Protocol of the Session on October 7, 2010

Ich schließe die Abstimmung und bitte Sie um etwas Geduld für die Auszählung.

Meine Damen und Herren, ich gebe Ihnen das Ergebnis der namentlichen Abstimmung bekannt: Mit Ja haben 24 Abgeordnete, mit Nein 47 Abgeordnete gestimmt, und es gab fünf Enthaltungen.

(Abstimmungslisten siehe Anlage S. 1760)

Ich schließe Tagesordnungspunkt 2 und rufe Tagesordnungspunkt 3 auf:

Fragestunde

Drucksache 5/2102 Drucksache 5/2049

Ich erinnere Sie daran, dass wegen der gestern ausgefallenen Fragestunde heute die Fragestunde etwas länger sein und bis etwa 12.45 Uhr dauern wird.

Wir beginnen mit der Dringlichen Anfrage 31 (Mögliche Be- hinderung der Arbeit der Justiz) des Abgeordneten Petke.

Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und der Polizei im Bereich der Korruptionsbekämpfung gestalten sich in der Regel sehr schwierig und sind auch darauf angewiesen, dass hier gründlich und vertraulich gearbeitet wird.

Nach einem Pressebericht hat es im August dieses Jahres Ermittlungen im Bereich des Straßenbaus gegen Auftragnehmer der Landesregierung gegeben. Im Zusammenhang mit diesen Ermittlungen ist auch eine Meldung über beabsichtigte polizeiliche bzw. staatsanwaltschaftliche Maßnahmen an das Ministerium des Innern gegangen. Diese Meldung ist dann an eine andere oberste Dienstbehörde des Landes weitergeleitet worden, und es kann nicht ausgeschlossen werden, dass diese Weiterleitung die polizeilichen bzw. staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen negativ beeinflusst hat. Die Staatsanwaltschaft wollte nach Pressemeldungen hierauf eigene Ermittlungen im Ministerium des Innern wegen Geheimnisverrats anstellen. Das ist ein übliches, bewährtes Verfahren in der 20-jährigen Geschichte der

Justiz des Landes Brandenburg. Der damalige Innenminister soll der Staatsanwaltschaft die hierfür notwendige Einwilligung verweigert haben.

Ich frage die Landesregierung: Trifft es zu, dass der damalige Innenminister aufgrund einer eigenen Entscheidung hierzu die Ermittlungen der Justiz in seinem eigenen Haus nicht ermöglicht bzw. untersagt hat?

Herr Minister Schöneburg wird antworten.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Herr Petke, Sie haben es auch gestern der Presse entnehmen können: Bei der Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Korruption in Neuruppin ist ein sehr umfängliches Ermittlungsverfahren anhängig, ein Ermittlungsverfahren wegen Bestechlichkeit, Bestechung, Vorteilsnahme und Vorteilsgewährung. Dieses Ermittlungsverfahren richtet sich gegen Geschäftsführer und Angestellte mehrerer Betriebe, aber auch gegen Amtspersonen verschiedener Behörden.

Im Zuge dieses Ermittlungsverfahrens sind am 5. August 2010 umfängliche Durchsuchungen durchgeführt worden. Über das Ergebnis dieser Durchsuchungen am 5. August ist eine sogenannte WE-Meldung, eine Meldung über wesentliche Ereignisse, durch die Polizei erstellt worden, und am 6. August ist diese WE-Meldung ergänzt worden. In dieser Ergänzung sind Angaben über die Identität einiger Beschuldigter und auch Angaben über mögliche exekutive Maßnahmen, die im Zuge der Ermittlungen noch ergriffen werden sollen, enthalten. Es soll nun diese Ergänzungsmeldung durch einen nicht namentlich bekannten Mitarbeiter des Innenministeriums an das Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft weitergeleitet worden sein.

