Protocol of the Session on September 9, 2010

Es liegt also auf der Hand, ganz auf die Erbschaftsteuer zu verzichten.

(Jürgens [DIE LINKE]: Das war mir klar!)

Abschließend zur Gewerbesteuer: Sie werden es nicht glauben,

(Frau Kaiser [DIE LINKE]: Wie immer! - Zuruf des Ab- geordneten Bischoff [SPD]). aber einer Feststellung Ihres Antrags kann ich zustimmen. Viele Kommunen befinden sich in einer dramatischen Haushaltslage, (Bischoff [SPD]: Na endlich!)

da haben Sie völlig Recht.

(Bischoff [SPD]: Jetzt kommen wir der Sache näher!)

Aber Sie sehen die einzige Lösung im zusätzlichen Abkassieren von Steuerzahlern. Einfach die Bemessungsgrundlage für die Gewerbesteuer verbreitern, und schon sind weitere Berufsgruppen gewerbesteuerpflichtig. Super! Super einfallslos und nicht zielführend.

(Beifall FDP und CDU)

Frau Abgeordnete Vogdt, Ihre Redezeit ist leider abgelaufen.

Ich habe schon einmal, auch zu Herrn Bischoff, gesagt: Wenn Sie Hilfe brauchen, wir sind da.

Die im Grundgesetz gesicherte kommunale Selbstverwaltung

(Zurufe von SPD und DIE LINKE)

muss auf eine stabile, verlässliche finanzielle Grundlage gestellt werden. In der Krise hat sich erneut gezeigt...

Frau Abgeordnete Vogdt, Ihre Redezeit ist um!

... dass die extrem konjunkturabhängige Gewerbesteuer dazu nicht geeignet ist. Angesichts dessen sollte über eine grundsätzliche Strukturreform der kommunalen Steuereinnahmen nachgedacht werden, anstatt ein überholtes, labiles System weiter aufzublähen. Eines ist wohl klar:

Frau Abgeordnete, ich bitte Sie wirklich, Ihre Rede zu beenden! Sie sind eine Minute über der Zeit.

Ich bin sofort fertig. - Die Devise muss heißen: Erwirtschaften statt Abkassieren und Umverteilen. - Danke schön.

(Beifall FDP)

Vielen Dank. Frau Abgeordnete Vogdt, das waren 6 Minuten und 20 Sekunden. - Wir setzen die Aussprache mit der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fort. Der Abgeordnete Vogel erhält das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als ich den Antrag gesehen habe, dachte ich: Typischer SPDAntrag, typisch, weil die SPD immer dann stark darin ist, Forderungen aufzustellen, wenn sie keine Chancen auf Verwirklichung haben.

(Beifall CDU)

Ich habe mir einmal eine Kleine Anfrage unserer Grünen in Schleswig-Holstein besorgt, in der nach den Steuerrechtsänderungen und den Steuerrechtsausfällen gefragt wurde, die in den Jahren 2008 und 2009, damals hat Schwarz-Rot regiert, vorgenommen wurden. Hier ist auf siebeneinhalb Seiten kleingedruckt minutiös aufgelistet, welche Steuererleichterungen von der SPD mitgetragen wurden. Ich fange einmal mit dem Ersten an: Senkung des Körperschaftssteuersatzes von 25 auf 15 %, Gewerbesteuer: Senkung der Steuermesszahl auf 3,5 %, Einkommensteuer: Anhebung des Anrechnungsfaktors der Gewerbesteuer bei der Einkommensteuer von 1,8 auf 3,8 %.

Ich denke, das ist typisch. In der Regierung wird eben anders gehandelt, als in der Opposition gefordert wird.

(Beifall CDU und FDP)

Bei den Steuerausfällen im Jahr 2009, die sich allein aus schwarz-roten Beschlüssen saldieren, kommt man für Bund, Länder und Gemeinden auf 26 Milliarden Euro, davon 14 Milliarden Euro bei Ländern und Gemeinden. Wenn ich von einem Brandenburger Anteil von 2,5 % ausgehe - das dürfte in etwa hinkommen -, heißt das, im Jahr 2009 waren für das Land und seine Kommunen aufgrund von Beschlüssen der schwarz-roten Regierung Mindereinnahmen in Höhe von 350 Millionen Euro zu verzeichnen.

