Protocol of the Session on November 10, 2010

Drucksache 5/2222

Die Frage 356 (Auswirkungen der Sparmaßnahmen der Bundesregierung auf den Bereich der Arbeitsmarktpolitik) stellt der Abgeordnete Baer.

Die von der Bundesregierung im Haushaltsentwurf 2011 vorgelegten Sparmaßnahmen betreffen zu fast 50 % die Mittel des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.

Ich frage daher die Landesregierung: Welche Auswirkungen haben diese Einsparungen auf die Arbeitsförderung im Land Brandenburg?

Die Antwort gibt uns Herr Minister Baaske.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich wünsche Ihnen zunächst einen schönen guten Morgen.

Herr Baer, Ihre Frage ist völlig berechtigt. In diesem Jahr werden in dieser Republik Mittel in Höhe von 6,6 Milliarden Euro für die Arbeitsförderung aufgewendet. Diese Mittel sollen nach der Planung des Bundes im nächsten Jahr auf 5,3 Milliarden Euro zurückgeführt werden. Das ist ein Rückgang um 20 %.

Wie sich das im Einzelnen auf die Titel in den entsprechenden Regionen auswirkt, wissen wir noch nicht genau. Wir beide waren lange genug im Verwaltungsrat und wissen, dass immer kurz vor bzw. nach Weihnachten die entsprechenden Budgets festgelegt werden. Man kann aber davon ausgehen, dass in einigen Regionen die Mittel der Arbeitsförderung durchaus um rund 30 % zurückgehen werden. Das wird also deutlich spürbar sein.

Das spüren auch die Menschen im Land. Mir haben schon einige Menschen erzählt, dass sie eigentlich eine Vereinbarung mit ihrem Vermittler getroffen hatten, dass im nächsten Jahr eine Umschulung oder Qualifizierung stattfinden sollte. Dies wurde verschoben, zwar nicht auf ewig, aber eben doch verschoben. Es wird also in diesem Jahr nicht starten, weil die Verpflichtungsermächtigungen nicht vorhanden sind. Ich glaube, dass sich das auch noch weiter verstärken wird.

Viele Kommunen haben uns gemeldet, dass sie das Programm „Arbeit für Brandenburg“ nicht in der Dimension umsetzen können, wie sie es geplant haben, weil ihnen die Verpflichtungsermächtigungen für 2011 nicht zur Verfügung stehen. Viele Träger haben uns gemeldet, dass sie Weiterbildungsmaßnahmen kürzen mussten, weil es auch hier einen Rückgang

gab. Ich beobachte diesen Prozess jetzt schon seit 20 Jahren und kann mich nicht erinnern, dass es in der Arbeitsförderung schon einmal einen Rückgang um 20 bis 30 % gegeben hat. Das sind wirklich drastische Einschnitte, die wir vor Ort auch sehr klar und deutlich spüren werden.

Die Frage ist jetzt: Wie gehen wir weiter mit dem Projekt „Arbeit für Brandenburg“ um? Wir hatten dieses im Wesentlichen auf die Maßnahmen der Entgeltvariante im Arbeitsfördergesetz gestützt. Hierzu müssen wir deutlich sagen: Dort wird es eine Umstellung auf Bürgerarbeit geben müssen. Wir müssen schauen, wie wir diese Richtlinie an die Bürgerarbeitsgegebenheiten anpassen können. Wenn man die Bürgerarbeit herunterrechnet, kommt man auf einen Stundenlohn von etwa 7,14 Euro. Das passt nicht in die Kriterien. Darin ist auch die Mehrjährigkeit enthalten, das ist richtig. Wir wollen die Leute auch aus dem Leistungssystem holen. Das muss abgesichert werden, wenn wir unsere Landesmittel dafür einsetzen. Dazu führen wir Gespräche mit der Regionaldirektion, dazu werden wir in diesem Monat auch noch sehr intensiv mit den Landkreisen als Träger vor Ort verhandeln. Ich hoffe, dass wir trotzdem noch einen Weg finden, über solche Projekte auskömmliche Beschäftigungen realisieren zu können.

Für die Bürgerarbeit sind im nächsten Jahr für die 16 Landkreise, die hier mitmachen, etwa 3 200 Beschäftigungsverhältnisse vorgesehen. Inwieweit das 2012 fortgeführt wird, kann ich jetzt auch noch nicht sagen. Ich finde die Idee mit der Bürgerarbeit an sich gut, weil es eine Vorschaltmaßnahme und auch ein Coaching gibt. Es gibt weiter eine Vermittlungsinitiative und eine intensive Betreuung der Langzeitarbeitslosen. Ob aber die Umsetzung in Brandenburg auch dauerhaft möglich ist, ob wir also auch Projekte 2012 und 2013 starten können, wissen wir jetzt noch nicht.

