Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Schönen guten Morgen! Die Zweifel, die aus Ihrer Frage herauszuhören sind, teile ich durchaus. Auch ich habe große Probleme mit dem, was aus dem BMAS gekommen ist und derzeit auf unserem Tisch liegt. Ich bin in dieser Hinsicht auch sehr unsicher, ob das jemals vom Verfassungsgericht akzeptiert wird. Das hat viel damit zu tun, wie mit der Verbrauchereinkommensstichprobe umgegangen wurde. Da sind Personengruppen mit 20 % enthalten, so wie es auch im Jahre 2004 gehandhabt wurde, es sind aber auch Personengruppen mit 15 oder 10 % der unteren Marge erfasst worden. Bisher gibt es keine vernünftige Erklärung, warum man das gemacht hat.
Hinzu kommt: Wir haben zum Beispiel auch Personen in dieser Verbrauchereinkommensstichprobe erfasst, die derzeit selbst Leistungsempfänger sind. Zum Beispiel sind klassischerweise Aufstocker dabei und auch Personen, die dicht darüber liegen, aber mit dem neuen Regelsatz auch wiederum Leistungsempfänger werden, die man eigentlich nicht mitrechnen darf. Darüber hinaus gibt es viele, viele Dinge, die man noch im Einzelnen anführen könnte. Zum Beispiel sind Leistungen für das Kfz sowie für die chemische Reinigung herausgerechnet worden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass zum Beispiel der Ansatz, für Waschmaschine und Kühlschrank 283 Euro auf zehn Jahre zu rechnen, mit der persönlichen Lebenserfahrung auch nur eines einzigen Verfassungsrichters übereinstimmt. Da, denke ich, muss man auch noch einmal genauer hinsehen, 2004 waren da andere Zahlen veranschlagt.
Ich kann mir nur vorstellen, dass da zumindest intendiert war, herunterzurechnen unter dem Aspekt des Lohnabstandes. Wenn man aber Lohnabstand haben will - ich will den auch und das sagen wir auch alle -, dann kann es nicht sein, dass nach unten gedrückt wird, sondern dann muss es ein System geben, das sicherstellt, dass die Leute im Lande mehr verdienen, damit sie auch zu einem ordentlichen Lohnabstand kommen. Das bedeutet eine ganz klare Forderung nach einem Mindestlohn, die die Länder, insbesondere die SPD- und Linke-geführten, in den folgenden Debatten sehr deutlich herüberbringen müssen. Es wird niemand im Bund - zumindest nicht im BMAS - sagen, dass das ein Kriterium war, unterschwellig ist das aber zweifelsohne herauszulesen.
Die Leistungen für Bildung und Teilhabe sind bei 100 Euro geblieben. Daraus sind jetzt zwar 70 plus 30 Euro geworden, aber
jeder, der die 1. Klasse gut absolviert hat, bekommt heraus, dass das auch wieder 100 Euro sind. Und wir haben natürlich nach wie vor die Verbesserung, die wir auch sehen, bezüglich der Teilhabeleistungen von 10 Euro. Nun weiß aber auch jeder von uns: Mit 10 Euro im Monat kann man vielleicht beim Sportverein mitmachen, mit Sicherheit aber nicht zur Musikschule gehen und wahrscheinlich auch keinen Kunstkurs absolvieren können. Also, auch das halte ich für sehr schwierig.
Hinzu kommt: Ich lehne dieses Gutscheinsystem, so wie es vorgeschlagen ist, ab. Ich glaube, dass es sich gut machen würde, wenn die ARGEn über ein bestimmtes Budget verfügten und in diesem Rahmen auch Leistungen abgerufen werden könnten. Dann könnte man auch sagen: Okay, du kannst die Musikschule besuchen, dann geht Reiten nicht mehr. Oder: Du kannst zur Musikschule gehen, dann geht dieses oder jenes nicht mehr. Oder: Du kannst zum Fußballverein gehen, dann aber kannst du nicht Handball spielen. - Das könnte man miteinander aushandeln.
- Na klar, es gibt solche Modelle ja auch in anderen Ländern und die funktionieren nicht schlecht. Ich halte es durchaus für möglich, so etwas auch bei uns zu machen.
Wichtig wäre dann natürlich eine Beratung der Betroffenen, welche Möglichkeiten es gibt. Ob das über die Jugendämter oder die Jobcenter laufen soll, darüber müsste man noch diskutieren. Ich glaube, die Jobcenter werden nicht das Personal haben, das in entsprechender Qualität abzusichern. Auf jeden Fall gehört eine Beratung dazu, sonst hätten viele Recht, die meinen: Die Leistungen werden sowieso nicht abgerufen. Man muss schon darauf hinweisen, dass es hier Möglichkeiten gibt, auf die die Familien auch zurückgreifen können.
