Protocol of the Session on November 10, 2010

Wenn es denn Gründe gibt, ein solches Amt bei einem Unternehmen in der öffentlichen Hand im wahrsten Sinne des Wortes nicht anzutreten, dann sind es andere Gründe. Ich kann Ihnen sagen: Auch ich habe gelegentlich dem einen oder anderen, der sich für eine solche Funktion interessiert hat, gesagt, er möge sich seinen Gesellschafter ganz genau anschauen, und wenn er meint, dass das, was er dort bekommt, das Risiko aufwiegt, mit diesem Gesellschafter gemeinsam in die Zukunft zu gehen, kann er das machen. Wenn er aber sagt, das Risiko sei ihm zu groß, dann muss er sich eben woanders einen Beruf suchen.

Abschließend möchte ich festhalten: Corporate-GovernanceRegeln sind ein wichtiger Baustein auf dem Weg zu dieser Transparenz, die jetzt per Gesetz festgeschrieben werden soll. Wir haben gute Beispiele in der Nachbarschaft: Berlin praktiziert seit einiger Zeit die Veröffentlichung der individualisierten Bezüge. Sie brauchen das Gesetz dort nicht, weil das Land das alles in seinem Bereich allein regelt. NordrheinWestfalen hat das per Gesetz geregelt. Andere Bundesländer sind auf dem Weg. Wir sind da nicht an der Spitze, aber wir sind in der Spitze. Auch das steht Brandenburg gut an. - Schönen Dank.

(Beifall CDU, FDP und GRÜNE/B90)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Burkardt. - Wir hören jetzt die SPD-Fraktion. Herr Abgeordneter Bischoff erhält das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der von der CDU-Fraktion vorgelegte Gesetzentwurf zur Schaffung von mehr Transparenz in öffentlichen Unternehmen ist nicht nur ein Ergebnis des korrekten 1 : 1-Abschreibens aus NordrheinWestfalen, sondern auch ein Ergebnis ihrer Klausurtagung. Wir haben gehofft, dass bei der Klausurtagung der CDU-Landtagsfraktion wegweisende, großartige Sachen besprochen werden; herausgekommen ist dieser einzige Gesetzentwurf.

Im Kern will ich Ihnen nur so viel dazu sagen: Bei der Transparenz in öffentlichen Unternehmen sind wir eng beieinander. Auch für die SPD-Fraktion gilt: Ja, wer für die öffentliche Hand arbeitet, muss sich auch gefallen lassen, dass die öffentliche Hand, also der Bürger, der das Geld zur Verfügung stellt, transparent nachsehen kann, wie so etwas alles funktioniert.

Ich sage an dieser Stelle aber auch ganz deutlich, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass der CDU-Fraktion - das unterstelle ich jetzt einfach mal - noch ein anderer Grund ein Stück weit im Hinterkopf schwebt. Sie selbst sind bekanntermaßen heftigste Kritiker von wirtschaftlicher Betätigung kommunaler Unternehmen. Ich werde den Verdacht nicht los, dass dieser Antrag zu diesem Zeitpunkt auch ein Stück weit mit der Debatte, die wir unter unserer regierungstragenden Koalition führen, zusammenhängt. Sie wollen im Kern, dass sich Kommunen, die sich wirtschaftlich betätigen, aber im eng abgegrenzten Bereich - das will ich dazusagen; Sie wollen keine kommunalen Unternehmen haben, die sozusagen eine Fleischerei eröffnen, ich sage das bewusst etwas überzogen und polemisch -, dass diese Unternehmen nicht zustande kommen.

Wenn Sie es mit Transparenz in Unternehmen der kommunalen Ebene oder auch der kommunalen Beteiligung wirklich ernst meinen würden, dann möchte ich Sie aber auch noch einmal daran erinnern, dass es namhafte Unternehmen gibt. Namhafte Unternehmen, das sind welche, die den Namen auch verdienen, und zwar ist die Commerzbank beispielsweise derzeit mehrheitlich im Eigentum der öffentlichen Hand; der Bund ist Mehrheitseigner der Commerzbank. Ich frage Sie auch: Wo ist denn Ihre große Initiative in den Bundesländern gewesen, die CDU-geführt sind oder zumindest unter CDU-Verantwortung stehen, wo die HSH Nordbank schwere Fehler gemacht hat,

(Zwischenruf des Abgeordneten Senftleben [CDU])

wo die Sachsen LB schwere Fehler gemacht hat, wo die BayernLB schwere Fehler gemacht hat? Es passen noch ein paar dazu. Ich sage nur: Wer den Mund spitzt, muss auch pfeifen können.