(Beifall GRÜNE/B90)

So, und nun lesen wir, dass die Vorschläge der Bundes-SPD abgepinselt wurden.

(Görke [DIE LINKE]: Es ist auch unser Antrag!)

- Ja, ich habe wahrgenommen, dass Sie den Antrag begründet haben und es insofern auch Ihr Antrag ist. Es ist in der Tat nicht nur ein typischer SPD-Antrag, sondern auch ein für die Linke typischer Antrag, denn er lenkt davon ab, was der Ministerpräsident seit einiger Zeit nicht müde zu betonen wird, dass nämlich auf der Ausgabenseite 2 Milliarden Euro gekürzt werden müssen und wir diese Summe nicht durch Steuermehreinnahmen ausgleichen können.

Angesichts der Steuervorschläge sage ich: Wir sind nicht das Land, in dem es große Erbschaften und große Vermögen gibt. Das sind eigentlich Vorschläge, die in Bayern oder BadenWürttemberg Vorteile brächten, aber in Brandenburg relativ wenig.

(Beifall GRÜNE/B90 und CDU)

Dies ist ein Antrag, der für SPD und Linke gleichermaßen typisch ist.

Wir lehnen Steuererhöhungen nicht generell ab, aber wir wollen darauf hinweisen, dass wir wesentlich bessere Ergebnisse erzielten, wenn nach Einführung eines Mindestlohns endlich die Lohnsummen im Land stiegen.

(Beifall GRÜNE/B90 und vereinzelt SPD)

Das gilt nicht nur für Landes-, sondern auch für kommunale Aufträge. Darüber hinaus wollen wir die Lohnerhöhungsforderungen der Industriegewerkschaften positiv begleiten.

Wir vermissen in dem Antrag, dass man sich für eine funktionierende Bundessteuerverwaltung einsetzt, die endlich dafür sorgt, dass sich baden-württembergische und hessische Finanzämter nicht davor drücken, tatsächlich intensiv Steuermehreinnahmen zu erzielen.

Wir vermissen auch, dass Absetzungsmöglichkeiten bei der Einkommensteuer nicht ins Auge gefasst werden. Was wir besonders bejammern, ist, dass Ihr Antrag jede ökologische Komponente vermissen lässt. Das Wort „ökologisch“ taucht an keiner Stelle auf. Kein Wunder - bei einem Ministerpräsidenten, der bei der Luftverkehrsabgabe als erstes eine Gefährdung der Wachstumschancen des BBI sieht und der sich in der letzten Wahlperiode gegen die weitgehende Versteigerung von CO2Emissionsrechten eingesetzt hat. Wir sind der Auffassung, dass auch ökologische Subventionen abgebaut und Absetzungsmöglichkeiten ausgeräumt werden müssen, damit neue Spielräume für die Länder und Kommunen entstehen.

Auch sozialpolitische Komponenten vermisse ich. Was sagen Sie dazu, dass das Ehegattensplitting in keiner Weise angepackt wird? Die Abgeltungsteuer auf Zinsen wird nicht infrage gestellt, im Übrigen auch im SPD-Bundeskonzept nicht.

Es ist löblich, dass Sie die Bemessungsgrundlage bei der Gewerbesteuer verbreitern wollen - das unterstütze ich ausdrücklich -, aber Sie müssen dann auch zugeben, dass dies durch die Absetzbarkeit bei der Einkommensteuer natürlich in erster Linie zu Steuerverlagerungen vom Land auf die Kommunen führt. Das begrüßen wir außerordentlich. Aber Sie können nicht davon ausgehen, dass das tatsächlich nennenswerte zusätzliche Einnahmen für das Land bringt.

Was mir besonders auffällt, ist, dass Sie Schlupflöcher schaffen und die Land- und Forstwirtschaft von der Gewerbesteuer ausnehmen wollen. Was die Vermögensteuer angeht, so denke ich: Keine Chance. Auch nach 2013 wird die CDU dies im Bundesrat wohl blockieren. Wir setzen dagegen auf eine Vermögensabgabe, die nach der Verfassung in der Alleinzuständigkeit des Bundestags läge.

