Protocol of the Session on October 6, 2010

Sie, Herr Finanzminister, erhöhen die Schulden. Der vorgelegte Haushalt 2011 sieht einen Schuldenanstieg auf 19,4 Milliarden Euro vor. Sie senken die Investitionen und erhöhen die Steuern. Der Ruf nach Steuererhöhungen ist fast schon reflexartig bei Ihnen.

Jetzt wollen Sie die Grunderwerbsteuer um gut 40 % erhöhen. Im bundesweiten Vergleich setzt Brandenburg damit künftig mit 5 % den höchsten Grunderwerbsteuersatz fest. Davon verspricht sich das Land Steuermehreinnahmen in Höhe von 37,5 Millionen Euro. So versucht also die Landesregierung, das Haushaltsloch zu schließen. Statt den Eigentumserwerb von Immobilien zu unterstützen, um die stagnierende Wohn

eigentumsquote zu erhöhen, bauen Sie zusätzliche Hürden auf, und das, obwohl Wohneigentum die beste Altersvorsorge ist.

(Schippel [SPD]: Reden Sie mal mit Ramsauer über den Stadtumbau!)

Durch eine höhere Grunderwerbsteuer steigen die Anschaffungsnebenkosten einer Immobilie. Insbesondere jungen Familien und anderen Schwellenhaushalten, die ihren Traum vom eigenen Haus verwirklichen möchten, wird nicht nur in die Tasche gegriffen, sondern - aus der Traum! Für ein Einfamilienhaus, das derzeit für 220 000 Euro zu haben ist, steigt die Grunderwerbsteuer von 7 700 Euro auf 11 000 Euro. Das sind 3 300 Euro mehr, ohne eine einzige Gegenleistung dafür zu erhalten! Ausgerechnet im strukturschwachen Brandenburg scheint die rot-rote Koalition davon auszugehen, dass derjenige, der sich eine Immobilie leisten kann, schon nicht so knapp bei Kasse sein wird. Die Lebenswirklichkeit sieht anders aus.

Aber auch für die gewerbliche Wirtschaft, vor allem für diejenigen mit hohem Flächenbedarf, kann die Höhe der Grunderwerbsteuer ausschlaggebend für eine Ansiedlung in einem anderen Bundesland werden. Gerade in einem wirtschaftlich schwierigen Umfeld reduziert eine Grunderwerbsteuererhöhung die Nachfrage nach Ansiedlung. Sie werden sehen, dass die Steuererhöhung, die Sie beschließen wollen, genau das Gegenteil dessen bewirken wird, was Sie erreichen wollen. Es wird in einem Fiasko enden. Zurückgehende Steuereinnahmen aufgrund eines Nachfrageausfalls auf dem Immobilienmarkt kann Brandenburg sich nicht leisten. Oder wollen Sie noch eine Haushaltssperre?

Anstelle der Grunderwerbsteuererhöhung hätte die Regierung ihr geplantes Aufgabenpaket besser nochmals kritisch im Hinblick auf Einsparungen überprüfen sollen.

Eine letzte Bitte: Sagen Sie später nicht, wir hätten Sie nicht gewarnt. - Ich danke Ihnen.

(Beifall FDP und CDU)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Vogdt. - Die Debatte wird mit dem Beitrag der Fraktion DIE LINKE fortgesetzt. Der Abgeordnete Görke erhält das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kommen wir zum vorliegenden Gesetzentwurf zurück. Über die Problematik Krampnitz und über andere „dufte“ Grundstücksgeschäfte, die von der Vorgängerregierung von Rot-Rot zu verantworten sind, werden wir uns morgen noch intensiv auseinandersetzen können. Ich freue mich schon auf die morgige Aussprache mit Ihnen, meine Damen und Herren, von der CDU.

Die Gewerbesteuer ist, wie der Finanzminister sagte, die einzige Steuer, die die Länder selbstständig festlegen können. In der aktuellen Situation - der Kollege Vogel hat das als Oppositionskraft heute aus meiner Sicht auch noch einmal verstärkt - sind wir gezwungen, alles zu unternehmen, um die Einnahmesituation mit den Mitteln, die in unserer Gesetzeskompetenz liegen, zu verbessern.

Wir fordern zu Recht vom Bund, einen höheren Spitzensteuersatz bei der Einkommensteuer oder die Wiedereinführung der Vermögensteuer auf die Tagesordnung zu setzen. Wir müssen uns genauso an die eigene Nase fassen und uns fragen: Was können wir angesichts dieser dramatischen Finanzsituation tun? Damit komme ich wieder zur Realität, zu Umlagegrößen bei der Bewertung von Grundstücken, die veräußert werden und für die Grunderwerbsteuer anfällt. Sie liegen im Land im Durchschnitt zwischen 75 Euro und bei Grundstücken mit einem Wert von bis zu 100 000 Euro bei 1 500 Euro, die einmalig zum Fiskus gelangen und damit auch in der solidarischen Finanzierung zwischen Land und Kommune verbucht werden.