Wir sorgen mit unserem Corporate Governance Kodex im Land Brandenburg, der gerade druckfrisch, praktisch noch warm, in die Fächer gekommen ist, für unheimliche Transparenz. Ich darf kurz zitieren, ich weiß gar nicht, ob die Zeit dazu jetzt ausreicht, aber wenigstens einen Satz:

„Die Gesamtvergütung jedes Mitglieds der Geschäftsführung soll individualisiert, aufgeteilt nach Fixum, leis

tungs- und erfolgsbezogenen Teilen und Komponenten mit langfristiger Anreizwirkung, unter Namensnennung in allgemein verständlicher Form im... Bericht dargestellt werden.“

Noch transparenter, meine Damen und Herren, geht es nun wirklich nicht.

Was ich aber noch in Erinnerung rufen möchte: Dass die CDU als die große Wirtschaftspartei nicht auf die Idee kommt, dass der eigentliche Schlüssel nicht in einem Landesgesetz - wo Sie ja immer sagen, wir müssten Bürokratie abbauen statt aufbauen -, sondern im eigentlichen bundespolitischen Regelungsbereich des Handelsgesetzbuches liegt, das wundert mich schon sehr.

Herr Abgeordneter Bischoff, lassen Sie eine Frage des Abgeordneten Bretz zu?

Vom Experten Bretz immer.

(Heiterkeit)

Vielen Dank für das Kompliment, Herr Kollege Bischoff. Meine Nachfragen, erstens: Wie viel Prozent hat denn die Bundesrepublik an der Commerzbank? Sie sagten, sie sei Mehrheitsgesellschafter - mit wie viel Prozent? Zweite Frage: Sie sprachen gerade von „unheimlicher“ Transparenz. Meine Frage: Was verstehen Sie unter „unheimlicher“ Transparenz?

(Lachen des Abgeordneten Dr. Scharfenberg [DIE LINKE])

Herr Abgeordneter Bischoff, bitte.

Ihre Fragestellung ist ein bisschen mysteriös. Die Frage, wie die Mehrheitsverhältnisse bei der Commerzbank sind, muss ich nicht beantworten,

(Zuruf des Abgeordneten Senftleben [CDU])

ich bin nicht der Sprecher der Commerzbank; da könnten wir nachher gern mal anrufen, aber eine Mehrheitsbeteiligung ist eine Mehrheitsbeteiligung, so viel kann ich sagen: 50,1 %, so ist es.

Ich will noch einmal darauf zurückkommen: Sie selbst haben den Schlüssel in der Hand, für mehr Transparenz zu sorgen. Wir tun das in dem Bereich, für den wir rechtlich zuständig sind, nämlich bei Landesgesellschaften und Landesbeteiligungen. Nicht tun können wir es dort, wo eine privatrechtliche Gesellschaft, eine GmbH, existiert. Da haben Sie als Union auf Bundesebene den Schlüssel in der Hand.

Ich wäre der Letzte, der dagegen wäre, dass dort mehr Transparenz einzieht. Aber, bitte schön, dann gewährleisten Sie die

Transparenz auf Ihrer Ebene, nämlich Sie haben den Schlüssel in der Hand in der Bundesrepublik, im Deutschen Bundestag, das GmbH-Recht an der Stelle anzupassen, Herr Kollege Bretz, und vielleicht könnten Sie dort Ihre fachlich fundierten Fragen auch noch einmal in konkrete fachlich fundierte Antworten und auch Konzepte gießen. Dafür wären wir sehr dankbar.

Vielen Dank erst einmal für die Anregung. Aber, wie gesagt, es ist, wie es ist: Sie müssen reagieren. Das Land Brandenburg hat reagiert, und es ist schwarz auf weiß nachzulesen: Wir sorgen für Transparenz. Wir sind übrigens infolgedessen auch nicht für die Pleiten der von mir gerade genannten Landesbanken verantwortlich, die oftmals nicht nur nicht mit Transparenz geführt worden sind, sondern die Abgeordneten haben auch zu wenig Informationen erhalten. Das hat letztlich für den Steuerzahler zu einer sehr, sehr großen Schadenssumme geführt. Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Bischoff. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der FDP-Fraktion fort. Frau Abgeordnete Teuteberg erhält das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Transparenz ist das oberste Gebot in der repräsentativen Demokratie. Sie ist die Grundlage für die mündige Wahlentscheidung der Bürger, sie schafft Klarheit, und sie schafft Vertrauen. Genau darum geht es im vorliegenden Gesetzentwurf: mehr Klarheit und Vertrauen durch Offenlegung der Vergütungen für Vorstände, Geschäftsführer und Mitglieder in Aufsichtsgremien öffentlicher Unternehmen.