Schwarz-Gelb hat es im Koalitionsvertrag stehen. Wir müssen einfach sehen, wie der Bundeshaushalt nachher gestrickt wird und was er abwirft.

Herzlichen Dank. - Bevor wir zur Frage 357 kommen, begrüße ich Gäste von der Carl-Diercke-Oberschule aus Kyritz. Herzlich willkommen im Landtag Brandenburg und einen spannenden Vormittag für euch.

(Allgemeiner Beifall)

Die Frage 357 (Rückübertragung von Bodenreformland) stellt der Abgeordnete Görke.

In verschiedenen Medien sind in den vergangenen Wochen zum Thema Bodenreform Vorwürfe erhoben worden, dass die Landesregierung die Rückabwicklung verschleppe.

Ich frage die Landesregierung: Welche Maßnahmen sind zur Rückübertragung von Bodenreformland angedacht bzw. schon eingeleitet worden?

Finanzminister Dr. Markov wird antworten.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Görke, ich bedanke mich sehr herzlich für diese Frage und möchte zu Beginn noch einmal klarstellen - weil dies permanent durcheinandergewürfelt wird -, dass es sich hier um die Abwicklung von Grundstücken im Rahmen der Bodenreform handelt, die auf der Basis des Gerichtsurteils vom 7. Dezember 2007 fußen, und nicht um gerichtlich nicht bestätigte Rückübertragungsansprüche in Form von Restitionsansprüchen.

Insgesamt hatte das Land 7 400 Grundbucheintragungen vorgenommen, die - wie das Gerichtsurteil lautete - unrechtens waren. Davon sind per Stand vom 29. Oktober 2010 2 796 Grundbuchberichtigungsanträge gestellt und in 537 Fällen Grundstücke rückübertragen worden.

Wir haben es mit zwei Grundkomplexen zu tun. Der eine Grundkomplex ist: Wie kann man die Grundbuchberichtigungsanträge schneller voranbringen? Ich habe Ihnen gerade die Zahlen genannt, nach dem Gerichtsurteil bis heute. Wir haben uns jetzt vorgenommen, dass durch interne Veränderungsabläufe und Vornahmen alle verbleibenden knapp über 4 000 Grundbuchänderungsanträge bis zum Sommer 2011 gestellt werden. Das stellt natürlich eine exorbitante Herausforderung an die Grundbuchämter und die Rechtspfleger dar, dem ausreichend schnell nachzukommen.

Der zweite Komplex ist: Was tun wir, um Erben zu ermitteln? Was machen wir jetzt zusätzlich? Wir haben dazu mehrere Dinge in Gang gesetzt. Erstens hatte ich das Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen in Berlin um Amtshilfe gebeten, uns dabei zu unterstützen. Das ist abschlägig behandelt worden, weil sich dieses Amt eben nicht mit Bodenreformland befasst. Es hat uns aber einige sehr gute Hinweise gegeben, wie wir das auf andere Art und Weise mit anderen Ämtern zu regeln versuchen können.

Zweitens haben wir ein Pilotprojekt in Gang gesetzt. Wir hatten dazu eine Vereinbarung mit dem Bürgermeister der Stadt Werder geschlossen und dort 99 ganz konkrete Grundstücke im Amtsblatt veröffentlicht. Die Anzahl derer, die sich daraufhin gemeldet haben, war relativ groß. Jetzt wird überprüft, ob diese Ansprüche tatsächlich berechtigt sind. Wir haben vor, dieses Verfahren der Veröffentlichung der konkreten Grundstücke auch in weiteren Amtsblättern vorzunehmen, vorrangig da, wo es sich eben um viele dieser Grundstücke handelt.

Drittens: Wir prüfen gegenwärtig, ob es die Möglichkeit gibt, eine rechtssichere Beauftragung zur Eigentümer- bzw. Erbenermittlung in Gang zu setzen, weil dieser Vorschlag, der hier immer kolportiert wird, irgendjemand macht das kostenlos, nicht glaubhaft ist. Wenn denn ein Erbe ermittelt wird, wäre er garantiert nicht bereit, irgendeinen Betrag zu zahlen, denn er hat ja einen Rechtsanspruch auf die Rückübertragung. Insofern ist das ein Instrument, mit dem Rechtsanwälte durch die Gegend rennen, das überhaupt nicht funktionieren kann.

Viertens: Wir werden noch einmal - das haben wir ja schon getan - Anzeigen in den drei großen brandenburgischen Zeitungen schalten, und wir sind gegenwärtig dabei, eine Anzeige im Bundesanzeiger vorzubereiten. - Danke schön.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)

Es gibt Nachfragen. Zunächst stellt der Abgeordnete Vogel seine Nachfrage.