Aufgrund dieses Vorkommnisses hat der leitende Oberstaatsanwalt der Staatsanwaltschaft in Neuruppin einen Überprüfungsvorgang angelegt, und zwar zur Prüfung, ob ein Anfangsverdacht bezüglich eines Geheimnisverrats bzw. der Verletzung von Dienstgeheimnissen vorliegt. Der entsprechende § 353b des Strafgesetzbuches erfordert eine sogenannte Strafverfolgungsermächtigung durch den obersten Dienstherrn. Der oberste Dienstherr in diesem Fall ist der Innenminister gewesen. Demzufolge hat der leitende Oberstaatsanwalt aus Neuruppin eine entsprechende Anfrage am 26. August - dazu ist er von Amts wegen verpflichtet - an den Innenminister gerichtet, ob diese Ermächtigung erteilt wird.

Mit Schreiben vom 13. September dieses Jahres wurde diese Ermächtigung nicht erteilt, sodass der leitende Oberstaatsanwalt am 4. Oktober, also vor wenigen Tagen, verfügt hat, dass Ermittlungen im Falle eines Geheimnisverrats im Innenministerium nicht aufgenommen werden.

Das ist der Sachverhalt. Ich kann Ihnen hier mitteilen, dass nach gegenwärtigem Erkenntnisstand Qualitätsmängel in den Ermittlungen bezüglich des von mir anfangs zitierten Verfahrens nicht eingetreten sind. Dieses Verfahren ist nicht gefährdet gewesen, wird nicht gefährdet, und die Ermittlungen werden umfänglich fortgesetzt. Das Einzige, was nicht stattgefunden

hat, sind Ermittlungen zu den inneren Vorkommnissen im Innenministerium. - Danke.

Vielen Dank. Es gibt Nachfragebedarf. Herr Petke, bitte.

Herr Minister, ich bedanke mich für Ihre Antwort, die ja im Wesentlichen den Bericht der „Potsdamer Neuesten Nachrichten“ bzw. der „Lausitzer Rundschau“ bestätigt.

Ich darf dennoch folgende Frage stellen: Sie sprechen von einem Schreiben des Ministeriums des Innern des Landes an die zuständige Staatsanwaltschaft, in dem die notwendige Ermittlungserlaubnis nicht erteilt wird. Wie wurde das in diesem Schreiben begründet, wenn es denn eine Begründung gegeben hat? Da hier offensichtlich zum ersten Mal in der 20-jährigen Geschichte des Landes und natürlich nicht nur der Justiz, sondern auch der Landesregierung eine solche Ermittlungserlaubnis untersagt worden ist, darf ich die Frage stellen, ob generell diese Ermittlungserlaubnis jetzt nicht mehr erteilt wird, wenn die speziellen Gründe hierzu - bisher jedenfalls - noch nicht bekannt sind.

Meine weitere Frage ist, ob es nicht aus Ihrer Sicht als Justizminister besser gewesen wäre, wenn denn ein Anschein jetzt in der Welt ist, statt diesen Anschein dadurch aus der Welt schaffen zu wollen, dass man eine Pressemitteilung als Innenministerium verfasst, die Behörde, die nach dem Gesetz dafür zuständig ist, nämlich die Staatsanwaltschaft, ermitteln zu lassen.

Die Strafverfolgungsermächtigung ist eine Prozessvoraussetzung, sie ist nicht an Begründungen gebunden, und eine Begründung hat in dem Schreiben vom 13. September auch nicht vorgelegen.

Es ist auch nicht so, dass damit jetzt generell solche Strafverfolgungsermächtigungen nach § 353b StGB ausgeschlossen sind. Mir liegt im Moment ein Vorgang auf dem Tisch, bei dem eine solche Strafverfolgungsermächtigung durch den Innenminister erteilt worden ist. Insofern sind diese Fragen auch immer dem Ermessen des Innenministers anheimgestellt. Wenn Sie die entsprechende Kommentierung lesen, erkennen Sie, dass es auch darum geht, Ermittlungen nicht ausufern zu lassen, sondern schon eine gewisse Vorprüfung vorzunehmen. Das ist offensichtlich hier erfolgt. Meine persönliche Meinung stelle ich hier hintenan.