Dabei geht es um mehr Öffentlichkeit und Transparenz bei der Entscheidungsfindung in der Kommunalpolitik; denn es ist hier heute schon gesagt worden: Gerade bei öffentlichen Unternehmen besteht ein besonderer Anspruch auf Transparenz, weil sich diese aus Steuergeldern finanzieren und letztlich der Staat das unternehmerische Risiko trägt. Deshalb ist die Offenlegung der Vergütung ein wichtiger, aber auch nur ein erster Schritt, um dem kommunalrechtlichen Informations- und Transparenzgebot Genüge zu tun.

Die Auslagerung von kommunalen Aufgaben in kommunale Unternehmen hat in den letzten Jahren dazu geführt, dass die Gemeindefinanzen objektiv nur noch schwer nachvollziehbar sind. Erhebliche Teile der kommunalen Personal- und Investitionsausgaben und auch der Verschuldung werden nicht mehr im Kernhaushalt der Gemeinde verbucht. Dieser ist zu einem Rumpfhaushalt geworden, der immer weniger aussagekräftig und immer schwerer zu interpretieren ist. Die finanzielle Situation einer Kommune kann deshalb heute nur sinnvoll beurteilt werden, wenn neben den kommunalen Kernverwaltungen auch die ausgelagerten Aufgabenbereiche in den Eigenbetrieben sowie in den Eigen- und Beteiligungsgesellschaften erfasst werden.

Deshalb unterstützen wir den Gesetzentwurf, auch wenn wir uns gerade von der CDU hier mehr Entgegenkommen an anderer Stelle, nämlich im Bund, gewünscht hätten.

Im Juni 2008 hat die FDP-Fraktion im Deutschen Bundestag einen Antrag eingebracht, um die Entscheidungen kommunaler Gesellschaften transparenter zu gestalten.

(Görke [DIE LINKE]: Ach!)

Kommunale Gesellschaften unterliegen trotz der Tatsache, dass sie öffentliche Zwecke verfolgen und faktisch das Geld der Bürgerinnen und Bürger ausgeben, bei entsprechender Rechtsformwahl dem Privatrecht. Bei solchen Organisationsprivatisierungen, bei denen letztlich immer noch die öffentliche Hand Eigentümer ist, aber eine private Rechtsform gewählt wird, haben wir es mit kommunalpolitischer Entscheidungsfindung im privatrechtlichen Gewand zu tun, und der überwiegende Teil der Entscheidungen wird in den Aufsichtsgremien unter Ausschluss der Öffentlichkeit gefällt.

Mit dem damaligen Antrag der FDP-Bundestagsfraktion hätte man dieses Spannungsverhältnis zwischen bundesrechtlichem Gesellschaftsrecht und landesrechtlichem Kommunalrecht auflösen können.

Was bedeutet das für den uns vorliegenden Gesetzentwurf? Man soll das eine tun und das andere nicht lassen; er ist, wie gesagt, ein erster Schritt, um dem Gebot der Rechtssicherheit zu entsprechen und klare und transparente Regeln zu schaffen.

Kommunalrecht als Landesrecht hat hinter Bundesrecht zurückzutreten. Wer aber will, dass auch nach den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften getroffene Entscheidungen in einem öffentlichen Unternehmen öffentlich und transparent sind, kommt nicht umhin, auf die Änderungen nach bundesrechtlichem Gesellschaftsrecht hinzuwirken. Nur wenn das wirtschaftliche Handeln öffentlicher Unternehmen umfassend transparent und damit demokratisch kontrollierbar ist, kann sich kommunale Selbstverwaltung als örtlich verankerte Demokratie auch bewähren.

