Protocol of the Session on September 9, 2010

(Zuruf von der CDU: Aha!)

„das ihr zurücklegen könnt, und ihr könnt euch später davon etwas Größeres leisten.“

So der Finanzminister Herr Dr. Markov in einer Broschüre für die Kleinen, wie man mit Geld umgeht. Wo Dr. Markov Recht hat, sollten Sie ihm auch folgen. - Schönen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Burkardt. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der SPD-Fraktion fort. Der Abgeordnete Bischoff erhält das Wort.

Frau Vizepräsidenten! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Burkardt, ich bin schon etwas überrascht. Dass Sie im Haushaltsjahr 2010 nur über Brandenburg reden, das kann ich verstehen. Dass Sie aber im Haushaltsjahr 2010, in dem in der Bundesrepublik Deutschland unter Schwarz-Gelb so viele Schulden gemacht wurden wie noch nie in der Geschichte dieses Landes, nämlich jeder vierte Euro ist im Bundeshaushalt kreditfinanziert, 25 % des Bundeshaushaltes sind aus Schulden finanziert, hier so eine Rede abliefern,

(Zuruf des Abgeordneten Genilke [CDU])

frei nach dem Motto „genug zu haben ist Glück“ - und „alles in Butter“ habe ich daruntergeschrieben -, das ist schon ein bisschen sehr merkwürdig.

(Genilke [CDU]: Sind Sie gegen die Kurzarbeiterrege- lung gewesen?)

- Lieber Kollege, ich würde Sie bitten, erst einmal zuzuhören.

Hier wurde von Polittheoretikern und Politpraktikern geredet. Ich zitiere jetzt einmal das „Stern“-Sorgenbarometer; das ist weiß Gott keine SPD-Zeitung.

(Zuruf von der CDU: Noch nicht!)

An erster Stelle - hören Sie mir gut zu - steht die Furcht, dass die Staatsschulden nicht mehr zu bewältigen sind. Im Sorgenbarometer des „Stern“ - der ist vom Frühjahr - erklärten drei von vier Bürgern dieser, das sind 75 % in dieser Bundesrepublik Deutschland, sie hätten große oder sehr große Angst davor, dass diese Schulden nicht mehr zu bewältigen sind.

Ich will am Anfang meiner wenigen Minuten, die hier zur Verfügung stehen, zwei Sachen ganz kurz benennen, die man auseinanderhalten muss. Ich glaube, wir unterhalten uns in Bezug auf den Antrag der rot-roten Koalition - Kollege Burkardt, wenn Sie mir noch etwas zuhören würden, das wäre schön über zwei ganz grundsätzliche Herangehensweisen, wie man diese Bundesrepublik Deutschland finanziert.

Mein Kollege Görke hat zu Recht gesagt, 99 % von all dem, was in Deutschland eingenommen wird, wird über Bundesrecht steuertechnisch verantwortet und politisch entschieden. Wenn in diesen 99 % unser Land Brandenburg mit 1 % vorkommt, dann müssen wir uns zunächst einmal darauf konzentrieren: Was passiert in Berlin?

Ich will Ihnen sagen: Da passieren merkwürdige Sachen. Den Ärmsten der Armen wird in die Tasche gegriffen. Kollege Gör

ke hat einige Beispiele dazu genannt, Heizkostenzuschuss und anderes. Dass Hotelketten jetzt steuertechnisch entlastet werden - übrigens auch zulasten unseres Haushaltes in Brandenburg, unserer Kommunen -, daran haben wir uns schon gewöhnt.

(Zuruf des Abgeordneten Genilke [CDU])

Aber dass sie gerade in den letzten Wochen oder vor wenigen Tagen gesagt haben, die Atomlobby kann in den nächsten Jahren auch noch ordentlich Geld verbuchen und damit innovative Produktionen in Brandenburg abwürgen, schlägt nun wirklich dem Fass den Boden aus.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Meine Damen und Herren! Große Erbschaften haben in Deutschland die geringsten Steuersätze. Wir sind kein Hochlohnsteuerland. Das ist eine Mär. Wenn eine Bundesregierung akzeptiert, dass jeder vierte Euro im Bundeshaushalt kreditfinanziert ist, und Sie sich hier hinstellen und sagen, es ist alles in Butter, dann bin ich schon sehr überrascht.