Herr Kollege Burkardt, wenn Scheinheiligkeit bei FDP und CDU in diesem Hause besteuert werden könnte, das sage ich Ihnen ganz ehrlich, wäre mir um Brandenburgs finanzielle Zukunft nicht bange.

(Beifall DIE LINKE)

Damit komme ich zu der Aussage, wir würden die Spitze halten. Selbstverständlich, wir sind auf dem Weg dorthin. Aber wir sind nicht allein auf dem Weg zu den 5 %; denn Ihr Ministerpräsident in Schleswig-Holstein, Peter Harry Carstensen, hat eine Erhöhung auf 5 % angekündigt. Insofern glaube ich, dass die Erhöhung auf 5 % für uns nachvollziehbar ist, für die Regierenden in Schleswig-Holstein offensichtlich auch. Insofern möchte ich diese Kritik gerne zurückgeben. Sie ist aufgesetzt und nicht glaubwürdig.

Zu dem Argument, Herr Kollege Burkardt, eine höhere Grunderwerbsteuer befördere die Abwanderung junger Familien: Sie wissen doch ganz genau, diese 0,5 %, dieser Betrag von vielleicht einmalig 75 Euro bzw. bei einem Grundstück mit einem Wert von 100 000 Euro von 1 500 Euro wird keine junge Familie, keinen Bauwilligen dazu bringen, das Land zu verlassen, möglicherweise dann zeitweise noch für ein paar Monate nach Schleswig-Holstein oder Sachsen-Anhalt zu gehen, wo schon seit dem 1. März von Ihrer Regierung die 4,5 % festgelegt worden sind.

Lassen Sie uns über dieses Thema diskutieren. Ich freue mich wieder auf Ihre Vorschläge in der Haushaltsberatung zur Verbesserung der Einnahmesituation im Landeshaushalt. Deshalb werbe ich dafür, diesen Gesetzentwurf heute an die Ausschüsse zu überweisen. - Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)

Wir setzen mit dem Beitrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fort. Der Abgeordnete Vogel spricht.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will uns noch einmal die Länder in Erinnerung rufen, die die Grunderwerbsteuer in den letzten Jahren erhöht haben oder das jetzt vorhaben: Berlin, rot-rot, Sachsen-Anhalt, schwarz-rot, Hamburg, schwarz-grün, ab 2011 Niedersachsen, schwarzgelb, Bremen, rot-grün, Saarland, Jamaika, 2013 folgt Schleswig-Holstein, schwarz-gelb, mit 5 %. Die Gemeinsamkeit

dieser Länder ist also mitnichten, dass sie von einheitlichen Koalitionen regiert werden. Die Gemeinsamkeit dieser Länder, das sollte eigentlich zu denken geben, ist, dass es sich um finanzschwache Bundesländer handelt. Es ist nicht Bayern dabei, nicht Baden-Württemberg, nicht Hessen, sondern was wir erleben, ist eine Auseinanderentwicklung zwischen Arm und Reich. Genauso wie es eine Auseinanderentwicklung innerhalb der Gesellschaft zwischen Armen und Reichen gibt, erleben wir jetzt auch auf staatlicher Ebene eine Auseinanderentwicklung der Bundesländer. Ich denke, das sollte uns zu denken geben, und wir sollten auch wirklich die Kirche im Dorf lassen.

Ich bin etwas älter und habe, noch im Westen damals, gelernt, als die Grunderwerbsteuer noch 6 % betrug. Es gab eine ganze Masse Ausnahmen. Um das neu zu regeln, wurde in den 70er Jahren ein einheitlicher Grunderwerbsteuersatz von 3,5 % eingeführt, dafür wurden alle Ausnahmen fallen gelassen. Auch damals hat es eine gewisse Art von wirtschaftlicher Entwicklung gegeben, jedenfalls ist sie nicht erdrosselt worden. Das ist nicht das Problem. Ich denke, wir sollten hier einmal auf die ganz normale sachliche Ebene zurückkommen. 5 % werden nicht dazu führen, dass hier in Brandenburg keine Einfamilienhäuser mehr aus dem Boden schießen.

Ich denke, wir haben das viel größere Problem der Ungleichzeitigkeit der Entwicklung. In Brandenburg sind nicht nur die Einkommen besonders niedrig, nur zwei Drittel des Westdurchschnitts, sondern wir haben auch das Problem, dass die Lebenshaltungskosten im Grundbereich jetzt schon besonders hoch sind. Wir haben die höchsten Wasser- und Abwasserabgaben, Stromkosten, Gaskosten. Die sind alle wesentlich höher als im Rest von Deutschland, insbesondere als in Westdeutschland. Wir erleben, dass reiche Länder wie Baden-Württemberg natürlich völlig selbstverständlich Lehrmittelfreiheit haben, einen kostenlosen Schulweg und zunehmend auf kommunaler Ebene auch kostenlose Kindergartenplätze anbieten. Wir müssen damit konkurrieren. Wir haben letztendlich einen Standortnachteil. Die Frage, mit der wir uns auseinandersetzen müssen, ist: Wie kriegen wir das in den Griff?