Ein wesentlicher Kritikpunkt unsererseits: Im Gesetzentwurf wird darauf verwiesen, dass in den Ländern Möglichkeiten der Lernmittelbefreiung bestehen und beispielsweise auch die Schülerbeförderung bezahlt wird. Das ist jedoch in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich geregelt. Ich finde, es müsste einen Rechtsanspruch darauf geben. Wenn diese Dinge in den Ländern durch entsprechende Ländergesetze abgesichert sind, ist die Welt in Ordnung. Wenn sich aber Länder zurückhalten und zum Beispiel die Schülerbeförderung nicht absichern können - das hat etwas mit der Entfernung zur Schule zu tun -, dann muss ein Rechtsanspruch im SGB II oder SGB XII verankert werden. Das vermisse ich zurzeit. Es hat auch etwas mit Teilhabe und Chancengerechtigkeit zu tun. Dahin sollte man sich bewegen.
Teilen Sie meine Befürchtung, dass im Hinblick auf die Art und Weise, wie mit dem Paket für Kinder umgegangen wird, durch das Gutscheinsystem und die damit zusammenhängenden Dinge, zusätzliche Kosten für die Kommunen entstehen können, die vom Bundesgesetzgeber nicht abgedeckt werden?
Die zusätzlichen Kosten für die Kommunen sind ausgewiesen. Wir haben sie bereits ermittelt - das ist zweifelsohne so. Auf der anderen Seite sind die Kommunen selbst ein Stück weit in der Pflicht bei der Integration, wenn es um Kinder geht, die aus einkommensschwachen Familien stammen.
Als wichtiger erachten wir, dass in Bezug auf Teilhabe in einigen Regionen bestimmte Möglichkeiten bestehen und in anderen Regionen wiederum nicht. Ich rufe den Bund auf, zusammen mit den Ländern und Kommunen dafür zu sorgen, dass überall die entsprechende Infrastruktur ausgebaut wird, sodass die Teilhabe auch für Kinder aus Familien mit dünnem Portemonnaie möglich wird. Das betrifft nicht nur Kinder aus SGBII-Haushalten, sondern auch Kinder, die aus sogenannten Abbruchfamilien kommen, also dicht darüber liegen. Auch dort sollte man Möglichkeiten schaffen. An dieser Stelle werden wir in Richtung Bund argumentieren, dass die Sachleistungen bzw. die Strukturverbesserungen überall durch den Bund mitfinanziert werden.
Herr Minister, rechnet man hoch, dann stellt man fest, dass jedes Hartz-IV-Empfänger-Kind durch diese Gesetzgebung 690 Euro im Jahr mehr erhält. Ich frage: Haben Sie als Landesregierung vor, beispielsweise im Maßnahmenpaket für Familien etwas zu ändern, indem Sie - wie bereits richtig gesagt wurde - die Eltern dazu in die Lage versetzen, die jetzt bereitgestellten Angebote auch wirklich anzunehmen?
Ich habe soeben ausgeführt, dass wir darüber diskutieren, ob die Jugendämter oder die Jobcenter am Ende diese Leistungen, die auch Beratungen umfassen, erbringen werden. Ich habe meine Auffassung darüber noch nicht fertig gebildet, kann jedoch ausrechnen, dass in dieser Sachlage 3 000 zusätzliche Fälle von Jugendlichen von jedem Jugendamt zu bearbeiten wären. Das ist ein schwieriger Sachverhalt. Derzeit haben die Jugendämter die Akten von jeweils 600 bis 700 Kindern zu betreuen; in einem großen Landkreis können es auch 1 000 sein. Ich weiß, dass das für die Jugendämter nicht leicht wird und man eine Regelung zur Finanzierung finden muss. Es macht auf jeden Fall keinen Sinn, zum Beispiel eine Teilhabeleistung anzubieten, die nicht an die betroffenen Kinder und Familien herangetragen wird. Eine Beratungsleistung muss zweifelsohne beinhaltet sein, sonst wird all das verpuffen.
Vielen Dank. - Wir kommen zur Frage 330 (Probleme bei der Breitbandversorgung in Elstal/Wustermark), die der Abgeordnete Genilke stellt.
Der Ortsteil Elstal in der Gemeinde Wustermark soll über eine der 26 von der Staatskanzlei finanzierten Richtfunkanlagen mit
Internet versorgt werden. Bei der Endkundenverteilung gibt es offensichtlich jedoch erhebliche Probleme, da es sich vor Ort um ein sogenanntes HYTAS-Gebiet handelt, in dem die vorhandene Kabelinfrastruktur nicht ohne Weiteres für die Breitbandversorgung genutzt werden kann. In diesem Zusammenhang sind wahrscheinlich umfangreiche und kostenintensive Tiefbauarbeiten notwendig.