Ich sage Ihnen, wir haben in Brandenburg, weil wir von 99 % Bundessteuern abhängig sind, nur eine Möglichkeit: Wir können im Moment nur auf die Ausgabenbremse treten.

Das hat Grenzen, weil sich einen wirklich armen Staat nur die wohlhabenden, gut verdienenden Leute leisten können. Ich sagen Ihnen: Das wird auch Folgen haben. Wir tun in Brandenburg Folgendes: Polizeistrukturreform, weniger Landesbedienstete, auf 40 000 herunter, und wir werden das Investitionsniveau...

Herr Abgeordneter, lassen Sie eine Frage des Abgeordneten Bretz zu?

Ich sage es jetzt einmal ehrlich: Herr Bretz, wir haben heute genug von Ihnen gehört. Ich verzichte an dieser Stelle gerne einmal darauf. Meine Zeit ist hier zu knapp.

Wir denken über eine Gebietsstrukturreform nach. Bei uns in der rot-roten Koalition hat der Abbau der Nettokreditaufnahme Vorrang. Und ich sage Ihnen: Das steht voll im konträren Kontext zu dem, was Sie alles in Berlin produzieren. Deshalb haben wir gesagt: Wir wollen uns als Bundesland, übrigens gemeinsam mit der rot-roten Koalition in Berlin, in die steuerpolitische Debatte einmischen.

Mein Kollege hat es zusammengefasst, unser Ziel ist ganz klar und einfach: Starke Schultern müssen mehr tragen. Ich sage Ihnen, wohin es führt, wenn wir das nicht machen. Es wird dazu führen, dass wir irgendwann an einen Punkt kommen, wo wir bei der Konsolidierung unseres Landeshaushalts nicht mehr klarkommen. Wir werden nicht mehr wissen, wie wir unsere Schulen finanzieren, unsere Schwimmbäder, unsere Theater, die Sicherheit auf den Straßen und die Kitas. Das wäre die logische Konsequenz. Deswegen: Geben Sie es ehrlich zu, wir müssen auch bei den Einnahmen etwas tun, und zwar sozial gerecht. Ich finde, es ist eine Frage der Ehrlichkeit gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern, wenn sie schon Sorgen haben, weil der Staat sich permanent verschuldet, ihnen zu sagen, dass wir

entweder über Ausgabenreduzierung oder über Einnahmenkonsolidierung reden müssen. Aber nur die Einnahmen zu senken, wie Sie es mit Ihrer Klientelpolitik in Berlin machen, das wird unser Land Brandenburg in eine finanzpolitische Krise bringen, vor der wir schon fast stehen, und übrigens auch die kommunale Ebene fast an den Rand des Abgrunds bringen, denn dort spielt sich das Leben der Bürgerinnen und Bürger ab.

Hören Sie auf, Steuern zu senken! Gehen Sie mit! Schauen Sie sich die Sätze für diejenigen an, die in diesem Land, in dieser Bundesrepublik wirklich gut verdienen, und passen Sie die Steuersätze so an, dass sie sozial gerecht für eine Gesellschaft sind! Wir stehen als Abgeordnete dafür, dass eine Gesellschaft funktioniert und dass nicht nur die oberen Zehntausend mit einem guten Swimmingpool ausgestattet sind. - Vielen Dank.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Bischoff. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der FDP-Faktion fort. Die Abgeordnete Vogdt erhält das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren! Der Steuerzahler sollte schon genau hinhören, wenn wieder einmal ein sozial gerechtes Steuersystem gefordert wird. Hinter dieser Forderung von Rot-Rot steht nämlich regelmäßig die Forderung: Steuern hoch! Das kennen wir schon.

Zur Einkommensteuer: 1958 lag die Einkommensgrenze, ab der der Spitzensteuersatz zu zahlen war, bei rund 110 000 DM, umgerechnet etwa 56 000 Euro. Der Spitzensteuersatz lag bei 53 %. Heute, 52 Jahre später, ist der Spitzensteuersatz zwar auf 42 % gesunken, die Einkommensgrenze, von der an dieser zu entrichten ist, beträgt aber lediglich ca. 53 000 Euro.