Herr Minister, es geht ja um die Unterscheidung zwischen aktiver Suche und passivem Warten, ob sich jemand meldet, der das Gefühl hat, Erbe eines Flurstücks zu sein. Es geht letztlich um die Frage: Wie erfährt der potenzielle Erbe davon, dass er ein Grundstück geerbt haben könnte, für das Rückübertragungsansprüche bestehen?

Meine Frage zu den Anzeigen, die Sie veröffentlichen: Ist es nur eine abstrakte Aufforderung an Erben, sich zu melden, oder ist in diesen Anzeigen auch erkennbar, um welche Flurstücke es sich im Einzelnen handelt, für die Erben ermittelt werden sollen?

Beides; das hatte ich ausgeführt. In den Amtsblättern benennen wir die Grundstücke. Das hatte ich gesagt, das hat sich im Fall von Werder als positiv herausgestellt, und deswegen werden wir das vorrangig weiter machen. Im Bundesanzeiger und in den überregionalen Zeitungen werden wir die Grundstücke nicht benennen, weil das in den Amtsblättern besser geht, sondern noch einmal aufrufen: Bitte meldet euch bei der Hotline und dem Finanzministerium! Die und die Problematik besteht. Ich weiß natürlich, dass da, wo Sie herkommen, wenige die „Märkische Allgemeine Zeitung“ oder die „Lausitzer Rundschau“ lesen und die Wahrscheinlichkeit, davon zu erfahren, deswegen geringer ist. Aber vielleicht liest man den Bundesanzeiger.

Es gibt weitere Nachfragen. Herr Abgeordneter Goetz, bitte.

Herr Minister, das von Ihnen angeführte BGH-Urteil hat festgestellt, dass die Rechtsauffassung des Landes Brandenburg bemerkenswert abwegig ist und das Verfahren, das gewählt wurde, eines Rechtsstaates unwürdig war - so die wörtliche Formulierung in dem Urteil. Sie haben angedeutet, wie Sie in ersten Schritten vorgehen wollen. Für mich steht die Frage, was Sie denn darüber hinaus tun wollen, ob es zum Beispiel aus Ihrer Sicht möglich wäre, die Grundstücke online zu stellen. Sie sagen, Sie hätten positive Erfahrungen aus Werder, und daher kann man sicherlich auch online herangehen und sagen, man stellt Flurstück um Flurstück rein, weil wir genau das Problem haben, dass die Erben dritter, vierter, fünfter Generation zum Teil gar nicht wissen, wo da etwas sein könnte, und dann der Online-Version entnehmen können, wo die Grundstücke liegen, und sich dann natürlich viel qualifizierter damit auseinandersetzen könnten.

Es hätte auch den Vorteil, dass die Erbenermittler von sich aus tätig werden könnten. Im Übrigen ist es natürlich so, dass die Erbenermittler - wenn man sich damit befasst; es wäre die Frage, inwieweit Sie es abgestimmt haben - durchaus kostenfrei für das Land arbeiten und mit den Erben dann die Vereinba

rung treffen; das ist gängige Praxis, das machen sie durchgängig so.

Eine weitere Nachfrage habe ich noch, weil Sie sagten, die Rechtspfleger würden stark belastet, wenn man im Grundbuch Korrekturen vornimmt. Es war ja damals möglich, die Eintragung vieler Tausend Fälle für das Land Brandenburg binnen kürzester Frist umzusetzen. Insofern wäre die Frage: Warum sollte es heute nicht möglich sein, die Korrekturen in vergleichbar kurzen Fristen zu realisieren?

Als Ergänzung dazu: Wie haben Sie sich mit Ihrem Kollegen Schöneburg abgestimmt, dass die Rechtspfleger in den Grundbuchämtern entsprechend ausgestattet werden? - Danke.

Zur ersten Frage: Ja - das habe ich auch klar und deutlich gesagt -, das Land hat unrechtens gehandelt. Deswegen ist es verurteilt worden, das rückabzuwickeln.

Zur zweiten Frage, die Sie gestellt haben: All das, was ich aufgezählt habe, sind zusätzliche Maßnahmen, die wir jetzt umsetzen. Ich glaube, wenn Sie die Zahlen vergleichen, was wir uns im nächsten - sagen wir mal - Dreivierteljahr zu schaffen vorgenommen haben, werden Sie feststellen, dass das mehr ist, als in den vorhergehenden Zeiträumen geschafft worden ist.