Ich frage die Landesregierung: Welche Chance auf Bewilligung hätte ein Förderantrag auf GAK- bzw. GRW-Mittel für die Erschließung des Ortsnetzes?
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Genilke, ein solcher Antrag wird nicht gestellt zu werden brauchen. Der Bürgermeister von Wustermark hat mir in der letzten Woche mitgeteilt, dass die Überbauung der HYTAS durch den Ortsnetzbetreiber DNS übernommen wird.
Vielen Dank. - Die Antwort auf die Frage 331 ist von den Beteiligten vorab geklärt und deshalb zurückgezogen worden. Wir kommen daher zur Frage 332 (Geplante Übernahme „indispo- nibler Vorhaben“ in den Landesstraßenbedarfsplan 2010 - 2024 am Beispiel der Ortsumfahrung Falkensee [L 20]). Sie wird von der Abgeordneten Nonnemacher gestellt.
Bezüglich des Mitte September zugeleiteten Gesetzentwurfs zur Änderung des Landesstraßenbedarfsplangesetzes möchte ich in Erinnerung rufen, das § 1 Abs. 2 LstrBPlG besagt:
„Der mit dem Landesstraßenbedarfsplan festgestellte Bedarf ist für die Linienbestimmung nach § 35 des Brandenburgischen Straßengesetzes und für die Planfeststellung nach § 38 des Brandenburgischen Straßengesetzes verbindlich.“
Die Ortsumfahrung Falkensee wurde in den Landesstraßenbedarfsplan des Zeitraums 1995 bis 2009 eingestellt. Die Prüfung des Bedarfs dieser Ortsumfahrung erfolgte in den frühen 90er Jahren, in die Prognosen war zum Beispiel Berlin mittelfristig als Fünf-Millionen-Einwohner-Stadt einbezogen.
Bei der Aufstellung des neuen Landesstraßenbedarfsplans im Jahr 2010, 15 Jahre nach dem festgestellten Bedarf, wurde die Ortsumfahrung Falkensee als „indisponibles Vorhaben“ in den neuen Landesstraßenbedarfsplan überführt. Deshalb fehlt der Ortsumfahrung Falkensee und allen weiteren „indisponiblen Vorhaben“ eine Überprüfung des Bedarfs auf der Basis aktueller Verkehrsentwicklungen.
In diesem Zusammenhang frage ich die Landesregierung: Wie bewertet sie die Aktualität des Bedarfs der Ortsumfahrung Falkensee und die Rechtskonformität der Übernahme der Straße als „indisponibles Vorhaben“ unter Berücksichtigung des § 4 LstrBPlG?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Nonnemacher, wir werden bezüglich der Ortsumgehung Falkensee nicht gänzlich übereinkommen. Ich will aber eines sagen, da sind wir wieder bei Statistiken: Sie beziehen sich auf eine Berliner Prognose, also ein Prognose für eine Stadt mit 5 Millionen Einwohnern.
Sie wohnen in der wunderschönen Gartenstadt Falkensee, deren Einwohnerzahl sich seit 1990 mehr als verdoppelt hat. Dort gibt es eine gute Erschließung durch den ÖPNV, aber der ein oder andere Falkenseer fährt auch mit dem Auto. Das ist nicht zu vermeiden und sorgt für eine entsprechende Verkehrsbelastung.
Ich bin für ein transparentes Verfahren. Nur selten erhält man Gelegenheit, die einzelnen Maßnahmen zu nennen. Herr Vogel, im April 2010 habe ich Ihrer Fraktion den Maßnahmenkatalog bestehend aus 18 Maßnahmen - vorgestellt. Das Gleiche habe ich bei der Fraktion DIE LINKE und der SPD-Fraktion getan. Ich wäre auch zur CDU- oder FDP-Fraktion gegangen, das wäre kein Problem gewesen.
Ich habe also die Abgeordneten informiert, bevor ich das Kabinett informiert habe. Die Kabinettsbefassung hat im September begonnen. Ich habe aber dem Landtag kein Gesetz zugeleitet, sondern dem Kabinett. Ich habe die Abgeordneten vorher über mein Vorhaben und über die von mir gesetzten Schwerpunkte entsprechend informiert.