Übrigens sind auch die Grundstücksnebenkosten im Westen teilweise wesentlich niedriger. Wenn Sie sich in der „Süddeutsche Zeitung“ die Maklerkosten anschauen, sehen Sie, die liegen bei 3,56 % des Verkaufspreises. In Brandenburg und Berlin liegen sie bei 7,12 %. Auch das ist zum Beispiel ein Faktor, der den Erwerb von Grund und Boden teuer macht.

Insofern denke ich, wir sollten diese Auseinanderentwicklung als das grundsätzliche Problem ansehen und schauen, wie wir das in den Griff bekommen.

Ich sage aber auch - das hatte ich heute früh schon angedeutet -, Herr Finanzminister, unser Problem ist, dass dieses Grunderwerbsteuergesetz scheinbar neben den Haushalt gestellt wird. Das ist es offenkundig nicht. Die Erhöhung ist in diesen Haushalt eingestellt. Wir hätten es lieber gesehen und würden es immer noch lieber sehen, dass diese Einnahmen nicht im allgemeinen Haushalt verschwinden, sondern mit einem konkreten Projekt verbunden werden, beispielsweise der Abschaffung des Vorwegabzugs für die Kommunen; das wäre eine Sache, hinter die wir uns ohne Probleme stellen könnten.

Im Übrigen wollen wir die Diskussion nicht losgelöst vom Haushalt 2011 sehen, sondern wir wollen sie im Gesamtzusammenhang führen. Deswegen lehne ich den Gesetzentwurf jetzt

weder ab, noch stimme ich ihm zu, sondern ich denke, wir müssen das wirklich in der Gesamtheit diskutieren. - Herzlichen Dank.

(Beifall GRÜNE/B90)

Der Finanzminister hat noch Redezeit. Hat er Bedarf? - Er hat keinen Bedarf. Damit sind wir am Ende der Rednerliste und stimmen über die Empfehlung des Präsidiums ab, den Gesetzentwurf in Drucksache 5/1976, Steuersatz für die Grunderwerbsteuer, an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen zu überweisen. Wer dem Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? Bei einigen Enthaltungen und einigen Gegenstimmen ist dieser Empfehlung Folge geleistet worden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 10 und rufe Tagesordnungspunkt 11 auf:

Gesetz über die Behandlung von Petitionen an den Landtag Brandenburg (Petitionsgesetz - PetG)

Gesetzentwurf der Fraktion der SPD der Fraktion DIE LINKE der Fraktion der CDU der Fraktion der FDP der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Drucksache 5/2075

1. Lesung

Es wurde vereinbart, keine Debatte zu führen. Das Präsidium empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfs aller Fraktionen an den Hauptausschuss - federführend - sowie an den Petitionsausschuss. Wer dem Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? Damit ist der Gesetzentwurf ohne Gegenstimmen und Enthaltungen überwiesen.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 11 und rufe Tagesordnungspunkt 12 auf:

Ehrenamt

Große Anfrage 2 der Fraktion der CDU

Drucksache 5/1298

Antwort der Landesregierung

Drucksache 5/1918

Wir beginnen die Debatte mit dem Beitrag der CDU-Fraktion. Der Abgeordnete Prof. Dr. Schierack spricht zu uns.

Da Prof. Dr. Schierack momentan nicht anwesend ist, frage ich, ob von der CDU-Fraktion ein anderer Kollege sprechen möchte?

Da Herr Prof. Dr. Schierack dringend kurz telefonieren musste, würde ich darum bitten, dass er seine Rede nach einem der anderen Redner nachholen darf.

(Zurufe von der Fraktion DIE LINKE)

Ich gehe diesbezüglich vom allgemeinen Einverständnis in diesem Hohen Hause aus. - Dann rufe ich zunächst den Beitrag der SPD-Fraktion auf. Der Abgeordnete Schippel spricht zu uns.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Um diesen Punkt vorwegzunehmen: Die Antwort der Landesregierung lässt nicht befürchten, dass Herr Prof. Schierack sehr viel Grund zu Kritik haben wird.

Der Zeitpunkt der Debatte zu dieser Anfrage ist fast symbolträchtig. Im Moment haben wir im Süden des Landes noch Ehrenamtliche im Einsatz, die die Gefahren des Hochwassers eindämmen und dort größere Schaden verhindern. Heute Abend haben wir daher den Parlamentarischen Abend des Verbandes, in dem jene Ehrenamtlichen - hauptsächlich die Feuerwehrleute - beheimatet sind.