Es wird wohl niemand hier bestreiten, dass 1958 ein Einkommen in Höhe von über 110 000 DM, 56 000 Euro, für die damalige Zeit zweifellos ein echter Spitzenverdienst war. Aber ist heute jemand mit 53 000 Euro wirklich ein Spitzenverdiener? Früher galt der Spitzensteuersatz für Manager und Vorstände. Heute trifft er bereits gut verdienende Angestellte und Facharbeiter. Waren es 1992 noch knapp 340 000 Personen, die dem Spitzensteuersatz unterlagen, sind es 2006 bereits über 1,3 Millionen. Von einer Anhebung wären nicht nur Privatpersonen betroffen, auch Unternehmen wie Handwerksbetriebe und alle Personengesellschaften müssten höhere Abgaben zahlen, Mittel, die ihnen dann für Investitionen fehlen. Wenn man das Handwerk und die mittelständischen Betriebe in ihrem Wachstum ausbremsen will, verbunden mit allen negativen Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt, dann muss man Steuern erhöhen, aber bitte hinterher nicht wieder jammern und Schuldige suchen.

(Jürgens [DIE LINKE]: Das ist doch ein Märchen!)

Berechnungen zeigen: Ein Anstieg der Arbeitslosigkeit um 100 000 Personen verschlechtert den Finanzierungssaldo zulasten der öffentlichen Kassen um ca. 2 Milliarden Euro. Es ist

daher ein Trugschluss, dass sich die Staatsfinanzen durch höhere Steuern für mittelständische Unternehmen sanieren lassen. Das Gegenteil ist der Fall.

Mit diesem Antrag wird somit einmal mehr das leistungsfeindliche Denken der Koalition unter Beweis gestellt.

(Beifall FDP und CDU)

Die Leistung der Bürgerinnen und Bürger soll sich nach Meinung von Rot-Rot vor allem für einen lohnen: den Staat.

(Frau Kaiser [DIE LINKE]: Das ist nun wirklich Unsinn!)

Zur Vermögensteuer: Die rot-rote Koalition ist jetzt eine große Anhängerin dieser Steuer. Die SPD hat elf Jahre lang den Bundesminister der Finanzen gestellt. Warum hat er in diesen elf Jahren nichts dergleichen eingeführt?

(Bischoff [SPD]: Aber ihr macht die meisten Schulden!)

Das sollten Sie sich einmal fragen, auch Sie, Herr Bischoff. Glauben Sie, Wachstum sei nicht mehr möglich und der Staat nur noch über eine Substanzbesteuerung zu finanzieren? Sie haben dieses Land offensichtlich aufgegeben. Welches Vermögen wollen Sie konkret besteuern? Das geht aus Ihrem Antrag leider nicht hervor.

(Bischoff [SPD]: Doch!)

Nur Geldwerte oder auch Sachwerte? Wollen Sie die Industrie davon ausnehmen und nur die kleinen und mittelständischen Betriebe besteuern? Ist auch eine landwirtschaftliche Fläche ein Sachwert? Wollen Sie die ebenfalls besteuern? Wollen Sie den Bauern in Brandenburg jedes Jahr einen bestimmten Prozentsatz des Verkehrswertes ihres landwirtschaftlichen Vermögens abnehmen? Haben Sie das vor?

Dann zur Erbschaftsteuer: In Ihrem Antrag schreiben Sie, dass es sich bei Erbschaften um leistungslos erzieltes Vermögen handelt. Fragen Sie doch bitte einmal die künftigen Erblasser und Erben, was sie davon halten! Sie werden auf Unverständnis stoßen; denn die vererbten oder verschenkten Vermögen sind bereits versteuert bzw. stammen aus versteuertem Einkommen.

(Bischoff [SPD]: Aber die haben dafür nichts getan!)

- Darüber können wir uns gerne einmal unterhalten, Herr Bischoff.

(Krause [DIE LINKE]: Deswegen sind wir doch heute hier! - Weitere Zurufe von der Fraktion DIE LINKE)

Es liegt also auf der Hand, ganz auf die Erbschaftsteuer zu verzichten.