An die Umsatzsteuer trauen Sie sich sowieso nicht heran. Den halben Steuersatz auf die wesentlichen Ausnahmen zu beschränken wäre meiner Ansicht nach eine wirkungsvolle Maßnahme.

Zusammengefasst: Wir sind nicht gegen die Erhöhung des Spitzensteuersatzes, aber wir wollen nicht in einen Wettbewerb um den höchsten Steuersatz mit Ihnen eintreten. Die Vorschläge zur Erbschaft- und Gewerbesteuer tragen wir im Wesentlichen mit. Zur Vermögensteuer haben wir eine andere Meinung. Deswegen enthalten wir uns bei der Abstimmung. - Vielen Dank.

(Beifall GRÜNE/B90)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Vogel. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Landesregierung fort. Herr Minister Markov, Sie haben das Wort.

Frau Vizepräsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist eine spannende Debatte. Herr Vogel, wir haben gewisse Steuersenkungen, die unter Rot-Grün und unter Rot-Schwarz im Bund vorgenommen worden sind, immer als falsch erachtet. Aber die SPD ist wenigstens lernfähig - im Gegensatz zur FDP, die seit 20 Jahren den gleichen Unsinn erzählt.

(Beifall DIE LINKE)

Wenn man den Wissenschaftlern vertraut und sie ernst nimmt, wenn sie sagen, dass wir nicht nur eine Schuldenproblematik, sondern auch eine Einnahmeproblematik haben, die zudem mit einer sozialen Schieflage verbunden ist, dann gilt es doch zumindest darüber nachzudenken. Wer einen Haushalt konsolidieren will, muss die Einnahme- und die Ausgabeseite betrachten.

Über eines habe ich mich gewundert. Sie haben vollkommen Recht, Herr Vogel, aber können Sie mir einmal sagen, was an Ihrer Zustimmung zur Senkung des Spitzensteuersatzes ökologisch gewesen ist? Nichts! Also tun Sie doch hier nicht so, als seien Sie der Oberökologe! Das zu sagen gehört zur politischen Ehrlichkeit dazu; es geht nicht immer nur nach Gusto, wie es einem gerade passt. Wenn man argumentativ arbeiten will, muss man sich mit alldem befassen, wofür man Verantwortung getragen hat und wofür man jetzt Verantwortung trägt. Dabei ist es egal, ob man Regierungs- oder Oppositionsarbeit leistet. Politik ist sowohl aus der Regierung als auch aus der Opposition heraus gestaltbar.

Ich halte die Debatte, die derzeit in der Bundesrepublik geführt wird, für richtig. Wenn wir hinsichtlich der Verteilung Gerechtigkeit herstellen wollen - das wollen wir, denn das ist eine soziale Notwendigkeit dieser Gesellschaft nach der enorm langen Zeit eines anderen gesellschaftspolitischen Grundverständnisses, nach dem Reichen weniger und dem Armen mehr abgezogen wird -, dann begrüße ich, dass diese Denkstrukturen sich zu verändern beginnen.

Ich könnte aus dem steuerpolitischen Konzept der PDS und der Linken zitieren - darin enthalten sind das Ehegattensplitting und viele Maßnahmen, die über die im vorliegenden Antrag aufgeführten hinausgehen -, aber durch Eingriffe in die Vermögensteuer, den Spitzensteuersatz und die Erbschaftsteuer lässt sich eine größere Steuergerechtigkeit für alle Mitglieder der Gesellschaft herstellen. Deswegen halte ich es für richtig, dass man da herangeht.

Die Bundesregierung versucht gegenwärtig, die Gewerbesteuer abzuschaffen. Dem muss man einen Riegel vorschieben. Die bisherigen Vorschläge koppeln die Gemeinden von den Gewinnen ihrer Betriebe ab. Na wunderbar. Deswegen sage ich: Der von uns vorgeschlagene Weg, dass man alle, die einem Gewerbe nachkommen, an einer Steuerabgabe beteiligt, ist richtig. Natürlich muss man in diesem Zusammenhang auch dafür sorgen, dass man beim Wertansatz des Grundvermögens einen allge