(Aha! und vereinzelt Lachen bei der CDU)

Wir kommen zur Frage 328 (Folgen der Witterungsereignisse im Jahr 2010 für die Landwirtschaftsbetriebe), gestellt vom Abgeordneten Folgart.

Die Witterungsereignisse des Jahres 2010 haben nicht nur auf die Bewohner an Spree, Neiße, Elster und Oder gravierende

Auswirkungen. Auch die Landwirtschaft ist durch vernässte und überschwemmte Flächen betroffen. Felder können weder abgeerntet noch für die kommende Ernte vorbereitet und bestellt werden, Grünlandaufwuchs ist verloren gegangen, und auf diesen Flächen müssen Neuansaaten zwingend erfolgen. Darüber hinaus sei erwähnt, dass auch im Obstbau, bedingt durch die Spätfröste im Frühjahr dieses Jahres, teils Ernteausfälle von über 50 % gemeldet sind.

Sichtbar wird inzwischen, dass die Ernteeinbußen sich nur zu einem kleinen Teil durch höhere Preise kompensieren lassen. So bleiben die Ertrags- und Einnahmeausfälle in den betroffenen Betrieben deutlich spürbar.

Teils kommt es zu erheblichen Liquiditätsengpässen, die in der Folge des Jahres 2010 auch zu spüren sein werden, die die Existenz bedrohen und auch durch Rücklagen nicht mehr ausgeglichen werden können. Auch für das kommende Jahr sind bereits jetzt in den Landwirtschaftsbetrieben finanzielle Verluste bzw. Mehrausgaben absehbar.

Ich frage die Landesregierung: Welche Maßnahmen ergreift sie über das angebotene Liquiditätssicherungsprogramm der ILB hinaus, um den betroffenen Betrieben schnell finanziell zu helfen?

Darauf antwortet Minister Vogelsänger.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Folgart, dieses Thema ist etwas schwieriger, als die Fragestellung vielleicht darstellt. Ich war im Oderbruch und habe Gespräche mit dem Bauernverband, dem Bauernbund und kommunalen Vertretern geführt. Dort hat mir jemand gesagt: Es ist schon eigenartig: Die Landesregierung, also Minister Dr. Woidke, hat die Installation von Beregnungsanlagen im Oderbruch gefördert, und jetzt haben wir eine ganz andere Situation.

(Zuruf des Abgeordneten Holzschuher [SPD])

- Das ist gar kein Vorwurf.

Daran sieht man, wie schwierig Witterungsverhältnisse sind und wie schwer man darauf reagieren kann.

Wir verfolgen die Auswirkungen der Witterungsereignisse des Jahres 2010 auf die Landwirtschaft und den Gartenbau mit der gebotenen Verantwortung und teilen die Befürchtungen der Anfrage.

Für existenzsichernde Beihilfen zur Bewältigung von durch widrige Witterungsverhältnisse - ich wollte darstellen, wie sich die Situation ändern kann - entstandene Schäden gibt es eine von der EU-Kommission genehmigte Rahmenrichtlinie - die entsprechende rechtliche Grundlage. Mein Haus arbeitet sehr eng mit den Ämtern für Landwirtschaft zusammen; dabei muss geprüft werden, wie diese Rahmenrichtlinie entsprechend Anwendung finden kann. Es handelt sich um eine EU-Richtlinie, und was von der EU kommt, ist mitunter auch sehr kompliziert. Darin gibt es die Mindestschadschwelle von 30 %, einen Rückgang in einem bereinigten Betriebsertrag im Vergleich

zum vorhergehenden Dreijahresdurchschnitt. Daran merkt man schon, wie schwierig auch diese Richtlinie wieder ist. Es hilft aber nichts, wir müssen uns an EU-Recht halten und auch entsprechende Prüfungen vornehmen.