Ich möchte es begründen: Der Landesstraßenbedarfsplan von 1995 besteht aus über 80 Maßnahmen; nur ein Bruchteil davon konnte realisiert werden. Die Ortsumgehung Falkensee ist Bestandteil des Landesstraßenbedarfsplans von 1995; deshalb ist es rechtens, dass die Ortsumgehung Falkensee weiterhin geplant wird. Wir befinden uns dort übrigens in der Phase der Planfeststellung und der Erarbeitung der dafür notwendigen Unterlagen. Ich halte es für unverantwortlich, dies jetzt abzubrechen. Ob die Ortsumgehung tatsächlich gebaut wird, ist eine andere Frage. Das hängt vom Haushalt und vielen anderen Dingen ab. Für den Zeitraum 2010 bis 2024 beschäftigen wir uns mit Netzergänzungen, diese betreffen nicht die Ortsumfahrt.
Der Bedarfsplan enthält die Ortsumgehung Güterfelde - das ist die Landesregierung 40. Er umfasst also die L 40 - Ortsumgehung Güterfelde - Nuthestraße - Güterfelder Eck, dann die L 76 bei Mahlow, noch einmal die L 76 bei Mahlow im zweiten Bauabschnitt und die L 40 bei Stahnsdorf. All das ist zumeist im Bau - und der Schönefeld-Zubringer. Ich bin Minister Christoffers dankbar, dass er dies mit EFRE-Mittel unterstützt. Ansonsten könnten wir es überhaupt nicht bauen.
Nun kommen die Maßnahmen von 1995, die weiterverfolgt werden: Das ist die Ortsumgehung Breese, Bötzow-Marwitz-Velten, Falkensee, Niederlehme, Neu-Zittau, Südwest-Umgehung, und der vierstreifige Ausbau Hönow. Dort sind wir bei 30 000 Fahrzeugen bei einer zweispurigen Landesstraße - das geht irgendwann nicht mehr -, die Netzergänzung Mühlberg sowie
Welzow-Neupetershain; 14 Maßnahmen aus dem alten Plan, der ca. 80 Maßnahmen beinhaltet. Ich halte das für angemessen, auch aufgrund der Finanzlage. 2010 bis 2024 - ich schaue zum Finanzminister -, das geschieht also nicht im nächsten Jahr, sondern in den nächsten 15 Jahren.
Dazu kommen vier neue Vorhaben: die Verlegung der L 78 in Bergholz-Rehbrücke, die Netzergänzung Ruhlsdorf, die Ortsumgehung Bernau - Frau Stark, das ist ebenfalls ein schwieriger Prozess, ich bin vor Ort gewesen - sowie die Ortsumgehung Hänchen-Kolkwitz, also 18 Maßnahmen. Dies ist zunächst mein Vorschlag für das Kabinett. Ich kann das hier sagen, und ich habe es bereits im April gesagt: Wir werden sehen, wie wir mit der Kabinettsbefassung vorankommen.
Das gehört einfach zu meinen Lieblingsthemen; deshalb gestatten Sie mir noch eine weitere Nachfrage bezüglich des § 4 des Landesstraßenbedarfsplangesetzes, Herr Minister. Darin ist vorgeschrieben, dass im Rahmen von Überprüfungen die Maßnahmen im Plan alle fünf Jahre der Verkehrsentwicklung anzupassen sind. Die früheren Verkehrsgutachten sind aber völlig überholt, und nachweislich hat auf den Hauptstraßen in Falkensee der Verkehr in den letzten Jahren abgenommen, trotz der Einwohnerentwicklung. Ich würde Sie bitten, zu dieser fünfjährigen Überprüfung des Bedarfs Stellung zu nehmen. - Danke.
Bei der Ortsumgehung Falkensee sind wir jetzt im Planfeststellungsverfahren, und darin werden alle Aspekte - Umweltschutz, Feinstaub usw. - überprüft. Ich möchte noch eines sagen: Derzeit ist der Landesstraßenbedarfsplan von 1995 weiter gültig, also rechtskräftig, und erst nach Beschlussfassung eines neuen durch den Landtag wird er entsprechend geändert. Diese 14 Maßnahmen, die weiterverfolgt werden, hängen natürlich auch damit zusammen, dass wir entsprechende Schwerpunkte setzen müssen.
Die Staatsanwaltschaft Potsdam führt derzeit ein Ermittlungsverfahren gegen den Mehrfachmörder Wolfgang S. wegen des Vorwurfs der mehrfachen Vergewaltigung einer Mitpatientin im Maßregelvollzug in Brandenburg an der Havel.
Ich frage die Landesregierung: Hält sie die Aufsicht gegenüber dem Maßregelvollzug für ausreichend, um die Rechte der Untergebrachten auch hinsichtlich möglicher Übergriffe durch andere Patientinnen und Patienten zu wahren?