Ich sage Ihnen noch einmal: Keinem privaten Erbenermittler ist es verboten, Erben zu ermitteln. Ich als Land will aber keinen Privaten beauftragen, kostenlos - wie das ja vorgeschlagen worden ist - tätig zu werden, weil mein Rechtsverständnis so ist, dass ich sage: Wenn ein berechtigter Anspruch eines Erben besteht, warum soll er dann dafür an irgendeinen privaten Erbenermittler Geld zahlen? Ich würde das nicht tun, denn es ist mein Rechtsanspruch. Das macht keinen Sinn, also mache ich das als Land nicht. Ich glaube, ich habe Ihre Fragen damit beantwortet.

Es gibt eine Nachfrage der Abgeordneten Melior.

Herr Minister, Sie haben eben ausgeführt, dass das Land Brandenburg - auch im Ergebnis des Bodenreformuntersuchungsausschusses - tätig geworden ist und gesagt hat: Wir nehmen diese Rückübertragung vor. - Es gibt also die Möglichkeit, sich in die Grundbücher wieder eintragen zu lassen, bzw. das Land Brandenburg wird aus den Grundbüchern ausgetragen. Ich habe immer wieder gehört, dass Anwälte und Notare fordern, dass die gesamte Liste der Grundstücke im Bundesanzeiger veröffentlicht werden möge. Dann sind die Fragen, die Herr Goetz gestellt hat, leicht zu beantworten. Wer privat ermitteln will, kann das tun. Ob jemand, dem das Grundstück gehört oder auch nicht, dies dann in Anspruch nimmt, ist dessen Entscheidung. Ist diese Liste insgesamt im Bundesanzeiger? Und wenn nicht: Wie kriegen wir das hin?

Was den ersten Teil der Frage betrifft, so hatte ich bereits gesagt: Wir werden als Erstes eine Anzeige im Bundesanzeiger

veröffentlichen, die sich an den Anzeigen orientiert, die wir über die Zeitungen aufgegeben haben.

Sie haben zum Zweiten auf Herrn Goetz abgehoben. Er hat einen neuen Vorschlag gemacht. Ich werde darüber nachdenken. Die Online-Stellung haben wir bisher nicht vorgesehen. Wir werden prüfen, ob das Sinn macht, und noch einmal darüber debattieren. Es sind ziemlich große Aufwendungen, die gesamte Grundstücksliste im Bundesanzeiger zu veröffentlichen. Wir wollen erst einmal die Zeitungsanzeige veröffentlichen und schauen, was dabei herauskommt.

Zur Frage nach den Grundbuchämtern: Selbstverständlich habe ich mich mit meinem Kollegen Dr. Schöneburg darüber unterhalten, was man tun muss, damit die Grundbuchämter diesen Anforderungen gerecht werden können. Wir haben auch intern im Ministerium überlegt, zusätzliche Arbeitskräfte einzuschalten. Natürlich habe ich auch mit meinen Ministerkollegen über die eventuelle Notwendigkeit zusätzlicher Rechtspfleger gesprochen.

Da Nachfragen zu den Antworten auf Nachfragen in der Geschäftsordnung nicht vorgesehen sind, kommen wir jetzt zur Frage 358 (Angebot des Bundes zur Übernahme von BVVG- Gewässern in Landeseigentum), gestellt vom Abgeordneten Dombrowski.

Im Frühjahr dieses Jahres hatte ich nach einem Gespräch mit Bundesfinanzstaatssekretär Kampeter einen Brief an den Agrarminister und an die Umweltministerin des Landes Brandenburg mit der Anfrage gerichtet, ob das Land Brandenburg bereit wäre, mit dem Bund in Verhandlungen zur Übernahme von rund 250 Gewässern, die sich noch im Besitz der BVVG befinden, zu treten, und zwar mit einem fairen Preis und Verfahren.

Der Presse war zu entnehmen, dass der Bund gegenwärtig den monetären Wert der noch nicht veräußerten und somit noch im Besitz der BVVG befindlichen Seen bestimmen lässt. Weiter war der Darstellung zu entnehmen, dass Brandenburg sich nunmehr entscheiden müsse, ob es in ernsthafte Kaufverhandlungen mit dem Bund tritt. Der Bericht verwies zudem darauf, dass von Teilen der Landesregierung bzw. der die Regierung tragenden Fraktionen die Initiative des Bundes, die noch im Portfolio der BVVG befindlichen Seen in Brandenburg im Rahmen eines Paketangebotes zu erwerben, durchaus begrüßt wird. Das Infrastrukturministerium wird in der Presse mit der Aussage zitiert, dass eine kostenlose Übertragung der Gewässer durch den Bund ausgeschlossen sei.

Ich frage die Landesregierung: Welche konkreten Vorstellungen bestehen ihrerseits hinsichtlich eines möglichen Erwerbs der noch im Besitz der BVVG befindlichen Seen in Brandenburg?