Ich hoffe, dass die Prüfungen in den nächsten zwei, drei Wochen abgeschlossen sein werden, und werde dann den Ausschuss entsprechend informieren, selbstverständlich auch die betroffenen Regionen.

Mich hat gestern der Landrat von Elbe-Elster, einer Region, die auch besonders betroffen ist, angerufen. Herr Folgart, wir haben morgen, nach der Landwirtschaftsministerkonferenz, an der ich heute und morgen noch teilnehme, einen Termin, und ich habe vorgeschlagen, auch Vertreter des Landkreises ElbeElster hinzuzuziehen. Es geht ja nicht nur um die Auswertung der Konferenz, sondern ich will dort auch über den Landeshaushalt berichten. Auch die von Ihnen angesprochenen Dinge sind dort zu erörtern.

Was bei der EU-Richtlinie das Schwierigste ist: Wir dürfen keine EU-Mittel einsetzen. Es sind reine Landesmittel. Deshalb habe ich großes Interesse daran, dass möglichst schnell erfasst wird, welche Möglichkeiten es gibt. Darüber muss man sich dann auch im Rahmen der Haushaltsberatungen des Landtages entsprechend unterhalten.

Danke. - Es gibt Nachfragebedarf. Bitte, Herr Folgart.

Herr Minister, Sie haben die Besonderheit angesprochen: Viel Wasser und trotzdem Beregnungsanlagen. Es gab in den letzten zehn Jahren auch zwei Jahre, in denen wir deutlich zu wenig Wasser hatten. Die Dürrejahre 2003 und 2006 will ich an dieser Stelle nur kurz nennen. Es war immer geübte Praxis in diesem Land, dass, wenn die einzelbetriebliche Betroffenheit dargestellt werden kann, die dann natürlich auch die Betroffenheitsanalyse und die Existenzbedrohung nach der Richtlinie voraussetzt, das Land in die Bresche bringt. Ist das richtig? Habe ich Sie so richtig verstanden?

Wir prüfen innerhalb dieser EU-Richtlinie. Es war überhaupt keine Kritik an der Förderung, sondern lediglich die Darstellung der Situation, die man hat. Man hat unterschiedliche Witterungsverhältnisse. Wir müssen uns aber innerhalb dieser Richtlinie bewegen. Ich habe nur darauf hingewiesen: Es sind dann reine Landesmittel, und es muss im Landeshaushalt dargestellt werden. Dafür werde ich mich als Landwirtschaftsminister selbstverständlich persönlich einsetzen.

Danke sehr. - Wir kommen zur Frage 329 (Neufestsetzung der Regelsätze im SGB II [Hartz IV]), die die Abgeordnete Wöllert von der Fraktion DIE LINKE stellt.

Die Bundesregierung hat am 26. September einen Gesetzentwurf beschlossen, mit dem die Regelsätze für Leistungen zum

Lebensunterhalt nach dem SGB II neu festgelegt werden sollen. Das Bundesverfassungsgericht hatte im Februar die bisherige Regelsatzbemessung für verfassungswidrig erklärt und eine Neuregelung zum 1. Januar 2011 verlangt. Im Hinblick auf Leistungen für Kinder hatten auch der Bundesrat und die Sozialministerkonferenz wiederholt neue Berechnungen verlangt. Nach den Vorstellungen der Bundesregierung soll der Regelsatz für einen alleinstehenden Erwachsenen um 5 Euro steigen und der für Kinder unverändert bleiben.

Wie beurteilt die Landesregierung die jetzt vorgeschlagenen Korrekturen im Hinblick auf die Sicherung des Existenzminimums sowie auf Chancengleichheit und Teilhabe von Kindern?

Bitte, Herr Minister Baaske.