern auch dafür Sorge zu tragen, dass dieses System bestmöglich funktioniert. Dazu gehört auch ein auf Qualität ausgerichtetes Personal- und Qualitätsmanagement an Schulen, weil dies eben genau dazu beiträgt, die Motivation der Lehrkräfte zu steigern, Frustrationspotenziale zu minimieren und das Schulklima und damit eben auch die Lernbedingungen für unsere Schülerinnen und Schüler nachhaltig zu verbessern. Ich glaube, in dem Ziel sind wir uns alle einig, und deshalb würden wir uns auch freuen, wenn Sie diesem Antrag Ihre Zustimmung geben könnten. - Danke schön.

(Beifall CDU)

Der Abgeordnete Günther setzt die Debatte für die SPD-Fraktion fort.

Ich begrüße unsere Gäste vom Berufsbildungszentrum Prignitz aus Wittenberge. Herzlich willkommen bei diesem spannenden Thema!

(Allgemeiner Beifall)

Sehr verehrter Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie kennen vielleicht den Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“ - beim Thema selbstständige Schule komme ich mir genau so vor. Es ist wieder Murmeltiertag. Der letzte war im Juni, da hatten Sie den Antrag „Freiheit für Schule“ gestellt. Im September gab es „MoSeS für alle“, und dazwischen gab es ja auch noch Ausschussberatungen zu dem Thema. Neuigkeiten allerdings gibt es keine oder so gut wie keine. Die Argumente sind auch immer dieselben, sie werden hin- und hergewälzt. Die Landesregierung hat Ihnen das in Antworten auf Kleine Anfragen alles aufgeschrieben und Ihnen Vermerke für Aus

schusssitzungen gemacht. Sie sollten ernsthaft überlegen, die zu lesen.

(Beifall des Abgeordneten Jürgens [DIE LINKE])

Denn ansonsten passiert es Ihnen zukünftig öfter, dass das Spiel „Hase und Igel“ heißt: Sie sagen, das brauchen wir unbedingt - so wie diese Managementseminare -,und wir sagen: Das gibt es schon. - Das gibt es nicht nur schon, sondern meines Wissens wird das auch sehr gut angewählt. Insofern ist Ihr Antrag auch dieses Mal komplett überflüssig.

Das Einzige, was man wirklich als Neuigkeit werten kann, ist, dass Sie Schulleiterinnen und Schulleiter, bevor sie diese Leitungsposition übernehmen, dazu verpflichten wollen, einen solchen Kurs in Management zu belegen. Ich will hier gar nicht die Frage besprechen, ob das mit dem Beamtenrecht vereinbar ist. Dazu könnte der Minister als Dienstherr vielleicht Ausführungen machen. Ich stelle mir da ganz praktisch die Schulkonferenz vor, die da mehrere Kandidatinnen und Kandidaten zur Auswahl hat und feststellt: Da gibt es eine oder einen, der für unsere Schule genau die oder der Richtige ist, jemand, der die Schule richtig voranbringt, der tolle, innovative, neue, kreative Ideen hat. Dann wollen sie ihn wählen und stellen fest, dass er leider keine Management-Ausbildung hat. Die werden von ihrer neuen Freiheit sicherlich nicht so begeistert sein.

Was soll inhaltlich in der Management-Ausbildung enthalten sein? Schulentwicklung, Unterrichts- und Schulorganisation das ist heute Alltag eines jeden Schulleiters in Brandenburg. Das machen die jeden Tag in ihrer Schule. Die kriegen es zum Beispiel auch hin - weil die allermeisten ihre Arbeit sehr gut können -, mit der „verdammten“ Vertretungsreserve, die Sie ja immer so kritisieren, so geschickt umzugehen und die Unterrichtsorganisation so geschickt aufzustellen, dass aus 8 % zur Vertretung anfallenden Unterricht auf einmal nur 1 % wirklich ausgefallener Unterricht wird. Schauen Sie in die Schulportraits, da finden Sie es. Die machen das viel besser, als Sie glauben.