Oberstes Gebot und Entscheidungsmaßstab sollten dabei für uns als Gesetzgeber der legitime Informationsanspruch der Bürgerinnen und Bürger und der Grundsatz der Öffentlichkeit im Kommunalrecht sein. Daher setzen sich diejenigen, die dem Anliegen des vorliegenden Antrages nicht folgen, dem Verdacht aus, sie wollten in Wahrheit die von vielen Bürgerinnen und Bürgern gewünschte Transparenz kommunaler Entscheidungen gar nicht herstellen. Sollte dieser Vorwurf unberechtigt sein, sind wir gespannt, welche Alternativen die Koalition vorschlägt. - Ich danke Ihnen.

(Beifall FDP und DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Teuteberg. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion DIE LINKE fort. Herr Abgeordneter Görke hat das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Die Linke trat und tritt für immer mehr Transparenz ein. Der von Ihrer Fraktion, Herr Burkardt, vorgelegte Gesetzentwurf ist allerdings ein aus unserer Sicht unausgegorener Abklatsch des alten Transparenzgesetzes aus dem Land Nordrhein-Westfalen. Zudem ist er regeltechnisch nicht

gelungen und aus unserer Sicht verfassungsrechtlich bedenklich. Daher lehnen wir diesen Gesetzentwurf ab, zumal der erst im September vom Finanzminister überarbeitete Corporate Governance Kodex inhaltlich der Intention des Gesetzentwurfs für die privatrechtliche Beteiligung des Landes entspricht und mit den Bundesgesetzen sowie dem Handelsgesetzbuch in Übereinstimmung ist.

Übrigens, in Ihrer Begründung - das hat Kollege Bischoff schon gesagt - reiten Sie wieder ein altes Steckenpferd, das inhaltlich überhaupt nichts mit einem möglichen Transparenzgesetz zu tun hat. So ist zu lesen: Eine Betätigung des Staates als Unternehmer soll auf das Notwendigste beschränkt bleiben. Hier kommt Ihre grundsätzliche Ablehnung von wirtschaftlicher Betätigung der öffentlichen Hand voll zum Tragen. Damit, dass Sie bei Investitionen öffentlicher Gelder eine Risikobegrenzung und besondere Kontrolle einfordern, rennen Sie bei uns offene Türen ein. Dahin gehend gibt es Zustimmung bei der Linksfraktion. Sie ist in Anbetracht der Beispiele, die der Kollege Bischoff genannt hat, dringend notwendig.

Wie mit Ihrem Transparenzgesetz und den darin geforderten individualisierten Veröffentlichungen von Geschäftsführergehältern beispielsweise die Pleite der LEG, die Sie als CDU, als damalige Regierungspartei mit zu verantworten hatten, hätte verhindert werden können, bleibt uns schleierhaft.

Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Kollege Burkardt, in Artikel 3 Ihres Gesetzentwurfs wollen Sie Veränderungen am bestehenden Sparkassengesetz vornehmen. So heißt es: So sollen die Träger, also die Landkreise und kreisfreien Städte, unter anderem auf eine individualisierte Veröffentlichung der Vorstandsbezüge hinwirken. - Eine verpflichtende Veröffentlichung ergibt sich daraus nicht. Gesetzlich ist dies wohl kaum zu regeln, denn für Vorstandsmitglieder einer Sparkasse gelten die gleichen Abwehr- und Schutzrechte wie für Geschäftsführer privatrechtlicher Unternehmen.

In Nordrhein-Westfalen ist man mit so einer Regelung gescheitert. Das Oberlandesgericht Köln hat im Sommer 2009 die Offenlegung von Gehältern des Sparkassenvorstandes verboten. Das Gericht argumentierte, der Landtag sei nicht befugt, die Offenlegung anzuordnen, da der Bundesgesetzgeber im Handelsgesetzbuch dies nur für börsennotierte Aktiengesellschaften angeordnet hat. Unbeeindruckt von dieser Rechtsprechung schreibt die CDU-Fraktion in ihrer Begründung:

„Öffentliche Unternehmen stehen in besonderer Weise im Blickpunkt und Interesse der Öffentlichkeit. Die Mitglieder ihrer Leitungs- und Kontrollgremien sind in dieser Funktion daher nicht gleichermaßen schutzbedürftig wie Mitarbeiter anderer Unternehmen.“

Aus der Sicht der CDU gibt es also hier in Sachen Transparenz eine Zwei-Klassen-Gesellschaft. Für die einen gilt die Verfassung, für die anderen, zum Beispiel für Mitglieder von Kontrollgremien öffentlicher Unternehmen, gilt sie eben nicht. Dieser bedenklichen Rechtsauffassung können wir uns als Linksfraktion und als Koalition nicht anschließen.